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Str. 224-1918

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Der Gang der Götter.

Von Alfred Bratt.  +

Kawu Haffan war ein armer Matabele- Neger.

Es gibt Neger und Neger. Der Triumphzug" der modernen Kultur hat ja bekanntlich auch vor der schwarzen Rasse nicht Halt gemacht, auch unter den dunkeihäutigen Söhnen der Erde unter fcheidet man Analphabeten und Intellektuelle. Die Matabele aber, im tiefsten Afrika   beheimatet, gehören zu den Stämmen, die noch als Wilde" gelten, die dem feligen Urzustand am nächsten blieben. Der vornehmste Matabele, ja der Häuptling selbst, vermag fich nicht mit dem nordamerikanischen Bruder in Schwarz   zu messen, der Sonntags einen Gehrod und steifen Hut grägt und ohne Beben in der dämonischen Stadtbahn fährt. Ganz zu schweigen von jenen fulturgebenedeiten Negern, die man gewissermaßen als Futuristen des schwarzen Volkes bezeichnen könnte, von den Schwarzen, die Schulen besuchen und lange, fehlerlofe Briefe schreiben.

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Ach nein, von all dem hatte Kawu Haffan( wenn man sich Bei einem Neger so ausdrücken darf), teine blasse Ahnung. Stawu Hassan war ein einfacher Matabele- Neger, und das sagt alles. Er war sogar einer der ärmsten. Die großen Götter hatten fein Weib mit Kindern gesegnet, aber sie hatten ihm nicht das für den Hausstand nötige vieh beschert. Kawu Hassan wußte nichts von Debet   und Kredit", aber feine Sorgen waren darum nicht Heiner. Er mußte für die Nachbarn arbeiten, und wenn der Häupt­ling ein Fest gab, stand er in der hintersten Reihe und bekam bestenfalls eine halbe Brotfrucht ab. Im übrigen aber lebte er ganz erträglich und zufrieden, denn er hatte einen anspruchslosen Charakter und ein naives Gemüt.

Die Matabele geben nichts auf die Missionare. Sie halten zäh an ihren alten Göttern und an den überlieferten Sitten der Bor fahren fest.

Freitag, 16. Auguft

einem Schiff, das größer war als biele, viele hundert Matabele Papierivespe bezeichnet wird. Keller batte als Knabe auch beob hütten, fuhr Kawu Hassan nach Europa  . Dort kam er in ein Lager achtet, wie die Wespen eine papierähnliche Masse Herstellen, indem mit feinen gelten, er erhielt eine schreckliche Donnerbüchse und mußte fie nämlich dazu die losen Holzfasern von einem alten Schindel­schwer arbeiten, um zum Kampf gegen die Barbaren gerüstet zu dach herbeiholten. Als Keller beim Grübeln über einen Papier­sein. Und dann famen sie wieder auf ein Schiff, aber nur für erfab soweit war, fiel ihm weiter ein, wie seine Altersgenossen und reichs, Tage und Nächte, Tage und Nächte, und zu beiden Seiten wurde in der Weise betrieben, daß die Kerne auf einem Brett in furze Zeit. Und dann marschierten sie über die Landstraßen Frant- er als Knabe aus Kirschternen Ringe hergestellt hatten. raffelten schwere Wagen ohne Pferde, rodten Proviant- und Munitions- entsprechenden Vertiefungen festgehalten und dann mit Sandstein folonnen, Lazarettwagen und Geschüße.

geworden.

Und es bergingen Monate. Es verging ein Jahr. Kawu Hassan, der ahnungslose Matabele, war längst moderner Soldat ichlünde, über die Leuchtkugeln und Rateten, über die weißen Bögel, Er wunderte sich nicht mehr über die riesigen Feuer aus denen man den Tod herabschleuderte. Kawu Hassan war ein Weltkriegssoldat wie jeder andere, er schoß ohne Zögern, er lag im Schüßengraben, fern hinter den blauen Schleiern der Erinnerung. die Heimat aber ruhte irgendwo, fern, unsäglich Dann kam die Stunde des gewaltigsten Schreckens. Von der feindlichen Seite ging ein Sturmbagel aus, in den sämtliche bösen Mächte ihre äußerste Straft bliefen. Es wetterte so dicht und uns geheuerlich, daß die Luft ganz schwarz und ganz did wurde. Es dröhnte zwischen Himmel und Erde, und dann sprangen die feind lichen Strieger hervor mit Gewehren, Handgranaten und Bajonetten, und ihre Flut ergoß sich über die zerschossenen Gräben, die ein geebneten Wälle, die zertrümmerten Unterstände.

