Proalliierte Sozialiften. Will Thorne. Limdon, 18. AuMst.(Reuter.) Da? Arbeitermitglied des Parlaments Thorne ertlärte als Vorsitzender einer V e r s a nt m, Iit*g der nationalen Sozialisten pari ei in E.rst-Lon- don, er sei k b« n s o sehr w i e je Pazifist. Sozialist und I n ta r» a t i o n a l i st, aber er sei davon überzeug-, daß ihr Standpunkt als proalliicrte Sozialisten die wahre Meinung von 80 Pvoz. der Lohn- und organisierten Arbeiter des Landes ausdt ücke. Er halte es für unmöglich, die internationale Arbeit auf dem alt»n internationalen Wege weiterzufuhren. Wenn wir, Äi führte der Redner aus, soviel Geld hätten, wie„andere Leu«- so würden wir unsere Macht füblbar gemacht haben. Ich weiß nicht, woher das Geld kommt, aber ich bin sicher, daß es nicht aus den Taschen der Lohnarbeiter kommt. Thorne erklärte weiter, daß er die Alliierten unterstüben werde, bis sie den militärischen Sieg zustande gebracht hätten. Dieser Ausspruph fand bei der Versammlung Beifall. � Hjalmar Branting . Stockholm , 18. August. Zu der Reise Brantings an die En- tentefront in Frankreich , gegen die schon Troelstra in ebenso feiner wie entschiedener Form Einspruch erhoben hat, schreibt das Fungsozialisrenblatt„P o l i t i k e n":.Jetzt kommt er von der Front zurück, dieser Illusionist, der selbst kaum ein militärisches Flug- zeug zu besteigen chagt, und schildert wie der simpelste sensations- gierige Äriegsberichterstatter die Kriegsinterieurs mit sichtbarem Vergnügen. Warum sind die Amerikaner jetzt eine so vortreffliche Raiion? Branting, der in seinem ganzen Leben kein Wort des Lobes für ihr humanen Philosophen wie Emerson und Parmer fand, bewundert jetzt ihre„vorstürmenden Truppen, die in den Kampf wie zu einem Krcuzzeug ziehe«." Ein Kreuzzug? Soweit geht seine Begeisterung für die Entente, daß es nicht Wunder nähme, wenn er Wilson mit Peter von Amiens und Hertling mit einem mohammedanischen Levialhan vergliche. Branting nennt den Kamps der Entente«iinen Verteidigungskrieg für die Freiheit. Weiß Branting nicht, wieviel Geld die französischen Kapitalisten und Bür- ger in russische Staatsobligationen gesteckt hatten, wie Jaures damals den ganzen Eniemeschwindel ausdeckte, wie ameri kanische Milliardäre aus das Spekulationsobjekk Ruß- I a n d Dollars verschwendeten? Er weiß es, aber es paßt ihm nicht, die blindgläubigen iKassen daran zu erinnern, welche andächtig seinen einseitigen glatten Sophismen lauschen. Interparlamentarische Union unö ßrieöensaktidn. Englische Absage an deutsch -österreichische Pazifisten. London , 18. August.(Reuter.) Der Präsident der interparla- mentarischen Gruppe, Lord Weardale, hat einen Brief an die Zeitungen geschrieben, in dem es heißt: Meine Aufmerksamkeit wurde auf die Mitteilung im„Tageblatt" vom 12. August gelenkt, daß Professor Q u i d d e, Professor L a m m a s ch und Bischof Ft�anknoix den Generalsekretär der interparlamentarischen Union in Kristiania gebeten haben, den interparlamentarischen Gruppen der kriegführenden Länder vorzuschlagen, daß sie in ge- heimer Abstimmung je drei Vertreter bestimmen sollten, um ihre Ansichten über die Friedensmöglichkeiten auszutauschen. Ob- wohl ich weiß, daß Quidde , Lammasch und Franknoix über den Krieg seit seinem Beginn stets sehr ausgektärte Ansichten gehegt haben, bin ich doch fest überzeugt, daß