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Nr. 238-1918

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Geschlechtsbestimmung.

Bon H. Fehlinger.

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Bei den höheren Lebewesen, deren Körper aus vielen Zellen aufgebaut ist, erfolgt die Fortpflanzung durch Vereinigung männ­licher und weiblicher Steimzellen( Gameten). Die verschieden geichlechtlichen Keimzellen Samen und Eier werden entweder von getrennten männlichen und weiblichen Körpern beherbergt, doch tommt es daneben auch vor, daß ein und dasselbe Individuum so­wohl Samen als auch Gier trägt; wir sprechen dann von Zwittern, die besonders im Pflanzenreiche häufig sind. Die männlichen Keim­zellen gehören zu den kleinsten, die weiblichen zu den größten Zellen der vielzelligen Lebewesen. Aus der Vereinigung einer männlichen und einer weiblichen Steimzelle entsteht ein neues Lebewesen, ein neues Judividuum, dessen Wachstum wieder, wie bei den Eltern, durch fortwährende Zellteilungen vor sich geht. Die Zellen, auch die Steimzellen, enthalten scharf umrissene Körperchen: Sternstäbchen oder Chromosomen; diefe lettere Be­zeichnung erhielten sie, weil sie sehr leicht fünftliche Farbstoffe auf­nehmen und sich daher deutlich sichtbar machen lassen. Bei der Zellteilung, durch welche, wie schon gefagt, das Wachstum der Lebe­wefen stattfindet, teilt sich jedes Kernstäbchen in zwei Teile und die Spalthälften wandern in entgegengefeßte Zellregionen. wo sie zu neuen Sternen verklumpen. Dazwischen greift mittlerweile die Teilungsfurche des Bellleibes ein und vollendet die Zweiteilung der ganzen Zelle. Alle Körperzellen haben eine gerade Zahl von Kernstäbchen, die in allen Zellen einer und derselben Pflanzen- oder Tierart dieselbe ist. Bei den Keimzellen jedoch verbält es sich anders. Sie ,, reifen" auch durch Teilungen,

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Freitag, 30. August

Die sterbende Windmüllerei.