Es war ein Orkan des Entseßens. Ein Orkan, dem niemand

zu widerstehen vermochte. Er fegte über die Gräben der Matabele und der" English  " hinweg und nur die Toten und Verwundeten blieben liegen. den schweren Dampf, geistert über die Vertrüstung. Abends. Zum ersten Male dringt wieder ein Mondstrahl durch Es ist still ringsum. Die Schlacht braust weiter rückwärts, immer weiter zurück.

Irgendwo in dem überrannten Kampfabschnitt liegt Kawu Wenn einer vom Stamme der Matabele fühlt, daß Hassan, durch die Brust geschossen. Er liegt in tiefstem Jammer, feine, legte Stunde gekommen ist, so wird der Medizinmann ge- zwischen Leichen und Sprengstücken. Er feucht schwer, bas Blut rufen. Hierauf batte selbst der Geringste Anspruch. Der Medizin- fpringt ihm auf die Lippen; er weiß, daß er bald nichts mehr wissen mann aber vollführte den" Sang der Götter", ein rhythmisch ab- wird. Und da flagt seine einfache Seele in großem Schmerz. Denn geichmacktes Lied, das unter merkwürdig taltfesten Budungen seiner fein Baubermann ist da, um den Sang der Götter" ertönen zu Kehle entquoll. Wenn der Sterbende diesen Sang vernahm, so lassen. Kawu Hassan muß elendiglich von hinnen geben, niemals war alles gut: dann durfte er getrost darauf rechnen, im Jenseits wird er Eingang finden im Jenseits der schwarzen Brüder. würdig aufgenommen zu werden. Kawu Hassan schluchzt. Er windet sich im Schmerz der Seele, Einmal erschien zwischen den niedrigen, ftumpf fegelförmigen der schlimmer ist als der des Körpers. Er wirft sich herum mit der Hütten der Matabele ein weißer Mann. Er trug einen wunder- Straft der Verzweiflung. bollen Tropenanzug aus Khalistoff und einen gelben Helm. Er war ein Handelsmann und schien in die Kokosnüsse vernarrt zu fein. Dafür spendete er Schnaps und allerhand andere Herrlich­teiten. Er erzählte, daß er ein" English  " sei, ein Vertreter des großen Königs, der über Länder und Meere herrsche und auch die armen Matabele in seine weise und übermächtige Dbhut ge nommen habe.

Da begab es sich, während dieser Besucher das Dorf in Span nung hielt, daß der Sohn des Häuptlings schwer erkrankte. Es ging ihm schlimmer von Tag zu Tag, und bald wußte man, daß er sterben müsse. Aber das Unglüd wollte, daß inapp vorher der alte Medizinmann das Zeitliche gesegnet hatte, und ein neuer hatte noch nicht die Weihe empfangen. Der Schmerz war groß, denn es schien, als sollte der Häuptlingssohn nicht mehr den, Sang der Götter" bernehmen.

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Da trat der weiße" English  " als Retter auf. Er holte aus feinem Gepäck einen kleinen Holzlaften, stellte ihn in der Häupt­lingshütte auf und erklärte, der Kunst seiner weißen Brüder sei es gelungen, den Sang der Götter" einzufangen und in diesen Staften zu sperren. Und siehe der" English  " drückte auf einen Knopf. und dem Baubertasten entquoll ein Sang der Götter" von un­geahnter Schönheit. Die guten Matabele wußten nicht, daß der Zaubertaften ein Grammophon war und der Götterfang ein Londoner   Operetten­lied: das Mädchen in der Untergrundbahn.

