Steueröebatte im Reichstag.
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187. Sitzung des Reichstags Dienstag, den 9. Juli, vormittags 11 Uhr. Am VundeSratSlisch: v. Payer, Graf R o e d e r n. Kleine Anfragen. Abg. Dr. Arendt sD. Fr.) erhebt Einspruch gegen die Erlasse eiliger Generalkommandos, wonach Mielskündigungen und Miels- steigerungen verboten sein sollen. General v. Wrisberg: Die betreffenden Verordnungen sind auf Antrag und im Einvernehmen mit den Zivilbehörden getroffen worden, um zu Verbindern, dag die Wohnungsnot eine schwere Be» unruhigung der Bevölkerung hervorruft. Diese Verordnungen find nur eine Ergänzung der bereits bestehenden Bundesratsverord- nungen. Abg. v. Brockhausen(l.) verlangt Schuhzeug für die land« und forstwirtschaftlichen Arbeiter. Ministerialdirektor Müller sagt möglichste Berücksichtigung dieses Wunsches zu. Abg. Heckschcr(Vp.) fordert Erhöhung der täglichen VerpfiegungS« gelber für Urlauber, die jetzt nur 2 M. in der Heimat erhalten. Generalleutnant v. Oven: Ueber eine Erhöhung der Ber- vflegungSgelder sind Erwägungen im Gange. Die Erhebungen sind bereits abgeschloffen. Eine Entscheidung ist in nächster Zeit zu erwarten. Abg. Dr. Ttudmanu(natl.) fordert den Reichskanzler auf, in bundesfreundlichem Sinne darauf hinzuwirken, daß die Ordnung der Thronfolgefrage in Mecklenburg -Streliy in Uebereinstimmung mit dem modernen Rechtsempfinden und nicht lediglich nach dynastischen Gesichtspunkten erfolgt, und daß trotz der Tatsache. daß dem Lande iminer noch eine dem Geist der ReichSverfaffung entsprechende konstitutionelle Berfaffung und Volksvertretung fehlt. die Neuordnung nur unter eingehender Feststellung und voller Berücksichtigung der Wünsche der Bevölkerung des Landes vor- genommen wird. Unterstaatssekretär Dr. Lewald: Die Thronfolgefrage ist ein Teil des LandeSverfaffungSrechtS. Die Zweifel an der Gültigkeit der Regentschaft des GrohherzogS von Mecklenburg-Schwerin ent- behren jeder Begründung. Im übrigen sind die beiden grotz- herzoglich mecklenburgischen Regierungen mit Ermittlungen be- schäftigt, ob der als nächster Agnat geltende Herzog Karl Michael durch Verzicht seine Thronrechte verloren hat. Er hat als General im russischen Heer gegen Deutschland gekämpft.(Hörtl hörtl) Die Folgerungen hieraus werden gegebenenfalls zu ziehen sein. sBeifall.) Abg. Vogtherr sU. Soz.) führt Beschwerde über ausnähme- rechtliche Behandlung der Unabhängigen Sozialdemokratie in Stettin . General v. Wrisberg: Mitgliederversammlungen sind allen politischen Parteien ausnahmslos gestattet, auch das Auftreten auS- wärliger Redner in denselben. Verboten ist nur das Auftreten solcher Redner, deren Reden beunruhigend wirken.(Lachen bei den U. Soz.) Abg. Dr. Müller-Meiningen (Vpt.) weist darauf hin, dah nach Nachrichten aus dem Felde immer noch Buchenlaub als Tabak ver- teilt wird. Generalleutnant v. Oven : Die Sendungen sind überall an- gehalten worden. Es ist aber möglich, dah noch Pakete zur Ver- teilung gekommen sind, ehe unser Erlag durchgeführt wurde. Vorläufig wird nur noch reiner Tabak an die Truppen geliefert. (Beifall.) ver neue kriegskreüit. Es folgt der NachtragSetat, in dem IS Milliarden als Kriegs- kredit angefordert werden. Abg. Ebert(Soz.): Meine Freunde haben das dringende Bedürfnis. Fragen, die mit der vorliegenden in engem Zusammenhang stehen, im Ausschuß einer näheren Prüfung zu unterwerfen. Ich beantrage daher die Verweisung der Vorlage an