die englischen Gruppen sich keipesfallS aüf diesen Vorschlag einlassen wür- den. Wir heißen jeden aufrichtigen Fried ensvorschlag willkommen, aber er muß durchaus offen und unzweideutig sein, wenn positive Ergebnisse erreicht werden sollen. Es ist auch meine Uäber- zeugung, daß nicht nur die englischen, sondern auch die interparla- mentarischen Gruppen aller anderen alliierten Mächte diesem Entschluß beitreten. Gemeinsame veehanölung gegen Caillcmx und tzumdert! Genf , 18. August. Havas berichtet auS Paris : Einer ofsi- ziösen Mitteilung des„Matin" zufolge dürfte es wohl möglich sein, daß die Regierung sich dahin entscheidet, die Fälle Caillaux und Humbert gemeinschaftlich dem StaatsgcrichtShof zu über- weifen.(„Franks. Ztg.") Genf , 18. August. Am Freitag wurde in Paris , wie Lyoner Blätter berichten, mit dem Maueranschlag, der das Urteil gegen Malvy enthält, begonnen. Petroleum vor Selbstbeftimmungsrecht. England und Amerika gegen Mexiko . London , 17. August.(Reuter.) Im Zusammenhang mit den von der englischen und der amerikanischen Regierun« bei det mexikanischen Regierung erhobenen Vorstellungen wegen der Verord- nungen über die P e t r o I e u m f e l d e r erfuhr der Korrespondent der Associated Preß in Washington heute: Carranza hat am 12. Au- gusl im wesentlichen die Bestimmungen der Verordnung vom 31. 1. aufgehoben, darunter auch die Bestimmung, daß nicht ausge- nutzte Petroleumtelder von der mexikanischen Regierung beschlag- nahmt werden würden für den Fall, daß ihre Eigentümer sich nicht einer Besteuerung unterwerfen, die als ungewöhnlich hoch atigesehen wird.
Unfall des Generalobersten Pslanzer-Baltin. Wien , 17. August. Die Albanische Korrespondenz meldet auS Skutari : Der Höchst-- kommandierende in Albanien , Generalober st v. Pflanzer- B a l t i n , erlitt jüngst auf einer Dienstreise, die er in Begleitung de? Sanitätschefs der in Albanien operierenden Truppen auf einer Autodraisine unternahm einen Unfall. Als nämlich die Auto- draisine in voller Fahrt einen über sechs Meter hohen Durchlaß passierte, sprang eines der Hinterräder aus den Schienen. Das Fahreugz überschlug sich und stürzte samt den Insassen in die Tiefe. Der Generaloberst blieb unversehrt, er befreite seinen Begleiter und den Wagenlenier, die unter den Wagen geraten waren, und sorgte für ärztliche Hilfe. Der Sanitätschef ist schwer, der Wagenlenker leichter verletzt. Der„Reichsverbanö� sammelt. Ein neuer Aufruf. Ter Neichsvcrbaiid gegen die Sozialdemokratie hat sich an seine Geldgeber und solche, die es werden sollen, neuerdings' mit folgendem Schreiben gewendet: Berlin SW. 11, im August 1318. Dessauer Straße 30. An die Beitraggeber zum Wahlfchatz. In der sozialdemokratischen Presse hat d-e Tatsache, daß der Reichsverband gegen die Sozialdemokratie zur Erfüllung seiner Ver- einsausgaben einen Wahlschab sammelt, eine außerordentl:che Wir- kung hervorgerufen. Ter„Vorwärts" druckte den Aufruf wörtlich ab und knüpfte daran die Befürchtung, daß der Kapitalismus der Sozial- demokratie mit ungeheuren Mitteln entgegentreten werde. Die «Leipziger Volkszeitung " veröffentlichte einen Leit-