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Der Häuptlingssohn aber fonnte selig die Augen schließen. Lange Zeit verging. Kawu Hassan lebte bescheiden, aber glüd­lich, und niemals vergaß er das Wunder, das im ganzen Dorfe zur bleibenden Legende geworden war. Da erschienen eines Tages zahlreiche Weiße. Sie waren alle" English  ", und sie erzählten, daß ber weise übermächtige Stönig Strieg führe gegen die Barbaren und Feinde der Götter. Und daß die Matabele ihre tüchtigen Männer aussenden müßten, um teilzunehmen an dem großen, ehrenvollen

Kampf.

Da begann für Kawu Hassan ein taum glaubliches Traum­bafein mit råtfelbollen, gespenstischen Erscheinungen, mit grauem, feuchten Nebel und Kälte, mit Donner und Bliz. Auf

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Lodz  .

Das gelobte Land.

Noman von W. St. Reymont  .

Also?" fragte er mit einer vom Zorn gedämpften Stimme. Bütend war er, daß Luch dieser klassischen Puppe ihr Ge­heimnis ausgeplappert hatte.

,, Also fassen Sie Vertrauen zu mir und versuchen Sie, sich meine Freundschaft zu verdienen, die Ihnen manchmal sehr nüglich sein kann."

,, Gut, ich fange sofort damit an."

Er setzte sich zu ihr aufs Sofa und füßte sie auf den nackten Arm.

,, Das ist nicht der Weg, auf dem man zu einer treuen, schwesterlichen Freundschaft gelangt," flüsterte fie lächelnd und rückte etwas weg.

" Die Freundschaft darf aber auch nicht so wunderbare Arme haben und so berückend sein."

Und Luch, Herr Karl! Sie sind ein Menschenfresser. Ich empfange Donnerstags. Kommen Ste recht früh, bitte." Sie nickte ihm zu und ging, die leichte Verlegenheit unter einem Lächeln verbergend.

"

Herr Borowiecki, Frau Trawinska verlangt nach Ihnen!" rief Bernhard. Wo ist denn die schöne Frau Direktor?" Tod und Verderben fät sie mit ihren Augen." " Langweiliges Frauenzimmer!"

Besuchen Sie ihre Donnerstage?"

Was soll ich da! Nur ihre Verehrer und Liebhaber ver­kehren da: die früheren, die jetzigen und die zukünftigen. Wir erwarten Sie!"

Borowiecki fühlte sich so gelangweilt, daß er vorhatte, statt zu Frau Trawinska zu gehen, unauffällig zu verschwinden; als er aber an den Portieren des nächsten Boudoirs vorbei­ging, stieß er auf Frau Lickert, seine frühere Geliebte.

Sie trat zurüd, und er folgte ihr, von ihren unwider stehlichen Blicken fortgezogen.

Seit einem Jahre hatten sie sich nicht mehr gesprochen; sie hatten sich piöglich getrennt, ohne ein Wort der Erklärung. Sie begegneten einander manchmal auf der Straße, im Theater, begrüßten sich von weitem wie ganz Fremde, und doch sah er oft ihr stolzes und trauriges Gesicht vor sich wie einen leisen und schmerzlichen Vorwurf.

Und da geschieht das Wunder. Ein rauber Laut, ein zweiter und nun tönt jener unfagbar schöne Götteriang, der einst aus dem Kasten des weißen Handelsmanns in der Hütte des Häuptlings ge stiegen war.

Stawu Haffan ist mit den Beinen gegen ein Feldgrammophon gestoßen, das ein englischer Offizier zurüdgelassen hatte. Der Apparat war aufgezogen, der Hebel hatte sich gelöst, und nun schnarrte und gluckste es, flötete und schrillte: das Mädchen in der Untergrundbahn Kawu Hassan lächelte und schloß langfam die Augen. Die Glückseligkeit nahm ihn in ihre Arme.

