Nr. 259. 35. Jahrg.
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„ Sozialdemokrat Berlin".
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Freitag, den 20. September 1918.
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Zuvor Anerkennung der italienischen Ansprüche.
M
Mom, 18. September. Agenzia Stefani veröffentlicht folgende Note: Bis jetzt hatte die italienische Regierung von der österreichischen Friedensnote nur Kenntnis aus den Veröffent lichungen der Telegraphenagenturen. Wenn indes der von dem Wiener K. K. Telegr.- Aprr.- Bureau verbreitete Zegt genau ist, so muß die italienische Regierung betonen, daß der österreichische Vorschlag darauf abzielt, einen Vorwand für Friedensverhandlungen zu schaffen ohne irgendwelche greifbare Unterlage und ohne die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Erfolges. Die neuerlichen Erklärungen der österreichisch - ungarischen und deutschen Staatsmänner, die jedes 3ugeständnis ausschließen und die Verträge von Brest Litomet und Bufarest als endgültig bestätigen möchten, machen jede zweddienliche Gröffnung von Verhandlungei unmöglich. Die Entente und die Ver einigten Staaten ließen ihre lebhafte Bereitwilligkeit zu einem gerechten Frieben offen erkennen und gleichzeitig auch die wesentlichen Grundlagen, auf benen dieser Friede aufgebaut sein muß. Ueber diese Punkte sagt die österreichische Note nicht ein Wort, be sonders auch darüber nicht, was sich auf die unmittelbaren italienischen Ansprüche bezieht. Diese sind der österreichi schen Regierung wohl bekannt, ebenso wie sie von den Alliierten anerkannt wurden. Sie schließen in sich ein die Erfüllung der böllischen Einheit durch Freigabe jener italienischen Volksstämme, bie bis jebt unter Oesterreich standen, sowie die Berwirklichung ber Bedingungen, die für Italiens Sicherheit unumgänglich notwendig find. Solange die österreichische Regierung nicht zeigt, daß auch fie Diese besonderen Biele anerkennt, ebenso wie die anberen allgemeinen und besonderen Biele, für die alle Altierten vereint fämpfen, so lange wird Italien nicht vom Kampfe ablassen, um die Menschheit zu einer besseren und gesicherteren Grundlage zu führen durch einen dauerhaften Frieben, der auf Freiheit und Gerechtigkeit errichtet ist.
Der langen Nede furzer Sinn ist also der, daß Italien an feinen Eroberungsabsichten festhält. Diese gehen über den Anspruch auf die italienisch sprechenden Gebiete Desterreichs erheblich hinaus, wie die daneben erhobene Forderung auf mweitere Grenzsicherungen unzweideutig erkennen läßt. Diese Grenzsicherungen bedeuten aber die Einverleibung südslawischen Gebietes nach Italien , eine Forderung, die von den Bewohnern dieser Gebiete leidenschaftlich befämpft wird und mit Selbstbestimmungsrecht der Völker nicht das mindeste zu tun hat. Damit sind auch die Menschheitsund Gerechtigkeitsphrasen der Note hinreichend gekennzeichnet. Ueberreichung der österreichischen Note in Paris .
Paris , 19. September. Der schweizerische Gesandte Dunant hat der französischen Regierung am Mittwoch die Note der Wiener Regierung mitgeteilt.
Baku im Flammen. Protest der russischen Regierung.
Wie wir aus der ruffischen Botschaft erfahren, ift bort fol. gendes. Telegramm- aus Moskau eingelaufen:
Die Meldung, wonach Baku von den Türken genommen ist, bestätigt sich. Obwohl von türkischer Seite der Versuch gemacht wird, zu beweisen, daß die Schuld an der Einnahme Bakus nicht auf fie, sondern auf die Tataren von Aserbeidschan fällt, fo ändert doch dieser Umstand vom russischen Standpunkt aus nichts an der Wertung der Tatsachen. In Baku finden Explosionen statt, die Stadt ist von einer Feuers brunst ergriffen. Diese Mitteilung erweckt in russischen Regierungskreisen außerordentlich ernste Besorgnisse. Bekanntlich war die ganze Schiffahrt auf dem Kaspischen Meere und auf der Wolga fowie die ganze Industrie auf das Naphtha von Baku angewiesen. Die Vernichtung der Erdöl - Erzeugung von Baku lähmt auf lange Zeit die ganze ruffische Industrie.
Neue Feindesangriffe vor der Siegfried. Parlamentarismus
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front Epehy und Roussoh aufgegeben Im übrigen der Feind abgewiesen Zwischen Hargicourt und Pontrn eingedrungene Australier zum Stehen gebracht
Berlin , 19. September 1918, abends. Amtlich. Auf der geftrigen Schlachtfront zwischen dem Walde von Havrincourt und der Somme beschränkte fich der Engländer auf heftige Zeilangriffe, die überall abgewiesen wurden.
Amtlich. Großes Hauptquartier, 19. September 1918.( WEB)
Westlicher Kriegsschauplag. Heeresgruppen Kronprinz Rupprecht und Boehn.