den Hauptausschuß. Gegen den Widerspruch de» Abg. Westarp(kons.) wird diesem Antrage entsprochen. ES folgt die zweite Beratung deS Bierstcuergesetzes. Abg. Köpplcr(Soz.): In der Erkenntnis, daß das Bier der beste Bundesgenosse im Kampfe gegen den SchnapS ist, hat der Reichstag in früheren Zeiten der Erhöhung der Biersteuer stets Widerstand geleistet. In den letzten Jahren hat sich das geändert und«das Bier ist bereits mit 173 Millionen belastet. Nun soll cZ weiter mit 339 Millionen belastet werden, im ganzen also mit mehr als einer halben Milliarde. Die Regierung rechnet dabei mit einem Rückgang deS Konsums von 25 Proz. Vermutlich wird er viel höher sein, zumal da« Bier jetzt kaum etwa» Besseres ist als gefärbtes Waffer. Aber auch ein Rückgang von 2S Proz. würde den Ruin von zahlreichen Brauereien bedeute»! damit verbunden ist die Entlassung von Tausenden vou Brauerei- arbeitern und die Vernichtung von Tausenden von Gastwirten. Die Produzenten haben sich mit der Steuer abgefunden, weil sie hoffen. die Steuer auf die Konsumenten abzuwälzen. Da« Gesetz bringt eine Kontingentierung der Produktion, wodurch die Gastwirte jin noch stärkere Abhängigkeit von den Brauereien kommen müssen. Als Sicherheitsventil dagegen hat der Ausschuß die genossenschaftliche Begründung neuer Brauereien seitens der Gastwirte vor- gesehen. Den Antrag, dies Sicherheitsventil wieder zu be- seifigen, bitte ich abzulehnen.— Für weite Boltsmaffen ist da« Bier das einzige AnregungS- und Genußmittel. Sie wollen nach dem Kriege nicht die GefängniSration von Wasser und Brot zur Normalration machen. Die Summen, die infolgedessen beim Bier- genuß aufgebracht werden müffen, werden daher von der Nahrung, Wohnung und Kleidung abgeknapst. Dazukommen noch die Steuern auf Branntwein. Mineralwaffer, Kaffee. So stellen sich diese Steuern dirett als ein Attentat gegen das Wohl der großen Massen dar. Wir können daher dieser Steuer nicht zustimmen.(Beifall b. d. Soz.) Abg. ZubeU(U. Soz.) spricht in gleichem Sinne für Ablehnung. Abg. Siehe(Bp.) tritt für Aufrechterhaltung der Kontingen- fierung ein, die die Brauereien vor übermäßiger Konkurrenz schützen soll. Staatssekretär Graf Rödern : Die Regierung betrachtet die G-tränkesteuern a» einen wesentlichen Teil der gesamten Finanz- reiorm. Wenn an diese herangetreten werden wird, so sollen die jetzt von der Steuer erfaßten Objekte nicht von neuem besteuert werden. Abg. Herzog(D. Fr.) tritt für Streichung des Absatzes ein, wonach neue Brauereien, dte von Gastwirten auf genossenschaftlicher Grundlage errichtet werden, von der Verdoppelung der Steuer be- freit sein sollen. Dieser Absatz wird mit den Stimmen der Rechten, de? Zen- trumS und der Nationalliberalen gestrichen. Abg. FuchS(Soz.) begründet einen Antrag auf Beseitigung der Bierbesteuerung durch die Gemeinden. Abg. Zubeil(U. Soz.) wendet sich ebenfalls gegen die Ge- meindebiersteuer. die geradezu mittelalterlichen Zuständen entspreche. Der Antrag wird abgelehnt. DaS Gesetz wird angenommen bi» aus§ 3. der die Steuersätze enthält. Die Abstimmung über diesen Paragraphen wird ausgesetzt. ES tritt eine Pause bis 8'/? Uhr ein.
