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Nr. 249 191$

Zigeunersolöaten. Von P o ld i Schmidt. Die neue Speise. Ein Zigeunersoldat bat eine ukrainische Bauersfrau um ein wenig zu essen. Die Frau wies ihn kurz ab und sagre� sie habe nichts im Hause. Aber gute Frau," bettelte der Soldat,bloß ein wenig ge- wöhnlichen Eisennagelbrei wirst Du einem braven Soldaten doch nicht abschlagen?" Die Frau horcht auf;Eisennagelbrei? Was ist das?" fragt sie. Nun Eisennagelbrei. Kennt man den hier bei Euch nicht? Dann will ich Dir zeigen, wie man ihn macht. Einen eisernen Nagel hast Du doch?" Die neugierig gewordene Frau fischt aus einer Holzbüchse einen schönen, neuen Nagel heraus.Kannst Du den brauchen?" fragt sie. Ja, der ist recht," sagt der Zigeuner.Jetzt brauche ich bloß noch drei Eierchen, ein Stück Speck und Salz. Ob Du diese Dinge auch hast?" Aber sicher," entgegnet die Frau,ich bin doch kein Bettel» weib!" Während der Zigeuner den Nagel in seiner Efeschale hin und herschüttelt, nimmt sie die verlangten Zutaten vom Herdbrett und reicht sie ihm. Er tut alles in seine Eßschale, macht einen raschen Schritt zur Türe und sagt: Also, jetzt gehe ich zur Kompagnie und dort koche ich das Ganze genau so wie Rührei mit Speck. Wenn Du es aber Deinem Bauer machen willst, dann vergiß nicht, vorher den Eisen- nagel herauszunehmen, sonst, meine Gute, schlägt er dich blau!" * Kriegs st rapazen. Nach einem langen, beschwerlichen Marsch darf das Regiment endlich rasten. Die Soldaten werfen ihre Lasten ab und lagern sich auf den heißen Boden hin. Der Zigeuner Ruszko Ferencz kommt zufällig neben seinem Hauptmann zu negen. Wenn diese Geschichte einmal aus ist," redet der Hauptmann den Zigeuner an,dann wirst Du Deinen Kindern genug von den Strapazen zu erzählen haben, die Du mitgemacht hast. Was, Ferencz?' Da wird nicht viel zu erzählen sein, Kapitän Urnak," meinte Ruszko.Wenn ich daran denke, was mein Bater uns immer er- zählte, der den Feldzug von 1866 mitgemacht hat l" Was kann Dein Vater schon erzählt haben?" wundert sich der Hauptmann.Dieser 66er Feldzug war doch nur ganz kurz und gar nicht beschwerlich I" Kann sein, Herr Hauptmann," antwortet Ruszko,aber eS gab doch damals noch die Prügelstrafe?!' Grundlose Bevorzugung. Am Morgen liest der Feld- webel im Dienstbuch des Korporals vom Tage, daß Madah Adi sich wegen Urlaub zum Rapport gemeldet hat. Ausgeschlossen, mein Sohn," belehrt ihn der Feldwebel.Du kommst erst aus dem Hinterland, und Urlaub kriegt nur, wer länger als seckis Monate hier draußen ist." Wieso, Herr Feldwebel?", fragt Maday verwundert,die Frauen von den alten Frontsoldaten, die können auch nicht mehr wie ein Kind im Jabr kriegen!" * Ein Schwur. Nach vielen schönen Wochen, die das Regi­ment in Bukarest genossen, kam es weit aufferhalb der Stadt in Reserve. Kaum Hörle der Zigeuner Daniel Dani, daß ein junger Oberarzt jetzt die Krankenbaracke leite, meldete er sich auch schon krank. Er kondte nur angeben, daß er sich am ganzen Körper wie zerschlagen fühle, mehr wußte er nicht. Aber der Oberarzt wußte schon, wie ein Zigeuner simulieren kann. Deshalb untersuchte er ihn dreimal gründlich bis in die Haarwurzeln, dann sagte er: Ich will Dich zwei Tage hier behalten, trotzdem ich eine Krankheit nicht finden kann. Aber das sage ich Dir: Wenn Du dann noch immer nicht weißt, was Dir fehlt, sperre ich Dich ein, so wahr als Krieg ist!" Am dritten Morgen meldet sich der Zigeuner gesund.