artikel, der fast die ganz« Titelseite ausfüllt. Das Blatt fürchtet)' „die Schwerindustrie und die„notleidende Landwirtschaft" der großen Grundbesitzer werden den Beutel des Liebertschen Verbau- des füllen und einen Wahlschatz aufhäufen, gegen den die ge- sammelten Groschen der Arbeiterschaft wie Maulwurfhügel gegen den Ehimborasso erscheinen werden. Aus den gesamten Aussätzen der sozialdemokratischen Presse spricht lediglich die F u r ch r vor einer Neuauflage der Wahlen des Jahres 13l>7, in denen der Reichsverband die Ehren des Wahl- sieges des Bülowblocks davontrug. Die Sozialdemokratie ist der Massen durchaus nicht so sicher, als sie sonst glauben machen will. Folglich ist die Sammlung des Wahlschatzes eine politische Notwendigkeit, und die„S ch l e s i s ch e Zeitung"(Breslau ) bs- grüßt es daher, chenn rechtzeitig Vorsorge getroffen wird, um den schweren Erschütterungen, denen unsere Politik durch den sozialdemokratischen Terrorismus nach dem Kriege ausgesetzt sein wird, erfolgreich entgegentreten zu können. Es gilt daher, der Sozialdemokratie zu zeigen, daß dem zen - tralen Verbände, der sich seit Jahren die Bekämpfung der sozial- demokratischen Bestrebungen zum Ziel gesteckt hat— d. i. dem Reichsverband gegen die Sozialdemokratie— tatsächlich große Mittel zugeführt werden, denn nur so wird es gelingen, Aufklä- rung in die weitesten Schichten des Volkes zu tragen und dsn leider von so vielen Seiten gestützten unheilvollen Zielen der Sozialdemokratie einön festen Damm entgegenzustellen. Folgt der in solchen Fällen übliche Hinweis auf das Post- scheckkonto. Dankbar darf man dem Reichsverband sein, daß er jetzt so offen die berühmten Blockwahlen von 1907 als seine eigene Mache kennzeichnet, aber ganz lächerlich ist die Mei- nung, die Sozialdemokratie empfände vor der Wiederholung jenes Manövers Furcht. Was sich 1907 infolge der reaktiv- nären Stichwahlpolitik des Liberalismus ereignete, war nichts anderes als eine unnatürliche Zusammenpressung der sozial- demokratischen Wählermassen auf einen möglichst engen parla- mentarischen Besitzstand, der ungeheure Fortschritt der Partei fünf Jahre später war die natürliche Folge davon. Ungeschickt ist es vom„Reichsverband", daß er jetzt schon seine Karten aufdeckt. Die Wahlen von 1907 standen im Zeichen des nationalistischen Terrors, wir waren damals als„Vater- landslose Gesellen" gehetzt. Dieses Experiment soll bei den ersten Wahlen nach dem Kriege wiederholt werden, wir sind auf den Erfolg gespannt. Die wohl von Kob!enz-St. Goar . Rebellische Zentrnmswähler. Ein Teil der Zentrumswählcr im Wahlkreis.Koblenz hat sich mit einer Eingabe an den Reichskanzler gewandt, in welcher Pro- teft erhoben wtro gegen das Vorgehen der höheren GeistlichLeit gegen den Reichstagsabgeordneten Pfarrer Greber. In der Eingabe wird feierlich Verwährung eingelegt gegen die Entziehung der Priester- lichen Gewalt des Pfarrers Greber und erklärt, daß, falls die bischöf- liche Behörde der Eingabe keine Folge leiste, tausend katholische Man- ner fest entschlossen sind, bis zum Aeußersten vo�ugehen. Die Wähler erklärten, daß sie den offiziellen Zentrumskandidaten General von Steinecker nicht haben wollten, sie wollten einen Mann aus dem Volke und keinen Militär, der nur das Kommandieren von oben herab gewöhnt sei. Die Beschwerdeführer erklären außerdem zu wissen, daß Pfarrer Greber deswegen gemaßregelt wurde, weil er feine Wohlfahrtstätigkeit auch auf Protestanten und In- den erstreckte, Diese Eingabe an den Reichskanzler ist schon vor