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Nr. 159.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags: Nummer mit tllustr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuz­ band  : Deutschland   u. Desterreichs Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post Zeitungs- Preisliste für 1894 unter Nr. 6919.

Vorwärts

11. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508, Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin Berliner  

Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Donnerstag, den 12. Juli 1894.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein boykottirtes Bier!

Was fehlt.

I.

Die nachstehenden Ausführungen entspringen der Mei­nung und Ueberzeugung eines Einzelnen. Wer mehr, wer Besseres zu sagen hat, wer es flarer und überzeugender darzulegen, weiß, möge es thun; es wird nur der Partei zum Nutzen gereichen und der ganzen Bewegung.

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der göttlichen Dreieinigkeit spricht, so weilen die Gedanken[ ganz gut, wenn es ihm nicht wie von einer Fibetanischen des bäuerlichen Zuhörers bei der in drei Zacken endenden Gebetmaschine heruntergeratscht wird, wenn die Säße sich großen Kerze, die rechts vom Hochaltar steht; denkt der Bauer nicht zu endlosen Bandwürmern ausspinnen, weni Wer die wunsch- und hoffnungsfrohen Ausführungen an die Hoffnung als" göttliche Tugend", so erscheint vor die Nede kurz ist und scharfgegliedert. Nur hüte konservativer, antisemitischer und besonders katholischer seinen Augen das Symbol derselben, das Bild einer jungen, man sich so viel als möglich vor Fremdworten. Blätter auf Treu und Glauben hinnimmt, muß zu der schönen Frau, deren Linke einen Anker hält, während Was in der Stadt allüberall vom Munde zum Ansicht gelangen, die Landagitation der deutschen Sozial- ihre Rechte nach oben weist. Die Volkssprache winimelt Ohr fliegt, ist auf dem Lande unbekannt und wird einfach demokratie hätte Fiasko gemacht; anderseits giebt es in von Vergleichen und Gleichnissen, malenden Worten und nicht verstanden. Die Richtigkeit dieser Thatsache bleibt be= unseren Reihen Genossen, die in der Frage der Land- anderen Ausdrucksmitteln, die wir heute zu den poetischen stehen auch für den, der weiß, daß die deutschen Dialekte agitation von Optimismus geradezu überschäumen. In zu rechnen gewohnt sind. Wer auf den Bauer Eindruck eine ganze Menge Fremdworte beherbergen. Aber diese Wirklichkeit liegt auch hier die Wahrheit in der Mitten: machen will, muß in seiner Sprache sprechen. Das haben Worte sind keine eigentlichen Fremdworte mehr. Der Süd­Es geht vorwärts, aber langsam. Die Ursache ist eine doppelte; am ersten diejenigen eingesehen, deren Agitationserfahrungen deutsche   fagt z. B. Sakerdi"! und weiß, daß das ein Fluchs das Material, das bearbeitet werden soll, ist sehr spröd und in deutschen Landen über ein Jahrtausend hinausreichen: oder Verwunderungswort ist, aber er hat keine Ahnung, ungleichartig, die Zahl der angewandten Bearbeitungsmittel Die katholischen Prediger. Die Predigten eines Geiler von daß es von dem franzöfifchen ,, Sacre Dieu"! kommt, und ist bis jetzt eine sehr kleine und in gar vielen Fällen wurde Raisersberg waren volksthümlich int besten Sinne er weiß auch nicht, was dieses Wort bedeutet. Der deutsche  bisher in der Auswahl dieser Mittel fehlgegriffen. des Wortes, und seine Schriften und seine Schriften sind heute noch Bauer hält die Arbeit, die er leistet, für die vornehmste und wahre Muster und Fundgruben in dieser und mancher nothwendigste, die es giebt. Dieser Stolz ist die Ursache, anderer Beziehung. Und die katholische Geistlichkeit arbeitet weshalb