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Nr. 221-1918

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Der Schiedsgerichtsgedanke in der Geschichte der Völker.

Der Gedanke von der Einsetzung eines internationalen Schieds­gerichts, das in Zukunft alle Streitigkeiten zwischen Böltern auf friedlichem Wege regeln soll, wird im Zusammenhang mit der Idee des Bölkerbundes gegenwärtig wieder eifrig besprochen. Dieser Gedanke ist uralt in der Geschichte der Völfer; ja, er ist sogar was mehr ist bisweilen schon in die Wirklichkeit umgesetzt

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Die Cholera.

Zur Epipemie in Petersburg  .

Dienstag, 13. Augast

war ehemals das Gericht der Amphyiftyonen bei den griechischen blieb die Cholera auf Hamburg   beschränkt, und es fam nur Staaten". Auch Schlettwein   in seinem System eines festen ganz vereinzelt zu einigen verschleppten Erfrankungen. Die nächste Friedens" sieht zur Erledigung internationaler Streitigkeiten ein Cholerawanderung begann im Jahre 1900. Sie nahm diesmal jedesmal zu bildendes Schiedsgericht vor, in dem die Richter nach von Stalfutta und Bombay aus ihren Weg nach dem Osten, nach den allgemeinen Gesezen der Gerechtigkeit und der Vernunft ihr Singapore, den Philippinen, China  , Japan   und der Mandschurei  . Urteil sprechen." Indische Pilger verschleppten sie mit ihren Staratanen im März des Mittelalters wieder von der ersten Haager konvention langte die Cholera nach Palästina, erreichte 1904 Bagdad   und Ein Schiedsgerichtshof ist dann zum erstenmal seit den Zeiten 1902 nach Meffa und von dort nach Aegypten  . Von hier aus ge­ins Leben gerufen worden, doch war er nicht mehr als eine Liste von Berfien und drang über Balu nach Rußland   vor. Den ganzen Herbſt Richtern, aus denen den streitenden Staaten freisteht, Schiedsrichter des Jahres 1904 hindurch wütete die Cholera im Kaukasus  , wo sie zu wählen, wenn fie ihren Streit auf diese Weise austragen wollen. 2000 Opfer forderte. Jm April 1905 sprang fie nach Rußland   und Polen  worden. Die Beseitigung von Streitigkeiten zwischen Völkern Damit fonnte der Frieden nicht gesichert werden. über, wo ihr 400 Personen zum Opfer fielen und erschien mit ver­durch einen Schiedsspruch war im Mittelalter feine Seltenheit. So einzelten eingeschleppten Fällen auch in Deutschland  , besonders im fennt man im Italien   des 13. Jahrhunderts allein 100 Schiedsfälle, Weichselgebiet und sogar vor den Toren von Berlin  , in Dranien­in denen Zwiste zwischen Fürsten   und Einwohnern verschiedener burg. 1907 brach die Seuche in Astrachan   aus, folgte dem Lauf Städte oder Staaten friedlich ausgeglichen wurden. Im Jahre 1274 der Wolga  , des Don und des Dnjepr   und gelangte nach Beters wurde ein Streit zwischen den Königen von Ungarn   und von burg  , two fie 6000 Opfer hinraffte. Bald darauf brach die Cholera Böhmen   durch ein Schiedsgericht beigelegt. Jm frühen Mittel­in Hedschas   aus; in Mella wurden 40 000 Tote gezählt. 1903 alter hatte der Kaiser das Amt des Schiedsrichters, und solange Nicht zum ersten Male ist die Hauptstadt des ehemaligen Zaren hatte die Seuche gang Nußland erfaßt, wo 14.000 Tode gezählt die deutschen   Herrscher die Welt regierten, haben sie dies Recht aus- reiches der Schauplag einer verheerenden Choleraepidemie, wie sie wurden. Im Jahre darauf nahm die Cholera, begünstigt durch die geübt. Später wurden die Päpste häufig zu Schiedsrichtern ge- auch jest wieder über die in sanitärer Beziehung start rückständige bort herrschende Hize in Rußland   abermals einen großen Umfang wählt. So trat im Jahre 1298 bei einer Streitfrage zwischen Metropole hereingebrochen ist. Es war im Jahre 1817, als die an. Bei 21 000 Erftantungen famen 9000 Todesfälle vor. Jm Eduard I.   von England und Philipp IV.   von Frankreich Papst Cholera ihre erste große Wanderung begann, deren Weg von der April 1909 wurde auch in Stockholm   bei einem aus Rußland  Bonifazius VIII. als Schiedsrichter auf. In der Schweiz   hatten Forschung genau festgelegt worden ist. Bon Jessore  , wo die Seuche kommenden Reisenden die Cholera konstatiert. Einige Tage später die