Nr. 229-1918
Unterhaltungsblatt des Vorwärts
mit
Mittwoch, 21. August
Der Gedanke des Völkerbundes in der Stentong Bobebrab bon Böhmen 1462 hervortrat. boltstümlichen Breisen vermitteln sollen. Das erste diefer Konzerte
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ebenso wenig einen dauernden Erfolg, wie der kühne Plan zur stellt, und zwar mit Sinfonie- Konzerten, die an Sonn- und FeierGründung eines europäischen Friedensreiches, dem ber tags- Nachmittagen Werke klassischer und moderner Komponisten zu Suffitenkönig ganz Sein Projekt trägt zum erstenmal einen weltlichen hat am Sonntag stattgefunden. 8wei Sinfonien von Franz Schubert , Charakter, indem der Papst dabei ausgeschaltet wird. Die deren Entstehung in das letzte Jahr feines allzufrüh beschlossenen Herrscher Europas sollen zu allgemeinen Fürsten - Lebens fällt, umrahmten brei gleichfalls um jene Zeit geschaffene bund zusammentreten, der bie Vertreibung ber Türken Lieber. Diese man begegnet ihnen nicht allzuoft waren: Der Gedanke von der Begründung eines Völkerbundes, durch und bie Herstellung eines dauernden Friedens zur Auf Der Jüngling und der Lob"," Der Wanderer an den Mond" und den neue Weltkriege nach Möglichkeit ausgeschlossen werden sollen, gabe hat. Jeder Krieg unter den Verbündeten ist verboten; ein Die Almacht. Die Ausführung dieses Programms voll ist während der gegenwärtigen Katastrophe der Menschheit immer juristisches Barlament entscheidet Streitfragen zwischen den Völlern fostbarster Edelsteine beansprucht höchste Künstlerschaft. Das lauter ausgesprochen worden. Zunächst waren es die Neutralen, auf friedlichem Wege, und neben ihm steht ein Bundesrat, der die erheblich berſtärkte Theater Drchester wird geleitet bon die für diese Idee eintraten, die damals noch nicht am Krieg be- Leitung der politischen Beziehungen besorgen foll. Ein ähnliches feinem ständigen Kapellmeister Eduard Künnede. teiligten Amerikaner, zu eren Wortführer sich Wilson machte, dann Biel verfolgt der berühmte Entwurf einer christlichen Republit", gemein feinfühliger Dirigent offenbarte fich da. auch besonders die Schweizer , deren Bundespräsident Calonder ein der von Heinrich IV. von Frankreich ausging. Er wollte, aller vollendete H- moll- Sinfonie haben wir ja von der hiesigen und der eifriger Vorfämpfer des Gedankens ist. Auch in England bat jetzt bings auf der Spize des Schwertes, Europa den ewigen Frieden unvergleichlichen Wiener Softapelle gehört. Höher gehts wohl nicht. bie Bölkerbundsidee, für die sich besonders Lord Bryce begeisterte, bringen, indem er die ihm verbündeten Staaten zu einer einbeit Dennoch was Künnecke, zumal in der herrlichen C- dur- Sinfonie in jüngster Beit zahlreiche Anhänger gefunden, so daß namhafte lichen Macht zusammenschließen wollte, um durch diese die übrige auwege brachte, barf als starte fünstlerische Vortragsleistung an Führer der verschiedenen politischen Parteien, Lord Greh und Welt zu erobern und zu einer„ christlichen Republik " zu vereinigen. gefprochen werden. Er birigierte auswendig mit bewundernswerter Henderson, mit Schriften über dies Problem auftraten. In Heinrichs Plan ist dadurch bedeutsam, daß bei ihm zum erstenmal nachschöpferischer Selbständigkeit und mit einer den kolossalen AusDeutschland ist der Gedanke zuerst von Bethmann Hollweg bas Nationalitätenprinzip bewußt ausgesprochen wird. magen, sowie namentlich der glanzvollen, farbengesättigten Infreudig begrüßt worden, denn er steht uns ja besonders Jedes Mitglied des Bölkerbundes soll seine nationalen Rechte be- ftrumentierung des Werkes nachspürenden Eindringlichkeit, bie für nabe, ba er bon Deutschen schon früher leidenschaftlich wahren. iwirkliches Vertrautsein geugt. Auch am Klavier bewährte sich Künnede als distreter Begleiter der von Angelika Rummel mit ausbrudsreicher Altstimme und ehrlicher Empfindung vorgetragenen Gefänge.