längerer Zeit erfolgt, ohne daß, der,.Reichskanzler bisher geant- wartet Härte. Der Streit ist daraus entstanden, daß im Wahlkreise Koblenz der offizielle ZentrumSkandiidat General von Steinecker, der be- kannt ist als Anhänger eines Eroberungsfriedens, gegen den Pfarrer Greber, der auf dem Boden des Verständigungsfriedens steht,) unterlegen ist. Die Zentrumsfrartion des Reichstages hatte es abgelehnt, den Pferrer Greber als Mitglied aufzunehmen. Das Eintreten der Zentrumswähler für Pfarrer Greber ist zweifellos sehr erfreulich, aber, wie die Erfahrung lehrt, hat die katholische Kirche soviel Machtmittel in der Hand, daß der Pfarrer Greber sehr wahrscheinlich über kurz oder lang doch den kürzeren ziehen wrrd. Kmgsbilüe? vom Rhein . feuchtfröhliche Kriegsgewinnler.— Eine Bestands- aufnähme durch Spitzbuben. Vom Rhein wird unS geschrieben: Die Rhcindampfcr waren nie so überfüllt wie im Sommer 1S13. der Rheinwein war nie begehrter als Heuer, und die feucht- fröhlichen Orte an den Rheinufern waren nie mehr von bechernden und tafelnden Menschen erfüllt, wie an der Schwelle des fünften KriegsjähreS. Neben den bescheidenen Reisenden. Wandervögeln und Familienausflüglern, die an der Rheinromantik sich erbauen, machen sich Nutznicßer des Krieges bemerkbar, die das Wort Höltys wahr zu machen wissen:„Ein Leben wie im Paradies gewährt unS Vater Rhein ." Nun fahren die Generale dazwischen. Der Komman- diereode von Koblenz hat der Köln-Düsseldorfer Dampfschiffahrt gedroht, er werde ein Verbot des Bowletrinkens und eine Einschränkung des WeingenuffeS herbeiführen. Die Gesellschaft hat darauf die Schisfsrestaurateure angewiesen, keine Bowlenweine, Zutaten oder Bowlen- g e f ä ß e mehr auszugeben und erforderlichenfalls durch Verweigern von Wein die Schlemmerei einzuschränken. Im Rheingau hat in i�er Gegend von Rüdesheim der Lärm der sich belustigenden Kriegsgewinnler so zugenommen, daß der Kom- mandierende General angeordnet hat, auch die Luft barkeiten auf Privatgrund st ücken bedürften der polizeilichen Ge- nehmigung. Einbrecher schafften jüngst aus einem Kölner Herrschaftshause, dessen Bewohner in der Sommerfrische sind, für 100 0(10 M. Wert- gegenstände, Kleider und Wäsche fort. Laut dem Bericht der Kriminalpolizei wurden u. a. gestohlene 14 Dutzend Betttücher, 10 Dutzend Servietten, neu und noch nicht auseinandergctrennt, 2S Dutzend Damastserviet ten, 1b Dutzend Gerstenkorn-Handtücher, 8 Dutzend Kissenbezüge, 3 Dutzend bunte Kissenbezüge, 2 Dutzend Bettdecken, 1% Dutzend Ilcberbettbezüge, 42 Herrenhemden. 83 leichte und schwere Unterhosen, 1,2 Dutzend Herren taschentücher, 3 Dutzend Paar Herren- strümpfe, 30 Nachthemden, 6 Dutzend Damenhosen, 3 Dutzend Paar schwarze Damenstrümpfe, 0 Dutzend Tisch- tücher, 3 Dutzend Kaffeedecken usw. Da die Herrschaften doch nicht nackt und bloß auf längere Zeit in die Sommerfrische gereist sein werde«, mag man sich vorstellen, wie hoch ihre Gesamtbestände an Wäsche sind. Zur selben Zeit müssen in Köln an Säuglinge Papier - windeln ausgegeben werden, und die Reichsbekleidungsstelle er- klärt amtlich, daß die Ncugründung eines Haushalts die Ausstellung von Bezugscheinen auf Bettwäsche, Tisch- und Mundtücher, Handtücher nicht rechtfertige. Es mangelt eben in Deutschland an Leinenwäsche— für alle, die sich nicht rechtzeitig eindecken konnten.