Urfantone in ihrem Bundesbrief vom 1. August 1291, der die innerhalb weniger Tage 6000 Opfer hinraffte, wurde sie durch war sie bereits durch den Dampfer Elberfeld   nach Holland   gelangt, Schweizer Eidgenossenschaft   begründete, das Prinzip der Flüchtlinge nach Bombay, und überhaupt durch ganz Indien   ge- wo sie jedoch durch umfassende Maßregeln im Keime erstickt wurde. obligatorischen Schiedssprechung aufgenommen. Ueberhaupt schleppt. Auf dem Seewege gelangte fie nach Siam und China  ; Auch in Königsberg   und neun anderen deutschen   Städten famen wurde zu Anfang des 14. Jahrhunderts in Europa   die Frage eines 1821 erreichte sie den persischen Golf, Bagdad   und ein Jahr später 1909 vereinzelte Fälle vor. Die der jetzigen zeitlich am nächsten zwischenstaatlichen Schiedsgerichts eifrig diskutiert, und damals, Persien  . Dann überschritt die Cholera das Kaspische Meer und stehende Choleraepidemie, die Rußland Awar   ziemlich vers als die Jeee aus der Wirklichkeit zu verschwinden begann, trat der fezte sich 1823 in strachan fest. Europa   blieb damals noch schonte, dafür aber in Südeuropa  , wo sie schon im vorhergehenden erste große Theoretiker dieses Gedankens auf, der Scholaftifer von der Cholera verschont. In unserem Erdteil gelangte fie Sommer aufgetreten war, ihr Hauptquartier aufschlug, war die vom Pierre Dubois, der in einer lateinischen Schrift vom Jahre erst auf ihrer zweiten Wanderung in dem Jahrzehnt von Jabre 1911. Damals herrschte die Cholera nicht nur in Italien  , 1306 die Errichtung eines dauernden internationalen Schiedshofes 1827 bis 1887. Durch Karawanen wurde die Seuche über sondern auch in der Türkei  , und die Häfen Südfrankreichs   mußten zur friedlichen Erledigung aller Streitigkeiten zwischen den soube- Tibet  , Persien  , Südrußland, die Wolga   entlang nach Peters- angesichts der zahlreichen Auftedungsfälle gleichfalls als cholera­ränen Staaten verlangte. burg   und Finnland   geschleppt. Bei dieser ersten europäischen   verfeucht angesehen werden. Nach der amtlichen Statistik sollen Choleraepidemie brach die Seuche im Jahre 1831 auch in Berlin   vom 22. Juni bis zum 6. Juli 1911 im Königreich Italien 751 Er­aus. Zahlreiche Bewohner der preußischen Hauptstadt fielen ihr tranfungen vorgekommen sein; doch waren diese Ziffern zweifellos zum Opfer; auch der berühmte Philofops Hegel   tourde 1831 zu noch viel zu niedrig gegriffen, denn es steht fest, daß im Juni Berlin   von der Cholera hinipeggerafft. Im nächsten Jahre brach allein in Palermo  , eine Zeitlang Tag für Tag 100 Erkrankungs­auch in London   eine Epidemie aus, und über Calais   gelangte die fälle vorgekommen sind. Cholera nach Frankreich  . Sie überschritt dann den Atlantischen Ozean  , verheerte Amerita, tam 1884, wieberum durch Schiffe ver­ichleppt, nach Spanien   zurück, ergriff Marseille  , Italien  , Zirol, Bayern  ( 1886) und setzte sich abermals in Südrußland fest. Nach der franzöfifchen Zeitschrift La Nature" sind damals allein in Frant reich mehr als 100 000 Berfonen, der Cholera zum Opfer gefallen. Fast zehn Jahre lang hatte Europa   dann Ruhe. Da trat im Jahre 1846 die Cholera aufs neue eine Wanderung nach dem Abendlande an; fie gelangte von Indien   aus über Persien   und Syrien   1848 an die deutsche   Oftgrenze; von Mitteleuropa   aus verbreitete sie sich über die verschiebensten Gebiete der ganzen nördlichen Halbfugel, auch wieder nach Amerika  . Die vierte Choleraepidemie, die in die Jahre 1865 bis 1875 fiel, unterschied sich von den drei früheren durch die Schnelligkeit, mit der sie von Asien   nach Europa   gelangte. Während früher die Cholera stets von Indien   über Persien   und Südrußland zu uns gelangt war und stets mehr als ein Jahr gebraucht hatte, bevor sie die Grenzen der westlichen Kulturstaaten erreichte, ge­langte sie diesmal in wenigen Tagen auf dem Seewege von ber arabischen Küste nach dem Abendlande und überzog innerhalb weniger Wochen einen großen Teil Europas  . Die Ursache dieser so ungemein schnellen Verbreitung war die Jubetriebnahme des Suezkanals im Jahre 1869, durch die uns die Häfen des Drients ungemein nahe gerückt wurden.