Nach Wiederaufnahme der Sitzung um iii Uhr werden die Steuersätze(S 3) in der Fassung der Kommission unter Ablehnung eines sozialdemokratischen AbändermtgSantragcS angenommen.. Es folgt die zweite Beratung deS_ k?' WeinsteuergesetzeS, das Wein. Traubenmost und dem Wein ähnliche Getränke, wenn sie zum Verbrauch im Inland bestimmt sind, einer Steuer von 2l> Proz. des steuerpflichtigen Wertes unterwirft. Abg. Hoffmann-KaiserSlautern(Soz.): Die vorgeschlagene Steuer bedeutet die Vernichtung zahlreicher kleiner und mittlerer Eristenzen. In Süd- und Mitteldeutschland ist der Wein Volks- getränk; bei Einführung einer solchen Steuer wie der hier vor- gesichagenen wird er aber auch dort nur noch Getränk der besitzen- den Klassen sein können. Hundert Millionen Mark soll die Wein- steuer bringen: dies Ziel würde mit einer Steuer von 1» Proz. be- rsitS, nicht mit der doppelten zu erreichen sein. Die Einfuhr des Weines will man überhaupt verhindern; weil aber Einfuhrverbote in die Volkswirtschaft nicht hineinpassen, soll die hohe Steuer dies Ziel erreichen. Namentlich die Winzer werden die Folgen dieses Gesetzes zu tragen haben. In ihrem Interesse, aber auch in dem der Wirte und Konsumenten, lehnen wir die Steuer ab.(Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Kvpsch(Vp.): Trotz der schweren Wirkungen für die Win. zer wird die Mehrheit meiner Freunde unter dem Druck der finan- ziellen Not des Reiches für die LOprozentigs Weinsteuer stimmen. Doch soll der Bundesrat ermächtigt werden, nach Beendigung des Krieges für die billigen Weine die Steuer auf 15 Proz. hecabzuj- setzen. Abg. Dr. Haegy(Elf.): Im Interesse der kleinen Winzer, die durch die vorgeschlagene Steuer ihre Existenz verlieren müffen, lehnen wir diese Steuer ab. Schatzsekretär Graf Rödern erklärt, daß die Regierung mit der Bestimmung der Kommission, nach dem Kriege die Weinsteuer auf Verlangen des Reichstages herabzusetzen, einverstanden ist. Abg. Zubeil(U. Soz.): Der von der Weinsteuer gewünschte Be- trag von 109 Millionen Mark würde bei 19 Proz. Steuern sich er- geben. Dieses die Winzer und Konsumenten schwer belastende Ge- setz lehnen wir ab. Abg. Feuerstein(Soz.) begründet einen Antrag, die Weine bis zum Werte von 4 M. steuerfrei zu lassen. Diese Freilassung der billigen Weine sei im Interesse der kleinen Winzer, auf die die Steuer schließlich abgewälzt werde, unbedingt notwendig. Hätte man einen prozentualen Wehrsteuerbeitrag erhoben, so brauchte man die ganze Weinsteuer nicht.(Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Unter Ablehnung der gestellten AbänderungSanträge wird§ 1 (die Steuer in Höhe von 29 Proz.) angenommen, desgleichen die nächsten Paragraphen.§ 19 läßt den Wein zum Verbrauch im eigenen Haushalt steuerfrei, soweit er nicht in verschlossenen Flaschen dem Verbrauch zugeführt wird. Abg. Feuerstein(Soz.) bittet um eine Erklärung vom Regie- rungstisch, daß die Konsumvereine und ihre Mitglieder unter diese Bestimmung fallen. Ministerialdirektor Meuschel gibt eine dahingehende Erklärung ab. 8 48 setzt die Zollsätze bei Einführung von Wein fest. Abg. Müller-Reichenbach(Soz.) bekämpft diese Sätze, die eine durchschnittliche Belastung von 135 Proz.. für die billigen Sorten eine Belastung von 299 bis 399 Proz. darstellen. Die Annahme dieser Zollsätze würde geradezu einer Erklärung des Wirtschaftskrieges an Spanien gleichkommen. Ausländische Weine würden nach Annahme des Gesetzes nur noch Kriegsgewinnler zu genießen in der Lage sein. Da» Gesetz wird mit unwesentlichen Aenderungen in der von der Kommission beschlossenen Fassung angenommen. ES folgt die zweite Beratung des SchaumweinsteuergesetzeS. Die Steuer für Schaumwein und Schaumwein ähnliche Ge» tränke soll 3 M. für die Flasche betragen, für Schaumwein