Nordöstlich von Bitschoote säuberten wir Teile der in den Kämpfen vom 9. 9. dem Feinde verbliebenen Grabenstücke und nahmen 136 Belgier gefangen. Rege Erkundungstätigkeit zwischen Ypern und La Bassée . Nördlich von Armentières und südlich vom La- Baffée- Kanal wurden Zeilangriffe des Feindes abgewiesen. Im Abschnitt von Moeuvres und Havrincourt starter Artilleriekampf; bei örtlichen Angriffen machten wir hier Gefangene.
Der Engländer nahm seine Angriffe gegen unsere Stellungen vor der Siegfriedfront im Abschnitt vom Walde von Havrincourt bis zur Somme wieder auf. Die nördlich von Gouzeaucourt und gegen den Ort selbst gerichteten Angriffe scheiterten vor unseren Linien. Deutsche Jäger- Regi menter haben Gouzeaucourt zähe verteidigt. Auch zwischen Gouzeaucourt und Hargicourt schlugen wir den Engländer, der mit starken Kräften und Panzerwagen mehrfach anstürmte, ab. Epely und Rouffoy blieben nach wechselvollem Kampf in seiner Hand. Am Abend wiederholte der Feind auf dieser ganzen Front feine Angriffe; sie wurden überall abgewiesen. Zwischen Hargieonrt und Bontru drangen Austra lier in unsere Stellungen ein. Nach hartem Kampf gelang es, den über Hargicourt und Bontru vorstoßenden Feind westlich von Bellicourt- Bellenglise zum Stehen zu bringen. Zwischen Omignon- Bach und der Somme griff der Engländer im Berein mit Franzosen an. Unter Einsatz starter Kräfte suchte er auf St.Quentin und nördlich davon unsere Linien zu durchbrechen. Die bis zum Abend anhaltenden Kämpfe endeten mit vollem Mikerfolg für den Gegner. In heftigen Kämpfen wurde der Feind in seine Ausgangsstellungen zurückgeworfen. Ostpreußische Regimenter und das Elsaß - Lothringische Infanterie- Regiment Nr. 60 zeichneten sich hier besonders aus. Südlich der Somme scheiterte cin Teilangriff der Franzosen . Auf der 35 Kilometer breiten Angriffsfront ftellten wir durch Gefangene 15 feindliche Divisionen fest.
Heeresgruppe Deutscher Kronprins Zwischen Ailette und Aisne nahm der Artilleriekampf am Nachmittage wieder beträchtliche Stärke an. Heftige Teilangriffe, die fich im besonderen gegen unsere Linien beiderseits der Straße Laffang- Chavignon richteten, wurden abgewiesen.
Heeresgruppe Gallwit.
An der Côtes Lorraine lebte die Gefechtstätigkeit auf. Kleinere Vorfeldkämpfe. Bei einem Borstoß auf Manheulles machten wir Gefangene. Der Erste Generalquartiermeister.
Ludendorff.
Der österreichische Bericht. Wien , 19. September. Amtlich wird verlaufbart: In den Sieben Gemeinden anhaltend lebhafter Fenerkampf. Zwischen Brenta und Piave stellte der Feind nach schweren Miserfolgen der Bortage seine Angriffe ein. Unter den braven Truppen, die in den letzten Kämpfen, von ihrer Artillerie trefflich unterstützt, den immer wieder vorbrechenden Feind siegreich abgewehrt haben, verdienen die ungarischen InfanterieRegimenter Nr. 39 und 105 besondere Anerkennung. Bei Sandona wurde ein nächtlicher Nebergangsversuch durch unfer Feuer abgewiesen. Der Chef des Generalstabes.
Andererseits wird in ruffischen Regierungskreisen der Be sehung Bakus auch ernste politische Bedeutung beigemessen insofern, als die Meinung vorherrscht, daß die Nicht. Freude und lebhaftes Danfgefühl gegen den Siz des Stalifats und die Truppen, die an der Einnahme der genannten erfüllung dieser für Rußland höchst wichtigen Berpflichtung feitens Stadt teilnahmen. Das 56. Regiment, unter dem Befehl von Fehmi Deutschlands in bedeutendem Maß auch Ruhland von Beh, hat sich in mehrstündigem, gegen die Engländer geliefertem der Erfüllung der von ihm übernommenen Ber. Stampfe, Mann gegen Mann, besonders ausgezeichnet. Die Zahl der Gefangenen und die Beute ist beträchtlich. Die Wiederpflichtungen befreit. herstellungsarbeiten an den Telegraphenleitungen machen es un möglich, nähere Einzelheiten über den Sieg von Batu mit auteilen.
Die Sozialdemokratie ist eine Anhängerin des parlamentarischen Regierungssystems, weil dieses für uns in Deutschland einen Schritt zur Demokratie bedeutet. Vor die Frage gestellt, ob der ausschlaggebende Einfluß im Reiche der gewählten Voltsvertretung oder einem persönlichen Regiment aufallen soll, fann sich die Sozialdemokratie nur für die Volks. bertretung entscheiden. Die Bolfsvertretung übt ihre Macht aus, indem sie Regierungen, die ihr Vertrauen nicht besitzen, Don ihrem Blaze entfernt und dadurch die Ernennung einer Regierung, die mit dem Parlament aufammenarbeiten kann, notwendig macht.
