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Nr. 228 1918

Unterhaltungsblatt des vorwärts

Dienstag, 20. August

Das öeutfthe Nußbaumparaöies. Von der Mosel wird geschrieben: Dem stolzen, breit« geästeren Boumriesen Hai schon ofr der Untergang gedroht Nament­lich feind sind ihm viele Landlcute, die behaupten, das weit- gespreizre mächtige Wurzelwerk des Nußbaumes sauge den Erd- boden auf große Sirecfen aus und lasse kein Pflänzchen in seinem Umkreis gedeihen, während in seinem Schatten alles verdorren müsse. Ganz so schlimm und gefährlich ist der Nußbaum nicht, wenn ihm auch nachgesagt werden muß. daß er seinen nächsten Bodenkreis dicht beschattet und seine dicken Wurzeln weit ab vom Stamm sireben, oft bis in die Kecker hinein, während er selbst an der Landstraße oder in« Wiesengrunde steht. Deswegen aber den Baum- koloß, der vielseitigen Nutzen spendet, zu fällen oder gar stellen- weise auszurotten, wie es leider vor etlichen Jahren in Nußbaum - bewaldeten Gegenden geschah, wäre voreilig, außerdem ein richtiger Naturfrevel. Gewinnsucht ist dem Nußbaum ebenso oir ans Leben, an den Stamm gegangen. Denn das Nußbaumholz ist allezeit ein reger Handelsartikel im Holzgetricbe gewesen und zuj Möbelher- stellung auch viel gesucht und gut bezahlt worden.... Erst der Krieg und die einsetzende Organisation im NahrungS - ntitielverkehr hat die Werte des Walnußbaums und seiner Früchte neu aufgedeckt, so daß er heute sozusagen unter Schutz und Pflege steht. Glücklicherweise! Denn neben seinem wirtschaftlichen Nutzen basten ihn? so viel landschaftliche und poetische Reize an und so viel Naturschönheit. Der Nußbaum braucht lange Zeit, bis er zum stattlichen Baum heranwächst und Früchte trägt. Jahrzehnte müssen erst verstreichen, bis er zu einem Baumriesen wird, der seinem Besitzer zentnerweise Früchte einträgt. Alt wie die dicken Linden und Eichen ist mancher hohe Geselle, zwischen dessen esel- ohrenlangen, blanken, grünen Blättern die eingekapselten Rüfle hängen und zum Herbst als braune Früchte aris ihren dick ge- polsterten Wänden springen.... Große alle Nußbaumwaldungen und Alleen haben die Fluß- gebiete unserer Saar . Ruwer , Sauer und namentlich Mosel . Hier ist das eigentliche deutsche Nußbaumparadies. Hier strömen zu ge- wöhnlichen Zeiten die Nußaufkäufer au« allen Landstrichen, selbst aus dem Auslände zusammen, um die Nußernte ganzer Dorf- gemeinden, Kirchspiele oder einzelner Bauernhöfe aufzukaufen. Jnieressant, lustig, aber auch schwierig ist das Ernten. Mit hohen Leitern muß in den Baum gestiegen werden, um die Zweite rütteln und schütteln zu können i die festsitzenden Nüsse müssen sogar mit Änüttci» losgeschlagen werden. Unten sammelt die Jugend auf und besorgt zugleich das Entschalen. Auf Kähnen wurde oft der Rußreichtum flußwärts geschickt, während die Eisenbahn in Säcken die Beförderung nach allen Himmelsrichtungen besorgte. Einen schönen Batzen nahm der Besitzer'für die Nußernte ein: oft sind die Dorfgemeinden ausschließliche Eigner der riesigen Nußbaumhaine oder-allecn, die ihr Dörfchen einschließen. Ge- pflanzt wurden sie meist an den Landstraßen nach den Flüsien oder Bächen zu, ringS um das Kirchlein oder SchulbauS und auf dem Gemeindeplatz, wo in anderen Gegenden die Dorflinden oder Eichen ihren EhrenkrciS bilden. Als vor etwa einem Jahrhundert in den rheinischen Gegenden große Nußbaumabholzungen vor- genommen worden waren, arbeiteten einsichtsvolle Gemetnderäte dieser unsinnigen Ausrodung entgegen, indem sie jedem Braut- oder Ehepaar vorschrieben, je ein paar Nußbäume an die Dorf- straße zu pflanzen. AuS dieser Zeit stammen viele der schattigen langen Nußbaumalleen, die im Moselland ein Dorf mit dem andern verbinden und die der ganzen Landschaft ihren eigenen Stempel aufdrücken. Aus die Märkte, um die Weihnachtszeit, brachten die Nußbauern körbeweise die leckere Frucht und verkauften für 80 Pf. im Durch- schnitt das Hundert. In den Kriegsjahren ist die Nuß eigentlich vom Markt verschwunden, und wo sie noch zu haben ist, wird sie mit dem Zehnfachen des früheren Preise? bezahlt.... Die Nuß- blätter, getrocknet, liefern einen �uten Tee; sie sind dem Raucher als Kriegsrauchkraut ebenfalls willkommen. B. K. N.

