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Sio-khosm, 23, Juli. Russische Blatker bringen setzk nassere Einzelheiten über die Kämpfe i« Jaroslaw die zwischen Sozialrevolutionären und Bolschewik:, nickt aber, wie ge/neldet. zwischen Tschecho-Slowaken und Bolschewiki sraltgesunden haben. Die Kämpfe brachen plötzlich mitten in der Nacht aus und trafen die Bolschewiki gänzlich unvorbereitet. Ein- Seine Arbeitergruppen umzingelten die Anlagen, die öffentlichen Gebäude und den Sitz der Bolschewiki. sowie die Kasernen. Ein ganzes Regiment wurde umzingelt und mußte sich ergeben. Die Mannschaft wurde gefangen genommen.' Die Post und das Tele- graphenamt gingen in die Hände der Sozialrevolutionäre über. Viele Bolschewiki, darunter alle Führer, wurden erschossen. Die Verbindung mit JaroSIaw ist unterbrochen. Stockholm , 23. Juli. Dos Kommissariat zum Kampf mit der Gegenrevolution hat, wie der Korrespondent der.Telegraphenunion' erfährt, in Moskau ein von den Tschechen und Polen geleitetes Bureau entdeckt, das sich mit der Rekruten- Werbung für die gegenbolschewistifche Armee befaßt. Es wurde festgestellt, daß durch Vermittlung dieses BurecuS sehr viele Polen , Tschechen und Russen, mit französischen Pässen versehen, nach Wo- logda geschickt wurden. Die Ersthießung öes Zacen. Moskau , 19. Juli. Die beuiige Nummer der.Prawda' feiert die Erschießung des Zaren. Die Gebete der Priester, die für seine Gesundheit beten, könnten ihn nicht mehr ouferwecken. Nikolaus IL sei eine klägliche Figur gewesen, der Träger einer fürchterlichen Re- oktioa und auch der Schuld am Kriege. Bon zwei Seiten sei er mit dem Imperialismus der Räuberstaaten Europas verbunden ge- Wesen. Dort werde man über ihn weinen. Kie», 22. Juli. Die meisten Zeitungen bringen Artikel anläß- lich de» Todes de? Zaren. Bürgerliche Zeitungen sprechen die Ueber- zeuzung aus, daß die H i u r i ch t u n g des Zaren geeignet sei, den monarchischen Gedanken, da: sich überall bereits rege, zu stärken und ihm zum Durchbruch zu verhelfen. Unter der Aisistenz der Vikarbischöie und zahlreicher Geistlichkeit hielt der Metropolit Antonius gestern in der Sophienkathedrale eine feier» liche Seelenmesse für den verstorbeneu Zaren. Die Kathedrale war überfüllt. Moskau , 22. Juli. Wie Flüchtlinge vom Ural erzählen, sind die Tschecho-Slowaken für die Erschießung des Zaren indirekt ver­antwortlich. Agenten von ihnea ließen die Sowjet-Vertreter in Jekaterinenburg im Auftrage der Ententeorganisation in Jekaterinen- bürg wissen, der Zar soll« befrckt werden, um an die Spitze der Bewegung gegen die Bolschew/li in Sibirien gestellt zu werden. Der Sowjet in Jekaterinenburg ließ sich bedauerlicherweise in diese Falle locken und beschloß die Erschießung des Zaren, da er fürchtete, ihn nicht mehr nach einem von den Tschecho-Slowaken ungefährdeten Ort überführen zu können. Der Entente bleibt dadurch das Kopfzerbrechen darüber erspart, waS sie mit der Perlon des ihr früher verbündeten Herrschers be- ginnen sollte, dessen EList?nz ihre jetzigen Pläne in Rußland nur hätte stören können.

