Reichstag .' 190. Sitzung des Reichsiags Freitag, den 12. Juli, nachmittags l Uhr. 2m BundeSratStisch: Graf R o e d e r n. Anfragen und Steuern. ÜZor Eintritt in die Tagesordnung erklärt General V. Wriöberg, datz die Behauptung deS Abg. Scheide« mann in seiner letzten Rede, der Presse sei verboten, über Flieger- angriffe auf offene Städte zu berichten, so daß man in Berlin gar nrcht erfahre, was in Süddeutschland an Krauen und Kindern durch solche Angriffe gemordet würde, der Begründung entbehre.(Wider- spruch links.) Anfragen. Die Abgg. NoSle(Soz i und Cohen(Soz.) verweisen auf die in Warschau und Lodz offen angeschlagenen Aufrufe zu Juden- Pogromen. Diese Aufsehen erregenden Aufrufe konnten drei Tage lang an allen Ecken und Enden prangen, bevor sie entfernt wurden. Den jüdischen Zeitungen Polens wurde von der Zensur verboten, irgend etwas über die Pogromplakate zu schreiben, während eine in Lodz erscheinende polnische Zeitung sie im Wortlaut wiedergeben und hinzufügen konnte, der Inhalt entspreche der Stimmung der polnischen Massen. Unrerstaalssekretär Lewald: Es ist richtig, dast Flugblätter, in denen„zur Vertilgung der jüdischen Bande' aufgefordert wird, in den letzten Monaten wiederholt nachts in Warschau angeschlagen worden sind. In Lodz ist das polizeilich nicht festgestellt worden. Die Flugblätter sind jedesmal so schnell wie möglich ent« f-r nr worden; hierzu war ein ausdrücklicher Befehl ergangen. Bei der Ausdehnung von Warschau und bei der geringen Zahl deutscher Polizeimannschasten ist immerhin möglich, daß an den wenig belebten Stellen der Stadt die Aufrufe nicht sofort entfernt worden sind. Die Behauptung, datz südischen Zeitungen verboten worden ist, irgend etwas über die Flugblätter zu schreiben, ent- spricht nicht den Tatsachen. Abg. Gothein(Vp.) beschwert sich, dah im Bereich deS Stettiner Generalkommandos den zum Heeresdienst in der Heimat einge« zogenen Rechtsanwälten das Auftreten vor Gericht verboten ivird. wenn sie für die Volkspartei tälig sind, und datz thr Auftreten durch untergeordnete Organe kontrolliert wird. General v. Wrisberg bestreitet die Richtigkeit dieser Tatsachen. Abg. Gothein(zur Ergänzung» weist auf verschiedene Fälle hin. in denen einzelnen Anwälten die Genehmigung zum Auftreten vor Gericht versagt worden ist, und auf einen Befehl des Stellvertretenden Generalkommandos in Stettin , wonach das anßerordentliche Kriegsgericht da« Berfahren auch dann nicht einstellen kann, wenn es von der Unschuld eines Angeklagten überzeugt ist.(Stürmisches Hört! hört! links.) General v. Wrisberg: Ich kann darauf nicht antworten, denn das Material steht mir nicht zur Verfügung.(Unruhe links.) Abg. Gothein(zur Ergänzung): Ich habe das Material mi? Namensnennung vor einiger Zeit dem Kriegsministerium übergeben. General v. Wrisberg z Ich habe meiner Antwort nichts hinzu« zufügen.(Große Unruhe links; Rufe: Unerhört!) Soldaten und Reichstag. Die Abgg. Dr. Müller-Meiningen (Vp.). Held(natl.), Stückle» Soz.), Dr. Wirth(Z.) weisen darauf hin, daß in der Sitzung vom 12. Juni seitens der Militärverwaltung gesagt wurde, ein all- gemeine? Verbot des Verkehrs zwischen Angehörigen des HeereS und den Reichstagsabgeordneten bestehe nicht.'Es werden ober von vielen militärischen Stellen An- gehörige der Armee mit kriminellen und dis- trplinarischen Strafen bedroht, falls sie mit lolkSvertretern in V er k eh r treten. Was gedenkt der steichskanzler zu tun, um Offiziere und Mannschaften gegen diese Uebergriffe kurzsichtiger Vorgesetzten zu sichern? General