Wenn öle Derta donnert... Was«in richtiger Pariser ist, läßt sich nicht aus der Faffung bringen, wenn die dicke Berta bummert! DaS ist so ungefähr das Leitmotiv, das die französischen Zeitungen seit der wiederaufge­nommenen Beschießung von Paris in allen Tonarten zu variieren Austrag haben. Sie tun das nicht ohne Anmut und ihre Artikel lesen sich sehr nett. Der Mensch freut sich eben, solange er noch mit einem blauen Auge davonkommt.

Meiner Treu," plaudert Atinic de Pene imL.Oeuvre"(vom 7. d. M.),seit drei Wochen hat sie sich nicht mehr hören lassen, man dachte gar nicht mehr an sie." Bumm. Sie an! Da ist sie ja wieder," sagt meine Milchfrau zu einer Vorübergehenden. Und die Frau antwortet im selben, gleichgültigen Ton: Das hört sich ganz so an, als ob es nicht weit von uns ist.. Und oben auf der Leiter putzt das kleine Dienstmädchen ruhig ihre Fensterscheiben weiter. Es ist ja nichts Neues mehr. Weiter unten in der Straße liest eine alte Dame gewisienhaft die Raupen von den Pelargonien auf ihrem Balkon ab. Einen Augenblick hält sie inne, setzt die Brille auf, sieht sich um, nach rechts, nach links, schüttelt schließlich mißbilligend den Kopf und setzt achselzuckend ihre Arbeit fort. Es ist itachmittag. In einem Kaufhaus, in der Bandabteilung, wählt neben mir eine junge Frau seit mehr als fünf Minuten und weiß nicht recht, ob sie für ihre Schuhbänder besser Seide oder Baunuvolle nimmt Sie wählt und verwirft und prüft das Band so angelegentlich, als ob davon ihr ganzes ferneres Leben abhinge. Bumm. Ein leisos Zittern geht durch das HauS, ganz so, als wäre vor der Tür ein Pneumatik geplatzt. Dumm," wiederholt ipöttisch eine kleine Verkäuferin, während die junge Frau besorgt fragt: Sie glauben also ivirklich, daß Seide ebenso gut hält wie Baumwolle?" Und in dem Nachhall der Explosion, der die großen Schau- fenster zu zertrümmern droht, antwortet die Verkäuferin ruhig: Es macht doch einen viel hübscheren Fuß..." Am Abend ging ich zu der Unglücksstelle. Gegenüber ist ein Weinlokal. Di« Tische auf der Terrasse sind wie gewöhnlich ge- deckt, ja, sogar etwas sorgsamer, denn viele der berbeieilenden Neu- gierigen lassen sich durch die nette Aufmachung verführen, den Abend auf der Terrasse unter den dichtbelaubten Bäumen zu ver- bringen. In einer Nebenstraße hatte der durch die Explosion entstandene Luftdruck einer Portierfrau den Besen entführt, während sie sich plaudernd auf ihn stützte. Ah, sieh einer an," rief sie,der Besen hat Angst!" In einem anderen Viertel, in dem die Granaten gern ein- schlagen, habe ich zufällig daS Granatloch sofort nach dem Ein- schlag gesehen. Nur eine feingeputzte, kleine Näherin ist zur Erde geworfen worden. Ein Stückchen Finger ist ihr weggerissen. Ueber- rascht richtet sie sich auf. O, wie dumm, wie dumml" wiederholt sie nur immer,wie dumm, daß ich die? fugen zugemacht habe! Aber ich wußte ja gar nicht, wie mir geschah. Ich hätte doch zu gerne gesehen..." Ich versuche, sie fortzuziehen. Aber starrköpfig antwortet sie:Nein, nein, erst muß ich mir das hier ansehen." Aber eZ ist ja gar nichts mehr