Loöz. 851 Das gelobte Lanö. Roman von W. St. R e y m o n t. Da packte ihn plötzlich eins furchtbare, wilde Furcht an die Kehle. Wie wahnsinnig stürzte er sich zum nächsten Fenster, klammerte sich an das Gitter und wollte um Hilfe rufen, zuckte aber bloß krampfhaft zusanimen und lallte vor sich hin, mit flehentlichen, verzweifelten Blicken die Arbeiter anstarrend, die im Hofe die Waggons beluden. Niemand kam ihm zu Hilfe. Dumpf rauschte die Fabrik wie ein ewig brandendes Meer, und die letzten Kräfte verließen ihn, und die Hände glitten am Gitter herab, und schwer fiel er auf die Stoffballen zurück. Mit der letzten, übermenschlichen Anstrengung sprang er noch einmal auf und holperte über die Warenstöße, die ihm von allen Seiten den Weg zu versperren schienen, fiel wieder hin und konnte sich nicht mehr erheben. Er kroch bloß noch ein Stück weiter, rang verzweifelt nach Lust, tastete mit den schon erstarrenden Fingern herum, krallte sich in den eisernen Boden ein? plötzlich, wie mit einem Messer gerade ins Herz getroffen, nach Luft schnappend, richtete er sich ganz hoch auf, stieß einen kurzen, schrecklich gellenden Schrei aus und stürzte bewußtlos zu Boden. Weithin hallte der Schrei; Arbeiter liefen herzu und drängten sich ratlos um ihn, wagten aber, von Angst gepackt, die noch zuckende Leiche nicht' anzurühren. Und so lag er ausgestreckt und steif da. In dem fahlen, schiefen Gesicht traten die roten Augen aus den Augenhöhlen. Die Kiefer weit aufgerissen, mit dem letzten, erstarrten Todes- schrei auf den Lippen lag er da düster wie die ihn umgebenden Warenhaufen, ohnmächtig wie die Millionen, neben denen er verschied. Bloß dieser erschütternde, auf seinen Lippen ver- steinerte Schrei eines geknebelten Wesens schien noch in dem dämmrigen Saal zu heulen unter der eisernen Decke, in der engen Gasse, inmitten der Berge von Waren. Er durchdrang die Wände und verband sich mit dem niächtigen Getöse des Lebens, von dem die Stadt erzitterte und von dem die Fabriken erdröhnten. XVI. Zwei Ereignisse setzten Lodz in Bestürzung: der Tod des alten Buchholz und das Herauffchnellen der Baumwollpreise bis zu einer noch nie dagewesenen Höhe.

-Schön," sagt der Oberarzt und ruft zwei Krankenschwestern als Zeuginnen zu sich.Ich habe geschworen, Dich einzusperren, wenn Du heute nicht weißt, was Dir gefehlt hat. Also..." Geschworen ist geschworen, Herr Oberarzt," sagt der Zigeuner und kratzt sich am Kopf. Und was mir gefehlt hat, war wahr- haftig der Schlaf." * Die Wirkung. Nach dem Rückzug der Italiener über die Piave blieben verschiedene Truppenkörper dort in Reserve. Am Abend spielten zwei Zigeuner den Offizieren auf und wie immer bei solchen Gelegenheiten, riß die feurige Musik die jüngeren Herren auch bald zum Tanze hin. Nach einem Csardas bleibt ein Leutnant atemlos vor den Musikanten stehen, wirft ihnen eine Geldnote in Mütze und sagt: Ihr TeufelSzigeuncr, ihr geigt ja wie die Engel. Man merkt kaum, das man tanzt!" Und je länger ein Zigeuner aufspielt, desto leichter tanzt ein Ungar auch. Herr Leutnant werden daS schon später ganz deutlich merken," belehrt ihn einer der Zigeuner. Ungläubig sagt der Offizier:Unsinn! Woran soll ich das denn merken?" An Ihrer Brieftasche, Herr Leutnant," antwortet der Zigeuner. * Erschmeichelte Rettung. Die Kompagnie lagert auf einer Wiese. Der Zigeuner Halgas Ferencz liegt auf dem Bauch, daS Gesicht in den Armen vergraben. Da nähert sich ihm der Hauptmann und ruft ihn an. HalgaS macht bloß eine unwillige Bewegung. Noch einmal ruft der Hauptmann ihn beim Namen, diesmal schon etwas schärfer. Der Zigeuner rührt sich nicht, der Hauptmann wird böse. Er wiederholt seinen Anruf und jetzt klingt eS bereits wie ein einschlagender Blitz. Und wenn Du mit den Beinen in der Lust zappelst, Du Kälbchen, mich hältst Du doch nicht zum Narren I' brummt der Zigeuner. Die Kameraden lachen, stoßen ihn mit den Füßen an und einige sagen:Halgas, eS ist wirklich der Herr Hauptmann!" Jetzt entschließt sich Halgas endlich, verstohlen auszublicken. Bell Schreck sieht er seinen Hauptmann vor sich. Aber jetzt ist es zu spät. Darum hebt er nur ganz wenig den Kopf, blickt gerade- aus und sagt: Ihr Trottel, unser guter Hauptmann, der piepst doch nicht so wie ein weinender Hammel, der'donnert nur so, gerade wie Gott selbst. Mich könnt Ihr nicht täuschen I" Dann vergräbt er seinen Kops noch tiefer, während der Haupt- mann lächelnd abgeht._