v. Wrisberg: Solchen Fällen kann nur nach« gegangen werden, wenn dem KriegSmimsterium nähere Angaben darüber gemachr werden. Abg. Dr. Müller-Meiningen : Bestehen in einzelnen Truppen- teilen desondere Verbote über den Verkehr zwischen Heeresangehörigen und Abgeordneten? General v. Wrisberg: Der Heeresverwaltung ist nicht bekannt, daß Sonderverbole besteben. Abg. Dr. Müller-Meiningen (zur Ergänzung): In Tausenden von Fronibriefen, Briefen aus der Etappe und äuS den Gamisonen wird Klage über das Verbot des Verkehrs zwischen Abgeordneten und Soldaten geiübrt. General v. Wriesberg: Wenn der Heeresverwaltung solche Fälle vorliegen, werden sie nachgeprüft werden. Jedenfalls lann Bestrafungen nur nachgegangen werden, wenn im Kriegsministcrium nähere Angaben über den einzelnen Fall gemacht werden. Die Abgg. Stücklen und Wels(Soz.) verweisen darauf, daß bei manchen Gefangenen- UeberwachungSstationen allen Mannschaften der Urlaub gesperrt wird, wenn Entweichungen von Gefangenen vorkommen. Oberst v. Fransecki erwidert, daß Fälle, in denen eine all- gemeine Nachlässigkeit der Bewachungsmannschaft festgestellt werden kann, sich wohl ergeben können, und daß eine vorübergehende Wer- schiebung des Urlaubs zum Zweck der Untersuchung angängig sein könne. Nicht zu billigen wäre eine Urlaub-Zuriickstellung aller Mannschaften, ohne daß ein zwingender Grund vorläge. Abg. Ryssel(U. Soz.) führt Beschwerde darüber, daß den in der Ukraine stehenden deutschen Soldaten ihre Löhnung in österreichischer Währung ausgezahlt wird, wodurch sie bei dem Kurssturz der österreichischen Währung geschädigt werde». General v. Oven : Durch eine Verfügung vom 18. April ist angeordnet worden, die Löhnung nicht mehr in Kronen auSzu- zahlen. Präsident Fehrenbach teilt mit, daß einzelne Anfragen, die das Auswärtig« Amt betreffen, zurückgestellt werden müssen, da nie- mand vom Auswärtigen Amt anwesend sei. Es folgt die Fortsetzung der zweite» Lesung de» Sranntweinmonopols. Der grundlegende§ 1, über den gestern verhandelt wurde, wird unverändert angenommen. Eine ganze Reihe weiterer Paragraphen werden ohne Debatte nach den Beschlüssen der Kommission angenommen. § 132 handelt von der Verwertung des Branntweins zu er- mäßigten Verkaufspreisen. Der Bundesrat wird ermächtigt, auch drc Abgabe solchen Branntweins zu ermäßigten Verkaufs- preisen zuzulassen, der in öffentlichen Kranke-, Entbin- du�gs. und ähnlichen Anstalten oder in öffentlichen wtssenschastlichen Lehr- und- Forschungsanstalten verwendet wird. Ein Schlußabsatz dieses Paragraphen besagt, daß den Krankenkassen für jede« Mitglied und Jahr 1 Mark als Rückvergütung aus der Monopolkaffe zu zahlen ist. Mit der Aussprache verbunden wird§ 252b. der die Aufwen- düngen für WohlfahrtS- und Wirischaftszwecke enthält. Ein Antrag Dr. Blunck(Vp.) will den Schlußabsatz des § 132 ganz streichen, dafür aber im§ 2ö2b einfügen, daß 8 Millionen Mark aus der Monopoletnnahme jährlich zur Er- Mäßigung der Kosten für alkoholhaltig« Heilmittel für die min- dcrbemittelten Volkskreise, insbesondere die Mitglieder der Kran- len- und Knappschaftskassen zur Verfügung gestellt werden sollen. Abg. Dr. Blnnck(Vp.): ES handelt sich darum, daß den minder- bemittelten B�völkerungskreifen au» der Verteuerung der Arznei- mittel, die die Vorlage mit sich bringen wird, keine Belastung ent- steht. D>e Formulierung des Ausschusses genügt nicht, weil sie lediglich den Kranken- und Knappschaftskassen eine Rückvergütung