er jedem mit Vertrauen entgegenkommt, von dem er heute noch genau nach demselben Rezepte. Wer einmal das die Ueberzeugung hegt, daß er etwas von seinem Gewerbe, Predigt- Buch" eines jungen Landgeistlichen, seine Samm der Landwirthschaft, versteht. Von dieser Thatsache ist lung von Gleichnissen und meist humoristisch gefärbten Er schon so mancher Pfarrer und Pastor, Verwalter und Ein Haupthinderniß, das uns bei der Landagitation zählungen aus der Heiligen und Profangeschichte in der Rittergutsbesitzer, der den sozialdemokratischen Redner in auf Schritt und Tritt sich entgegendrängt, ist der Umstand, Hand gehabt, wird gefunden haben, daß Alles auf einen der Versammlung nicht zu widerlegen vermochte, auss daß wir eine ganz andere Sprache sprechen, als die Land- Ton gestimmt und ganz und gar der Anschauungs- und gegangen, indem er, wenn er mit den Bauern allein war, bewohner. Unsere Agitationssprache hat Karl Mary ge- Gefühlswelt, der Ausdrucksweise der Zuhörer angepaßt ist. fagte:" Was, von diesem Manne laßt Ihr Euch etwas formt und theilweise auch Ferdinand Lassalle  ; es ist die Der katholische Landpfarrer schreckt selbst auf der Kanzel vorreden? Der weiß ja kaum ein Weizen von cinem Sprache von Gelehrten, die mit der gesammten Bildung nicht vor dem derbsten und saftigsten Dialektwort zurück, Gerstenkorn zu unterscheiden! Fragt ihn doch einmal, ihres Jahrhunderts ausgerüstet waren, eine Sprache, wenn seine Anwendung nur Erfolg verspricht. Das führt wie der Winterroggen aufgeht oder wie viel Säcke die mit Begriffen denkt und arbeitet und zu rein uns auf etwas anderes. Kartoffeln man auf einen Morgen stecken muß. Ich logischen Schlußfolgerungen gelangt. Das Ausdrucks- Derjenige Agitator, der den Dialekt, welcher in seinem wett'' n Thaler, er weiß nicht, an welchem Ende mittel dieser Denkthätigkeit ift das Hochdeutsche, Arbeitsbezirk gesprochen wird, vollständig beherrscht, hat man den Pflug anfahrt." Und die Folge? Der Agitator, aber ein Hochdeutsch, das ganz durchspinnt ist mit Aus- hat natürlich sehr viel voraus. Man bringt ihm gleich der nach Schluß der Versammlung mit den größten Hoff­drücken und Wendungen, die aus dem Griechischen und anfangs ein gewisses Vertrauen entgegen, ja der Bauer ist nungen sich heimwärts wandte, muß beim nächsten Besuche Lateinischen  , Französischen und Englischen stammen. stolz, daß der Fremde seine Sprache versteht und sprechen finden, daß all' seine frühere Arbeit und Mühe umsonst kann. Aber das ist nicht so leicht. Man versuche nur war. Die Agitatoren der bürgerlichen Parteien, der Land= einmal eine ernste Erzählung streng in irgend einem Dialekt rath, der Pfarrer haben es in dieser Beziehung bedeutend fchriftlich wiederzugeben, und man wird sofort auf leichter; fie deckt die Autorität des Staates und der Schwierigkeiten stoßen, die man zuvor auch nicht geahnt. Kirche. Wenn viele unserer thätigen Genossen auch vom Lande Der Sozialdemokrat, der hinauszieht, seinen Brüdern stammen, so haben sie doch meistens so lange Jahre in der im Bauerukittel das Evangelium der Erlösung zu bringen, Stadt gelebt, daß ihre Sprechweise eine ganz andere hat auf niemands fördernden Beistand zu rechnen; gegen geworden ist. Eine vollständige Dialektbeherrschung eine Welt voll Unverstand, Bosheit und brutaler Gewalt ist übrigens nicht einmal nothwendig. Es genügt die kämpft mit ihm allein die Wahrheit seiner Sache, die Ueber­richtige Anwendung einzelner Worte und jene Klangfärbung zeugung und glühende Begeisterung und die Gewandtheit, der Vokale, wie sie den verschiedenen Mundarten eigen ist. die er sich angeeignet im Leben. Es thut's auch das Hochdeutsche. Der Bauer versteht es