Bon nun an find es bis in die jüngste Vergangenheit fast nur Philosophen und Völkerrechtslehrer gewejen, die den Gedanken der Schiedsgerichtsbarkeit im Bölkerverkehr verfechten. Jns Praktische hin­ein greift die Idee noch bei dem deutschen   Saifer Magimilian, dem letzten Ritter", der einen von Papst Leo X.   ausgehenden Plan Aur Drganisation der christlichen Staaten Europas   weiter ausführte. Er berlangte in einer 1518 abgegebenen ausführlichen Denkschrift die Schaffung eines allgemeinen Schiedhofs, der sich wieder, wenn er in seinem Streise feine Einigkeit erzielen tönne, an den Heiligen Stuhl als die letzte Instanz wenden solle. Der einflußreichite Ber­treter des gleichen Gedankens in der neueren Zeit ist der berühmte Abbé de Saint- Pierre  , der in seinem 1713 erschienenen Projekt eines ewigen Friedens der erste moderne Vertreter der Friedens­bewegung wurde. Er fordert die Aufrichtung eines internationalen Staatenbundes mit einem Senat an der Spize; wenn zwischen zwei Mitgliedern diefes Bundes eine Uneinigteit entstehe, dann müßten die Parteien sich dem immerwährend tagenden Senat unterwerfen, der dann eine Kommission ernennt, um zwischen den Streitenden au bermitteln. Gelingt die Vermittlung nicht, so soll der Senat einen endgültigen Spruch durch Dreiviertelmehrheit fällen. Schon früher als der Abbé, batte fich Leibniz mit ähnlichen Gedanken beschäftigt. In feiner Schrift über das Recht der deutschen  Fürsten  , sich durch Gesandte auf dem Nimweger Kongreg vertreten zu laffen, spricht er dem Kaiser und dem Bapit als den Häuptern der Christenheit eine schiedsrichterliche Befugnis in Sachen der Bölker zu. Doch müsse ihnen ein ständiges Konsil oder ein vom Konfil gewählter Senat zur Seite stehen: Wenn es ein ständiges Konfil gäbe oder ein vom Konfil angeordneter Senat für die all­gemeinen chriftlichen Interessen zustande fäme, so würde, was jetzt durch Bündnisse, Vermittelung und Garantien geschieht, dann von der von dem Bavst und dem Kaiser als Häupter der Christenheit herstammenden öffentlichen Gewalt, zwar durch eine freundschaft­liche Vereinbarung, aber doch zweckmäßiger als jezt geschieht, ge­regelt werden."

Trog aller Anstrengungen ist es nicht möglich, Einzelfälle von Cholera ganz fernzuhalten, doch bieten die moderne Hygiene und bie neuzeitlichen Schutzmaßnahmen eine ziemliche Gewähr dafür, daß Epidemien, wie die russische, in Deutschland   und dem übrigen Europa   nicht wieder auftreten.