Man tönnte

Schon vor dem Kriege wurde gelegentlich immer wieder darauf

leib heran. Diefe größere, besser ernährte Zelle ist weiblich und ihnen in Frage kommen kann, sind die außergewöhnlich beweglichen macht alles weiblich, was an Zellen im selben Individuum und fein empfindenden Fühler. Schon Jules Fabre, der berühmte von ibr abstammt. Auch die Beeinflussung geichlechtlich französische Entomologe, hat durch ausgiebige Versuche festgestellt, schon bestimmter Beffen wird für möglich gehalten. Kammerer daß bei vielen Insekten durch Abschneiden der Fühler ein meint, heftigster Mangel fann eine bereits weiblich veranlagte Belle völliges Versagen der Beweglichkeit, des Geruchs und sogar der männlich umschalten, und stärkste Mast vermag eine männlich vor- Fortpflanzungsinstinkte erzielt werden kann. Die genannten Unter­bereitete Zelle weiblich umzustimmen. Bei höheren Tieren und suchungen auf diesem Gebiet wurden jedoch an Ameisen gemacht Pflanzen stoßen freilich derartige Versuche wegen des komplizierten und haben merkwürdige Erfolge gezeitigt. Ihre Sprache besteht in und schwer lentbaren Stoffwechselmechanismus auf erhebliche Wider- einem Trillern der Fühler, das auf dem Kopf oder an den Fühlern stände, aber daß die Beeinflussung stattfinden kann, beweisen die des Partners ausgeübt wird. Zwölf verschiedene Borte oder Bes bejahend ausgefallenen Experimente an niederen Tieren und griffe hat man bei ihnen unterscheiden können. Und zwar besteht Pflanzen. dieser Unterschied in verschiedenem Rhythmus des Klopfens. Cie Kammerer nimmt ferner einen Zusammenhang zwischen dem fönnen Furcht, Kampflust, Aufmertsamkeit, Raubgier, Aufforderung Reifungs- und Ernährungszustand der Keimzellen an. So tommt zur Hilfeleistung ohne weiteres durch diese Fühlerschläge über­das verschiedene Größenverhältnis zwischen Gifern und Eileib, das mitteln. Es ist eine eigentümliche Parallele, wenn man im Gegen= das Gi in aufeinanderfolgenden Stufen seiner Entwicklung annimmt, satz zu dieser Insektensprache an die Trommelſprache der zentral­ebensovielen Ernährungsverschiedenheiten gleich, die sich im natür- afrikanischen Eingeborenen denkt. Denn auch hier ist der Rhythmns lichen Verlaufe feines Daieins( auch ohne Wenderung der äußeren des Klopfens das Bestimmende für den Ausdruck. Ernährungsbedindungen) der Reihe nach einfinden. Vom Ernäh- beinahe von einer primitiven Spracheinheit reden, die unter gleichen rungsminimum des frühreifen Stadiums leitet das Keimleben zum oder mindestens ähnlichen Verhältnissen geiezmäßig eintreten muß. Optimum der Vodreife binan und dann wieder zu einem Minimum Auch der Stulturmenich hat auf diese Klopfsprache nicht ganz ver­hinab: dem der Ueberreife. Je nachdem in welchem Reife- und zichten können, denn der Morse- Telegraph ist ebenfalls nichts anderes Ernährungszustand das Ei von der Befruchtung ereilt wird, die als die Wiedergabe rhythmisch verschiedener Klopftöne. ihm fortab eine ganz andere Bahn aufzwingt, die Vahn der individuellen Entwicklung, je nachdem wird weibliche oder männ­liche Richtung eingefchagen; lestere nach dem vorher Gesagten dann, wenn die Befruchtung bei minderem Ernährungszustand in der Früb oder Ueberreife erfolgt. In der Wirklichkeit hingewiesen, daß die Zeit der Windmühlen, die einst in so großer durchfreuzen sich offenbar häufig der innere mit dem Reisegrad Zahl so vielen Orten des norddeutschen Tieflandes das Gepräge verbundene Ernährungszustand des Eies und der äußere Er- gaben, wohl bald dahin sein werde. Eine Windmühle nach der die aber nährungseinfluß: gute Ernährung von außen wird den Einfluß der anderen sanf in Asche, viele davon traf der Blitz, andere wieder so schnell bor sich gehen. daß zur Spaltung der ein­Früh oder Ueberreife mildern, schlechte Grnährung von außen wird wurden abgebrochen, weil die Kleinmüllerei ganz im allgemeinen zelnen Kernstäbchen feine Zeit bleibt; daher wandern ganze Sie Gegenfäge der Meifezustände steigern. Je schlechter die Er- über schlechte Zeiten flagte. Das ist im Kriege anders geworden, Kernstäbchen in die Bellpole, ie eine Halbpartie nach rechts, nährung von außen ist, desto mehr besteht die Möglichkeit, auch aber daß Windmühlen  , die einmal gestürzt sind, wieder errichtet die andere nach links, so daß hierauf in den reifen Stein aus vollreifen Giern männliche Individuen hervorzubringen. Also werden, das kommt wohl so gut wie gar nicht vor. So hat sich zellen die Zahl der Kernstäbchen auf die Hälfte herabgelegt ist. Erft ist die Zunahme der Knabengeburten im Strieg nicht überraschend. die Zahl der Windmühlen seit Striegsbeginn wieder um Hunderte nach der Vereinigung von Ei und Samen ist wieder die normale Beim Menschen stehen der gewollten Geschlechtsbestimmung verringert. Viele von ihnen find außer Betrieb, weil Flügel ab­Zahl von Kernstäbchen vorhanden. Doch auch da ist ein Ausnahme- faum zu überwindende Schwierigkeiten entgegen, weil wir noch gebrochen sind, die nicht ersetzt werden können. Es gab früher fall hervorzuheben. Bei den männlichen Individuen ist nämlich in immer nicht imftande sind, den Stoffwechsel menschlicher Seime Städte, bei denen die Windmühlen reihenweise standen, besonders den Keimzellen meist nur ein Kernstäbchen weniger vorbanden