Der Bauer denkt und spricht ganz anders. Abstrakte Begriffe und folgerichtige Schlüsse sind bei ihm gar seltene Vögel. An was er sich hält, das sind augenscheinliche That­sachen, welche die Erfahrung bestätigt hat. Wenn es regnet, wird man naß, und wenn es nicht regnet, wächst kein Ge­treide. Seine Ausdrucksweise ist eine vollständig naive, so naiv wie die des ursprünglichen Dichters. Er umzackt mit dem Wort nie den Begriff, sondern giebt au dessen Stelle das entsprechende Bild. Was dem Gebildeten tiefschwarz er scheint, ist ihm pechschwarz, schwarz wie die Nacht oder die Hölle. Der Teufel heißt bei ihm der Schwarze". Und wie er spricht, so denkt er auch. Wenn der Prediger von

Feuilleton.

Der Inde.

Deutsches Sittengemälde aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Von C. Spindler  .

Schweige!" entgegnete Bodick überrascht: Das geht nicht; aber, Gott   soll mir helfen, das ergste will ich treiben ab, so Du mir sagst: Massal tobh!"

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war ohnehin so aufgeregt und unwirsch... und wenn er und deren Mutter in seinem eigenen Hause zu beherbergen. vollends Dich gesehen, erfahren hätte, wen ich hier ohne sein Das meine ich auch, sintemalen die Hausfrau daselbst das Vorwiffen beherberge... beim Stöcker säßest Du, und Regiment führt, und solche vom Himmel gefallene Kinder­ich wäre um den kommlichen ruhigen Dienst." Esther leins mit scheelen Augen ansehen würde. Da soll denn 84 erwiderte nichts, da sie es nicht gerathen hielt, den gehab- nun mein guter ehrlicher Schellenhof das Nest sein, wo ten Besuch anzuzeigen, und die geschwätzige Crescenz fuhr fremde Eier, Kukukseier, verwahrt werden mögen." fort: Zum Glücke hat es diesmal nicht Dir gegolten, Aber, was bedeuten denn diese Reden?" fragte Esther: Du mein armes neugieriges Heidenkind; aber neue Haus- was meint Ihr damit?"" Daß den alten Herrn der bewohner hat der Herr auf den Schellenhof gebracht, und Leidige zu unrechter Zeit geblendet hat," eiferte die fromme da dieselben gerade unter dieser Giebelstube ihren Siß auf Crescentia  ; und daß hier die Schande verborgen werden geschlagen haben, so empfehle ich Dir leise Socken und ein soll. Meinethalben; ich bin eine alte Magd, und mich hübsches feines Schweigen."- Neue Hausbewohner?" fümmert's nicht, was die Herrschaft thut oder läßt; ich sehe fragte Esther: Herr Diether Frosch hat sie gebracht?"- daher auch ganz ruhig zu, und will, dem Befehl des Mit einem Blicke des Abscheus wendete sich Esther ab, Ja wohl," seufzte die Alte, und schlug, achselzuckend gen Herrn zu folgen, sogar mich bezähmen, und die Dirne, und der freche Brautwerber drohte ihr grinsend mit dem Himmel sehend, ein Kreuz, die Welt wird immer böser die gleichmüthig dasigt wie die Unschuld selbst, nicht einmal Finger: Was man oft verweigert in Güte," murmelte und verdroffener von Tag zu Tage. Komm' ich mir doch ausfragen, sondern die Sachen gehen lassen, wie sie eben er spottend, das gewährt man oft der Gewalt. Gute beinahe vor, wie der Gefängnißwärter auf dem Eschen können; aber, wenn die ehrsame Frau heraus kommt, wie Feiertage, Schickjelchen. Wir sehen uns