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Nr. 190-1918

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Der lebendige Kunstarm.

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Sonnabend, 13. Juli

Der Arm, den uns die Natur mitgegeben hat, ist so vielseitig schlechten wirtschaftlichen Zuständen, festem Glauben und primi­gestaltet, daß er für den Leichtarbeiter wie für den Schwerarbeiter tivem Bildungsgrad zusammenhängt. Ebenso sind andere Er­geeignet erscheint. Beim Kunstarm kann man kaum allen Bedürf- scheinungen des türkischen sozialen Lebens, darunter die Form der Bei dem Verlust von Gliedmaßen ist unstreitig derjenige der niffen zugleich gerecht werden. So sind denn verschiedene Formen Ehe und das Familienleben, dem wandelnden Einfluß der Zeit Arme und Hände am meisten zu beklagen. Auch die Beine sind ge- entstanden, die bald diesem, bald jenem Zweck dienen sollen. Man unterworfen. Daß der Türfe ein Fremdenbasser ist, trifft nicht wiz wichtig. Aber man ist ohne Arme und Hände hilfloser, als hat den Carnes- Arm als denjenigen des geistigen Arbeiters be- ju. Im Gegenteil hat er eine zu große Schwäche für die Fremden wenn das Gehen behindert oder unmöglich gemacht ist; denn diese zeichnet, der nicht gerade schwere Lasten hebt, der aber eine sehr und allem Fremden gegenüber. Es ist aber wahr, daß man nach find es vor allem, die zum Arbeiten und zum Erwerb dienen. Selbst vielseitige Beweglichkeit wünscht. Die Aufgabe, einen Kunstarm den bösen Erfahrungen, die man mit der ausbeuterischen Politit berjenige, der geistige Arbeit verrichtet, braucht die Hände beispiels- für den geistig Arbeitenden, für den sogenannten" Intellektuellen" der Fremden gemacht hat, etwas zu vorsichtig geworden ist. meise zum Schreiben. Darum hat sich aus Anlaß des Krieges die zu erfinden, ist tatsächlich schwieriger zu lösen als die, einem Technik eingehend mit der Herstellung künstlicher Arme und Beine Schwerarbeiter die Hände und Arme zu ersehen. Für Schwer- Wieviele Fachzeitschriften erscheinen in Deutschland ? befaßt. Es fann eben nicht jeder mit einem einzigen Arm aus- arbeiter empfiehlt sich etwa der Tannenberg- Arm", der Branden­kommen, wie das Graf Zichy gelernt hat, der darüber ein lehr- burg- Arm" und der Germania- Arm", mit denen sich die gröbsten reiches Büchlein schrieb. Der Verein deutscher Ingenieure hat Werkstattarbeiten verrichten lassen. durch ein Preisausschreiben die verschiedensten erfinderischen Kräfte mobil gemacht, und wir tennen heute Kunstarme, die wirklich mit einem gewissen Recht als lebendig" bezeichnet werden dürfen. Das Fehlen eines Armes oder gar beider entstellt unstreitig den Menschen, und man hat darum früher vielfach sogenannte Schönheitsarme" geschaffen, die zwar nicht gerade zum Arbeiten taugen, die aber doch den förperlichen Mangel einigermaßen ver­bergen. Bisweilen haben solche Arme, die man etwa in chirurgi­schen Geschäften fauft, auch eine gewiffe Beweglichkeit. Es läßt sich wohl der Daumen durch einen von außen auf ihn ausgeübten Drud einbiegen und feststellen, so daß die Hand irgend einen leich ten Gegenstand zu halten vermag. Man hat derartige Arme oder Hände trefflich als" passive" bezeichnet. Uebrigens hat man schon bor längerer Zeit solche passiven Hände, die also von einer gefunden Hand eingestellt werden müffen, angefertigt. Es sei nur an die funstvoll ausgeführte eiserne Hand des Göß von Berlichingen er­

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innert.