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befürwortet wurde. In dem unruhigen Chaos der Geister, das der Krieg hervorgerufen, ist die Frage freilich noch viel umstritten. Während man bei uns nicht selten der Auffassung begegnet, der Völkerbund der Verbandsvölker habe die Knebelung und Aus schließung Deutschlands zum Ziel, behaupten wieder konservative englische Blätter ,, wie die Morning Post", die Idee sei nichts anderes als eine deutsche Falle", vor der man sich im angelfächfi schen Lager sehr in acht nehmen müsse. Die Zukunft wird lehren, ob diese aus der Not des Weltkrieges geborene Bewegung wirklich zur Schöpfung einer„ Liga der Nationen" führen wird. So wenig bisher eine praktische Verwirklichung gelungen, so ist doch der Gebanke uralt, ist seit langem ein Allgemeingut der Kulturmenschheit, und eine Wanderung durch die Ideengeschichte der alten und neuen Welt beweist, daß der Wölferbund hochfliegenden Geistern und unter der Last der Kriege ſtöhnenden Völkern stets als ein glückverheißendes Jdeal auf ihrem Leidenswege vorangeleuchtet hat.
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Nach diesem guten Beginn darf man sich von diesem Musikunternehmen jedenfalls einen gebeihlichen Fortgang versprechen.
Die schöne Hand der Arbeiterin.
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Die realpolitische und nationale Grundlage im Plan Heinrichs IV. bildet den Ausgangspunkt für die bedeutenden Völlerbundstheorien, die im Laufe des 18. Jahrhunderts hervortraten. Das Zeitalter der Aufklärung, das den Krieg als etwas Unvernünftiges durch Ver nunftsmaßregeln aus der Welt schaffen wollte, hat den Wölferbund zu ihrer Lieblingsidee erhoben. Das größte Aufieben rief der Entwurf des Abbé von Saint- Pierre hervor, dessen im Jahre 1713 veröffentlichter Vorschlag zur Gründung eines Staatenverbandes direkt an" Heinrich den Großen" anknüpft. Der Bund soll in erster Linie die christlichen Staaten umfassen, doch denkt der Abbé Mit Neid wird vielleicht manche auf ihre Schönheit eitle Frau, auch daran, einen Versuch mit mit einem afiatischen Staaten die auf die Pflege ihrer Hände alle besonderen Mittel verwendet, die verband zur Wahrung des gegenseitigen Befizes zu machen. Die Belehrung empfangen, daß es ihr troy allem schwer fallen wird, Hauptgrundsäge sind die folgenden: 1. Zwischen den zu dem Bund mit einfachen Arbeiterinnen in diesem Bunft in erfolgreichen Wettgehörenden Fürsten besteht ein ewiges Bündnis. 2. Jeder Wer. bewerb zu treten. Es gibt nämlich eine Handarbeit, die scheinbar Bündete steuert im Verhältnis zu seinen Einfünften zu den gemein- ohne Wissen und Willen ihres Vollbringers eine verblüffende Schönfamen Aufgaben ber grande alliance zu. 3. Die Verbündeten ver- heit der Hände ausbildet. Diese Entdeckung hat Prof. Wetekamp, Schon im Klassischen Altertum gab es unter den griechischen zichten für sich und ihre Nachfolger auf immer auf den Weg der der darüber in der Wochenschrift„ Umschau" berichtet, in einer Stämmen eine Art Völkerbund; es waren die schon in alter Zeit Waffen und entscheiden ihre Streitigkeiten durch Vermittlung. großen Etahlfedernfabrik gemacht. Ihm fiel dort nicht nur die geftifteten Amphittyonen, Vertragsgenossenschaften der einzelnen 4. Gegen jeden Abtrünnigen geht der Bund mit den Waffen vor ingerfertigkeit der Arbeiterinnen an den Maschinen auf, die eine Nachbarstämme, die später zum heiligen Gottesfriedensbunde aller und zwingt ihn zur Anerkennung der Bundesgefeße. 