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Wiederum war eine Reihe von Jahren Ruhe, bis 1884, durch französische   Schiffe von Indien   eingeschleppt, die Seuche in Toulon  und Marseille   ausbrach und von dort nach Italien   verschleppt wurde. Dort wütete sie, namentlich in Neapel  , mit außerordent­licher Heftigkeit; Zehntausende fielen in jenem Jahre in Italien  der Cholera zum Opfer. 1885 brach die Seuche aufs neue, dies Die Völkerrechtslehrer des 18. Jahrhunderts fommen ebenfalls mal in Spanien   aus, worauf sie in Europa   wieder für eine Reihe Bestrahlungen mit ultrabiolettem Licht auf den Gedanken des Schiedsgerichts zurück. Start G. Günther von Jahren erlosch. Unvergessen ist die furchtbare Choleraepidemie gegen Influenza. In der Münchener Medizinischen Wochen­schreibt in seinem 1787 erschienenen Europäischen   Völkerrecht in von Hamburg   aus dem Jahre 1892. Von Persien   aus war die schrift" macht Oberstabsarzt Dr. Hufnagel darauf aufmertjam, daß Friedenszeiten":" Die Nationen dürften nur einen gemeinsamen Seuche über Balu und Astrachan   nach Rußland   gewandert, wo fie nach feinen Erfahrungen allgemeine Bestrahlungen mit ultravio­Gerichtshof niedersetzen, der, unbeschadet im übrigen der Unab sich schnell über das ganze, weite Land verbreitete, und von wo lettem Licht die beginnende Grippe nicht selten sofort zum Still­hängigkeit einer jeden einzelnen, bloß als Schiedsrichter zur Beste nach Hamburg   verschleppt wurde. Mehr als 7000 Gin- stand bringe. Der Körper wird an zwei, höchstens brei aufeinander­stimmung der zweifelhaften wechselseitigen Rechte und zur Bei- wohner der Hansastadt fielen ber Epidemie in der folgenden Tagen zuerst je zwei, dann drei Minuten in einer Ent­legung der aus deren Nichtbeobachtung entivringenden Beschwerden Beit bon August bis Oftober 1892 zum Opfer. Dant fernung von zuerst etwa 70, dann 50 Zentimeter allgemein bestrahlt. mit hinlänglicher Gewalt versehen wäre. Eine ähnliche Einrichtung der ausgezeichneten sanitären Verhältnisse in Deutschland   Danach ist Ruhe unbedingt erforderlich.

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Lodz. Das gelobte Land.

Roman von W. St. Reymont  .

Die Fabriken der Aktiengesellschaft Seßler& Endelmann schlossen den Garten mit einer riesigen roten Mauer ab, deren unzählige Fenster in der Sonne glänzten.

Der Stutscher fuhr um ein großes, mit Treibhaus­blumen und Büschen besetztes Beet herum und auf die Rampe, deren Säulen, mit Efeu umrantt, eine Terrasse trugen, die von einer hölzernen, Marmor imitierenden Balustrade um­geben wur.

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Er durchschritt den Salon mit einem sehr gnädigen| formten einen Halbkreis um Schaja, der wie ein König, von Lächeln, reichte einigen die Hand, anderen klopfte er auf die feinem Hof und seinen Vasallen umgeben, in der Mitte saß; Schulter, den Frauen nichte er mit dem Kopf zu und schaute er öffnete den Rock, die Schöße fielen auf den Boden, und mit zugefniffenen Augen im Salon herum. eine Atlasweste wurde sichtbar, unter der zwei weiße Schnüre heraushingen; ein Bein schlug er über das andere, so hoch, daß die Spike seines Stiefels in der Höhe der Köpfe der um ihn Herumisigenden war.

Der junge Reßler schob einen Fauteuil vor; er fant schwer zurück, und sofort umgab ihn ein Menschengedränge. ,, Der Herr Rat sind müd? Ein Glas Champagner viel­leicht, ausgezeichnete Marke, was?"

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" Gut," fagte er feierlich, wischte sich mit einem bunten Tuch die Brille ab, und erst als er sie sich wieder aufgesetzt hatte, begann er die vielen Fragen, die an ihn gerichtet wurden, zu beantworten.

Wie steht's mit der Gesundheit, Herr Nat?" " Sind Herr Rat wieder bei gutem Appetit?" Wann fahren der Herr Rat ins Bad?" " Der Herr Nat sehen glänzend aus!"

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Der lange Flur war mit einem roten Teppich ausgelegt, in der Mitte stand ein großes Beet blühender Rhododendren. Eine breite Treppe führte in den ersten Stock; sie war gleich- Warum sollte ich schlecht ausschauen," erwiderte er falls mit einem roten Teppich bedeckt, an den Seiten lächelnd und hörte mit einer gewissen wegwerfenden Müdig­schmückten sie Reihen von Azaleenbüschen, die sich von den keit den Chor der Stimmen weiter an, folgte dabei Roja mit dunkelrotem Damast beschlagenen Wänden wie Schnee- mit den Augen, die einige junge, hellgekleidete Frauen um­bänder abhoben. geben hatten.

raums.

Das elektrische Licht überflutete das Borzimmer und die Treppe und funkelte in den großen Spiegeln des Vor­Lataien in schwarzen Livreen, mit goldenen Tressen an den Kragen, halfen den Ankommenden beim Ausziehen. Es ist ja sehr schör hier!" sagte Mela, mit Rosa die Treppe emporsteigend.

" Schön," erwiderte Schaja verächtlich, pflückte nachlässig im Borbeigehen Blumen ab, warf sie auf den Teppich und zertrat sie mit seinen knarrenden Stiefeln.