Erstes Sonntagskonzert öer Volksbühne. Sonnrag mittag hat das erste der für das laufende Winter- Halbjahr geplanten zwanzig Sonntagskonzerte stattgefunden. Sin- fonische Werke von drei Romantikern hatten diesmal den Vortritt. MendelssohnsHebriden"-Ouvertüre. SchumannsFrühlings-Sin- sonie" B-dur und Tscbaikowskis., Sinfonie patheüque". So gewiß diese Tonichöpier sich in einem gemeinsamen Aus- gangspunkt berühren, so verschieden äußert sich ihre Persönlichkeit. Mendelssohn wird immer durch ein Erlebnis von außen her angeregt. Erst dann stricht er aus, was er empfunden. In diesem Fall schildert er die anläßlich eines Besuches der Fingalshöhle auf den Hebrideninseln cmpfan- genen Ratureindrücke. Stürme, Wogcnschlag, sanftere Winde, die sich dort verfangen, deutet er als Stimmen seltsamer Luft- und Meeresgeister. Es ist ein herrliches Tongemälde aber es greift uns nicht ins Herz. Schumann wirkt schon unmittelbarer, wenn auch seine FrühlingS-Sinfonie als literarische Nachwirkung eines Gedichts von Adolf Böttcher einem einst vielgelesenen Lyriker inGoldschnitt"- Format zu gelten hat. Von seiner Persönlichkeit und einer seligen, beseligenden Naturschönbeit klingt es in allen Farben aus allen Instrumenten. Schumann ist deutsch gerade in seinem Verhältnis zur Heimat. Auch Peter T s ch a i k o w s k i wird den Romantikern beigezählt; zwar wenigstens als einer, der sich von ihnen befruchten ließ. In formaler Hinsicht sicherlich. Aber er ist doch Vollrusse in jeder seiner Daseinsbekräftigung als Musiker. Slawische Gefühlskontraste sind in westeuropäischen Kunstformen aufgefangen, die aber doch hie und da sbeispielSweise im seltsamen Fünfvierteltakt des

Buchholz war tot! Mit Blitzesschnelle flog die Nachricht durch Lodz und rief tiefe Erregung hervor. Man wollte an seinen Tod nicht glauben und schüttelte ungläubig die Köpfe. Nein, es konnte nicht sein. Es ist nicht wahr!" Einige leugneten eS entschieden. Vuchholz war tot? Jener Buchholz, der immer schon da'war, von dem man seit fünfzig Jahren sprach, dessen jeder einzelne Schritt alle interessierte, der unumschränkt über Lodz herrschte; jener Buchholz, dessen Reichtum alle blendete, der Machthaber, die Seele der Stadt und ihr Stolz! Der von allen Verfluchte und von allen Bewunderte war tot! Bestürzung bemächtigte sich der Massen, die sich mit der einfachen Tatsache des Todes nicht abzufinden vermochten. In allen Kontors, in' den Werkstätten und Fabriken be­gann man unzählige Legenden von seinem Leben auszu- spinnen, von seinen Millionen und von seinem Glück; die finsteren Arbeitermassen begriffen seinen eisernen und rück- sichtslosen Willen nicht, mit dem er nach Belieben alles und alle beugte, verstanden seine Genialität nicht, die so einzig in ihrer Art war. Die Massen sahen bloß den Erfolg die riesigen Reichtümer, die vor ihren Augen emporwuchsen, vor ihnen, während sie jetzt geradeso wie früher nichts be- saßen. Unglaubliche Dinge raunte man sich von ihm zu. Die einen behaupteten, er hätte eine Falfchmünzerwerk- stätte betrieben; die ganz Unwissenden, die vor kurzem erst vom Land in die Stadt gezogen waren, schworen, der Teufel sei mit ihm im Bunde gewesen; auch solche gab es, die zu jedem Eid bereit waren, sie hätten Hörner auf seinem Kopfe gesehen, er sei selbst der Teufel gewesen; alle aber konnten an einen gewöhnlichen Tod. an