5. Die Verfolgung mit dem Auge überhaupt nicht mehr gestattet, sondern berer erhoben wurden, die die Götter des alten Hellas auf ein und Verbündeten unterhalten einen bauernden auch die außerordentliche Schönheit fast aller Hände, die er dort Ausschuß bon an der Arbeit sah. Er schloß sogleich, daß es damit eine besondere denselben Kultstätten verehrten. Freilich war das eine durchaus Bevollmächtigten, bie bie Interessen des Bundes wahren Bewandtnis haben müsse, da er noch niemals so viele vollendet nationale Einrichtung, die nur das griechische Stammesbewußtsein und vertreten. ats Fortsetzer St. Pierres ist Rousseau schöne Sände beieinander gesehen hatte. Ohne Zweifel liegt hier ber feine Ideen über einen allgemeinen Staatenbund in einer nicht erhaltenen Schrift niedergelegt hat. ein Einfluß der Berufstätigkeit vor, für die überhaupt nur sehr geRousseau erhoffte den Frieden und das Glück der Menschheit von schickte Hände brauchbar sind, die dann wohl durch die fortgefeßte gemeinsam den nach Macht strebenden großen Staaten einen gesprüchen nicht zu genügen vermag, scheidet eben aus, und dadurch einem Busammenschluß der fleinen Staaten, die ebung ohne Bedarf eines Kraftaufwands immer weiter in gesteigerter Schönheit ausgebildet werden. Wer von Natur den Annügenden Widerstand entgegensezen würden. In denselben Ge vollzieht sich eine Auslese, in der nur die feinsten Hände bestehen. dankengängen bewegen sich die Entwürfe und Pläne anderer Diese Beobachtung hat auch ihre praktische Seite, da es möglich sein Theoretiker der Aufklärungszeit. Den Höhepunkt dieser ganzen müßte, die Auswahl der Arbeiterinnen von vornherein nach einer Gedankenentwickelung bildet Kant, der in seinem Buch Bum Prüfung der Hände zu bewerkstelligen. Prof. Wetekamp verweist ewigen Frieden" die Einrichtung eines Völkerstaates fordert, der auch auf den Grund, warum das Klavier- oder Geigenspiel nicht zuletzt alle Völker der Erde in einer Weltrepublik umfassen foll. zu dem gleichen Erfolge führt, wie insbesondere die Hände beDiese hochfliegenden Gedanken eines den ewigen Frieden rühmter Klavierspieler beweisen. Hauptsächlich dürfte da die erbringenden Bölkerbundes, die das Ende des 18. Jahrhunderts verforderliche Spannfähigkeit der Hände einen unvorteilhaften Zwang lärten, fanden zu Anfang des 19. Jahrhunderts eine teilweise Ver- ausüben. wirklichung in der heiligen Allianz", der allmählich alle europäischen Staaten mit Ausnahme Englands beitraten. Die feierliche Erklärung der Großmächte über ihre Gemeinsamkeit in - Die Boltsbühne eröffnet unter der Leitung Kaybem Streben nach Aufrechterhaltung des Friedens führte einen ganz neuen Grundsatz in das öffentliche Leben Europas ein. Ders am 4. September die neue Spielzeit mit Immermanns Doch stand schon bamals England abseits, und Merlin", der damit zum erstenmal auf die Bühne gelangt. Den England ist auch die kurze Herrlichkeit dieses Völkerbundes Merlin spielt Friedrich Kahßler, den Satan Ernst Stahl- Nachbaur. untergraben und zerstört worden. Die Jdee freilich ging nicht unter, Die Meisterwerke der Casseler Galerie in sondern sie fand immer neue Vertreter und Vorfämpfer. Renan Petersburg. Wie verlautet, sollen in dem jest endgültig mit trat unmittelbar nach dem Tage von Sedan für einen Zusammen- Rußland abgeschloffenen Vertrage auch die fostbaren Gemälde nach schluß der europäischen Staaten ein. Noch weiter gingen die Vor- Cassel zurüdgegeben werden, die vor mehr als 100 Jahren von dort schläge des berühmten Völkerrechtslehrers Bluntschli, der einen„ Welt- geraubt wurden und dann in den Besit des Kaisers von Rußland verfassungsstaat" forderte, und das Jdealbild der Vereinigten famen. Diese Meisterwerke bilden seitdem eine Hauptzierde der Staaten von Europa " hat die internationale Friedens- und Freiheits- Petersburger Eremitage. Es sind vorzügliche Arbeiten der größten liga auf ihre Fahne geschrieben.