auS Fruchtwein 0,60 M. Das Gesetz wird nach unwesentlicher Debatte angenommen. Besteuerung der Mineralwaffer. Tie Kommission hat die Steuer festgesetzt bei Mineralwassers auf 9,965, bei Limonaden aus 9,15 M., bei konzentrierten Kunst. limonaden auf l,59 M.. bei Grundstoffen zur Herstellung von kon- zentrierten Fruchtlimonaden auf 39 M. für das Liter. Die Freiheit des Verbrauchs im eigenen Haushalt ist auf 4 vorgesehen. Die Zölle auf Kaffee und Tee sind entsprechend den Vorschlägen der Re- gierung erhöht worden, die Zölle auf Kakao und Schokolade dagegen nicht. Das Gesetz soll am 1. August in Kraft treten. Abg. Vuck(Soz.): Noch dem Bier und Wein sollen nun auch die harmlosen Mineralwässer besteuert weichen, die bei Ausflügen und im starken Maße in den Großbetrieben konsumiert werden, wo die Arbeiter bei schwerer Arbeit diese unschädliche Erfrischung brauchen. Gegen den Versuch, diese Getränke, die bisher steuerfrei waren, auch durch Steuern erheblich zu verteuern, erbeben wir nach. drücklichen Einspruch. DaS Gleichgewicht im ReichShoushalt wün- schen wir herzustellen: dies Ziel wollen wir aber auf anderem Wege erreichen.— Daß die Kommission einsichtig genug war, die Zölle auf Schokolade und Kakao nicht zu erhöben, freut uns; wir be- dauern aber, daß sie bei Tee und Kaffee nicht ebenso einsichtig ge- Wesen ist. Wir lehnen daher das Gesetz ab. Wir haben weiter eine Resolution beantragt und bitten um deren Annahme, wonach wenig. stens nach den besetzten Gebieten die Mineralwässer steuerfrei auS- geführt werden sollen, damit unsere dortftehenden Truppen diese Getränke weiterhin billig erhalten.(Bravo ! bei den Sozialdemo- kraten.) Abg. Dr. Neumann-Hofcr(Vp.) tritt ein für Herabsetzung der Steuer aus Limonaden und andere künstlich bereitete Getränke. Wenn man diese besteuert, darf man die natürlichen Fruchtsäste nicht freilassen, oder man gibt ihren Produzenten eine Liebesgabe. ilstan sollte bei diesem Gesetz nicht eine neue agrarische Liebesgabe schaffen. Wg. Zubeil(Soz.) bekämpft die vorgeschlagenen Steuern im Interesse der breiten Volksmassen. Eine solche Steuermacherei machen wir nicht mit.(Beifall bei den U. Soz.) � 1 des Gesetze? wird angenommen. Bei§ 2 begründet Abg. Dr. Neumann-Hofer(Vp.) einen An- trag, die vorgesehenen Steuersätze zu ermäßigen, und zwar bei Mineralwässern auf 9,95 M., bei Limonaden auf 9,19 M., bei kon- zentrierien Kunstlimonaden auf 1 M., bei Grundstoffen zu ihrer Herstellung auf 29 M. Dieser Antrag wird im Hammelsprung mit 142 gegen 118 Stim- men angenommen, der Rest des Gesetze» in der Fassung der Kommission mit der Abänderung, daß es statt am 1. August mit dem Tage der Verkündung in Kraft tritt. Die Erhöhung der Post- und Telegraphengebühren. Abg. Taubadcl(Soz.): Wir müssen gegen die geplante Erhöhung der Post- und Telegraphengebühren schärf st en Einspruch er- heben, wie bereits die letzte Erhöhung gezeigt hat. Der finanzielle Ertrag der Post wird nach dem Kriege, wenn die Portofreiheit der Feldgrauen aufhört, wieder bester werden. Schon längst hätte die Post sich eine neue Einnahmequelle erschließen können, wenn sie die Portofreiheit der LondeSfürsten beseitigt hätte. Min- destens jetzt hätte ein Gesetz vorgelegt werden müssen, daS mit dieser Portofeeiheit, mit der soviel Mißbrauch getrieben wird, ausräumt. Die bloße Zusage, daß die Landesfürsten aus daS Privileg verzichten werden, genügt nicht. Nicht einmal die Postkarte im Orts- mjfc NachbarortSverkchr will die Mehrheit freilassen. Wir müssen ihr die Verantwortung für dieses unseren Handel und unser WirtschaftS- leben schwer schädigende Gesetz überlassen; wir lehnen es ab.(Bravo ! bei den Sozialdemokraten.)_