Sie neue Angriffstaktik öer Zranzofen. Zum Stande der Gefechtslage an der Westfront schreibt in Ergänzung des ktzten deutschen Generalstabsberichtes d�r militä­rische Npiu-Mitarbeitev: Unsere glänzende militärische Lage ge- stattet es unS schon, nicht nur auch einmal einen kleinen Mißerfolg hinzunehmen, wir brcpuchen ihn sogar nicht zu verheimlichen. Dies schon deshalb nicht,.ivetl die Schlacht, die gegenwärtig zwischen A:sne und Marne /tobt, trotz ihrer großen Ausmaß« nicht als einzelne Kampfhan!/lun>g bewertet werden darf, sondern nur als Teilaktion im Gesamtbilde der großen deutschen Offensive, die seit den letzten Mrrztagen dieses Jahres vom Meere bis zu den Argonnen ausgefochten wird. Ebenso wie in einem Einzelgefecht das Schlachtengliük hin und her wogt, bis überlegenes Feldherrn- talent und überlegener Kampfesmut der einen oder der anderen Partei den Sie/z beschert, so setzt sich auch in einem System von KampfhandlunMen der Ablauf der militärischen Geschefjnisse aus einem Hin u:Vo Her taktischer Vorteile bald auf dieser, bald aus jener Seite»asammen. So kommt dem letzten deutschen Angriff beidersei/ts von Reims nur bedingt die Bedeutung eines Mißerfolges zu, zieht man aber gar die ungeheueren Verluste in Betracht, die die Truppen Fachs bei ihrem massierten Angriff gegen von uns längst geräumte Stellungen unter dem Vernichtungs- feuer unierer konzentrisch wirkenden Batterien erlitten, so darf unser taktisches Mißgeschick in Ansehung des von unserer Heeres- leitung verfolgten Hauptzieles, der Zertrümmerung der feindlichen Kampssraft, nahezu als ausgeglichen gelten. Fünf bis sechs feind- liche Divisionen dürften aufgerieben sein, eine Ziffer, die auch nicht annähernd in einem vernünftigen Verhältnis zu den errungenen örtlichen Vorteilen steht. Daß die Opfer des Gegners so unge- heuer waren, erklärt sich aus der von ihm befolgten Taktik, die den einmal unternommenen Angriff ohne jegliche Rücksicht auf das Verhältnis der eigenen Verluste zu den Feindverlusten bis in- Un- begrenzte fortsetzt, eine Taktik, die sich rächen wird, wenn der Augenblick der Entscheidung kommt. Dabei ist ein vorläufiges Ende der Kämpfe noch gar nicht abzusehen, mehrere Anzeichen, so der Versuch, zwischen SoissonS und Compiegne die Aisne z u überschreiten, lassen vielmehr darauf schließen, daß der Gegner, unter Verlegung des Schwerpunktes nach Nordwest, eine Entscheidung unter allen Umständen zu erzwingen trachtet. iUevrigens hat sich Foch b« seinem letzten Angriff wie auch schon früher derjenigen Erfahrungen bedient, die vor ihm von den Deutschen erstmalig erprobt worden sind. Dazu gehört erstens das elafnsche Auffangen des gegnerischen Angriffes und zweitens der Verzicht auf die früher übliche auSgiebige Artillerievorbereitung. Foch schickte, seine Sturmtruppen in überraschendem Borstoß durch hohe Getreidefelder vor, wodurch ihm in der Tat eine Ueberumpe- lung der deutschen Stellungen gelang. Während aber bei unter ähn- lichen Boraussetzungen unternommenen deutschen Angriffen die schwere Artillerie jedesmal rechtzeitig nachgezogen werden konnte, um du» strategische Auswirkung de« örtlichen Eindruck)» zu gewähr« leisten, setzte das feindliche Artilleriefeuer im jetzigen Falle erst ver- bälnüsmäßig zu spät ein, um unsere Gegenwirkung nicht zur vollen Abwihr der Tturmwellen gelangen zu lassen. Umgekehrt vermochten vielmehr unsere durch die feindliche Artillerie in keiner Weise beein- trächligten Batterien verheerend unter den Angreifern aufzuräumen, bentM außer den Getreidefeldern, durch die sie sich ihren Weg bahn- ten,. keine andere Deckung zur Verfügung stand. Auf diese Weise er?lären sich auch die zum Teil beispiellosen, an die Zeiten B» u s s i l o w S erinnernden blutigen Verluste des Ententeheeres. Wirst man zum Schluß noch einen Blick auf die Gründe unseres faktischen Mißerfolges, so kann auch hier unbedingte Offenheit unS für die Zukunft nur von Nutzen sein. Wir dürfen un« nämlich nicht verschweigen, daß der Fe»nd von unseren Angriff». a b s i ch t e n mir infolge mangelhafter Verschwiegen»