Vielfach hat man sich auch mit äußerst rohen und einfachen Ersatstüden für die Hand begnügt. Soll etwa jemand befähigt werden, mit dem rechten Arm eine Schreibmaschine zu betätigen, während die Rechte fehlt, so befestigt er wohl eine Muffe oder Man­scheite am Armstumpf, die einen starken gebogenen Draht trägt, ber in eine Kugel ausläuft. Auf solche Weise endigt dann der Arm statt in eine Hand mit einem Hammer, der zum Niederdrücken von Tasten benutzt werden kann. Oder man schnallt irgend eine Klam­mer oder einen Haken an, mittels denen sich bestimmte Arbeiten berrichten lassen.

Es ist wohl klar, daß man mit derartigen Vorrichtungen nicht zufrieden sein konnte. Tatsächlich sind wir heute schon viel weiter auf dem Gebiete des Arm- und Beinerfazes fortgeschritten. Oft wird der Carnes- Arm" an erster Stelle genannt. Aber wir Deut­ichen brauchen dem amerikanischen Geschäftsmann nicht den Ruhm a lassen, daß der Gedante dieses künstlichen Gliedes aus der Fremde stamme. Es steht hier wohl ähnlich wie hinsichtlich des Fernsprechers. Als dessen" Erfinder" bezeichnet man gewöhnlich den Amerikaner Bell , während der Deutsche Reis den Weg gefun­den und gewiesen hat, auf dem man zur Uebermittlung von Tönen und Bauten kommt. Nicht vergessen werden darf in der Technik der künstlichen Arme und Hände der Berliner Chirurgie- Mechaniker Paul Ballif, der schon um 1830 eine Kunsthand schuf, die man zu ben aktiven Gliedern" rechnen fann. Allerdings mußte seine Er­findung noch vervollkommnet werden. Und das ist dem Amerikaner gelungen, deffen Verdienste gewiß nicht geschmälert werden sollen. Die Carnes- Compagnie macht drüben gute Geschäfte, und es emp­fiehlt sie, daß die Carnes- Arme meist von Einarmigen hergestellt merden, die selbst mit solchen Armen ausgerüstet sind. Carnes hat als findiger Geschäftsmann natürlich nicht versäumt, auch deutsche Batente auf feine Erfindung zu nehmen. Man hat aber in ehren hafter Weise von Deutschland aus seine Rechte gekauft, so daß der Carnes- Anm jest auch bei uns hergestellt werden darf. Nicht weni­ger als 800 000 M. hat die Erwerbung dieser Rechte gekostet. Beim Ballif- und beim Carnes - Arm, sowie bei einigen an­beren, die wir alsbald nennen werden, ist nun im allgemeinen die Einrichtung getroffen, daß die Bewegungen der künstlichen Teile ab­geleitet werden von Bewegungen der Schulter, des Rumpfes bzw. Ses Oberkörpers, und bei Einarmigen wohl auch von solchen des gesunden Armes.

Der Arm wird mit einem Geschirr von Gurten am Oberkörper des Berlebten befestigt, und von da aus erfolgt dann die Bewe­gung der toten Teile mit verschiedenen mechanischen Mitteln. Die Musfeln werden, wie sich leicht denten läßt, durch Schnüre ver­treten, Besonders in der Hand finden sich dann aber noch feinere Borrichtungen zur Webertragung von Bewegungen. Schnecken, Bahngetriebe, Hebel und Stangen tommen daselbst zur Anwen­dung. Alle besseren Kunstarme ermöglichen ein Drehen der Hand und ein Greifen mit den Fingern. Beim Carnes- Arm steht der Daumen fest, während sich die Finger bewegen fönnen. Bei einer anderen Einrichtung stehen umgekehrt die Finger fest, und es be­wegt sich der Daumen.

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Lodz. Das gelobte Land.

Roman von W. St. Reymont .

