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Tr. 204-1918

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Archangelsk  .

Eigentümliche Fronie der Geschichte: Engländer sind es einst, vor mehr als 350 Jahren, gewesen, die den Anlaß zur Entstehung und zum ersten Aufschwunge der Stadt Archangelst gegeben haben, Engländer sind es heut, die von der Murmanküste aus Rug­lands nördlichste Hafen- und Handelsstadt bedrohen und gegen die dort die Sowjet- Republik den Widerstand zu organisieren sich be­müht. Eine merkwürdige Schöpfung ist diese Erzengelstadt"( denn bas bedeutet ja ihr Name) Hoch oben in Rußlands   eisigem Norden, in einer höchst unwirtlichen Gegend, wo der Dwinastrom in ver­schiedenen Armen feine Fluten in das Weiße Meer   wälzt. Für den, der sich Archangelsk   von der Landseite her nähert, bildet es wohl eine große Ueberraschung, in dieser Umgebung auf eine Stätte lebhaften Handelsverkehrs, auf einen Kulturmittelpunkt zu stoßen. Denn das Hinterland der Stadt wird von öden, unüber­sehbaren Ebenen gebildet, auf denen fein Baum, fein Strauch, furz nichts die unsägliche Einförmigkeit unterbricht und belebt; und dies tote Land stößt an ein totes Meer, dessen Küste von granen, düsteren Felsenbergen begleitet wird. 11m so überraschender und erfreulicher ist dann der Anblick diefer be­lebten Stadt mit ihren langen, dem Dwinaufer parallel sich hin­ziehenden Straßen, wo die Holzhäuser jetzt nur noch die Aus­nahmen bilden, mit ihren von Gärten umrahmten, hübschen Billen, ihren Denkmälern und geschichtlichen leberresten. Zwar hat sich Archangelsk   trotz seines großen Handelsverkehrs einen kleinstädti­schen Charakter bewahrt, aber auf dem Troizkij- Prospekte entfaltet fich doch noch immer ein munteres, reges Leben, das von jeher ein start internationales Gepräge getragen und durch die Beimischung des lappischen und samojedischen Elementes auch einen besonderen ethnographischen Einschlag empfangen hat. Die Straßen der Stadt ziehen sich kilometerlang den Fluß abwärts, bis sie schließlich an der mit Archangelsk   durch eine Brücke verbundenen Hafeninsel Solombala ihr Ende finden. In jedem Frühjahr, wenn das Eis taut, ist diese Insel tagelang überschwemmt, viele Häuser stehen dann bis zum Dache unter Wasser, und die Bevölkerung fährt in Kähnen durch die Straßen.

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Hier stand in der Mitte des 16. Jahrhunderts nur ein ein­fames Kloster. Da geschah es im August 1553, daß durch Stürme ein englisches Schiff in die Mündung der Dwina   verschlagen wurde. Es war das legte einer zur Auffindung einer nordöstlichen Durch fahrt durch das Eismeer ausgesandten englischen Expedition unter Richard Chancellor  , das in dem damaligen fleinen Hafenplage Cholmogori   70 Werst unterhalb des heutigen Archangelst freundlich aufgenommen wurde. Daraus entspannen sich zwischen Rußland   und England Handelsbeziehungen über das Weiße Meer  , die zur Gründung der Stadt An­Iaẞ gaben. Lange waren die Engländer in ihrem Handel die Führenden es war übrigens Dieser Handel bon jeher sehr einseitiger Natur. insofern Archangelst stets nur als Ausfuhrhafen russischer Waren gedient hat, während die Ein­fuhr nie diesen Weg benutzte und die Schiffe daher auf der Rück­fahrt häufig mit Sandballast zu fahren pflegten. Im Laufe der Jahrhunderte haben aber auch hier die Deutschen   die Engländer mehr und mehr zurückgedrängt; der 1684 erbaute deutsche Kauf­hof" erinnert hieran, und schließlich hatte sich in Archangelst eine stattliche deutsche Kolonie gebildet, die in ihrer lutherischen Kirche einen Mittelpunkt hatte. Während des Krieges hat die Stadt am Weißen Meere   höchst merkwürdige, beinahe märchenhafte Zeiten