wis öer Rumanenftieöe Zustande kam. Tie Könige müssen zusammenstehen!" Wien , 23. Juli. (Meldung des Wiener k. k. Telegr.-Korr.- Bureaus.) Wie aus dem Haag gemeldet wird, veröffentlicht die in New Dork erscheinendeEvening Post" den Text eines angeblich an König Ferdinand von Rumänien gerichteten Privatbricfes Kaiser KarlS, der in der zweiten Hälfte des Februar abgesandt worden sein soll. In diesen: Briefe hätte Kaiser Karl den König Ferdinand mit herz- lichen Worten auf die großen Gefahren aufmerksam gemacht, die aus der über den Osten hereinbrechenden sozialistischen Welle für alle monarchischen Staatswesen hervorgehen. Ec habe darin die Ge- fahren geschildert, die bei Ausbreitung des BolschewiS- m u s über die russische Grenze für Cefterreich-Ungarn entstünden und die in gleicher Weise das rumänische Königshaus bedrohen würden. Deshalb fei Kaiser Karl in seinem Briefe dafür einge- treten, daß der rumänische König sich mit ihm und den anderen Monarchen Europas zum Kampfe gegen die Anarchie vereinige. Auch habe der Kaiser versprochen, daß, falls König Ferdinand die Alliierten verlasse, Oesterreich-Ungarn und Deutschland ihn in der Wahrung seines Thrones unterstützen würden. Kaiser Karl habe in dem Briefe dargelegt, daß Rumänien von den Alliierten verlassen worden sei, und habe auf dessen hilflose Lage gegenüber den mächti- gen zentralen Kaiserreichen hingewiesen. Seinen Brief habe der Kaiser mit folgendem Satz geschlossen: DieS ist eine Zeit, in der die Könige zusammenstehen müssen." Die vorstehende Mitteilung über den angeblichen und, wie es hier gleich festgestellt sei, in Wirklichkeit nicht existierenden Privatbries des Kaisers und Königs an König Ferdinand von Rumänien ist dielfach unrichtig. Der Sachverhalt ist folgender: Einem im Einvernehmen mit den Verbündeten gestellten Antrage de? MmsterS des Aeußsren Grafen C zernin entsprechend, hat Seine K. u. K. Apostolische Ma- jestät im Februar d. I. einen österreichisch-ungarischen Stabs- offizier beaustragt, dem Könige von Rumänien auf mündlichem Wege eine Mitteilung zugehen zu lassen. Zu jener Zeit hatten die Mächte des Vierbuttdcs bereits ihren Waffenstillstand mit Ru­ mänien abgeschlossen, der Friedensvertrag mit der Ukraine stand in jenem Zeitpunkte in seinen Grundzügen fest und die FnedsnSver- Handlungen mit Nußlaird befanden sich in vollem Gange. Der ent- sendete Offizier entledigte sich seines Austrages dadurch, daß er die für König Ferdinand bestimmten Mitteilungen Seiner K. u. K. Apostolischen Majestät einem das persönliche Vertrauen des Königs von Rumänien genießendem rumänischen Offizier zur Weiterleitung bekanntgab. Diese in zwei Unterredungen gemachten mündlichen Mit- t e i l u n g e n, aus denen die Informationen deS Korrespondenten der Associated Preß in Jassey einen Brief des Kaisers und Königs an König Ferdinand konstruiert habe, hatten folgenden Inhalt: Falls der König von Rumänien sich zwecks Erlangung eines Fvie- den» an die Mächte des BierbundeS wenden würde, so hätte er keine Ablehnung zu fürchten. Die von seinem Lande ver- langten Friedensbedingungen würden ehrenvoll sein. Rumänien könne, ohne eine Verpflichtung zum Eintritt in den Kampf gegen seine derzeitgen Alliierten zu übernehmen, eine Vereinbarung mit den Vierbundmächten zu dem Zweck treffen, gemeinsam mit ihnen die Gefahren einer internationalen Revolution und Anarchie zu bekämpfen. Aus einer solchen eventuellen Ab- machung könne jedoch den Mächten des Vierbundes nicht die Ver- pflichtung erwachsen, Rumänien in seinem Kampfe gegen Rußland Waisenhilfe zu leisten, da der Vievbund sich mit der Sowjetrepublik nicht mehr im Kriegszustände befinde. Was die Frage deS terri­torialen Besitzstandes Rumäniens anbelange, so bemerkte der ent- sendete österreichisch-ungarische Offizier, daß- in diesem Stadium hierüber keine Zusage gemacht werden könne, daß diese Frage viel- mehr ebenso wie alle späteren Details den Verhandlungen der Bevollmächtigten vorzubehalten fei. Da der dem österreichisch-ungarischen Offizier erteilte Auftrag nach Weitergabe dieser Mitteilungen erledigt war, erklärte er hier- mit seine Mission als beendet. Wie bekannt, hat die rumänische Regierung kurz darauf den Vierbundsmächten ihren Wunsch wach Einleitung von Friedensverhandlungen bekanntgeben lassen.