einen solchen, der auch jeden von ihnen hinraffen konnte, nicht glauben. Die Nachricht war aber wahr. Jeder, der Lust hatte, konnte sich in dem Buchholzschen Palais davon überzeugen. Der große Vorraum war in eine Totenkapelle umgewandelt. Auf dem schwarzen Tuch, mit dem der Raum ausgeschlagen war, glitzerten silberne Tränen. Buchholz lag auf einem niedrigen Katafalk, inmitten von Palmen, Blumen und großen Wachskerzen, deren Lichter im Klang der düsteren Psalmodien flackerten, die der zahlreiche Klerus Tag und Nacht ohne Unterbrechung sang. Buchholz wartete auf den Tag. feines Begräbnisses und war unterdessen eine Beute der neugierigen, von allen

tlC Dienstag, 19. September

zweiten, oder in der Zwölfachtelpartie des nächsten Satzes) gewaltsam-leidenschaftlich durchbrochen werden. Was bei Tschaikowski aufklingt, ist nicht Byronscher Weltschmerz, wie er eiwa durch die Poesien Puschkins tönt. Wenn von einem Sinfoniker, gilt von Tschaikowsky : daß sich in jedem wahrhasten dichter-künstle- rischen Genius die Natur seines Volkes spiegelt. Dem tiefen Lauscher offenbart sich der große Leidensschmerz des durch lange Jahrhunderte geknechteten Russenvolkes eines Schmerzes, der manchmal mit einer an Beethoven erinnernden Ausdrucksgewalt er- schütternd zum Herzen redet. Das Philharmonische Or- ch e st e r spielte, wenn schon alles schön, doch dies Werk besonders hinreißend. Solch Wunder bewirkte trotz aller Selbstverständlichkeit virtuoser Spielleistung der Dirigent. Und das war N i k i s ch. Fest, wie gegossen, steht er im Tongewoge. Und wenn er zuweilen die Musiker sich allein überläßt eine Hand- oder Armbewegung meistert alles und alle. Um nur eins anzudeuten: In wunder- barster Klangschönheit ließ er im Schlußsatze jegliche Klage bis zum Sterben sacht und sanft versäussln... Hernach rauschte ihm der Dank des übervollen Hauses in einmütigen Beifalls- und Hervor- rufen nach._ ek, kann man öas Leben verlängern! Die oft aufgeworfene Frage, ob eine künstliche Beeinflussung der Lebensdauer möglich ist, behandelte R. Demoll in einem Vor- trage, den er im Münchener Verein für Naturkunde gehalten hat. Er ging dabei, wie einem Bericht derNaturwissenschaften" zu ent- nehmen ist, von der Erwägung auS, daß die Entwicklung erst mit der Beendigung der Altersveränderungen abschließt. Man kann also sagen, daß der Organismus sich tot entwickelt; eS handelt sich demnach um die Frage, ob es möglich ist, den Ablauf der Entwicklungs- Vorgänge zu beeinflussen. Es ist zunächst zu untersuchen, ob sich die Entwicklung verlangsamen läßt, ohne daß die Stoffwechselprozesse be- hindert werden. Dabei ist durchaus nicht vonvornherein abzulehnen, daß die Vorgänge der Entwicklung und die des Stoffwechsels von- einander getrennt werden könnten, wenngleich die Frage auch heute noch nicht' entschieden ist. Auch heute lietst eS durchaus im Bereich des Möglichen, daß durch Wiederholen einzelner Abschnitte der Ent- Wicklung infolge einer teilweisen Regeneration des Körpers� daS Leben verlängert wird. Weiter erhebt sich die Frage, ob eS möglich ist, nicht das Einzelwesen, sondern die ganze Art so zu beeinflussen, daß eine länger lebende Rasse entsteht. Wenn man annimmt,, daß- der Tod der Gehirnzellen eine ausschließliche Funktion ihrer Tätigkeit ist, so daß eine gegebene Masse lebender Substanz nur zu einem be« stimmt festgelegten scharfbegrcnztcn Energieumsatz befähigt ist, so kann eine Rasse von der doppelten Lebensdauer nicht gezüchtet werden, ohne daß zugleich die LcbenSintensität auf die Hälfte herabgesetzt würde. Die Tatsachen sprechen aber gegen eine solche Annahme, und es erscheint daher im Prinzip möglich, Arten hinsichtlich ihrer Lebensdauer umzuzüchten. Ebenso wie es gelungen ist, dem Schwein eine besondere Maftfähigkeit oder dem Huhn eine hohe Legcfähig- keit anzuzüSten, wird auch die künstliche Beeinflussung der Lebens- dauer