Auf einem ganz anderen Gedanken beruht der Sauerbruch­Arm". Bei den oben genannten Armen und Händen müssen ge­funde Gliedmaßen in Bewegung gesezt werden, um jene zu steuern. Das ist natürlich ein Mangel. Muß man zwecks Bewegung von Arm oder Hand die Schulter drehen, so ist man zu einer Tätigkeit genötigt, die vielleicht aus anderen Gründen ganz unerwünscht und störend ist. Das Natürliche ist doch, daß man nur das bewegt, was wirklich bewegt werden soll. Und diesem Gedanken ist Professor Sauerbruch nachgegangen. Der Träger seines Armes muß sich einem Eingriff in den Armstumpf unterziehen, was manchen ab­schreckt. Durch die geschickte Hand des Arztes werden nämlich die Mustelreste, sofern sich solche noch im Armstumpf befinden, mit Elfenbeinstäbchen verbunden, an denen dann Schnurzüge befestigt werden, die zum Regieren von Arm und Hand dienen. Die Technik hat die furchtbaren Waffen des Krieges erfonnen. Sie leistet Sühne, wenn sie dem Kriegsbeschädigten die verlorenen Glieder wieder schenkt.

Wie der Türke wirklich ist.

Die Bahn gegenseitigen Verständnisses sucht der Professor an der Konstantinopeler Universität Dr. Achmed Emin in Ausfüh­rungen zu eröffnen, die im neuesten Heft der Monatsschrift Die Islamische Welt" wiedergegeben werden. Er wendet sich vor allem gegen irrige Auffassungen, die man in Deutschland vom türkischen Wesen häufig hat.

Die hochentwickelte Fachpresse Deutschlands gehört zu den Wie deutschen Einrichtungen, in denen Deutschland führend ist. viele Fachzeitschriften erscheinen eigentlich in Deutschland ? Diese Frage hat unlängst Wilhelm Diebener in der Hauptversammlung des Deutschen Verlegervereins beantwortet, über die das Börsen­blatt für den Deutschen Buchhandel" jetzt Bericht erstattet. Danach bestanden vor dem Kriege in Deutschland 5630 Fachzeitschriften. Ihre Menge war bis dahin dauernd angestiegen: in den 90er Jahren waren jährlich 122 neue Blätter erschienen, im ersten Jahrzehnt unferes Jahrhunderts famen durchschnittlich im Jahre 205 dazu, in Die technischen Zeitschriften den Jahren 1911 bis 1913 je 282. dabei' obenan: feit 1890 sind 838 neue Blätter stehen dieses Gesamtgebietes erschienen. In dem gleichen Zeitabschnitt von 23 Jahren haben die Blätter auf dem Gebiete des Handels und Verkehrs 461 Neuerscheinungen aufzuweisen, die Rechts­wissenschaft 458, Theologie und Philosophie 435, Philologie und Bädagogit 383, Naturwissenschaften und Medizin 351. Die Zunahme der Unterhaltungs-, Frauen und Jugendzeitschriften beträgt 340; Land- und Forstwirtschaft weisen 309 neue Fachblätter auf, Kunst und Literatur 181, ebenfobiele Sport, und das Militär und Marine stehen mit 28 neuen Zeitschriften am Ende der Liste.

Mit diesem Reichtum an Fachblättern steht Deutschland an der Spize aller Kulturstaaten. Wie in allen Ländern sind aus friegs­wirtschaftlichen Gründen auch in Deutschland manche Zeitschriften eingegangen, und zwar sind 1503 dauernd eingegangen, 1171 bor­übergehend; dagegen sind 1319 neu gegründet worden. Gegen­wärtig erscheinen demnach 1355 Zeitschriften weniger als im Jahre 1914, was eine vorübergehende Verminderung von faft bedeutét. wieviele der vorübergehend eingegangenen Blätter nach dem Kriege wieder erscheinen werden, kann man nicht voraussagen.

Der Turnfoal in der Fabrik.