heit Kenntnis erhalten hat,«ine Lehre, die jeder beherzigen sollte, dem das Wohl unserer Topferen draußen GewissenSsache ist. FranzösischerBerichtvom 22. Julinachmittags. Im Laufe der Nacht beschränkten die Deutschen �ihre Artilleriewir- kung auf die Nordseite des Ourcq zwischen Marne und Reims hauptsächlich auf die Wälder von C o u r t o n und Rohe. Zwischen Ourcq und Marne haben wir starke Gegenangriffe der Deutschen in den Gegenden von G r i so l l e s und B e z u- S t. G c r m a i n zum Scheitern gebracht. Wir haben überall unsere Stellungen gehalten. Amerikanischer Bericht vom 22. Juli. Im Zu- sammenwirken mit den Franzosen setzten wir unser Vorgehen fort. Wir gingen über die Straße Soissons Chateau- T h i e r r y zwischen Ourcq und Clignon hinaus und erreichten die Sirahe Beaupuits Charteves. Andere amerikanische Einheiten überschritten die Marne und besetzten Städte, deren Zustand die große Eil« verriet, mit der man sie verlassen hatte.

Wahlreform unö Auflösung. Tie Zusage der Regierung. DieKreuz-Zeitung " findet es sehr unterhaltsam, daß Genosse Scheidemann in Essen sagte, er könne auf die Wahlrechtsfrage nicht eingehen, daß er einige Tage darauf aber in Kassel über die Verhandlungen, die in dieser Frage mit der Regiecung geführt wur- den, nähere Angaben machte. Da das konservative Blatt dieses Ver- halten des Genossen Scheidemann auf.Wichtigtuerei* zurückführt, sehen wir uns zuc Feststellung genötigt, daß in Essen die Erörterung der Wahlrechtssrage verboten, in Kassel dagegen erlaubt ist. Der Unterschied erklärt sich einfach aus der Geographie der Zensur. Was Scheidemann in Kassel über die Verhandlungen mit der Regiecung sagte, ist nicht neu; wir haben darum auch gestern dar- über nicht berichtet, und wenn einige Blätter die Sache etwas sensationell ausgemacht haben, so ist Scheidemann daran in keiner Weise beteiligt. Es ist längst bekannt, daß die Regierung durch den Mund des Herrn v. Payer die bestimmte Zusage gemacht hat, daß das Abgeordnetenhaus, falls eS das gleiche Wahlrecht ab- lehne, in diesem Herbst aufgelöst werden solle; unbekannt ist nur, ob diese Zusage eingehalten. werden wird, und darüber konnte auch Scheidemann keine bestimmten Angaben machen. DieKreuz-Zeitung " glaubt ferner einen Widerspruch darin erblicken zu können, daß die Sozialdemokratie im Reichstage zivecks Vermeidung von Neuwahlen während de» Krieges in eine Ver- längerung der Legislaturperiode einwilligt, für Preußen aber die Auflösung de» Abgeordnetenhauses fordert, Die

Gegenüberstellung zeigt aber nur, daß die Soziaidemokratie trotz ihrer ausgezeichneten Wahlaussichten auf Wahlkäinpse während des Krieges nicht erpicht ist, sondern auf ihrer Ausfechtung nur dort besteht, wo sie unvermeidlich ist. Preußen hat im Gegensatz zum Reiche während des Krieges keine Volksvertretung, denn als eine solche ist das Dreiklassenparlament ernstlich doch nicht, anzu- sprechen, und Preußen befindet sich infolge seines rückständigen Wahlrechts und der Harthöcigkcit seiner Junier in einer Krise, d'e ohne Neuwahlen nicht gelöst werden kann.