als von außen her in die eine oder andere Richtung zu zwingen. Min- in der Provinz Posen   und im nördlichen Schlesien  , rechts der Oder. bei den weiblichen, und die Gesamtzahl diefer Körperchen ist eine bestens gilt dies von der Sicherheit im Einzelfall. Sonft ist Man sprach einst von Windmühl- Frauſtadt", von Windmühl­ungerade; wenn sie beim Weibchen 10 beträgt, dann hat das Kammerer davon überzeugt, daß scharfe Entfettungsturen, vereint Guhrau  " u. a. m. Bei manchen diefer Städte standen einst an Männchen bloẞ 9. Statt des Feblens eines Sternstäbchens kann mit der Obiorge für Befruchtung spätreifer Gier,*) die Wahr jeder der hinausführenden Landstraßen ein Dutzend und mehr cs vorkommen, eines daß vollkommen ausgebildet fcheinlichkeit einer nabengeburt auf mehr als Windmühlen bei Fraustadt   wurden noch 1883 nicht weniger als und daher minder funktionsfähig ift. Hatte die aber zum großen 90 Pro 3. erhöhen; ebenso wird eine Mädchengeburt als Folge 45 Windmühlen gezählt, bei Rawitsch   28 reife männliche Seimzelle 9 Kernstäbchen, fo haben einer Mastfur in Verbindung mit Befruchtung eines vollreifen Gies Bedauern aller Landschaftsfreunde nimmt ihre Zahl ständig ab. die aus der Neifeteilung hervorgegangenen Samenzellen oder höchst wahrscheinlich. Aber von Gewährleistung des Erfolges kann Gelegentlich macht eine Windmühle besonders von sich reden, Spermatozoen zur Hälfte vier und zur anderen Hälfte fünf Kern- teine Rede sein. Ein weiterer Grund hierfür ist vermutlich folgender: wie die unliebfam berühmt gewordene ostpreußische Mühle, deren stäbchen. Verfuche baben nun ergeben, daß bei der Befruchtung Es ist nicht gesagt, daß vom schlechten Ernährungszustand des Gesamt- Besizer bekanntlich die Mühlenflügel während der Kämpfe des von Eiern durch Samen, die um ein Sternstäbchen weniger ent- organismus alle feine Zellen mitbetroffen werden müssen: be- Jahres 1914 fo gestellt haben soll, wie sich die deutschen Truppen halten als die andern, männliche Lebewesen entstehen; fommen stimmte Belliorten verstehen es, sich auf Kosten ihrer Nachbarzellen, bewegten. Uebrigens ist dies Vorkommnis, das sogar Stoff zu dagegen Samen und Gier mit gleicher Sternstäbchenzahl zu- oder auch weiter entfernter Zeffgruppen, gut zu ernähren, auch wenn Romanen gegeben hat, wahrscheinlich eine der vielen Kriegslegenden. fammen fagen wir je 5-, so entstehen weibliche Individuen. der Organismus als Ganzes Hunner leidet. Sollten aber auch alle Windmühlen dahinsinten, eine wird sicher Gs tommt also beim Zusammentreffen männlicher und weiblicher Stecht fraglich ist ob die wiüfürliche Bestimmbarkeit des Ges alle überdauern. Die historische Mühle in Potsdam   am Schloß­Keimzellen die Bestimmung des Geschlechts der Nachkommen zu schlechts des Nachwuchses beim Menichen im Artintereffe garten von Sanssouci  , über deren Slappern sich einst Friedrich der stande, und den Ausschlag gibt dabei die Zahl der Sternstäbchen der Kammerer berneint bies, nb gelegen wäre. man muß Große fo ärgerte. Oft reißt auch der Sturm die auf wenig festem männlichen Reimzele. Ist ein solches Stäbchen weniger vorhanden, ihm entschieden zustimmen. Bet den Menschen würde Fuße stehenden Windmühlen hin. So wurde im Januar 1918 eine so ist die Folge diefelbe wie bei der Entwicklung von Individuen im Gegensage zu den Bienen..furafichtig eineniüchtiger unweit Schildberg( Prov. Pofen) stehende Windmühle von einem aus unbefruchteten Giern; denn bei Bienen, Ameisen ust. werden Elternwunsch, tpie meitsichtig machtgieriger Völkerwunsch orfanartigen Windstoß erfaßt und samt dem Gesellen fortgeschleudert, oftmals allein die befruchteten Eier zu Weibchen, während die uns eher ein lebermaß von Drohnen bescheren. Denn wünschen 10 daß sie völlig zerbrach. Den zufällig in der Mühle arbeitenden Männchen aus völlig unbefruchteten Giern hervorgeben, was man sich nicht die meisten Eltern lieber Buben, jedenfalls den sogenannten Gefellen fand man schwer verletzt 25 Meter weit von den Trümmern. als Jungfernzeugung oder Parthenogenese bezeichnet. Stammbaiter? Und braucht nicht der Gewaltstaat von heutzutage Jit der Umgebung von Berlin   sind in den letten 25 Jahren über Soweit haben wir es niit feststehenden biologischen Tatsachen vor allen Dingen Soldaten, Soldaten und wieder Soldaten?" hundert Windmühlen dem Abbruch verfallen, an die heute noch zu tun. In einem eben erschienenen Buche*) veitritt auf Grund Bermöchten wir das Geschlecht unseren Kinder selbst zu bestimmen, verschiedene Straßennamen der Reichshauptstadt erinnern( Mühlen dieser Tatsachen Prof. Paul Kammerer   die Ansicht, die größere io fönnte bald Not von dem einen Geschlechte, dem weiblichen ein- straße, Wüblendamm u. a.). Hier ist es wie anderswo auch be oder kleinere Maife des Chromatins", aus dem die Kernstäbchen treten. Die Huffüllung der vom männermotdenden Strieg geriffenen sonders die überwältigende Konkurrenz der Dampfmühle gewesen, Der Steimzellen bestehen, sei für die Bestimmung des Geschlechts das Rücken dürfen wir getrost der Natur überlassen! die den Windmühlen den Untergang gebracht hat. Entscheidende, und er wirft die Frage auf, welches der tiefere Sinn des größeren Besizes ant Sternstäbchen masse sei. Da das Chromatin