Man stelle fich, so meint er, in Deutschland unter dem Begriff Türkei oft ein Märchenland vor, in dem vieles anders vor sich gehen muß, in dem wirtschaftliche und soziale Faktoren andere Nes juftate bringen, in dem es ein Sein, aber fein Werden gibt. Man hat daraus Schlüsse gezogen über die besondere Vorsicht, mit der man die Türken behandeln soll. Wenn der Türke dann Verdacht schöpft und unwillig wird, so schließt man weiter auf seine Gmp­Die Whit- Gesellschaft in Cleveland , eine der größten indufiriellen findlichkeit. Die Türkei ist kein Märchenland, fie ist aber auch internehmungen im Lande, hat einen Turnjaal für die Angestellten nicht ein ganz modern ausgestaltetes und modern arbeitendes Land. eingerichtet, in dem sich alle jeden Tag ernsthaften törperlichen Sie ist ein Land, das wegen seiner Lage, seiner gemischten Be- Uebungen unter der Leitung eines tüchtigen Turnlehrers hingeben völkerung und des ungünstigen Druces von außen in den legten müffen. Man will damit eine Besserung des törperlichen Zustandes Jahrhunderten hinter seiner Zeit zurückbleiben mußte, aber in erzielen, die es jedem Angestellten ermöglichen soll, bessere Leistungen einem raschen Prozeß der Verjüngung begriffen ist. Es ist noch zu vollführen. In erster Linie wurde die Einrichtung für die feib­vieles da, was einen Europäer, der an einen bestimmten Gang der ständigen Beamten getroffen, für die Direktoren, Inspektoren, Ab­Dinge gewöhnt ist, unzufrieden und ungeduldig macht. Diese Un- teilungsvorsteher usw. Diese müssen täglich entweder morgens oder zufriedenheit liegt aber an der oberflächlichen Betrachtungsweise, nachmittags eine Stunde in dem geräumigen Turnfaal der Fabrik von der sich viele leiten lassen. Sie halten sich nämlich vor Augen, zubringen; fie werden für diese Turnstunde bezaält und dürfen wie alles in ihrem eigenen Lande ist, und wie alles nach ihrem fich während der Stunde nicht mit Geschäften befassen. Begriff sein soll. Wenn sie das in der Türkei nicht wiederfinden, für das Verlassen des Turnfaals vor Ablauf der Zeit find erscheint ihnen die Lage als troftlos. Wenn sie aber objektiv sein fogar empfindliche Strafen festgelegt. Die Ergebnisse waren könnten und in Betracht zögen, wie alles in der Türkei war, und wie es in furzer Zeit geworden ist, würden fie einen ganz anderen Eindruck gewinnen.

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gut, daß die Firma das System immer weiter, auf alle 5000 Rozrefpondenten, Buchhalter, Gebilfen, Stenographen und Arbeiter ausdehnen will. Wenn ein sozialistischer Utopist dergleichen Ein zweiter Fehler, den man oft macht und der das Ver- ersonnen hätte, würde wieder das bekannte Slagelied vom Zuchthaus­ständnis für die Türkei erschwert, ist die Ansicht, daß die moham- staate, der auch die Vergnügungen reglementiert, angeſtimmt worden medanische Religion ein alleinherrschender Faktor im türkischen sein. Das Reglementieren besorgt aber die fapitalistische Wirklich­Leben ist, dem sich alles pünktlich zu unterwerfen hat. In dieser feit so gründlich, daß dem Sozialismus sicherlich eine Befreierrolle Hinsicht müßte man doch bedenken, daß die modernen, jeden zufallen wird. Neben dem Turnfaal befindet sich eine Duschehalle. blinden Glauben zersetzenden Einflüsse auf die mohammedanische Bevor eine Anstellung erfolgt, wird eine ärztliche Untersuchung vor­Religion ebenso wirken müssen wie auf jede andere Religion. Es genommen, und wenn dabei Nervosität oder eine andere Störung gibt heute unter den Türfen wie anderswo völlige Freidenker, festgestellt wird, so wird der Angestellte behandelt und weiter genau, Bann Beute, welche der Religion gegenüber gleichgültig sind, Leute, beobachtet; es werden genaue Tabellen angelegt, in denen Gewichts­welche Glauben und Wissen in Einklang miteinander zu bringen verlust oder Zunahme vermerkt werden, seine Ernährung wird ge­suchen, und schließlich fromme Gläubige. In der letzten Zeit ist, regelt uit. Das Alter der Angestellten schwankt zwischen 32 und wie ja jede Uebergangsperiode eine Reaffion gegen Allthergebrachtes 48 Jahren, und alle bleiben lange im Dienst der Firma. mit sich führt, eine zerstörend wirkende Strömung gegen die Re­ligion bemerkbar. Das fann gefährlich werden, weil nicht genug Faktoren an der Arbeit sind, welche die Religion ersetzen und zur weiteren Festigkeit des sozialen Lebens beitragen können. Dieser Gefahr ist man sich aber schon bewußt und kämpft dafür, einen idealisierenden Glauben in irgendeiner Form aufrechtzuerhalten.