möglich sein. Für den Menschen wird eine solche Umzüch- tung aber nicht in Frage kommen, da er dem Experiment nicht zu- gänglich ist._ Notizen. M ä ß für Mgß". DieVolksbühne" svrrfc in den näch­sten TagenMaß für Maß ", die selten aufgeführte Shakespeare - Komödie, im Theater am Bülowplatz zur Aufführung bringen. Gustav Landauer brachte am Sonntag in der ersten seiner Ein- führungen ins Drama das Stück einer zahlreichen Zuhörerschaft nahe. Landauer hält die Komödie für sine der reifften Schöpfungen Shakespeares, für eine Offenbarung der genialen Allscitigkeit-des Meisters, seiner kritischen Schärfe, seiner Seelenkunde und jener Reinheit, die sich vor der gewagtesten Problemstellung nicht" zu scheueu hraucht, endlich seiner Güte und Zartheit. Er empfiehlt übrigens mit Recht die Dramen vorher zu lesen, da nur so der volle Genuß der Aufführung ermöglicht ivird. Schweizeri sches Müsikfest in Leipzig . Die Stadt Leipzig veranstaltet von: 15. bis 21. September ein Musikfest, dessen Programm ausschließlich Schweizer Musik, in der Hauptsache von Schweizern zum Vortrag gebracht, umfaßt. Zwei Abende(15. und 21. Sep.) sind der OperR a t c l i f f" des Züricher Kompo- nisten Volkmar Andrae gewidmet. Der 16. und 20. Sept. bringen Orchesterkonzerte. Der 18. Sept. gehört dem Liede. Othmar Schoeck beherrscht hier das Programm. Der 19. Sept. bringt drei Werke der schweizerischen Kammermusik. HeberSonne, Mond'und Sterne als Weg- weiser für"unsere Flieger, Matrosen und Feldgrauen" spricht Dr. Archenhold am Mittwoch, 3 Uhr, in der Trepww-StcrUwartc.

Seiten hercinströmenden Massen, die sehen wollten, wie jener legendäre Buchholz aussah, jener Herr über das Leben von Hunderttausenden von Menschen, jener gewaltige Millionär. Angstvoll standen sie in der Stille einer seltsamen Traurig- keit vor dem leblosen Machthaber, der jetzt ruhig dalag, mit einem versteinerten, blassen Gesicht in dem silbern schimmernden Sarg, ein kleines schwarzes Kreuz mit den Händen umfassend. Er lag mit dem Gesicht direkt der weit geöffneten Tür zugewandt und schien mit den eingefallenen Augen durch die fast schwarzen Lider zu blicken, auf den Park, auf die Mauern der Fabrik, auf die Rauchwolken ausspeienden Schornsteine, ans sein früheres Königreich, auf die ganze Welt, die er niit eigenem Willen aus dem Nichts emporgerissen hatte und die jetzt in der Fülle all' ihrer Kräfte lebte; denn man hörte bis hier- her das Krachen der Maschinen, das Pfeifen und Schnaufen der einlaufenden und auslaufenden Züge, alle Phasen der riesigen Produktion, die durch die Anstrengung des Geistes und der gebändigten Materie zustande gekommen war, welche in all den gewaltigen Fabriksbauten heulte. Zwei Mächte standen sich gegenüber der tote Mensch und die lebendige Fabrik. Der Schöpfer und Bändiger der Naturgewalten wurde zu ihrem Sklaven, und von dem Sklaven blieb nur ein bis zum letzten Tropfen Blut von diesen Gewalten ausgesogener Fetzen. Knoll, der am Sonnabend zurückkam, traf ihn nicht mehr am Leben an. Die Vorbereitungen zum Begräbnis ließ er von einem der Angestellten treffen. Er selbst vertiefte sich in die Nach- lasfenschaft. Im ganzen Palais herrschte Trauer, daS ganze Stock- werk, das der Tote bewohnt hatte, vereinsamte völlig. Frau Buchholz saß wie gewöhnlich tagelang mit dem Strickstrumpf in der Hand, verzählte sich nur häufiger in den Maschen, verfiel häufiger in ein stumpfes Nachsinnen und blickte häufiger zum Fenster hinaus. Manchmal leuchteten in ihren blaffen verlöschten Augen Tränen auf, und dann schlich sie sich durch die leeren Zimmer, ging nach unten und. schaute angstvoll und verwundert auf das leblose Gesicht ihres Mannes. Dann kehrte sie noch ruhiger, noch mehr ab- gestumpft durch die Einsamkeit wieder auf ihr Zimmer zurück und suchte Trost und Vergessen in den Gebeten; sie sprach sie dem Zimmermädchen nach, die sie ihr laut vorlas. Gort!. foIgU