erlebt. Amerikanische   Tage schienen da für Archangelsk   herein zubrechen. Via Archangels" war die Marke, die auf Tausenden und aber Tausenden von Kisten, Säcken, Ladungen und Frachten aller Art aus Amerika   zu lesen stand; zu hohen Stapeln türmten sich diese Sendungen in der der Bewältigung eines solchen Ver­fehrs nicht gewachsenen Stadt. und sogleich strömte hier jenes be­fannte internationale Bublifum zusammen, das sich überall einfindet, wo das Spiel der Millionen gespielt wird. Und Millionen sind während der Kriegszeit in Archangelst verdient und erschwindelt worden.

An Geld hat es aber hier, in der Dede des höchsten Nordens, überhaupt nie gefehlt; dafür hat schon das berühmte Solowegtij Alofter gesorgt, jene auf einer Insel vor der Dwinamündung be­Iegene, alte und große geistliche Ansiedlung, in deren Betrieb sich Religion und Geschäft so eigentümlich verbinden. Denn das Kloster ist ein Heiligtum ersten Ranges, zu dem in der Sommerszeit wohl 30.000 Bilger wallen, und fein Archimandrit genießt Rang und

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Lodz. Das gelobte Land.

Roman von W. St. Reymont  .

,, Diebisch oder nicht diebisch, das ist für mich Papier! Mir geht's um ganz was anderes, ich will, daß Häuser ge­baut werden, daß Fabriken gebaut werden, Straßen angelegt, die Verkehrsmittel erweitert, Wege angelegt werden! Ich will, daß mein Lodz   wächst, daß es prachtvolle Paläste befitt, schöne Gärten, daß großer Betrieb herrscht, großer Handel und großes Geld!"

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Für den Anfang gibt's ja schon großen Schwindel und große Schundwaren. Das ist kein Fehler, daraus wird das große Lodz   er stehen." Und unterdessen soll der Blitz es versengen. Gute Nacht, Herr Halpern." ,, Gut' Nacht, Herr Trawinski. Das ist nicht Ihr letztes Wort über Lodz  ." ,, Mein letztes und ganz aufrichtiges. Droschke!" rief er. ,, Der arme Schlucker!" flüsterte Halpern verächtlich und tehrte um. Langsam schleppte er sich zurück und schaute wieder zu den Häusern empor, zu den Fabriken, und be staunte mit den von der Macht dieser Stadt bezauberten Augen alles, die Läden, die Lager und die Leute. Trawinsti fuhr nach Hause.

Er wohnte ziemlich weit ab. Fast am Ende der Kon­stantinstraße ließ er in eine dunkle und so dreckige Gasse ein­biegen, daß der Stutscher gar nicht hineinfahren wollte.

So ging er denn zu Fuß auf der Spur eines Bürger­steigs, der sich etwas über das Niveau der ungepflasterten Straße erhob.

Die Häuser waren von Handwebern bewohnt. In jedem Fenster huschten die Silhouetten von Werkstätten und Menschen borbei, Gepolter und Gefnatter erfüllte die ganze Straße. Selbst die niedrigen, schiefen kleinen Stockwerke, die sich hier und da erhoben, erklangen und erzitterten von dem Widerhall der Arbeit.

Tyrannen des Alltags.

Der neugierige Obsthändler.

werden.

Sonnabend, 27. Juli

Warum hört das Wachstum auf?