Wimborne unö Reventlow. Tie Angst vor dem Verständigungsfrieden. Unsere Alldeutschen sehen seit Kricgsbeginn in den Kriegs, treibern des Auslandes ihre Bundesgenossen zu dem Zweck, den Krieg ins Endlose fortzuführen, sie sehen folgerichtig in der deut- schen Sozialdemokratie und in jeder Friedensströmung', die sich im Auslande bemerkbar macht, ihren gemeinsamen Feind. So sagt jetzt Graf Reventlow in seinerDeutschen Tageszeitung" dem englischen Oberhausredner Lord Wimborne nach, daß er auf bc- sonders heimtückische Weise, nämlich nach derkalten Methode". die Vernichtung des Deutschen Reichs anstrebe, und er sieht den Beweis für seine Behauptuiig in der Bemerkung des Lords,e'.n ohne irgendwelche Eroberungen oder Beute in seine vor dem Kriege bestehenden Grenzen zurückgetriebenes Deutschland würde die Niederlage des Militarismus bedeutet haben". Indem Gras Re> ventlow den Begriff de? Militarismus den de» Deutschen Reichs gleichsetzt, kommt er glatt zu dem Schluß, daß der englische Friedensredner auf die Vernichtung des Reiches ausgehe. Graf Reventlow enthüllt gleichsam im Spiegelbild seine etge- nen Gedankengänge, wenn er bei dieser Gelegenheit ein Gespräch anführt, das Lord Haldane nach seinem BuchThe Vindication of Great Brüain" mit einem Skandinavier gehabt haben soll. Dieser Skandinavier soll gesagt Haiden, es genüge, Deutschland im Frieden zur Räumung aller besetzten Gebiete zu zwingen. In Deutschland werde dann nach dem Kriege das größte Elend herrschen, und d'.e Sozialisten und die Friedcnspartei würden dann zu den All­deutschen sagen:_ Nun, ihr babt euren Krieg gehabt, ihr seht, wa» ihr uns gebracht habt, fort mit euch!" In einem Wort, es würde sehr bald nach dem Friedensschlüsse die Revolution in Deutschland proklamiert werden. Tie Hohenzollern würden vom Throne ge- stoßen, die Kriegspartei aufgelöst und die Republik proklamiert werden. Graf Reventlow hat jedenfalls um die Alldeutschen mehr Angst als um die Hohcnzollern denn das Hemd ist jedem näher als der Rock und er sieht eine fürchterliche Abrechnung mit ihnen voraus, wenn das Volk nicht durch den Hinweis auf ruhiü- reiche Eroberungen über sein Elend himveggctäuscht werden kann, Damit deckt er den verborgc.nsten Quell der alldeutschen Erobc- rungSlust auf, er heißt nicht anders als: das schlechte Ge- wissen. Durch Eroberungen,, ganz abgesehen davon, ob sie realisierbar sind, wäre zum Wohle des deutschen Volkes nicht das mindeste erreicht, nur die Alldeutschen erhoffen sich davon eins Befreiung aus ihrer Verlegenheit. Graf Reventlow ist als der größte U-Boot-Held zu Lande der ganzen Welt bekannt. Hier aber findet ihn der Leser auf Ge- dankengängen, die durchaus nicht heldenhaft sind. Angst hat er vor dem, was danach kommt und darum soll weitergekämpft werden I_ Deutsche Ordensritter. Das soeben für 1316 erschienene amt- liche Hos. und Staatshandbuch für Preußen führt noch die Ordens- ritter auS den souveränen Häusern des feindlichen Auslandes auf; darunter den ehemaligen Zaren Nikolaus und den König Ferdinand von Rumänien . Legenden über Herrn von Kiihlmonn." Unter dieser Ileber- schrift teilt dieRordd. Allg. Ztg." mit:Havas" verbreitete vor einigen Tagen eine Meldung desTempS" aus London , nach der ein intimer Freund Herrn von Kühlmanns demTemps"-Kocre- spondenten erklärt habe, Herr von Kühlmann sei überzeugt, der deutsche General st ab werde niemals einen ent- scheidenden Sieg erringen. Wenn nach sechs Monaten die militärischen Enttäuschungen ihm recht geben würden, so könne er, da er in sechs bis sieben Monaten Reichskanzler sein würde, sein Friedensprogramm dann durchführen. Herr von Kühlmann hat uns mitgeteilt, daß er keinen intimen Freund in London besitzt, der dem Korrespondenten desTemps" derartige Mitteilungen machen könnte. Abgesehen davon, glaube er nicht, daß intime Freunde von ihm einen derartigen Unsinn verbreiten würden.