Das

von beiden Seiten abgeschliffen wurden. Der schleifende Sand­stein wurde dabei naß gehalten und war am nächsten Morgen mit einer papierähnlichen Schicht überzogen, von der Kelder sich nun den Kirichternen liegenden Brettchens zusammengehalten gewesen deutlich erinnerte, daß sie von mitabgeschliffenen Fafern des unter war. Das Beispiel der Wespen und seine eigene zufällige, aber unbeachtete Erfindung als Knabe wiesen dem Wann nun den Weg. Schon seine ersten Versuche fielen befriedigend aus und damit war für die Gewinnung von Papier aus Holz der feste Grunt gelegt. Wenn man bedenkt, daß heute drei Viertel der Papier  - Erzeugung der ganzen Welt auf dem Holz als Rohstoff beruht, kann man die Größe diefer Erfindung ermeffen. Die Versuche mußten für mafchi­welle Herstellung natürlich noch ausgebaut werden. Auch die erste Anordnung eines solchen Schleifsystems ist eller zu verdanken. Dann aber ereilte ihn das Erfinderschicksal. Seine Mittel reichten zur Weiterführung des Patents nicht aus, und so sah er sich ge­zipungen, es zu verkaufen.

Gin größeres Schleifsystem, nach dem Käufer und Verbesserer des Patents gewöhnlich Bölter- System genannt, liefert in 24 Stun­lich im Laufe der Zeit noch verbessert worden. Je nach der Art Den 1000 Kilogramm Holzschliff. Die Art des Schliffes ist natür­unterscheidet man jetzt Kurz, Bang- und Tangentialscliff, ferner auch Malt- und Seißschliff. Unter unseren Bäumen find Fichten, Das Verfahren, aus solchem Holzschliff Garne herzustellen, war Tannen und Espen zur Gewinnung von Holzschliff am geeignetsten. schon vor dem Kriege befannt; als Papierstoff- Garne( Silvalin, Xylodin u. a.) famen sie auch in geringer Menge schon in den Handel. Ebenso war es vor dem Kriege im Kleinen schon gelun herzustellen. Lehtere hatten nur noch den Nachteil, daß eine Bes gen, diese Garne zu färben und ziemlich dauerhafte Getoebe daraus rührung mit Wasser vermieden werden mußte. Die Notwendigkeit des Krieges hat auch diesem Mangel abzuhelfen gelehrt, sodaz jetzt sogar schon wasserdichte Anzüge aus Papier vorliegen. Ein ge­waltiger Fortschritt seit dem ersten tastenden Versuch Kellers vor 75 Jahren; und dieser Versuch selbst ein Musterbeispiel, wie bahn­brechend oft eine liebevolle und genaue Beobachtung der Vorgänge in der Natur zu wirken vermag.

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Notizen.

Kunst chronit. Die zum 50. Geburtstage von Mar Stevogt für Oktober geplante Ausstellung seiner Werke in der Freien Sezession muß verschoben werden. Ein neues Drama. Billem Marten", ein Bolfsstüc der Rostocker   Genossen Robert Ncspital und Franz Starofson, wurde in Biegnitz erfolgreich aufgeführt. Die Liegniger Zeitung" schreibt darüber:" Bor   allen ist es die bis in die kleinsten Einzelheiten ge­währte Naturtreue, mit der die Lebensverhältnisse gezeichnet sind, die restlose Anerkennung verdient; die Dichter verdienen Beachtuteig." Als Tribüne der Kunst und Zeit" gibt Kasimir Edschmid   im Verlage Erich Reiß   vom Herbst dieses Jahres ab eine Reihe von Abhandlungen heraus, die Probleme und Grundlagen ber Dichtern und Effaisten eine Kunst- und Geistesgeschichte der Zeit neuen Kunst untersuchen. Es soll darin durch die Mitarbeit von in Einzeldarstellungen versucht werden.