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nicht

anderem unter

auch die

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Sprechen die Ameisen?

4

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Notizen.

Funktion hat, die Stoffwechselvorgänge der Zellen 311 Bei verschiedenen Tieren wurde bisher eine unzweifelhafte Ber­Neue Dramen. Walter Hafenelever hat ein Schau­regeln, fo liegt es nahe, daß eine Zelle, die ein Mehr diefer ständigung durch Laute festgestellt. Benn daher die Frage auf­Substanz hat, zugleich über ein energiberes Stoffwechselvermögen geworfen wird, ob auch bei Jujetten etwas Derartiges vorkommt, spiel Die Menschen" vollendet, das im Verlage von Paul Cassiter erscheinen wird. verfügt; sie wird voraussichtlich in die Lage kommen, sich besser au fo muß man zunächst dagegen einwenden, daß sie ja keine Organe ernähren, als eine chromatinärmere Zelle, wenn die Ernährungs- jur Lautgebung befizen. bedingungen der Umgebung es aulassen. Der chromatinreichere Es muß also eine Verständigung zwischen ihnen auf anderer Zellfern, fagt Kammerer  , mästet fich einen umfänglicheren Zellen Basis beruhen. Das einzige Drgan, das naturgemäßerweise bei

*) Geschlechtsbestimmung und Geschlechtsverwandlung. Wien  1918. Verlag von M. Berles.

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Bakai.

Lodz. Das gelobte Land.

Roman von W. St. Reymont  .

Rann ich schon gehen?" fragte Teise flüsternd der

..Geh, geh!" erwiderte er ärgerlich und rief, als Diener schon bei der Tür war: ,, August!"

der

*) Die Befruchtung menschlicher Eier im Stadium der Früh reife ist aus physiologischen Gründen unmöglich.