zu sehen, es ist ja alles vorbei." Da entschließt sie sich endlich, mir zu folgen. Im Gehen fragt sie mich plötzlich träumerisch, wieviel die Deutschen wohl jeder Schuß kosten mag. .Dreißigtausend!" wirft ihr ein Autokutscher, der ihre Frage gehört hat. statt meiner zu. Drcißigtausend Franken?" fragt daS kindliche. Geschöpf mit weitaufgerisscnen Augen.Dreitzigtausend Franken geben sie aus für meine Fingerspitze! Wenn die Zeitungen nett sind, bringen sie mein Bild.._ Diamanten aus Zucker. Wenn der Zuckerpreis jetzt an die märchenhaften Preise eines Diamanten erinnern kann, so ist das vielleicht nicht so ganz unbe- rechtigt, als der entrüstete Sterbliche glaubt. Denn tatsächlich hat man schon Diamanten aus ihm hergestellt. Der komplizierte Vor- gang, der freilich nur im Laboratorium auszuführen ist, wird auf folgende Weife geschildert: Man läßt Kristallzucker verkohlen und reinigt diese Kohle dann auf chemischem Wege. Dann wird ein Zylinder aus weichem Eisen mit der Masse angefüllt, die man nach Möglichkeit in ihm zusam- menpreßt und mit einem Eisenstöpsel von der Lust abschließt Wäh- renddessen werden im elektrischen Ofen Ibl) 200 Gramm weiches Eisen in einem Tiegel in»inigen Minuten geschmolzen, was frei- lich eine Hitze von 3000 Grad Celsius voraussetzt. Der vorbereitete Zylinder kommt nun in das flüssige Bad, welches ihn völlig be- decken muß. Gleichzeitig wird der Tiegel herausgehoben und samt Inhalt in kaltes Wasser gestellt. Infolge der Ilbkühlung erstarrt

sehr bald die äußerste Wand des Zylinders, während der Kern flüssig bleibt. Sobald die ganze Metallkrustr in dunkle Rotglut übergeht, entfernt man den Tiegel aus dem Wasser und läßt ihn langsam an der Luft abkühlen. Diese ganze Prozedur bewirkt, daß auf die Kohlenmenge im Innern des Zylinders cm außerordentlich hoher Druck ausgeübt wird, weil das Eisen die Eigenschaft besitzt, sich beim Erkalten sehr stark auszudehnen. DaS Innere des Zy- linderS wird aber durch die schnell-gebildete äußere Kruste begreif­licherweise an dieser Ausdehnung gehindert, was eben den Druck veranlaßt. Ist der ganze Tiegel völlig erkaltet, wird das Metall durch Salzsäure gelöst. Der aus Kohle bestehende Rückstand erhält nacheliiandcr eine Behandlung mit Flußsäure, konzentrierter Schwefelsäure und zuletzt chlorsaurcm Kali und Salpetersäure. Da- durch wird der formlose Kohlenstoff und der Graphit ausgeschieden. Als letzter Rest zeigen sich kleine schwarze, oder durchsichtige Kristalle. Bei Prüfung ihrer Eigenschaften hat sich heranSgestellt, daß es tat- sächlich eine Art Diamanten sind. Sie haben sein spezifisches Ge- wicht, lassen sich wie et zu Kohlensäure verbrennen, ritzen Rubin und schneiden Glas. In Anbetracht dieser letzteren Eigenschaft wäre zu wünschen, daß das hier beschriebene und zuerst von Moisson gemachte Experi- nme tpraktisch benutzt würde. Denn bei dem heutigen abnormen Preis aller Edelsteine ist siir den Handwerker die Beschaffung des einzigen für die Technik wirklich unentbehrlichen Edelsteins beinahe ebenso schwierig und kostspielig wie die von markenfreiem Zucker.