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Stellung eines Fürsten. Zugleich aber füllen die Mönche die langen Lage ihrer Klösterlichen Einsamkeit mit einer höchst regen in­dustriellen und gewerblichen Tätigkeit aus, durch deren. Erzeugnisse Das menschliche Wachstum ist, an der relativen Gewichts­fie einen so großen Umsatz erreichen, daß das Kloster davon ein zunahme bemessen, kurz nach der Geburt am größten und nimmt sehr beträchtliches Einkommen bezieht. Beträgt die Gewichtszunahme Mönche nicht alles an! Ihre Tätigkeit erstreckt sich vom Perlen- im ersten Jahre 200 Proz., so sinkt sie im zweiten auf etwa 25 bis Und was fertigen die von da ab langsam, aber stetig ab. halsbande bis zum Eismeerschiffe, fie nähen Kleider und Pelze, 30 Proz., im dritten auf 20 Broz, im vierten auf 15 Broz. und im malen Bilder, stellen Holzschnitzereien her, gerben und bereiten fünften auf weniger als 10 Broz, um allmählich immer weiter zu Leder, stricken Strümpfe, spinnen, schleifen Edelsteine, fertigen Werffinfen und im 22. bis 24. Lebensjahre ganz aufzuhören. Die Gründe zenge an, machen Früchte ein; außerdem versehen sie noch den auf dieser Verzögerung und des völligen Aufhörens des Wachstums hat ihrer Klosterinsel eingerichteten Wetterdienst und sind als tüchtige Dr. Alexander Lipschütz in einer Untersuchung behandelt, deren Er­Seeschiffer bekannt. So hat sich dies Kloster zu einer Stätte gebnisse in der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift" mitgeteilt regen menschlichen Schaffens mitten in der Dede des Weißen Meeres   entivickelt. Das Wachstum beruht auf Zelteilung, die Verzögerung des ( Falls die Bolschewifi in Archangelsk   die Macht in Händen Wachstums wird also durch Hemmung der Teilungsgeschwindigkeit haben, dürfte das Kloster inzwischen in eine Arbeitsgemeinschaft hervorgerufen. Woodruff hat nun durch Versuche nachgewiesen, daß die Hemmung eine Folge von Selbstvergiftung durch Stoff­verwandelt sein. Der Befehl erging jedenfalls dazu.) wechselprodukte ist. Er brachte Einzellige( Paramacium), die sich täglich zweimal teilen, täglich in eine neue Nährlösung und erreichte dadurch, daß der Zeitraum der Teilung ziemlich gleich blieb. Wurde die Nährlösung jedoch nicht verändert, so nahm die Teilungsgeschwindigkeit ständig ab, um nach einigen Tagen völlig zu erlöschen, so daß die Kolonie ausstarb. Die Abnahme der Teilungsgeschwindigkeit trat auch ein, wenn die Zelle in eine Nähr­lösung gebracht wurde, in der schon Tiere derfelben Art gehalten worden waren: in einer Nährlösung mit Tieren einer anderen Art blieb sie dagegen die alte. Denselben Einfluß üben die Stoff­wechfelprodukte auch bei den mehrzelligen Organismen aus, und ebenso wirken hemmend auf das Wachstum die im Innern des Dr­ganismus abgelagerten Stoffwechselprodukte. In den Nervenzellen des Menschen findet man im Alter beträchtliche Mengen von Pigment eingelagert. Während man diefe Ablagerungerungen früher für eine Folge der geringeren Widerstandsfähigkeit der Zellen im Alter hielt, haben Mühlmann und Schreyer nachgewiesen, daß sie schon im frühesten Kindesalter anfangen. Die Ablagerungen sind also nicht die Folge der Greisenhaftigkeit, sondern diefes ist umgekehrt eine Folge der Ablagerungen. Unter dem Einfluß der Stoffwechsel­produkte wird die Assimilation der Zellen gehemmt und damit die Teilbarkeit verlangsamt; mit der Zunahme der Ab­lagerungen nimmt also die Wachstumsgeschwindigkeit ab. während in der Jugend die Zelle mehr Nahrung aufnimmt, als sie für ihren Fortbestand nötig hat und den Ueberschuß zur Ver-­größerung und Teilung gebraucht, nimmt infolge der Ablagerungen die Nahrungsaufnahme langsam ab, bis schließlich fein leberschuß mehr vorhanden ist und so das Wachstum aufhört. Da die Aus­scheidungen aber immer noch weiter fortdauern und die Assimilation immer schwächer wird, reicht schließlich die von der Zelle auf­genommene Nahrung für ihren Fortbestand nicht mehr aus, und der Tod tritt ein.