Es schien ihm, daß er gleich, im Augenblick sterben werde, und er sah es jo flar, so gepackt hatte ihn dieser furchtbare Gedanke, so betäubt, daß er aus dem Bette sprang, als ob er flüchten wollte, am ganzen Störper vor Angst zitterte und heftig auf den diensthabenden Lakai, der unten schlief, zu schellen begann.

Schnell, der Doftor soll sofort herkommen," rief er mit blassen Lippen. Als bald darauf Hammerstein erschienen war, sagte er zu ihm: " Wir fehlt was! Untersuch' mich mal ordentlich und Ich finde nichts," erwiderte der verschlafene Arzt, als er recht sorgfältig untersucht hatte.

Der Lakai tam zurück und wartete. Da begann Buch­holz langsam ihn nach seiner Frau und nach seinen Kindern auszufragen und fragte so gnädig, daß August fich in ge- rate was." hörige Entfernung von der Neichweite seines Stockes zurüc zog und schüchtern antwortete, durch diese unerhörte Güte ihn beunruhigt.

Buchholz wollte ihn nur so lange als möglich im Zimmer zurückhalten, konnte es ihm aber nicht grad' ins Gesicht sagen, daß er bleiben solle.

Das feltsame Gespräch ermüdete ihn bald, und schließlich winkte er dem Lakai, er solle gehen.

Er blieb allein, und diese seltsamen Aengste vor der Ein­samkeit und die dunkle Furcht durchbohrten seine Seele mit immer schärferen Lanzen.

Eifrig horchte er auf den Schall von der Straße, aber die Straße schlief schon, und die leiseren Echos vermochten nicht durch die eisernen, mit Zuch beschlagenen Fensterläden durchzubringen.

Er erhob sich auf die Ellenbogen und horchte lange mit angehaltenem Atem, frampfhaft den Revolver umspannend; es schien ihn nämlich, daß sich Schritte durch die leeren Zimmer näherten, ja, er hörte es immer deutlicher.

Buchholz erklärte ihm seinen Zustand. Wenn der Herr Rat ausgeschlafen haben werden, dann vergeht das alles." Dummfopf!" antwortete ihm Buchholz heftig, nahm aber die große Dose Chloral und schlief bald ein.

Von der übermäßigen Arbeit ermüdet, fuhr Borowiecki in die Stadt, um ein Glas Lee  , zu trinken.

In der Konditorei war es schon ganz leer um diese Zeit, bloß im legien Zimmer saßen unter einem Spiegel Wysocki, David Halpern und Myszkowski, ein Ingenieur der Baron Meyerschen Fabrik.

Gin Erfindungsinstitut' zur Förderung technisch­schöpferischer Arbeit und Unterstüßung von Erfindern und Vermitt lung von Erfindungen ist in Gießen   in Gründung begriffen. Franz b. Vecsey, der ungarische Geigentünstler, ist bei einem Ausfluge mit einem Flugzeuge in Budapest   verunglückt. Er wird längere Zeit nicht auftreten fönnen.

,, Nur paar Ziffern werde ich Ihnen vorlesen. Hören Sie zu, meine Herren, das ist so wertvoll wie die Bibel, vielleicht sogar bißchen mehr: Folgende Einfuhr: 11719 Bud Bolle, 12333 Bub Garn, 7303 Gifen, 4618 Maschinen, 8771 Schmierfett. 36117 Mehl, 8794 Getreide, 18685 Gerfte, 36850 Holz, 120682 Nohbaumwolle, 1 032 360 Bud Steinkohle. Die Ziffern flingen schön, ein schönes Stück Papier   so'ne Liste; Lodz   muß schon einen guten Magen haben, um das alles zu verdanen, da muß man schon bißchen arbeiten, und dann jagen Sie, daß nur die Dummen arbeiten."

Und das Bieh, das Bich, das mit der Peitsche getrieben wird," sprach ruhig Mysatorsti, den Staffee schlürfend.