»kaiserplatz 3, eine Treppe'". (Theater der Friedrichstndtj. Es ist wohl gerade deshalb einlustiges Stück", weil seine Verfasser Engel- v. Kälber die Grundlage dazu einem der erfolg- reichsten Schwänke Karl Laufs verdanken. Daß also eine besonder« neue, eine besonders anspruchsvolle Idee ausgemünzt wurde, kann nicht schlankweg behauptet werden. Aber wirksam gemacht ist die Handlung ohne Frage, und deshalb wird sich daran ein Publikum, das nichts als angenehm unterhalten sein will, ergötzen. Zwei zu allerhand Ulk aufgelegte Studeuken, eine Operettistin, ein Arno Holz parodierender Neutöner". sowie zwei Rentnerfamilien eine provinzliche und eine berlinerische sind die Rollcniräger, Die Musik dazu hat Leo Schottländer gegeben, Ist sie auch nicht besonders original, so ist sie doch dankbar geraten. Sang- barkeit toll ihr beileibe nicht abgesprochen sein, Gesellt sich hierzu eine sowohl stimmvermögliche als zu prickelnd gespaßigem Spiel veranlagte Kumpanei von Mitwirkenden und gleich ist der Erfolg da._ aA. Notizen. > DaS Ballett de» Warschauer Großen Thea- ter's wird am 24, im Palast-Theater ein Gastspiel cröffneu. Das Ballett des bisherigen Kaiserlichen Theaters kannte man bei uns vordem nur durch einige seiner Zöglinge, wie Pawlowa, die Kar- saroina und einige seiner Sterne. Als Ganzes erscheint das War- schauer Ballett zum erstenmal bei uns. Kriegsgewinnler im Dreißigjährigen Kriege. Ueber diese edle Zunft und ihr Wirken vor 300 Jahren berichtetUeber Land und Meer": Gras Hohenlohe erbeutete in schwebischen Diensten 117 000 Taler, während der Feldmarschall Königsmarck seinen Erben eine Jahresrente von 130 000 Talern hinterlassen konnte. Graf Johann Aldringer, ursprünglich ein Be- dienier, legte nach der Plünderung MantuaS 800 000 Kranen in die Banken Venedigs ! der Reichsgraf Peter Holzappel, ein hessischer Bauernbube,, raffte anderthalb Millionen Taler zusammen. Eine besonders beliebte Spekulation war es damals auch, seine Güter zu verkaufen und das Geld in Gründung von Regimentern an- zulegen. Schrieb dock, auch bereits 1629 Erzberzog Leopold don Tirol an den Kaiser, es gebe jetzt nur zuviel Offiziere, die blutarm zur Trupps gekommen und jetzt 300 000 WS 400 000 Gulden bares Geld besäßen. Die rotblinde Fliege. Nach einer Beobachtung, über die E, Wasmann imBiologischen Zentralblatt" berichtet, ist die kleine Stubenfliege völlig rotblind. In einem Dunkelzimmer. das von einer dunklen Rubinglasbirne erhellt wurde, konnten die Fliegen den sich nähernden Finger des Beobachters oder desser Schatten nie bemerken, sondern ließen sich zerdrücken. Wenn da- gegen eine elektrische Birne schwache« weißes Licht auch in 6 Metern Entfernung ausstrahlte und sogar wenn die Birne verhängt war, flogen die Fliegen vor dem Finger jedesmal fort. Während die Fliege also völlig rotblind ist, ist sie für weißes Licht auffallend empfindlich.