Die Erfindung des Holzfaserstoffes. unserer Kleider, unserer Wäsche und zahlreicher anderer Gebrauchs. Unter allen Ersatzstoffen, welche im Kriege für die Herstellung gegenstände in Betracht kommen, steht an erster Stelle das Papier! Auch dieses würde uns im Stiche lassen, wenn nicht um die Mitte Kunstwerte auf dem Rüdzug Infolge der Be­des vorigen Jahrhunderts, genau vor 75 Jahren( 1843), seine drobung Kölns   durch Flieger find die wertvollsten Kunstwerke der Massenherstellung aus Holz gelungen wäre. Bis da- dortigen Sammlungen zunächst in die Keller geirandert. Von dort hin wurden in Europa   Papiere nur aus Zumpen( Badern) her- hat man sie jetzt zu einer Art Luftkur in die Museen bon gestellt. Ganz abgesehen dabon, daß lektere zur Verbreitung der Braunschweig   und Kassel   gebracht. Der Kunstfreund kann also dia baderntranfheit führten, trat um jene Zeit eine große Vermehrung Berlen der altfölnischen Malerei und die schönsten Werke Leibls des Bapierbedarfs ein, daß die vorhandenen Hadern zur Herstellung jetzt dort aufsuchen. entfernt nicht mehr ausreichten und eifrig nach einem Grfaz dafür gesucht wurde.

Durch eine Berkettung glücklicher Umstände sollte einem ein­fachen Webermeister in Mittweida  , namens Keller, der große Wurf gelingen. Die Grinnerung an seine Jugendzeit und der Umstand, daß er unter ländlichen Verhältnissen aufgewachsen war, spielten dabei eine entscheidende Rolle. Als Junge hatte er oft genug das Goethesche Wort: Greif nicht in ein Wespennest, doch wenn du greifft, dann greife fest, in die Praxis umgesetzt und dabei fest­gestellt, daß Wespennester sich wie Papier   anfühlen. Diese Tatsache ist richtig und trifft bei uns auf die deutsche Weipe, die gemeine Wespe und die gesellige Wefpe zu. Die Aehnlichkeit bei einer fran­ zösischen   Art( Polister gallica) ist so groß, daß fie direkt als

Papierräder für Kraftfahrzeuge. Das neueste Verwendungsgebiet, das sich das im Kriege schon beinahe zum Mädchen für alles gewordene Papier erobert hat, dürfte die Bereifung von Rädern für Straftfahrzeuge sein. Die Bapier­zeitung" meldet ein Patent für die Herstellung derartiger Räder. Danach besteht die Bereifung aus einer lose gewickelten Bapier. bahn, welche sich beim llmspannen mit einer Schutzbekleidung wellenförmig zusammenzieht und die gegebenenfalls fole Stoffe als Bindemittel oder Zwischenbahnen enthält, die nachgiebig bleiben und den einzelnen Bapferbahnen Bewegungsfreiheit laffen. Diese mit großem Seräfteaufwand zusammengezogenen Wellen drängen wieder nach außen, wodurch die Schutzbekleidung stets auf Spanming gehalten wird.

Schon öfters wollte er mit ihr sprechen, aber er hatte Er stand so nahe bei ihr, daß sie seinen Atem hörte und nie den Mut; es quälte ihn der Gedanke, daß er ihr nichts das Knistern der Hemdbrust, wenn er sich vorneigte, fie sah zu sagen hatte; er liebte sie nicht. Aber dieses unerwartete seine Hand, mit der er sich auf eine Blumenjardiniere stützte, Zusammentreffen berauschte ihn und durchdrang ihn mit einer sie hätte die Augen erheben und sich an dem so sehr Geliebten schmerzlichen Qual. und so sehr Erwarteten weiden können. Sie tat es aber nicht und saß regungslos da.

ruhig.

" Ich habe Sie lange nicht mehr gesehen," sagte sie Emma! Emma!" flüsterte er unbetvußt, in das blasse Gesicht blickend.

Das Konzert beginnt, meine Herrschaften!" rief Frau Endelmann, sie mit einem Blick umfangend.

Gleich darauf ertönte eine reine, langvolle Sopran­stimme und überflutete den Saal mit der Melodie eines Liedes.