Die Volfsvertretung fann einer Regierung bon Beamten ebenso Vertrauen schenken, wie einer aus ihrer Mitte ernannten, entscheidend ist die Frage, ob die Regierung für ihren Fortbestand vom Vertrauen der Volksvertretung abhängig ist oder nicht. In diesem Sinne haben wir schon während des Krieges einen bedeutenden Schritt zum parlamentarischen System gemacht, denn es kann kaum ein Zweifel daran bestehen, daß die Regierung Hertling ihre Entlassung nehmen würde, wenn sie eine geschlossene Reichstagsmehrheit offen gegen sich hätte.
Trotzdem bleibt unser System ein hinfendes, weil es in der Frage der Vertrauensentziehung dem Parlament selbst die Initiative überläßt, während unter dem wirklichen parlamentarischen System die Initiative der Regierung zufällt. Sie muß sich dann in wiederholten Abstimmungen, namentlich bei Interpellationen des Vertrauens der Volksvertretung immer wieder bersichern; nur das ausgesprochene Vertrauen der Mehrheit gibt ihr Halt und Stüße, während hierzulande erst das ausgesprochene Mißtrauen des Parlaments der Regierung Anlaß gibt, von ihrem Amt zurückzutreten.
Hätte Graf Hertling während seiner Amtsdauer in Abstimmungen des Reichstags um dessen Vertrauen ringen müssen, so hätte sich entweder herausgestellt, daß er sich überhaupt auf feine Mehrheit mehr stügen fann oder daß diese Mehrheit eine andere ist als jene, welche man gemeinhin als die Reichstagsmehrheit zu bezeichnen pflegt. Dies hätte zur Klärung unsere politischen Verhältnisse biel beigetragen.
Wenn die Sozialdemokratie eine Anhängerin des parlamentarischen Systems ist, so ist damit noch nicht gesagt, daß sie jede parlamentarische Regierung stüßen muß. Bis zur Ernennung des Grafen Hertling zum preußischen Ministerpräsidenten durfte die preußische Regierung in weitem Maße als eine parlamentarische gelten, denn ihre Zusammensetzung entsprach im wesentlichen jener der Mehrheit des Dreiflaffenparlaments. Die Sozialdemokratie hat die fonservativen Regierungen Preußens bekämpft, und sie würde das auch getan haben, wenn sich jene Regierungen, was sie vorsichtigerweise nicht taten, nach außenhin als parlamentarische dokumentiert hätten. Das zeigt deutlich, daß für unsere Stellung zur Regierung nicht ihr Charakter als einer parlamentarischen entscheidend ist, sondern ihre eigene Stellung zur Demokratie und zu unserem gesamten sozialdemokratischen Programm.
Würde heute im Reich eine reine parlamentarische Regierung gebildet werden, die sich auf die Rechte und die Mittelparteien stüßt, so würden wir darin einen Fortschritt sehen, aber selbstverständlich würden wir diese Regierung bekämpfen in der Absicht, eine andere parlamentarische an ihre Stelle zu segen, die unseren Anschauungen und Forderungen mehr entgegenkommt.
Daraus ergibt sich ganz von selbst, daß die Sozialdemokratie den Eintritt in die Regierung nicht grundsählich ablehnen kann. Sat sie für sich allein in Parlament die Mehrheit, jo tritt an sie die Pflicht heran, die Regierung aus ihrer Mitte zu bilden. Wollte sie aber ihren Eintritt in die Regierung davon abhängig machen, daß sie fich auf eine rein fozialdemokratische Mehrheit stüßen kann, so würde das für die Zeit, in der sie sich noch in der Minderheit befindet, einen Verzicht auf politischen Machteinflußz bedeuten. Saben wir das parlamentarische System und sind Stoalitionen nach links grundsäglich unmöglich, so müssen fie unweigerlich nach rechts gebildet werden. Wir würden auf solche Weise die Macht über das Reich und über die Arbeiterlaffe unseren Todfeinden geradezu aufdrängen.
Die Entscheidung, ob die Koalition nach rechts oder ob sie nach links gebildet wird, hängt von dem Charakter der Mittelparteien ab. Können wir Sozialdemokraten uns mit den Mittelparteien zu einer wirklichen parlamen tarischen Regierungs mehrheit( wie sie bisher im Reiche noch nicht besteht) verbinden oder entspricht es dem Cha
Zugleich erhalten wir folgende Nachricht des Wiener S. u. 8. Telegr- Korresp.- Bureaus: Unser Berichterstatter im Rautafus drahtet: Die Ginnahme von ( Die Freude dürfte nach der oben wiedergegebenen russischen Batu wedt in allen islamitischen Zeilen des Rautajus grage Melbung in Deutschland nicht ganz gebeilt werden. Med. b. Bort.") rafter der Mittelparteien mehr, ihren Anschluß rechts zu