wieder. Dent' heimer Thore. Ich soll alle Jungfern hüten, die man in sie in jedem Frühling ein paarmal zu thun pflegt, und der Stadt nicht wohl aufheben mag." Esther seufzte mich die Stuben aufsperren heißt, und die ganze Bescherung Mit der Schnelligkeit eines Kobolds huschte der Mensch tief auf. Nu, nu", fuhr die Alte fort, das soll Dir sieht, dann wasche ich meine Hände in Unschuld, und dem über die Treppen hinunter, und entkam glücklich, wie sich nicht zum Gehör geredet sein, mein Däuschen. Du bist, alten Herrn von sechzig Jahren und darüber, dem ich stets aus der Ruhe des Hauses schließen ließ. Statt seiner aber abgerechnet, daß Dein Vater ein Jude ist, wofür ihr beide, etwas Besseres zugetraut hätte, geschieht dann recht. fand sich bald die alte Crescentia   ein, und weckte Esther aus er und Du nichts könnt, ein feines reines Mägdlein, und Aber", setzte sie, plötzlich leicht erröthend hinzu, da bemerke ben bösen Träumen, in welche sie der Besuch des gefürchte ich wollte auf Deine Ehrbarkeit einen Eid schwören, bloß ich soeben, daß ich in der Fülle meines Herzens und meiner ten Zodick versetzt hatte. Gute Esther," sprach die Frau, allein, weil Junker Dagobert Dich seines Schußes würdigt; Gedanken alles herausgesprochen habe was ich mir als nicht ohne eine kleine innere Bewegung zu verrathen: ich allein die da unten ist nicht mehr rein wie der Schnee Wahrheit einbilde. Das will sich für eine alte trene bitte Dich, ja recht ruhig Dich hier oben zu verhalten, und die Apfelblüthe an meinen Bäumen, und ich wollte Wächterin nicht wohl geziemen. Du magst es jedoch der damit Deine Anwesenheit nicht fund werde."- Nun erst alles verwetten, daß in ihr der Grund alles Zwiespaltes Geschwätigkeit des Alters zu gute halten, und es wieder fiel Esthern der Besuch des alten Diether ein, und auf im Frosch'schen Hause aufzusuchen ist." Wer ist die vergessen. Besonders empfehle ich Dir, gegen den Jungherrn schreckend fragte sie: Bin ich entdeckt? Hat mich Herr jenige, von welcher Ihr sprecht?" fragte Esther." Die bei dessen Rückkehr nicht das geringste merken zu lassen, Frosch ausgetundschaftet?"- Crescenz schwieg ein wenig Magd ist's, die soeben der alte Diether hierher geleitet, und denn Kinder müssen nichts erfahren von den Verirrungen betroffen, dann entgegnete sie: Ei, ei, Mägdlein, wie sammt einem holden Töchterlein in meine Verwahrung ge- ihrer Eltern, selbst nicht einmal so würdige und wackere kannst Du wissen, daß Herr Frosch, der Altbürger, hier gegeben hat, bis auf weiteren Befehl. Er nimmt Antheil Söhne, wie Junker Dagobert."- wesen, wenn Du nicht gelauscht haft an der untern Treppe? und Sorge an dem Töchterlein, sagt er, und ich glaube Als die Alte hinweggegangen war, setzte sich Esther Diese Neugierde ist Euch Juden angeboren, hätte Dich aber es wohl, denn man müßte blind sein, um nicht die Wahr  - in einen Winkel, und machte ihrem gepreßten Herzen durch diesn al in große Gefahr bringen können. Der alte Herr heit zu errathen. Er findet es nicht gerathen, das Mägdlein einen Strom von Thränen Luft. Wie unglücklich bin ich!"

an nich."

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