gewähren will, während wir der Meinung find, daß diese Rückver- gütung allgemein den minderbemittelten Volkskreisen gewährt wer- den muß. Abg. Becker-ArnSberg (Z.) hält den Antrag Blunck für praktisch undurchführbar und bittet, es bei dem Beschlutz deS Ausschusses zu belassen. Ministerialdirektor Meuschel tritt für den Antrag Blunck ein. Abg. Hoch(Soz.) beantragt, im Z 252 statt 8 Millionen 16 Millionen zu bewilligen. Mit dieser Aenderung wird der Antrag Blunck nach Streichung deS letzten Absatzes in 132 angenommen, so daß also 16 Mil- lionen Marl zur Ermäßigung der Kosten alkoholhaltiger Heilmittel zur Verfügung gestellt werden können. Tie Debatte über die§ß 135 und 146 bis 151 wird verbunden. § 135 bestimmt, datz für die Essigerzeugung der Alkohol zn ermäßigtem Preise von der Monopolverwaltung abgegeben werden soll, um diese wettbewerbsfähig zu erhalten gegenüber der chemi. schen Industrie. In den§§ 149a und b wird die Kontingentierung der Essig- erzeugung eingeführt und dahin geregelt, daß Bezugsrechte für die GärungSessiglndustrie und Betriebsrechte für die Holzessigindustrie gebildet werden. Ein Antrag D r. Blunck besagt: Die Bezugsrechte sind unbeschränkt übertragbar und auf Antrag auf Betriebsrechte an- zurechnen. Abg. Wurm(U. Soz.): Die Tendenz des Entwurfs ist darauf zugeschnitten, die Spirituserzeugung zu schützen gegen die neu auf- gekommene chemisch-technische Industrie, die aus Kohle und Kalt Spiritus machen will. Die Regierung ist bereit, bis zum Preise von 120 M. für den Hektoliter Alkohol zur Essigerzeugung herunter- zugchen gegenüber dem Hektoliterpreis von 1000 M. bei Alkohol sür Trinkzwecke. Außerdem ist die Essigsäure, die auf chemischem Wege erzeugt wird, mit einer Verbrauchs- abgäbe von 160 M. belastet. Das ist d i e F a l l e, in die die Leute, die von den Dingen nichts verstehen, hinerngelockt werden. Wenn diese Paragraphen angenommen werden, wird die Karbidessig- industrie schwer geschädigt zugnnsten der Kartoffelbrennerei. Die Karbidessigindustrie ist dadurch, daß ihre Erzeugnisse von der Heeresverwaltung verbraucht wurden, verhindert gewesen, in der Kriegszcit Speiseessig unter Verbrauchsabgabe zu liesern. DaS wird jetzt dazu benutzt, um sie von der Kontingentierung, d. h. vom Markte auszuschließen, weil wir eben kein Betriebsrecht be- kommen. Wir beantragen daher, damit die Holzessigindustrie nicht der chemischen Karbidessigindustrie die Bezugsrechte wegkauft, die Verkäufe für die Holzessigindustrie zu sperren. Der Antrag Blunck wird angenommen; im übrigen werden die Kommissionsbeschlüsse bestätigt. 8 238 handelt von der Uebertragung von Brennrechten. Abg. PeuS(Soz.) wünscht, unter Bezugnahme auf einen be- sonderen Fall in Dessau , daß auch Betriebe, die bisher noch kein Brennrccht besitzen. Brennrechte erwerben können. Abg. Kreth(!.): Die gewerblichen Brennereien haben«in großes Interesse daran, davor geschützt zu werden, daß auch Zucker- fabriken Brennrechte erwerben. § 238 wird angenommen. Bei§ 252b der u. a. bestimmt, daß aus der Monopoleinnahm« jährlich 4 Millionen Mark zur Bekämpfung der Trunksucht und ihrer Ursachen sowie zur Milderung der durch die Trunksucht herbeigeführten Schäden dem Reichskanzler zur Verfügung zu stellen sino. findet eine Abstimmung durch Hammelsprung statt. Die 4 Millionen werden mit 161 gegen 121 Stimmen bewilligt. Im übrigen wird die Borlage Nach den Kommissionsbeschlüssen angenommen. Es folgt die zweite Beratung des Gesetzes über die Abänderung des Gesetzes über den Absatz von Kalisalzen. Die Kommission hat die in der Vorlage enthaltenen Sätze st- was