Letzte Nachrichten. 200 Sozialrevolufionärc erschossen. B e r l i n, 23. Juli. Nach einer Mitteilung Tschitfchenns an den Kaiserlichen Geschäftsträger sind bis zum 19. Juli mehr als 299 Linke Sozialrevolutionäre, die an der Ermordung des Grafen Mirbach und an dem Aufstand gegen die Sowjetregierung beteiligt waren, erschossen worden. Hier- unter befinden sich Alexandrowitsch, ehemaliger Gehilfe des Prästdntcn der ausserordentlichen Kommission, welcher die Verschwö- rung gegen den Grafen Mirbgch leitete, der Kommandant Jaroff, sein Gehilfe M. Zaserine, und die Kommissionsmitglicdcr M. Fille- nofs, F. Kabanoff, M. Kostink, I. Kostne, I. Boukrine, A. Fouch- manasf, S. Koulakoff, A. Lopoukhinc, B. Wientzes, S. Finicguine. Mehr alS 199 Schuldige wurden verhaftet, darunter auch der Bevollmächtigte des Zentralkomitees im Stabe der Ab- teilung Popoff, Orechkin, und das Mitglied dieses Stabes Sablinc.

Ter Eiscnssahnerstreik in der Ukraine . Kiew , 22. Juli...Kiewskaja Myfl" bespricht die amtliche Re- gierungSerklärung über den Eisenbahnerausstand und stellt zwecks richtiger Beleuchtung des AuSstandcs fest, daß nuc ein kleiner Teil der Eisenbahner den Streik wolle und die übri- gen durch Terror zur Teilnahme zwinge. In wirtschaftlichen Forderungen sei die Regierung stets, selbst bis zur Vernachlässigung wichtiger Staatsbedürfnisse, den Eisenbahnern entgegengekommen. Die Anerkennung eines allgemeine ir Eisenbahner- verbände? sei bei allem Wohlwollen für Berufsorganisationen unmöglich, weil dieser staatliche Rechte an sich zu reißen suche. Die Minderheit, die den Streik wolle, sei durch bolschewistische Agi­tatoren. die in letzter Zeit zahlreich über die Grenze kämen, auf- gehetzt worden. Der Verkehrs mini st er erklärte, daß alle am 2 9. Juli nicht zur Arbeit erscheinenden Eisen- bahn er als Streikende angesehen, entlassen und ent- sprechend dem Gesetz vom 19. Juli zur Verantwortung gezogen wer­den würden. Mit Neuanstellungen solle sofort begonnen werden unter äußerster Beschränkung des Beamtenetats. Flüchtige Großfürsten. Moskau , LI. Juli. Die hiesige Presse meldet: Die Großfürsten Jgorj Konstantlnowitsch, Konstantin Konstatinowitsch, Iwan Kon- stanttnowitsch und Serge» Michailowitsch, die in Alapajewsk ge- fangen gehalten wurden, find laut amtlicher Nachricht am 18. Juli befreit worden. Sie sind verschwunden,