Endelmann kam ihnen bis vor die Tür entgegen, begrüßte fie entzückt und führte sie oftentativ in den Salon ein. Herr Rat sind sehr gütig, Herr Rat, was?" Er schloß jeden Saz immer mit einer Frage, das Ohr hinhaltend, weil er etwas schwerhörig war.

" Ich wollt dich mal sehen, Endelmann, na, und wie geht's dir denn?" Er klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter.

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was?"

Dante sehr, mir geht's gut und meiner Frau auch, Das Stimmengebrause im Salon ließ bei ihrem Er­scheinen etwas nach, viele standen auf, um den Baumwollkönig zu begrüßen, der in seinem langen, schwarzen Staftan und hohen Lackstiefeln von den Frackanzügen der anderen Gäste sehr abstach.

Nach jedem seiner Worte verneigten sich alle demütig, mitten im Wort verstummten die Lippen, wenn er sprach, und alle folgten jedem Aufleuchten seiner großen, schwarzen, von geröteten Lidern umrandeten Augen, jeder Bewegung seiner mageren, gelben Hand mit den abgebissenen Nägeln und den gekrümmten Fingern; er glättete seinen langen, weißen Bart und das kurzgeschorene Haar, durch das die Stopfhaut rofig durchschimmerte.

Sein Gesicht hatte die Farbe von Safran und war sehr mager und unglaublich beweglich, die Nase trumm und so lang, daß sie über den Mund herabhing.

Er sprach langsam, betonte jedes Wort und zog die weiße, start gewölbte Stirn zusammen, die an den Schläfen ein­gefallen und von dicken, erstarrten Runzeln bedeckt war.

Ein etwas lauter Lärm brach in den Boudoirs neben Seinen unzähligen Millionen brachten die einzelnen dem Salon und in dem Büfettsaal und in einer großen Millionen und die jämmerlichen Hunderttausende Huldigung Gruppe von Frauen und Mädchen aus, die in der Mitte des und Ehrerbietung dar; ein einträchtiger, harmonischer Streis Salons faßen. von Juden, Deutschen   und Polen   umgab ihn; vor seiner Zwei Sprachen herrschten vor: fast alle Jüdinnen, alte alle erdrückenden und selbst die Nüchternsten hypnotifierenden und junge, und eine kleine Anzahl Polinnen sprachen Macht verstummiten die Nassenantagonismen, verschwand der französisch; des Deutschen   bedienten sich Juden, Deutsche   Konkurrenzneid, die persönlichen Feindschaften gegen und Polen  . diesen Hecht fühlten sich alle als Gründlinge und warteten unruhig, daß er sie verschlucke; aber Schaja war heut gut gelaunt, wollte von Geschäften nicht sprechen und scherzte sogar. ,, Rippmann, einen Bauch hast du, als ob du ein ganzes Stück Pertal da versteckt hättest."

Bloß hier und da flang leise die polnische Sprache, in der sich eine Gruppe von Ingenieuren, Aerzten und anderen Spezialisten verständigten, die angesehen genug waren, um bei Endelmanns eingeladen zu werden, aber im Vergleich zu den Millionären eine zu geringe Rolle spielten, um im Salon irgendwie hervortreten zu können.

Endelmann kehrte bald zurück, ihm voran schritt ein Lakai, ein silbernes Tablett in den Händen, auf dem ein Glas, ein filberner Stühler und eine eisgekühlte Flasche Champagner standen.

Endelmann zwickte die Kafeldrähte durch, schenkte selbst das perlende Getränk ein und reichte es. Mendelsohn trant langsam und schlürfte mit Renner­

miene.

,, Wozu sollt' ich ein ganzes Stück Perkal verstecken, ich bin frank, ich muß gleich nach Karlsbad   fahren."

So unterhielten sich die Lodzer Millionäre; im Salon wurde es immer lebhafter, denn jeden Augenblick erschien noch jemand.

Frau Endelmann machte die Honneurs mit großer Ge­schicklichkeit und Würde, ihr Mann half ihr dabei energisch, und immer wieder hörte man sein durchdring­liches: Was?

Das Rauschen der Seidenkleider, das Flüstern der Sprechenden und der Duft von Parfüms und Blumen füllten langsam den riesigen Salon, einen der prachtvollsten ( Forts. folgt.)

,, Nicht schlecht, ich danke dir, Endelmann." Das glaub ich, elf Rubel die Flasche." Mehrere Stühle, Taburetts und niedrige Fauteuils in Lodz  .