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Notizen.

Runst chronif. Die Ausstellung Berliner Bildnisse 1848-1918" in der Berliner Sezeffion ist bis auf den 21. Juli ver­längert morden. Theaterchronit. Das Herrnfeld Theater trifft zu einem mehrere Wochen umfassenden Gastspiel demnächst wieder in

Was den türkischen Fatalismus anbelangt, den man gewöhn­lich als Begleiterscheinung des Islams betrachtet, so ist er nur eine vorübergehende Erscheinung, die mit dem Gemisch von Berlin ein. genannt wurde. ,, Richtig, ich habe hunderttausend Rubel schwarzen, matten Farben bedeckt, die Möbel, die Bespannung Mitgift. Es muß schlecht mit ihm stehen, und daher die plöß- der Wände, die Portieren. liche Zärtlichkeit." Der Raum machte den Eindruck einer Begräbniskapelle. Sie konnte ihre Gedanken nicht weiter ausspinnen, weil Zwei ganz nackte, nach rückwärts gebeugte Riesen aus ihre beste Freundin, Rosa Mendelsohn, ihr entgegenlief, mit dunkler Bronze erhoben mit ihren Herkulesarmen über ihre Köpfe großer, wundersam verschränkte Orchideenzweige mit weißen, fristallenen Blüten, aus denen elektrisches Licht ins Zimmer rieselte.

,, Nein, Morig!" fie schüttelte den Kopf und lachte dem rechten Bein unmerklich hinkend. boshaft.

Auch lieb haft du mich nicht?" ,, Nein, Moritz."

" Einen schönen Flirt treiben wir hier," sagte er, durch den Ton ihrer Antwort aufgeregt.

,, Unter Verwandten fann man sich das erlauben, weil es doch zu nichts verpflichtet."

Ste blieb stehen, um einer Bettlerin ein paar Groschen zu geben, die mit einem Kind auf dem Arm an einem Garten­zaun stand und laut bettelte.

Moris schaute höhnisch zu, nahm aber selbst rasch ein Geldstück heraus und gab es der Frau.

Du gibst auch den Armen?" Sie war ganz ver­

wundert.

" Ich habe mir diese barmherzige Operation erlaubt, weil ich zufällig ein falsches Geldstück hatte." Er begann herzlich über Melas Entsezen zu lachen.

,, Von deinem Zynismus wirst du nie geheilt werden!" Ich hab' ja noch Zeit, und wenn ich noch Gelegenheit

dazu hätte und so einen Arzt wie dich..."

"

Auf Wiedersehen, Morig."

N

Schade, daß du schon gehst."

Ich wollte schon den Wagen nach dir schicken, ich konnte es nicht mehr erwarten." ,, Moritz Welt hat mich herbegleitet, wir gingen ganz langsam, er sagte mir Komplimente, na und so weiter." udenbengel," warf Rosa verächtlich hin. Er läßt dich höflichst grüßen." " Dummkopf! Er denkt wohl, ich werde ihn auf der Straße wiedererkennen, wenn er mich grüßen wird."

Magst du ihn nicht?" fragte Mela, das zerzauste Haar bor einem großen Spiegel ordnend, der zwischen zwei riesigen künstlichen Palmen stand.

" Ich kann ihn nicht ausstehen, weil Water ihn eines Tages gelobt hat. Uebrigens mag ihn auch Will nicht. Eine schöne Buppe!" " Ist Wilhelm da?"