Eine stattliche Menschenschlange an einer Straßenede läßt ver­muten, daß es da etwas ganz Seltenes" gibt. Also: Obst. Die Ahnung trog doch nicht: Kirschen. Zwei Pfund zu einem Betrag, der den Höchstpreis weit hinter sich läßt. Auf die bescheidene Frage. ob man nicht ein Pfund haben könne, erhält man die Antwort: Nee! Sie haben wohl nicht so viel Draht bei sich?"

# 7

Die Gemüsefrau, mit die Rube". Als ich den Laden betrete, steht eine sehr selbstbewußte, nicht gerade unterernährte Frau hinter dem Ladentisch und überhört felbstverständlich meinen Gruß. Sie ist gerade in ein interessantes Gespräch mit einem Bekannten vertieft. Man wartet und teilt dies Schicksal im übrigen mit sechs bis acht Personen, die lange vorher da waren. Jemand räuspert sich schüchtern. Die Ladeninhaberin hat nichts gehört. Man wartet wieder eine Weile. Endlich wagt eine ältere Frau den Hinweis, daß sie feine Zeit mehr habe. Ein vernichtender Blick straft die Unverschämte: Immer mit die Ruhe. Was wollen Sie denn?"

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Die Gemüsefrau: Ja." Die ältere Frau: Sie haben da Möhren im Schaufenster." Die ältere Frau: Der Preis?" Die Gemüsefrau nennt einen Betrag, für den man früher ein Vielfaches hätte kaufen können. Die ältere Frau besinnt sich einen Augenblick. Die Gemüse­frau: Wenn Ihnen das zu teuer ist. Sie müssen sie nicht faufen. Die Möhren werden auch ohne Sie alle!" Die ältere Frau friegt einen roten Kopf und geht schweigend hinaus. Der Mann, der nichts Giliges macht. Nachdem man die ganze Woche einen inneren Anlauf genommen hat, um den Schuhmacher aufzusuchen, wagt man schüchtern diesen schwierigen Weg. Auf das zaghafte Anklopfen ruft niemand herein. man geht troydem hinein und wird deshalb mit einer Miene empfangen, wie wenn man der Steuerbote wäre.

Der Mann auf dem Schemel hört das demütig vorgebrachte Anliegen mit einem Gesicht an, in dem Verachtung und spöttische Nachdem man geendet, gibt er Ironie um die Herrschaft ringen. die folgende vernichtende Antwort: Gilig! Darauf hab' ich bloß Wenn Sie feine Zeit haben, ich hab' schon gar feine. Gilige Sachen mach' ich überhaupt nich'. Nehmen Sie Ihren Kram

gewartet.

nur wieder mit."

Der Menschenfenner.

Notizen.