vermindert. Abg. Brockhausen(k.) wünscht, daß die Sätze der RegierungS - vorläge wieder hergestellt werden, sonst müßten die Arbeitcrlöhne wieder ermäßigt werden. Abg. Gothein(Vp.) wendet sich gegen die Wiederheraufsetzung der Sätze und beantragt Teuerungszulagen für die Beamten. Abg. Dr. Arendt(D. Fr.) unterstützt den Antrag Brockhausen. Ministerialdirektor Müller bittet ebenfalls um Wiederherstellung der Regierungsvorlage. Abg. Brey(Soz.) widerspricht der Auffassung, daß die im Ge- setz genannten Löhne Höchstlöhne seien; es handelt sich hierbei nach der Auffassung des Gesetzgebers und der Kommission um Mindest- löhne.— Dem Antrag Gothein auf Gewährung von Teucrungszu- lagen an die Beamten treten meine Freunde bei.— Die Wiederhcr- stellung der Sätze der Regierungsvorlage sei um so mehr notwendig, als sonst das Gesetz jetzt nicht zustande kommt; die Kaliarbeiter, die schon so lange auf eine Zulage warten, ihrer aber dringend bedürfen. Abg. Albrccht(U. Soz.): Die Kalipreise, die die Kommission festgesetzt hat, genügen. Auch bei ihnen können die erhöhten Löhne den Arbeitern sehr wohl gezahlt werden. Die Anträge Brockhausen(Wiederherstellung der Sätze der Regierungsvorlage für Kali) und Gothein(Tenerungszu- lagen) werden angenommen, der Rest des Gesetzes wird nach den Beschlüssen der Kommission angenommen. Das Gesetz wird darauf sofort in dritter Lesung angenompien. Hierauf wird das Gesetz über die Zusammensetzung öes Reichstags und die Verhältniswahl in großen ReichStagSwahlkreisen in dritter Lesung angenommen. Es folgen Abstimmungen über Resolutionen zur ErnährungS- frage, von denen eine Anzahl angenommen, einige abgelehnt wer- den. Angenommen wird ferner eine Resolution, die eine stärkere Kohlenförderung durch Heranziehung von Gefangenen und von Angehörigen des Heeres zur Kohlenförderung fordert. Weiter ward angenommen eine Resolution, die von der Kl et- derabgabe diejenigen Deutschen zu befreien wünscht, die we- Niger als 1200 M. Einkommen haben ud diejenigen, die in dem vom Feinde besetzt gewesenen Gebieten tOstpreuhen) wohnen. Gras Westarp beantragt zur Geschäftsordnung, die Abstim- mung über die Resolution zur Ernährungsftage zu wiederholen, da das HcmS sich bei dieser Abstimmung nicht bewußt gewesen wäre, worüber es abstimmt.(Hört, hört! und Heiterkeit.) Abg. Haast(U. Soz.) widerspricht der Wiederholung. Es folgt die dritte Lesung der Steuervorlagc. Abg. Keil(Soz.): Die Zeit zur Beratung dieser umfangreichen Steuergesetze war zu kurz. Um Härten zu vermeiden, ist in vielen Fällen dem Bundesrat in übermäßigem Umfange Vollmacht erteilt. Wir sprechen den Wunsch aus, daß uns in Zukunft solche Steusrvorlagen rechtzeitig vorgelegt werden müssen.(Allseitige Zu- stimmung.) Eine neue Erscheinung ist diesmal, daß der Reichstag 1200 Millionen mehr Steuern beschlossen hat, als die Regierung vorgeschlagen hatte. Dabei hat er noch keinen Pfennig zuviel beschlossen. Die Erbschaften werden bei uns steuerlich geschont, wie in keinem anderen Lande Europas. (Sehr wahr! b. d. Soz.) Man belastet fortgesetzt den Verbrauch, ohne die naheliegendsten Besitzstcuern heranzuziehen. Der Resolution, die eine allgemeine Vermögensabgabe zur Abbürdung der Kriegsschulden verlangt, stimmen wir zu. Von der außerovdent- lichen Kriegsabgabe, die beschlossen ist, hat man leider das reguläre Einkommen freigelassen. Dadurch sind wieder sehr große Einnah- men der ReichSkasse entzogen. Immerhin ist es zu begrüßen, daß trotz deS scharfen Widerstandes der einzelstaatlichen Finanzminister eine Besteuerung des Mehreinkommen» und der Vermögen durch das Reich als einmaliger Akt zustande gekommen ist.)