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Ms . Das gelobte Lanü.

Roman von W. St. R e y m o n t. Ach so steht's I Ich gratuliere dir. gratuliere I" flüsterte er langsam, und ein bissiges, böses Lächeln umspielte seine schmalen Lippen. Mit einer nachlässigen Beivcgung fuhr er sich durch das schwarze, lockige Haar, drehte seinen kleinen Schnurrbart und stand auf; über sein zartes, ausgeprägt semitisches Gesicht fiel der Schatten einer leichten Gereiztheit. Er drehte sich um und ging, ohne noch ein Wort zu sagen. Bernhard!" rief sie ihm schnell nach. Ich komm' gleich wieder," sagte er und wandte sich zu ihr um. Sein Gesicht war schon ruhig, und das gewohnte verächtliche Lächeln lag um seinen Mund. Mela beachtete seine Gereiztheit nicht, denn das,'was er gesagt hatte, umhüllte ihr Herz mit einer eigentümlichen. wonnigen Wärme. Sie saß mit gesenkten Augen, den starken Dust der Hha- zinthen einatmend, und flüsterte, von großer Freude und Glück berauscht: Es ist also doch wahr?" L-utes Beifallsklatschen, das die Vortragenden über- schüttete, unterbrach ihre Freude. Drös j»li, rnon eller Bernhard!" schrie immernoch Frau Kohn und wischte sich die tränenden Augen und das fett- triefende Gesicht. Die Herrschaften sollen sitzen bleiben, bitte sehr, was?" rief mit erhobener Stimme Endelmann. Im selben Augenblick schoben die Lakaien die Staffelei zum Fenster, so daß das Licht darauf fiel, und entfernten auf ein Zeichen von Frau Endelmaun die Hüllen. Bitte sehr, meine Herrschaften, zum Bild! Zum neuen Kunstwerk! Bitte eS sich anzusehen." Alle versnmmelten sich vor der mit einem Lorbeerkranz umwundenen Leinwand, aus der sich eine Mceresszene her- aushob. Es war ein Bild von Kray . Nymphen ruhten auf einem Felsen, der aus den blauen, stillen Wassern einer süd- lichen Bucht hcrvortauchte, von Mandel- und Magnolien- bäumen beugten sich große, mit rotem Haar bewachsene Zentaurenkörper herab! ihre Gesichter leuchteten vor Gier. Ueber der ganzen Landschaft lag die große, süße Stille eines glühende« Tags, übersättigt vom Duft der Blumen,