N

Gin Zeichen der Zeit. Eine kleine Vierteljahrsschrift Berliner Romantik" beginnt in Berlin   zu erscheinen. Einer inne. ren Forderung unserer Zeit, die in Materialismus nahezu ver­sinkend notwendig nach geistigem Gegengewicht ruft, will sie nach. der Ankündigung dadurch entsprechen, daß sie die Kulturwerte der Berliner   Frühromantik wicber erwedt. Echte Lebensfreude im Geiste der Blauen Blume soll lauterer Quell werden für vertiefte des ewig Guten und Weltanschauung und inniges Erleben Schönen." Auch eine Flucht vor dem Kriege. Die Musiker gegen den Kleidungszwang. Das Konzertpublikum, die Gäste in den Konzertfaffeehäusern wer­ben sich an ein neues Bird gewöhnen müssen. Seit Haydn's Zeiten ist es Pflicht des Musikers, seine Kunst in schwarzer Kleidung aus=" zuüben. Diese Pflicht wird jetzt von der Bezugscheinpflicht und dem Mangel an Kleidungsstücken überhaupt in so hohem Maße be­einträchtigt, daß sich die Musiker zu einem Protest gegen den Kleidungszwang genötigt sehen. Die Künstler werden sich in Bu­kunft in der Kleidung nicht mehr von ihren Zuhörern unterscheiden. Cholera impfung in Stockholm  . In der von der Cholera bedrohten schwedischen Hauptstadt, deren Bewohnter jedem Krankheitsverdacht gegenüber stets ganz befonders ängstlich find, wird der Zustrom derer, die sich gegen die Seuche impfen lassen, täglich größer. Bereits vergangenen Sonnabend teilten eine ganze Reihe von Aerzten mit, daß sie den ganzen Tag lang ununter­brochen mit Impfungen zu tun gehabt hätten. Einen Impfzwang F. M. hält die Medizinalverwaltung vorläufig nicht für notwendig.

Bei den jezigen Preisen für Zigarren fann man sich den Genuß einer halbwegs rauchbaren Zigarre kaum noch leisten. Mein bis beriger Lieferant hat nur noch Ware für wehrbeitragspflichtige Käufer. Ich gehe also gelegentlich zu einem anderen Händler. Man zeigt mir einige Sorten. Die billigste foftet 80 Bf., fieht aber aus, wie vor dem Kriege eine 3-4 Pf.- Zigarre. Ich verzichte unter diesen Umständen auf einen Kauf und will eben wieder den Laden verlassen, als mir der Mann am Ladentisch nachruft: Ihnen hab' ich gleich angesehen, daß Sie nichts taufen. Ich fenne meine Pappenheimer! Machen Sie's nächste Mal einen anderen glücklich!"

Häuser zu Boden zu drücken. Man fühlte, wie die großen, wegung seinen Kopf an ihre Brust. Tränen stiegen ihr wieder in unzähligen Maschinen aufheulenden Bauten langsam die in die Augen. Ich habe auf dich gewartet, dieser Regen ganze Lebensfraft dieser alten, vom Schwarm der Handweber fiel immer so eintönig herab und flopfte gegen die Scheiben bewohnten Gegend ausfogen, wie sie die winzige Hand- und auf die Dächer und lallte so eigentümlich in den Ninn­industrie, die hier einst blühte, und die sich immer noch mit steinen; ich hatte Angst, Angst um dich." Verzweiflung, ohne Hoffnung auf Sieg verteidigte, auffraßen Warum um mich?" und den letzten Rest noch zermalmten.

Bescheiden neben der Müllerschen Fabrik stand die Fabrik Trawinskis, nur durch einen schmalen Garten von ihr getrennt. Trawinski schritt durch das Tor, das ein alter, einbeiniger Veteran bewachte. Sein Gesicht war geflickt wie ein alter Lumpen.