ReichSsKatzseZmtör Güff Roedern spricht die Zustimmung der Regierung zu den vom Reichstag über die Regierungsvorlagen hin- aus beschlossenen Steuern aus und erklärt, daß der Reichsfinanzhof nicht in Berlin feinen Sitz haben wird, sondern in Süddeutsch- l a n d. Ich bedauere, daß die Fraktion deS Vorredners gegen den größeren Teil der Gesetze stimmen will. Es ist undenkbar, daß der Bedarf, vor dem wir jetzt stehen, allein durch Besitzsteuern gedeckt werden könnte. Deshalb war es richtig, bei den Verbrauchssteuern jetzt ganze Arbeit zu machen und dies Gebiet ab- schließend zu bearbeiten. Die Debatte schließt. Tie außerordentliche Krieg'Scibgabe wird angenommen. Zum Rcichsstempelgesch liegt ein Antrag Ebert(Soz.) vor, die Einkünfte aus Fideikommisseu mit 10 Proz. zu besteuern. Abg. Scheidcmann(Soz.) beantragt namentliche Abstimmung. ReichSschatzsekretär Graf Roedern: Die Regierung rann diesem Antrage nicht zustimmen. Wenn Sie hier das Einkommen aus Fideikommiß im Börsengesetz besteuern, so wäre die Konsequenz, daß man auch jede andere Einkommensteuer in ein solches Börsen- gesetz einarbeiten könnte. Der Antrag Ebert wird hierauf mit 154 gegen 151 Stimmen bei 2 Stimmenthaltungen abgelehnt. Zu den übrigen Steuern liegen keine Wortmeldungen vor. Die Biersteucr, der Bierzoll, die Weinsteuer, die Steuer auf Mi- neralwasser, die Erhöhung der Post- und Telegraphengebühren, die Umsatzsteuer werden gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und U. Soz. angenommen. Gegen die Schaumweinsteuer stimmen nur die U. Soz. Einstimmig angenommen werden die Gesetze über die Steuer- flucht und über den Finanzgerichtshos. Damit ist die Tagesordnung erledigt. Nächste Sitzung: Sonnabend 10 Uhr(dritte Lesung deS Bräunt. Weinmonopols, Kriegskredite). Schluß 7% Uhr. � Kürzere Arbeitszeit für öie Eisenbahner! � Immer, wenn die Eisenbahner eine Verkürzung ihrer Arbeits- zeit forderten— sie beträgt in den Berliner Eisenbahnwerkstätten 10 Stunden— lehnte die Eisen bahnverwaltung die Forderung mit der Behauptung ab, eine Verkürzung der Arbeitszeit sei unmöglich. Vergebens wiesen die Vertreter der Arbeiter nach, datz die Abschaf- fung der Ueberstunden die Leistungsfähigkeit des Betriebes in keiner Weise schädigen würde. Es blieb trotzdem bei der zehnstündigen Arbeitszeit. Nur. die eine Aenderung wollte die Verwaltung ein- treten lassen: An den Sonnabenden vor einem'freien Sonntag sollte eine durchgehende neunstündige Arbeitszeit eingeführt werden. Die Arbeiter erklärten aber, neun Stunden hintereinander könne niemand arbeiten; tue durchgehende Arbeits- zeit sei zu begrüßen, sie dürfe jedoch nicht länger als acht S t u n- den dauern. Darauf ist es auch an den Sonnabenden beim alten geblieben. Gestern Abend wurde im großen Saale des Gewerkjchaftshauses eine vom Deutschen Eisenbahuerverband einberufene, sehr stark be- suchte Versammlung abgehalten, an der auch Genosse Braun als Vertreter der sozialdemokratischen Laudtagssräktion teilnahm. Der Referent, Verbandssekretär Kotzur, betonte, daß eine Verkürzung der Arbeitszeit jetzt notwendiger sei denn je, da wegen der mangelhaften Ernährung der Gesundheitszustanid der Arbeiter bei langer Arbeitszeii auf das schwerste gefährdet werde. In Danzig sei die durchgehende achtstündige Arbeitszeit an den Sonnabenden Eingeführt, also müsse das auch in Berlin möglich fein. Die Versammlung nahm einstim-mig eine Resolution an, welche