" Alle sind da, und alle langweilen sich, dich erwartend." Und Wysocki?" fragte sie leise und etwas unsicher. " Ist auch da, und schwört, daß er sich grad bevor er her­tam ganz gewaschen hat. Hörst du, ganz."

Wir werden's doch nicht feststellen.. Sie faßten sich bei der Hand und gingen durch die Zimmerflucht, die ganz im Dämmerlicht versunken und mit

Mir tut's gar nicht leid. Bist du heut abend in der einer außergewöhnlichen Pracht eingerichtet war. Solonie?"

Ich weiß nicht, heut nacht fahr' ich weg." " Geh mal vorbei, grüße die Damen von mir und sage Frau Stephanie, daß ich morgen vormittag zu ihr ins Ge­schäft tommen werde."

"

Schon gut, dafür grüß' du bon mir Fräulein Rosa und fage auch dem Müller von mir, daß er ein Idiot ist." Sie schüttelten sich die Hände und trennten sich. ,, Verrückt! Ich würde sie heiraten. Grünspan, Lands­berg& Welt, das wäre eine solide Gesellschaft; muß man sich überlegen," dachte Morig und freute sich über die Jdee.

VII.

,.Was treibst du, Rosa?"

" Ich langweile mich und mache den Gästen vor, daß sie mich amüsieren, und du?" " Ich mache niemand was vor und langweile mich eben­

falls."

Ein furchtbares Leben," sagte Rosa mit einem Seufzer. ,, Und wie lange soll das so weiter gehen?"

"

Du weißt es am besten, wie lang, wohl bis zum Tod." ,, Ach, was gäb' ich dafür, wenn ich mich verlieben könnte, was gäb' ich dafür."

,, Dich und die Millionen als Zugabe."

,, Du wolltest sagen: die Millionen und mich als Zugabe,' sagte Rosa schroff und höhnisch.

Was hat Morig nur heut?" dachte Mela, in ein großes, Sie betraten jezt ein nicht allzu großes, ganz schwarzes zweistödiges Edhaus eintretend, das allgemein Palais Schaja| Zimmer. Alles war hier aus schwarzem Plüsch und mit

Auf den schwarzen Sofas und niedrigen Fauteuils faßen einige Personen, schweigend und in den lässigsten Stellungen, ein Mann lag sogar auf dem Teppich, der den ganzen Boden bedeckte. Der Teppich war ebenfalls schwarz, nur in der Mitte war ein großer Strauß roter Drchideen eingewebt, die wie ungeheuerliche, wundersam verschränkte Würmer im Zimmer

umherzuschleichen schienen.

Wilhelm Müller , ein blonder Niese in einem anliegenden Radfahrerkostüm, erhob sich vom Fauteuil, warf sich auf den Teppich und drehte sich dreimal in der Luft um.

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Bravo, Müller!" rief einer, der auf dem Teppich am Fenster lag.

das auf einem niedrigen Schaufelstuhl lag, und beugte sich Mela, komm, füß mich." rics ein stark gebautes Mädchen, träg zu ihr herüber. Mela füßte sie und setzte sich aufs Sofa neben Wysocki, der über eine kleine, schmale, rosige Blondine gebeugt, leise etwas flüsterte und immer wieder die Aufschläge feines Rockes abstäubte, die schmugigen Manschetten in die Aermet steckte, den kleinen blonden Bart energisch drehte und

behauptete:

,, Gerade vom feministischen Standpunkt aus sollte man gar keine rechtlichen Unterschiede zwischen Mann und Frau machen." ,, Na ja, aber du bist ja langweilig, Mjetschet!" flagte wehmütig die Blondine.

,, Rosa, was hab' ich denn nötig mich zu langweilen?" seufzte Toni vom Schaufelstuhl herüber.

,, Bill, unterhalt doch Toni, hörst, du, du Faulpelz!" Ich mag nicht, ich muß mich strecken, ich habe følche Kreuzschmerzen."

,, Warum hast du Kreuzschmerzen?" ,, Weißt, Toni, er hat aus demselben Grund Kreuz­schmerzen, wie du," lachte Fela.

..Man muß ihn majjieren."

( Borti. folat)