Herlmer„Carneval� . Er beginnt heute, aber ohne Einleitung durch Mummenschanz. Er ist überhaupt nicht im mindesten lustig, sein„Rosenmontag" gleicht dem Aschermittwoch. Er hat denn auch mit dem echten Kar- neval, dem vielgepriesenen Münchener und Kölner , nur den Namen gemein: Csrne vale(Fleisch, lebe wohl!). Denn der Berliner Karneval— das sind- die f l.e i s ch I o s e n Wochen, in die wir nunmehr eintreten. Nachdem man in Bayern vier Wochen lang über die„Bevor- zugung Berlins ".Kopf gestunden hat, dürfen wir unS die ganze kommende Woche dadurch bevorzugt fühlen, daß tatsächlich unsere Fleffchratton vom 18. bis 25. August um das Zchnfachehöher sein, wird als im übrigen Deutschland. (10X0�0!) Leider wird diese„Bevorzugung" selbst unter dem Mikroskop nicht sichtbar. Wir müssen uns halt über den Fortfall der bescheidenen Sonn- tagsportion Fleisch, die uns bisher geblieben war, philosophisch trösten. Wir retchen unserest Lesern anbei zwei philosophische Trost- gründe: 1. Vielleicht werden durch die fleischlosen Wochen in einigen Alldeutschen mehr pslanzenfresserische Instinkte erweckt.(NB. Falls diese sie auch einhalten!) 2. Das Anstehen beim Fleischer fällt nun fort.— Weitere Trostgründe find uns trotz eifrigen Grübelns bis- her nicht eingefallen.
Schauübung des Arbeiter-Samariterbundes. Am gestrigen Sonntag veranstaltete die Kolonne Groß- Berlin des Arbeiter-Samariterbundes unter Leitung ihres Vor- sitzenden Gustav Dietrich eine öffentliche Hebung.' Im Treptower Park hatte, sie neben dem großen Spielplatz ihre Zelte aufgeschlagen, deren Fähnchen mit dem Bundesäbzcichen, dem A. S. B. im weißen Kreuz auf rotem Grund, in dem strammen Wind lustig flatterten. Den Teilnehmern und Teilnehmerinnen des Unterrichtskursus war die Aufgabe gestellt, bei einem Masscnuuglück die erste Hilfe zu leisten. Vom Spielplatz her kam die Ulffallmeldung, und dort mußte die in Gruppen ausschwärmende Kolonne den Verunglückten die ersten Verbände anlegen. Die Uebung zeigte zunächst, wie Not- verbände anzulegen sind, wenn regelrechtes Verbandmaterial zur Hand ist. Nachher wurde der erschwerende Umstand angenommen., daß solches Verbandmaterial fehlt und die Notverbände unter Be- Nutzung von allerlei Ersatzbehelfen ausgeführt werden müssen. Mit- glieder der Kolonne und auch Personen aus der sich ansammelnden Zuschauermenge übernahmen die Rolle der„Verunglückten", und bald sah man ihrer ein halbes Hundert oder mehr auf dem Nasen liegen, ausgerüstet mit Papptäfelchen, die in einer Zeichnung die Stelle und die Art der Verletzung angaben. Unter den flinken und geübten Händen der Samariter entstanden in kürzester Zeit kunst- gerechte Verbände, bei dem einen am Kopf, bei dem anderen an der Brust, bei anderen am Arm, am Bein usw. Als Ersatz für seh- lendes Verbandmaterial diente alles Mögliche, was gerade erreich- bar war, z. B. zum Schienen gebrochener Glieder ein Spazierstock, ein Regenschirm, ein aufgelesener Zweig, der mit Zeitungspapier oder mit Gras umhüllt wurde. Die Verbundenen wurden zum Standplatz der Kolonne geführt, geschleppt, getragen auf den Armen, auf Krankentragen, auf einem Fahrrad. An einem Bewußtlosen, der eine Gasvergiftung erlitten hatte, wurde die Anwendung deS Sauerstoffapparates gezeigt. Einer der Aerzte der Kolonne, Doktor Moses , prüfte und beurteilte die angelegten Verbände. In einer zusammenfassenden Kritik würdigte er die Bundesärbeit,'die in ihrer Bedeutung allmählich auch von den Krankenkassen erkannt werde Und von ihnen nach dem Kriege zu fördern sei,