Der Lärm verstummte, und aller Augen starrten auf die Sängerin. Bloß die beiden hörten nichts außer dem un­ruhigen, bangenden Pochen ihrer Herzen.

Frau Lickert ließ sich auf einen von Drachen getragenen, niedrigen Fauteuil nieder. Vom Kamin ergoß sich ein goldi­diger Schein über ihr blasses, sehr trauriges Gesicht und färbte es mit einem rosigen Lon.

Borowiecki blieb etwas abseits stehen und blickte mit

"

Was soll ich ihr sagen?" dachte er wieder.

Die Dame singt schön, nicht wahr?" Sie unterbrach das Schweigen, ohne zu ihm aufzublicken. " Ja, ja!" erwiderte er rasch.

Das Klavier verstummte, und mit noch größerer Straft brach der Lärm im Saale   wieder los.

Lakaien reichten Eis, Konfitüren, Kuchen, Bonbons und Champagner.

,, Arbeitet Ihre Fabrit schon?"

,, Nein, noch nicht, erst im Herbst," antwortete er erstaunt. Er hatte eine ganz andere Frage erwartet.

Sie blickten sich in die Augen und fahen bis in die Tiefen ihrer Seelen. Emma sentte zuerst den Blick, denn ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie sagte leise:

...

,, Und immer gleich herzlich... unverändert..." Tiefes

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Dante." Er sentte den Kopf.

,, Aus ganzer Seele wünsche ich Ihnen Glück, bei.. allem. Gie. glauben mir... Hoffentlich. hoffentlich... daß halbgesenkten Libern auf ihr schönes, aber von den Jahren ich es aufrichtig... meine..." schon gezeichnetes Gesicht. Unter den Augen lagen dunkle Gewiß." Flecken, sie schimmerten unter der zarten Buderschicht hervor. Die hohe, schöne Stirn war frei, bas schwarze Haar, in dem Leid" flang aus ihrer Stimme. biele Silberfädeu glänzten, war über die Ohren gefämmt, bon denen zwei große Brillanten herabhingen. Um die tief purpurroten, vollen Lippen lag ein Schmerz; die Mund­winkel sentten sich zu den scharf umrissenen stiefern. Ueber dem ganzen Geficht und über dem leicht gesenkten Haupt lag Müdigkeit, wie sie einen nach langen, schmerzhaften Krant­heiten befällt; selbst die noch frischen Lippen sahen aus wie eine weltende Granatblüte, und ihr Gesicht umspielte die herbe, melancholische Milde der von Liebe verzehrten Frauen.

Leben Sie wohl," sagte sie, sich erhebend, aber mit einer Stimme, daß er zusammenzuckte und, von einer plöglichen Furcht gepackt, fieberhaft zu flüstern begann:

Emma, geh nicht so fort! Ich muß dich sprechen. Wenn du mich nicht ganz vergessen hast, wenn du mich nicht für einen Schurken hältst, dann gestatte mir, daß ich zu dir tomme, ich muß zu dir kommen, ich muß dir sagen... Antworte mir doch, ich beschwöre dich."

Shre zarten Züge, die jedes Gefühl sofort widerspiegelten, das in ihrem Herzen oder ihrem Hirn auftauchte, zogen sich ,, Wir werden beobachtet. Leben Sie wohl. Ich habe nervös zusammen und zuckten beim leisesten Gefühlseindruck. Ihnen nichts mehr zu sagen. Die Vergangenheit ist in Still saß sie da, sich leicht fächelnd, und blickte nicht auf meinem Herzen so abgestorben, daß ich mich gar nicht mehr ihn, blickte auf niemand, obwohl ihre strahlenden Augen den daran erinnere, und wenn ich manchmal daran denke, dann ganzen Saal umfingen; denn sie fühlte seine Blicke auf ihrem tue ich es voll Scham." Gesicht. Diese verzehrenden Blicke durchdrangen ihr ver- Mit einem tränenfeuchten Blick umfing sie fein blasses bittertes und trauriges Herz mit der Qual eines sonderbar Gesicht und ging. brennenden Schmerzes.

Gorti, folgt.)