beben konnte und die nicht hinderte, daß diefes leidenschaftliche Volt zu betrachten, sich doch in Bürgerkämpfen zerfleischte. Die Möglichkeit eines inter nationalen Völkerbundes war erst im römischen Kaiserreich schluß aller Völker nabelegte. Der im dritten Jahrhundert n. Chr. gegeben, als die weltbeherrschende Macht der Kaiser einen Busammenregierende Kaifer Probus hat durch einen Völkerbund den ewigen Frieden herbeiführen wollen und befohlen: eine Waffen sollen mehr auf Erden geschmiedet werden, die Völker keine Striegssteuern mehr tragen!" Doch fein Plan zerschellte an der Kriegsluft seiner Regionen, und so lebte sein wollen nur als ein schattenhafter Traum fort. Die Jdee einer internationalen Böllergemeinschaft in einer Universalmonarchie wurde im Mittelalter aufrechterhalten. In der christlichen Weltanschauuna erscheint ein harmonischer Bund aller Völker, an deffen Spize bald der Bapst und bald der Kaiser gestellt wird, wie die alles überwölbende und bekrönende Kuppel des ganzen Gesellschaftsbaues. Am schönsten und Klarsten ist der Gedanke bes Weltfriedensstaates bon Dante in seinem Buch über die Monarchie ausgesprochen worden. Dieses Ideal eines geistlich- weltlichen Universalstaates, der von einer Berfönlichkeit beherrscht ist, wird dann allmählich immer mehr abge. Tehnt, je stärker das Nationalbewußtsein in der Renaissance hervor. tritt und je mehr das religiöse Gefühl feine alleinige Geltung ber Tiert. Der legte Brediger des mittelalterlichen Weltstaates, der Scholaftiter Bierre Dubois, der um die Wende des 18. und 14. Jahrhunderts König Philipp dem Schönen den großzügigen Entwurf eines internationalen Staatenbundes vorlegte, fucht bereits an Stelle des Deutschen Kaisers die Oberherrschaft in dieser Völker gemeinschaft dem französischen Könige zu sichern. Im Zeitalter der Kreuzzüge hatten die deutschen Staiser auf
praktische Weise versucht, ihrem durch ewige Febben zerrissenen Lande und dann der Welt überhaupt einen dauernden Frieden zu fichern. Kaiser Heinrich II. versuchte den Bapst und den franzöfifchen Nachbarn vergeblich zu einem Friedensbunde zu bewegen; Heinrich IV. gebot zu Weihnachten 1102, als er die Fahrt nach dem Heiligen Land gelobte, zugleich einen allgemeinen Landfrieden, der alle christlichen Völfer umfassen sollte. Diese praktischen Versuche hatten
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Lodz. Das gelobte Land.
Roman von W. St. Reymont . Absichtlich verließ er die Endelmannsche Wohnung nicht gleich nach Frau Lidert, um feinen Anlaß zu Bemerkungen und neuem Klatsch zu geben, der sie schon lang genug herumgezerrt hatte.