ttbg. Bogtheer(Ii Soz.) bekämpft die Borlage) die die Sntwrck, lung der Post aus einem BerkehrSinstitut zu einem fiskalischen- fördert. Unter Ablehnung des sozialdemokratischen Antrages, die Be- feitigung der Porteifreiheit der Land es surften in das Gesetz aufzu- nehmen, wird dos Gesetz angenommen. Hierauf vertagt sich das Haus auf Mittwoch 1 Uhr.(Fsrt- setzung der Steuergesetze.) Schluß: IM Uhr. D!e elsäPsche Sieülungspolitik. Heftige Debatte im Havptausfchust. Dem HauShaltSauSschuß deS Reichstags lag der Ent- Wurf der Gründung einer Landgesellschaft Westmark vor. der die in Elsaß-Lothringen in Liquidation befindlichen Güter zum Schätzungswert übernehmen soll, um dort»national zuver- lässige Personen" anzusiedeln.— Abg. Bühle- Straßburg wandte sich scharf gegen die Politik, die hier in Elsaß-Lothringen eingeschlagen werden soll. Nach§ 4 der Satzungen dieser Land- gesellschaft sollen elsaß -lothringische StaetSangehörige von der Sicdelung ausgeschlossen bleiben; auch sei beabsichtigt, in der Haupt« fache in diesen nur von Katholiken bewohnten LandeSteilen Prot«- stanten anzusiedeln. Der Urheber dieser Politik sei der bekannte Professor Bernhard, der wirtschaftliche Berater im Hauptquar- fier. DaS Versprechen, das die elsaß -lothringische Regie» rung im dortigen Landtag abgab, sei nicht eingehalten wor- den. Die elsaß -lothringische Regierung sowie der Landtag seien vielmehr vollständig auf die Seite geschoben worden. Keine ander« süddeutsche Regierung und deren Landtag würde sich ein« solche Behandlung gefallen lassen. Ein Ausschuß des Reichstags dürfe sich nicht mitschuldig machen an dieser Vergewaltigung der elsaß - lothringischen Bevölkerung.— Staatssekretär v. Stein vertei- digte den Standpunft der Regierung und versicherte, die Gesell- schaft werde»durchaus loyal verfahren". Abg. Erzberger bezeichnet diese? Vorgehen als so ziemlich daS Schlimmste, was man bisher auf diesem Gebiete erlebt habe. Professor Bernhard habe die Ostpolitik verdorben und er sei auch der Urheber der Politik, die man jetzt in Elsaß-Lothringen ein- schlagen wolle. In der Landgesellschaft Westmark sei keine einzige süddeutsche Gesellschaft vertreten. Die meisten Stammaktien seien in o st e lb i s ch e n Händen. Er verlangt, daß«ine si&deutsche Gesellschaft mit Einschluß von Elsaß-Lothringern gegründet werde. Der vorgelegte Versrag sei außerdem eine glatt« Verletzung der Reichsverfassung.— Staatssekretär v. Stein bestreitet, daß die Reichsverfassung verletzt worden sei; das Etatsgesetz von 1917 gebe der Regierung das Recht, in dieser Weise vorzugehen.— Abg. H a u tz(Elf.) stellt fest, daß der Elsaß -Lothringische Landtag eben- sowenig wie die dortige Regierung mit der Angelegenheit befaßt worden sei. Ueber den Kops dieser Körperschaften hinweg habe man diesen Weg zum Schaden der elsaß -lothringischen Bevölkerung beschritten. Die Gesellschaft beschränkt sich nicht allein darauf, die Grundstücke zu übernehmen, die ihr von der Regierung über- wiesen werden, sondern sie kaufe auch in anderen Teilen de? Elsaß Grund st ücke auf. Der Gesellschaft dürfe das angestrebte Monopol auf keinen Fall eingeräumt werden. Politisch sei das Borgehen der Regierung zu verwerfen, denn durch diese Politik würde die einheimische Bevölkerung gegen die Eingewander- ten zusammengeschlossen werden zum Schaden deS Lande». Er verlangte, daß ein« elsaß -lothringische Ansiedelungsgesellschaft ge- bildet werde.