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Ich weiß nicht, ivarum, aber ich hatte so böse Vorahnungen. Aber dir fehlt doch nichts, nicht wahr? Bist gesund und ruhig, nicht wahr?" flüsterte sie, ihn umschlingend. Doch warum bist du so traurig?" Dies furchtbare Wetter, wie soll man da gut gelaunt sein. Er löste sich aus ihrer Umarmung und begann im Beim Anblick Trawinskis richtete er sich militärisch auf Boudoir auf und ab zu gehen. In seinem Herzen wühlte und wartete auf seine Befehle, aber Trawinski lächelte bloß ein Sturm. Er fühlte, wenn er ihr alles sagen könnte, wenn dieser archäologischen Erbschaft seiner Väter zu und ging ins er sie in alles einweihen könnte, dann würde ihm diese Beichte Kontor, wo einige Leute über Büchern schlummerten; dann eine große Erleichterung schaffen; aber als er auf ihr schönes warf er einen Blick in die Spinnerei, über den Wall von Gesicht blickte, das sich unter der Lompe neigte, in dem milden Transmissionen und im wahnsinnigen Trieb surrenden Riemen, Lichtschimmer über ihrem vollen, fastanienbraunen, an den auf die schweren, schrägen Bewegungen der Selfaktoren, die Schläfen goldig leuchtenden Haar, da fühlte er auch, um nichts wie Ungeheuer lauerten, ihr weißes Rückgrat frümmend, von in der Welt würde er es ihr sagen. den sie bewachenden Arbeitern schwerfällig wegliefen und Immer langsamer ging er im Zimmer herum und labte ebenso wieder zurückfielen, unablässig Hunderte von Baum- fich mit einem Gefühl grimmiger Erleichterung an dem stillen wollfasern wie Schleimstreifen hinter sich Herschleppend, die Frieden der Wohnung; mit fremdem Blick schaute er auf die sich dann auf die schnarrenden, weißen Spulen aufwickelten. vornehmen Möbel und die unzähligen Kleinigkeiten, wirkliche Er trat zurück und ging über einen langen, von gelben Kunstwerke von großem Wert, die in einer Reihe von Jahren Gasflammen erhellten Hof, die neben den elektrischen Lichtern aus allen Enden der Welt für Nina zusammengetragen hatte, der Müllerschen Fabrik wie Trauerkerzen brannten. denn ihre aristokratische, empfängliche Künstlernatur, ihre Rückwärts im Garten stand ein einstöckiges Haus, mit mimosenhaft zarte Seele fühlte sich erst wohl, wenn Schönheit der Front gegen den Fabrikhof und der Seite gegen eine ver- sie umgab. lassene Gasse.

Hinter den verhängten Fenstern brannte Licht. Trawinski durchschritt einige schön möblierte, warme und sehr stille Zimmer, in denen es leicht nach Hyazinthen duftete, und befrat ein kleines Boudoir.

Die Teppiche bedeckten so dicht das Parkett, daß seine Frau ihn nicht hörte. Sie saß bei der Lampe und las. So allein sitt du hier, Nina?" fragte er und setzte sich neben sie.

traurig.

Wen sollte ich denn bei mir haben?" erwiderte sie ,, Hast du geweint?"

Diese völlig verlassene Gegend, die in Kot schwamm und ganz verschieden war von dem andern Lodz  , beherrschte die Müllersche Fabrik mit ihren vierstöckigen Gebäuden, die aus dem Meer der niedrigen Häuschen und Gärten emporwuchsen und mit ihren tausend Fenstern und ihren elektrischen Sonnen Licht weg. triumphierend leuchteten.

,, Nein, nein," leugnete sie und wandte den Kopf vom ,, Tränen hab' ich gesehen."

Wie ein mächtiges Kräftereservoir erhob sich die Fabrik. Ich war so traurig hier allein!" flüsterte sie, rückte an Der Atem ihrer Kraft schien die Reihen der elenden, schiefen ihn heran und zog mit einer weichen, wunderbaren Be­

Aber jetzt vor dem Ruin, der ihn erwartete, zerwühlte ihn ein furchtbarer Schmerz, die Angst vor dem morgigen Zag, der nun kommen sollte und ihm alle diese Schätze und die Ruhe und sein Glück nehmen sollte.

,, Was anfangen?" dachte er dumpf. Als Antwort kam ihm immer wieder nur ein Gedanke in den Sinn: den Vater nochmals um Hilfe zu bitten. Für einen Augenblick riß ihn dieser Gedanke fort, freudig und triumphierend blickte er um­her, aber bald erloschen die Blicke, und wieder schaute er mit düsteren, angstvollen Augen auf seine Frau.

Ich muß weg, Nina," sagte er leise. Er erinnerte sich nämlich an den alten Baum.

,, Auf lange? Kommi' bald zurück, mein Liebſter, mein Einziger!" bat sie, sich an ihn schmiegend, und füßte ihn auf die Lippen.

Spätestens in einer Stunde. Ich gehe nur über die Straße, zu Baum." ( Forts. folgt.)