erklärt, daß die Eisenbahner au den srüher aufgestellten Forde- rungen festhalten! Abschaffung der Ueberstunden und Sonntags- arbeit, durchgehende achtstündige Arbeitszeit am Sonnabend, Ge- Währung einer den Teuerungsverhältnissen entsprechenden Lohn- zulage. Tie Resolutton wird dem Eifenbahnminister telegraphffch übermittelt. Eine Vertretung der Arbeiter der Berliner Eisenbahn- Werkstätten, die heut(Sonnabend) vom Minister empfangen wird, soll die Forderungen begründen und auf endliche Erfüllung der- selben dringen. Unö Roethe sprach...! Bielmehrt er schimpfte. AuS studentischen Kreisen wird uns geschrieben: Ist es indiskret aus einem„öffentlichen" Vortragsabend zu Plaudern? Nein, im Gegenteil, man hat sinngemäg die Pflicht, davon zu erzählen denen, die nicht dabei waren.— Der Verein deutscher Studenten hatte jüngst geladen und seinen alten Herrn Roethe zu seinem Mittler bestellt. Und der Verein deutscher Stu- deuten treibt keine Parteipolitik!— Impulsiv war der Vortrag von Anfang bis zu Ende, sehr im- pulsiv. Der geschichtliche Teil brachte nichts Neue?; aber dann gab es eine Fülle zum Ohrenspitzcn.... Aus dem Marli« in Riga hatte Herr Roethe Juden, Polen und ähnliches östliches Gesindel an- getroffen. Das war betrüblich, und auch der Pulverturm konnte darüber nicht hrnwegtrösten. Da war doch Dorpat ganz anders; denn dort hatte er das größte Ereignis seiner Reise: Ein teutscher Kommers legte Zeugnis ab von teittsch.völkischer Eigenart. Und das alles soll uns verloren gehen? Doch es gibt noch, Gott sei Tank, Männer, die allein eine brauchbare Politik der- treten. Sie werden als Grenze die Gegend des Peipus-Sees be- stimmen und den Geist des unseligen LichnowSky, der leider immer noch umgeht, verschwenden lassen. Könnte nur störend die Gewäh- rung des gleichen Wahlrechts in Preußen wirken. da§ die elendeste, ungccigneistc Masse zu Herren machen würde und böswillige, törichte, kurzsichtige und engherzige Männer wie Scheidemann zur Geltung kommen ließe, Man- nec von einem Tiefstand an Bildung und Geist.— Tann freil'ch möchte man lieber auf eine Angliederung der baltischen Lande verzichten. Aber noch sei es nicht so weit. Die berühmten Zwei werden das verhindern, und schließlich, wie immer die W a h» l e r auch wählen mögen, das deutsche Volk denke doch anders. (Verstehst Du das, einfältiger Leser?) Ihm erklinge noch immer das Lied, das er bei dem Kommers in Dorpat gehört: „VonderMaaSbis an die Narve......." So sprach der Herr Prof. Roethe, und der Verein deutscher Siu- deuten treibt doch keine Parteipolitik!— Der Bundesrat hat am 11. Juli 1918 eine Bekanntmachung zur Ergänzung der Bekanntmachung über die E r r i ch t u n jj v o n Herstellung»- und Vertriebsgesellscbaften xn der Schuhindustrie(17. März 1917) erlassen, um alle Zweifel. daß den Herstcllnngs- und Vertriebsgesellschaften lediglich die Re- gelung der fabrikmäßigen Herstellung von Schuhwaren in einer den jeweiligen Kriegs» erhältni sie n entsprechenden Weise und die Verrechnung zwischen stilliegenden und weiterarbeitenden Betrieben obliegt, daß sie also zur Deckung ihrer Unkosten keinerlei Gewinne beziehen. Durch eine solche einwandfreie Festlegung soll den ein- zelnen Bundesstaaten gleichmäßig« Freistellung dieser Gesellschaften von de>n staatlichen und kommunalen Vermögens-, Einkommen- und Gewerbesteuern ermöglicht werden. Das Herrenhaus vertagte sich gestern, nachdem es zuvor in geheimer Sitzung über den Ausschluß L i ch n o w S k y S beraten hatte. Ucber feinen Beschluß wird nicht berichtet.____;