Er hatte sich höllisch gelangweilt; was ging ihn die Gesellschaft an, die Vorträge, das neue Bild? Er war noch von dem sonderbaren Gespräch mit Emma und von ihren letzten Worten ganz betäubt.
Er konnte feinen eigenen Zustand gar nicht verstehen, denn noch nie hatte er sich so aufgeregt und sich so peinlich berührt gefühlt.
,, Sie verachtet mich und haßt mich!" dachte er, und diese Verachtung und der Haß schmerzten ihn immer tiefer. XII.
Auf dem Bürgersteig, vor der Tür seiner Wohnung, erwartete ihn eine Frau mit vier Kindern, dieselbe, die sich schon lange bei. Buchholz um die Entschädigung für den Tod ihres Mannes bemühte.
Neue Sinfonie- Konzerte.
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Notizen.
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Meister darunter: an erster Stelle die Große Kreuzabnahme" Rembrandts , die berühmte Folge der Vier Tageszeiben" von Claude Lorrain , die Farm und die Szenen aus dem Leben eines Jägers" des Tiermalers Paul Potter , die Wachtstube" und das" Doelenstück" von Toniers, eine der schönsten Amsterdamer Ansichten von b. d. Heyden, sodann ein MeisterRunmehr hat sich auch die Leitung des Friedrich- Wilhelm wert der italienischen Kunst, die Heilige Familie" von Andrea städtischen Theaters in den Dienst einer höheren Mufitpflege gebel Sarto.
( Im Friedrich- Wilhelmstädtischen Theater.)
Kommt also Montag, wie ich's Euch gesagt habe," sprach| meine Frau nach England zu meiner Familie. Ach, wie schön er und ging in die Wohnung. Durch Matthias ließ er ihr sie heut in der Stirche war!" rief er. einen Rubel geben.
May lag, mit der Pfeife zwischen den Zähnen, auf der Ottomane und neben ihm saß Murray, schwarz gekleidet, mit sehr gerührtem Gesicht, und blickte süß in seinen Hut, den er in der Hand hielt.
Seine Kiefer liefen heut schneller wie gewöhnlich, er kaute ständig und schubfte seinen Buckel so oft vor, daß der Rock ihm bis auf den Nacken rutschte. Start nickte ihnen mit dem Kopf zu und ging in sein
Simmer.
richtete die Blumen in den Vasen, blickte lange auf eine Die Papiere auf dem Schreibtisch brachte er in Ordnung, Photographie Anfas, öffnete einen Brief, las ihn aber nicht, legte ihn betseite und begann auf und ab zu gehen, setzte sich auf alle Stühle, blickte durchs Fenster.
Wie ein Mensch, der direkt ins Herz getroffen wird und sich über feinen eigenen Zustand keine Rechenschaft ablegen tann und nach allen Seiten schwankt, suchte er unbewußt, sein Gleichgewicht wieder zu bekommen und sich mit seinen Gedanken an irgend etwas zu klammern.
Er konnte die nagende Erinnerung an Emmas Worte nicht los werden. Gnädiger Herr! Mit einet demütigsten Bitte komm' ich in den schwindenden Tag, der mit dem letzten Schein der Endlich setzte er sich ans Fenster und starrte gedankenlos da," flehte sie und warf sich ihm zu Füßen. Abendröte über der Stadt verlosch.
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Was wollt Ihr?" fragte er schroff.
,, Von wegen dem, daß der gnädige Herr mir versprochen haben, daß die Fabrit mir zahlen wird, von wegen, daß die Maschine meinen Alten auseinandergerissen hat."