"

Aj, aj, was reden Sie da! Wie heißt Peitsche? Wo ist Peitsche! Menschen müssen arbeiten. Na, sagen Sie mal selbst, was würde so ein einfacher Bauer machen, wenn er nicht arbeiten müßte. Verschimmeln würde er vor Faulenzerei, und vor Hunger verreden."

Lassen Sie das! Begeistern Sie sich nur weiter für die Arbeitsamkeit der Stadt, preifen Sie nur weiter Ihr wunder­bares Städtchen, füssen Sie nur jedem die Hände, der Millionär werden will, und erzählen Sie weiter, daß die Millionäre nur deshalb zu ihren Millionen gekommen sind, weil sie am meisten gearbeitet haben."

,, Natürlich haben sie's daher, wo hätten sie's sonst her­nehmen sollen!" schrie Halpern aufgebracht.

" 1

Weil sie dümmer sind als ihre Arbeiter. Deshalb haben sie das Geld."

Er setzte sich zu ihnen. Mit Wysocki wurde er gleich be­Ich verstehe Sie überhaupt nicht mehr. Meiner Treu, Herr fannt gemacht. Ueber einen fleinen Tisch gebeugt, schlug David Halpern| Myszkowski, ich verstehe gar nichts mehr von dem, was Sie reden. Bis jetzt wußte ich immer, daß derjenige, der was mit seinen mageren Händen auf die Tischplatte und schrie: Sie, Herr Myszkowski, Sie wissen nicht, was die Arbeit arbeitet, auch was hat, und derjenige, der arbeitet und flug Es tam aber niemand, bloß die klagenden Töne einer in Lodz   abwirft, weil Sie es nicht wissen wollen, aber ich ist, noch mehr hat, und derjenige, der sehr klug ist, und sehr tickenden Uhr drangen aus irgendeinem Zimmer bis zu ihm. werde Sie überzeugen, ich werde Ihnen die Resultate arbeitet, der macht Millionen!" schrie laut Halpern. ,, Worum handelt sich's denn?" fragte Borowiecki, der Dann schien es ihm wieder, daß die schwere Samtportiere, zeigen!" die die Tür verdeckte, sich seltsam bauschte, als ob ein Mensch Er zog aus seiner Brieftasche einige Ausschnitte des sich nicht klar war, worum die beiden stritten. Ich behaupte, daß alle Millionäre, auch diejenigen, die hinter ihr stünde. ,, Surier", hielt sie ihm vor die Augen hin und las: Hören Sie zu: bont 22. bis zunt 28. betrug die Lodzer mit der ganzen Anspannung ihrer und fremder Muskeln und Ausfuhr: 1791 Bud Eisenwaren, 11 616 Bud Garn, 22 852 Sträfte arbeiten Dummföpfe sind, Kretins   sind. Herr Bud Baumwollwaren, 10 309 Bud Wollwaren. Sagt Ihnen David Halpern behauptet das Gegenteil. Er redet unglaub­das gar nichts? Das hat sich wohl selbst berarbeitet! Gleich lich dummes Zeug zu Ehren der Arbeit, stellt auf die Altäre werde ich Ihnen zeigen, was in dieser Woche in Lodz   ge- Vieh, das auf seiner Streu von Gold fault, und will, daß ich es bewundere." arbeitet wurde." Langweilen Sie uns nicht mit Ihren Statistiken.., Und die Wahrheit liegt wohl in der Mitte!" warf Garçon, drei Kaffee! Sie trinken doch mit, Herr Boro- Wysocki ein, der bis jetzt geschwiegen hatte. wiecfi?" Forts. folgt.)

Er lächelte über seine Täuschung und lag wieder ruhig da; das Licht hatte er gedämpft.

Einschlafen konnte er aber nicht.

Die Stunden verrannen so furchtbar langsam, daß sie ihm wie Ewigkeiten schienen.

Beruhigen konnte er sich immer noch nicht. Die Auf­regung und all die Aengste wuchsen im Gegenteil inumer mehr und verdichteten sich langsam zu der Furcht vor dem Tode.