Die Nickelfalle. Sie schluckt Nickel- und Eisengroschen. Man findet sie in den „Toiletten" der Wirts- und Kaffeehäuser, aus Bahnhöfen, in den Vorhallen der Badeanstalten usw. Besonders in den Badeanstalten. Ich kann nicht daran zweifeln, daß mein Körpergewicht nicht mehr die Höhe erreicht, die jüngst in der Debatte über den Berliner Freßriesen der Professor Zuntz als Mindestsatz für Leute meiner Länge bezeichnet hat. Es fragt sich nur, um wieviele Pfunde ich Himer dem Normalgcwichr zurückbleibe. Darum beschloß ich die Besteigung der Personenwage in der imposanten und sehr zweck- mäßig eingerichteten Neuköllner Badeanstalc. Ich stellte mich auf die dafür bestimmte Platte und steckte einen guterhalteneu Zehner in den Schlitz , Dann starrte ich gespannt auf den Zeiger. Aber der rührte sich nicht. Ich rüttelte mit all den Kräften, die mir die Kriegsernährung gelassen hat, mr den Schultern der Wage. Erfolglos! Ich hopste auf der Trittplatte auf und ab. Vergeblich! Die Kilouhr blieb unverändert und mein Groschen verschwunden. Es hatte sich unterdes eine Schar recht badcbedürfliger Kinder angesammelt, die staunend und belustigt mein Tun beobachtete.„Ick Hab neilich ooch mal'n Jroschen rinjesteckt, da jink det Dink ooch nich," versicherte mir ein kleiner Rtxdorfer, pardon Neuköllner.„Und den Groschen haste nicht wiedergekriegt?"—„Neee, der is nich Wieda vorjckommen."— „Da hättste dich an die Kasse wenden müssen, � wie ich das jetzt tun werde."— An der Kasse wurde ich an den Herrn Inspektor verwiesen, der aber leider gerade Tischzeit hatte. Ich bat die Kassiererin, ihm über das Ereignis und über meine Reklamation Bericht zu erstatten und dann den Groschen bis zu meinem nächsten Besuch zurückzulegen. Als ich eiliche Tage später an der Kasse wieder nachfragte, war die Dame sehr erstaunt, denn „meine" Dame hatte gerade dienstfrei. Weil der zuständige Herr wieder Tischzeit hatte und ich zu anderen Stunden nicht abkömm- lich bin, habe ich den Kampf um den Groschen aufgegeben. Da ich indes einstimmig beschlossen habe, nie wieder eine automatische Wage in Anspruch zu nehmen, wird der Groschen bald dreifach ein- gespart sein._
Gewissenhafte HaWsterkontrolle. Wie gründlich bei der Fahndung auf Hamster manche Beamten verfahren, davon teilt eine Leserin unseres Blattes uns eine Probe mit. Vom Spreewald nach Berlin zurückkehrend, wurde sie während der Fahrt auf der Lübbener Kleinbahn von einem mitfahrenden Gendarmen aufgefordert, sich nach gehamsterten Lebensmitteln durchsuchen zu lassen. Sie mußte ihren kleinen Pompadour öffnen — er ist. wie wir durch Messung feststellten, ganze 24 Zentimeter hoch— und der Beamte prüfte dann den Inhalt. Als sie nur eine unbelegie Stulle vorweisen konnte, verlangte er, daß sie den Pompadour vollständig ausräumte. Erst nachdem er sich überzeugt halte, daß nur noch Portemonnaie,«schlüsiel und Taschentuch darin waren, gab er sich zufrieden. Mehr Erfolg schien ihm bei einer in demselben Abteil sitzenden Frau zu winken, die eine mittelgroße Handtasche bei sich harte. Die Tasche mußte geöffnet werden, und— siehe da!— ein halbes Brot und vier Eier kamen zum Vorschein. Warum sie so viel Brot hätte, fragte mißtrauisch der Gendarm. Die Flau antwortet, sie fahre wegen einer Wohnungsangelegenbeit auf drei Tage nach Berltn, da sei ein halbes Brot samt vier Eiern wohl nicht zu diel. Ob denn die Eier gekocht seien, forschie weiter der Beantte. Sie bejahte das, aber er traute ihr noch nicht recht und wollte auch hier sich selber überzeugen. Indem er ein Ei zum Munde führte, versuchte er anscheinend,, mit seinen Zähnen die Schale emzudrücken. Schließlich beruhigte er sich und gab der Frau das Ei zurück. Daß sein UntersuchungSverfahren besonders appetitlich sei, wird niemand