Er ließ die Lampen nicht anstecken, saß im Dunkeln und horchte auf das Rauschen der einschlafenden Straße. Baums Stimme flang selten herüber, dafür aber hörte Ach, Ihr seid die Michalat?" fragte er freundlicher und er immer deutlicher das gedämpfte, dumpfe Flüstern des blidte auf ihre geröteten Augen und das abgezehrte, vom Engländers: Elend zerfressene Gesicht." 8weihundert Rubel sollt Ihr ,, Was wollen Sie! Ein Hund gewöhnt sich an seine friegen. Ihr müßt also zu Herrn Bauer gehn, der zahlt's eigene Hütte. Wissen Sie, wenn ich bei Smolinskis bin, dann erfaßt mich so eine sonderbare Wärme, so eine Ruhe, so gut Euch aus. Er hat die Sache unter sich." ist's mir da, hell und lustig, daß ich dann angstvoll daran denke, daß ich wieder in meine Wohnung zurück muß, zu den leeren Wänden und in die finsteren, kahlen Räume. Das Junggesellentum ist mir schon so efelhaft geworden, daß ich heute grade beschlossen habe, mich..."
" Ich war ja schon heut bei ihm, aber diese Best, der hat mich die Treppe runtergeschmissen und durch den Lakai sagen Tassen, daß er mich ins Striminal stedt, wenn ich ihn so überLaufe, wenn er seinen Feiertag hat. Berreden soll er, der Hund, um uns arme, elende Waisen!"
Kommt Montag ins Kontor des Herrn Buchholz, dann werdet Ihr ausbezahlt. Wartet noch diesen einen Tag."
Leise begann sie zu weinen und blickte ihm mit einer berzweiflungsvollen Ratlosigkeit in die Augen.
„ Zu erklären... Das wievieltemal ist es eigentlich schon?" brummte Mar.
" Ja, ich werde mich erklären, gleich nach Ostern wird die Hochzeit stattfinden, im Juni nehme ich Urlaub und bringe!
Wer ist es denn, die Erkorene?" " Ste erfahren's morgen."
„ Eine Deutsche ? Eine Jüdin, eine Polin?" forschte Max neugierig.
Eine Bolin."
Wenn sie katholisch ist, dann wird sie Sie doch nicht heiraten, die halten an ihrer Religion mit dem Eigensinn
Trunkener."
Schad' nichts, ich muß Ihnen im geheimen verraten, daß ich, sobald sie meine Braut wird, zum Katholizismus ligion ist doch die Liebe." übertreten werde. Mir ist das ja gleich, meine einzige Re
Borowiecki unterbrach ihr Gespräch. Kommst du zu Kurowski, Mar?" " Ja. Gehst du schon?" " Ja. Auf Wiedersehn, Murray!" " Ich komm' mit Ihnen."
Rasch schob er seinen Rock zurecht, verabschiedete sich, und beide gingen hinaus.
Borowiecki mengte sich unter die Arbeitermassen, die aus den Seitenstraßen herbeifluteten und die Bürgersteige der Piotrkowerstraße anfüllten, und ließ sich gedankenlos von ihnen tragen.
Es war noch zu früh, um zu Kurowski zu gehen, aus der Wohnung hatte ihn die Langeweile vertrieben, und so schleppte er sich die Straße entlang. Er wußte nicht, was er mit sich und den paar freien Stunden anfangen sollte.
Er bog in die Benediktstraße ein und dann in die Promenadestraße, weil sie dunkler und finsterer war. Er schritt die Alleen auf und ab. Er wollte sich ermüden, um durch die physische Anstrengung die sonderbaren Stimmen zu betäuben, die in seinem Gewissen erwachten, ihn immer schmerzhafter erregten und dann in ein noch dumpfes, noch unbewußtes Leid um Emma ausflangen.
Wieder von neuem begann er über das Verhältnis nachzugrübeln, das er so brutal und unmenschlich gelöst hatte, und das sie heute mit einer haßerfüllten Verachtung aus ihrem Leben strich. Er war kein unerfahrener oder sentimentaler Jüngling mehr, er war nicht immer fähig, menschliches Elend nachzufühlen, trotzdem drückte ihn jetzt das Bewußtsein des großen Leids, das er ihr zngefügt. ( Forts, folgt.)