—- Die Beratungen werden am Mittwoch fortgesetzt, � das Kaligefetz in öer Kommisilon- In zwei Sitzungen hat die 36. Kommission die von der Regw- rung vorgelegten Aenderungen des KaligesetzeS erledigt. Die Vor- läge drohte zu scheitern. Alle Partei«» waren darüber entrüstet, daß die Regierung kurz vor AuSein- andergehen des Reichstags eine so schwerwie- gende Gesctzesvorlage bringt. Nur die Rücksicht auf die' in dem Gesetz enthaltenen Lohnfragen haben die Kommission be- wogen, die Vorlage zu verabschieden. Die Kaliarbeiter konnten Teuerungszulagen nicht mehr erhalten, weil verschieden« Werkt- besitzer die Löhne, einschließlich Teuerungszulage, vor dem Gesetz als Höchstlöhne, die nicht überschritten werden sollten, angesehen haben. Diesen rechtlich unzulässigen Standpunkt nahmen auch die Schlichtungsstellen ein. Auf Darlegungen von sozialdemokratischer Seite erklärten Regierungsvertreter, daß die im Kaligesetz fest» gesetzten Löhne und Teuerungszulagen als M i n d e st l ö h n e anzusehen sind, die überschritten werden können.' Die Regierungsvorlage sah eine Erhöhung der Kalisalzsorten vor. Nur zwei der höheren Salzsorten sind in der Höhe der Re« gierungsvorlagc beschlossen worden. Im übrigen sind nach einem Antrag Arendt die Preise der Vorlage um zwei und drei Pfennig ermäßigt worden. Nach der Regierungsvorlage sollten die Arbeiterlöhne um 2,59 M. in der ersten Klasse. 1.59 M. in der zweiten Klasse und um 1 M. für die übrigen Arbeiter ab 1. Juli laufenden JahreS steigen. Ein Antrag der Sozialdemokraten fordert 3 M., 2 M., 1,60 M. und 6 M. Kindergeld pro Monat für jedes Kind unter 15 Jahren. Dementsprechend hat die Kommissiott beschlossen. Ein sozialdemokratischer Antrag: die kaufmännischen, techni» schen und sonstigen Wertsangestllten mit in das Gesetz einzu- beziehen, wurde zugunsten eines Antrags Gothein zurückgezogen. Der Antrag Gothein fordert eine Erhöhung der Bezüge um 25 Proz. für alle Beamten im Diensteinkommen bis 8999 M., uist» Erhöhung von 8990 auf 19 999 M. Dieser Antrag wurde ab«. gelehnt. Die Zrauen imü üie XVI Reichstags» kommWon. Zur Frage der Empfängnisverhütung. . Der Ausschuß für Bevölkerungspolittk hat den Gesetzentwurf gegen die Verhinderung der Geburten in zweiter Lesung erledigt. Di- verschiedensten Frauenvereine hatten sich mit Anträgen und Forderungen an den Ausschuß gewandt, daß die gegen daS weib- lidhe Geschlecht gerichteten Bestimmungen fallen mögen. Da alle diese Eingaben unberücksichtigt blieben, entstand der Wunsch, dem Ausschuß selber die Bedenken der Frauenwelt gegen dieses Gesetz vorzutragen. Dieser ist darauf eingegangen, nachdem sich Genosse Dr. Q u a r ck lebhaft dafür eingesetzt hatte. In einer offiziellen Sitzung konnte das ja nicht geschehen, doch waren die Herren bereit sich sozusagen privatim die Meinung der Frauen sagen zu lassen. Von Frauen nahmen an dieser Sitzung im ReichStagSgebäude teil: Marie Stritt , Katharina Schemen und Dr. med. Marie Kaufmann vom Deutschen JremenstimmrechtSverband; Wally Z e p I e r, Dr. med. Martha WygodzinSki � und Marie Jucha cz von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands , Luise Z i e tz von der Unabhängigen Sozialdemokratie, außerdem drei Damen vom Evangelischen Frauenverein. Vom Ausschuß waren