dem Rauschen des Meeres und den Farben des türkisblauen Himmels, der sich über die große Meeresfläche ergoß und im Hintergrund mit dem Meer zusammenfloß. Warum haben die keine Kleider?" Weil's ihnen heiß ist." »Wie wollen Sie denn, Herr Großglück, daß sie baden!" Das ist eine mythologische Szene, Herr Großglück." Das ist vor allem eine nackte Szene." Ein wunderbares Bild, prachtvoll!" riefen die Damen. Nu, und wo liegen ihre Kleider, warum, ich frage, sind die Kleider nicht drauf gemalt; das ist ein Pfuscher, dieser Maler." Herr Kohn, wenn Kray ein Pfuscher wäre, dann hinge sein Bild nicht bei mir, verstehen Sie," sagte Frau Endel- mann erhaben und mitleidsvoll. Ach, mein Mann, der versteht daS nicht, er versteht nur was von Barchent, " entschuldigte ihn Frau Kohn so innig, daß viele mit einem Lachen herausplatzten. Wie ist das schön! Wie echt sieht das Meer auS, grab' so einS haben wir vor unserer Villa in Genua ." Aber sehen Sie nur her, meine Herrschaften, daS Meer, das hört man ja fast, oh! Und diese" Blumen, sind ja so schön wie richtig gemachte, und die riechen auch echt," flüsterte Frau Endelmann, die bemüht war, die Aufmerksamkeit aller auf das Bild zu lenken. Verschiedene waren nämlich schon weggetreten. Die Farbe riecht man," sagte Knaabe, sich über das Bild beugend. Ach j«. sehen Sie, meine Herrschaften, ich habe das Bild firnissen lassen." Dadurch haben die Farben ihre Frische verloren und sind dunkel geworden, unfl eann glänzt ja diese Firnisschicht so, daß es schwer ist. waS hindurchzusehen," erklärte ihr mit leiser Stimme Frau Trawinska. die etwas von Malerei verstand. Ich habe es gern, daß es glänzt! Es ist mir ganz gleich, ob's'no Landschaft, ein Stilleben, ein mythologisches oder historisches Bild ist kaufe alles, wir können's uns leisten, aber ich liebe es, daß meine Bilder glänzen! Das sieht anständiger aus!" entschuldigte sie sich laut und so aufrichtig, daß Nina ihr Gesicht mit dem Fächer verdecken mußte, um ihr Lachen zu verbergen. Bernhard. Hab' ich etwa nicht recht?" Vollständig recht Das erhöht den Wert des Bildes. Welche anständige Hausfrau duldet Töpfe in der Küche, die mcht gereinigt sind und nicht glänzen?"

Mwn chöri, du lachst mich aus. Ich gestehe es offen ein, daß ich es gern habe, wenn alles anständig, neu aus­schaut.. Ich weiß es, deshalb hast du ja auch die alten Waffen und die chinesischen Bronzestguren mit Putzpaste reinigen lasse?.." Rosa lachte bei diesen Erklärungen laut auf, und rief, um es zu verbergen: Ich werde meinen Vater auch bedingen." Sie ging auch gleich ins Büfett, wo Schaja mit Müller saß und bat ihn, er möchte mitkommen. Was soll ich mit dieser Schaustellung! Ich fühle mich hier wohl mit Herrn Müller. Ich kenne das Meer. Was ist denn da dabei? Ein Vissel größerer Teich wie mein Teich, den ich auf meinen Gütern habe anlegen lassen. Kipp- mann, ich werde dich mal auf meine Güter einladen. Er wandte sich zu seinem alten Freund, der am Büfett saß. Wie hat Ihnen denn meine Schwägerin gefallen, Herr Borowiecki?" fragte Bernhard. Immerhin, eine außergewöhnliche Frau. Sie kauft Bilder, legt sich eine Sammlung an." Um mit ihr zu protzen. In ihrer Einbildung erhebt diese Galerie ssie über die ordinäre, finstere.Masse der Millionen. Bei ihr ist es nicht die Frage eines Bedürfnisses, einer Liebhaberei, eine Frage der Kunst, bloß eine Frage des Ehrgeizes." Die Motive sind ja gleichgültig, was. sie auch dazu treiben mag. jedenfalls hat sie eine beträchtliche Zahl von wirklichen Kunstwerken gesammelt." Ja, da hat meine Schwägerin ein System. Wenn ihr ein Bild gefällt, dann geht sie erst lange um das betreffende Bild herum, forscht Fachleute nach dessen Wert aus und fängt erst dann mit Ausdauer zu handeln an, wenn sie weiß, daß sie beim Ankauf nichts verliert." Kommen Sie ins Hotel? Kurolvski soll heute da sein." Ich komme hin, schon beinahe zwei Monate habe ich ihn ja nicht mehr gesehen." Entschuldigen Sie mich bitte bei Ihrem Bruder und Ihrer Schwägerin. Ich muß nämlich sofort weg." Er drückte ihm die Hand und ging unbemerkt hinaus. In Dämmerung war schon die ganze Stadt gehüllt, die brennenden Laternen und die Auslagen, als Borowiecki die Piotrkowerstraße betrat. In der frischen Luft atmete er erleichtert auf. (Forts, folgt.;