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Mr. 268 35. Jahrgang

Groß- Berlin

Beifall bei den Unabhängigen.

1. Beilage des Vorwärts

Flugblattverbreitung in Berlin I.

Sonntag, 29. September 1913

wirt die Möglichkeit, ständige Verstöße" als Vorwand zu einer Kündigung gegen einen Mieter zu benußen, den er auf andere Weise nicht los werden kann. Es wird Aufgabe der Mieteinigungs­ämter sein, alle von Hauseigentümern gemachten Versuche un= berechtigter Ausnubung der Hausordnungs­Zur Reichstags- Ersahwahl im ersten Berliner Reichstags- paragraphen aufs schärfste zurück zuweisen. Sie wer­den, um den Schickanierungsgelüften von Hauswirten zu begegnen, den Begriff der Schußunwürdigkeit" des Mieters so eng wie möglich zu fassen haben.

Als Polizeihauptmann Schent die sozialdemokratische wahlkreise findet heute Sonntag, den 29. September, Wählerversammlung in Berlin I am 25. September auf- früh 8 Uhr, Flugblattverbreitung statt, zu welcher um löfte, flatschten die Unabhängigen begeistert Beifall. rege Beteiligung der Parteigenossen und-genossinnen er­sucht wird. Die Genossen treffen sich an folgenden Stellen:

Aufgelöst! Der Hauptmann Schenk

Hat den Helm sich aufgeſtülpt.

-

Dumpfes Schweigen. Plöglich rülpt Beifall. Klatschen, Hutgeschwent

Bei den Unabhängigen.

Zwar: das Wortverbot für Haase

Hat sein Gegner repariert:

Wird auch er nun cujoniert,

Dreht man schadenfroh die Nase

Bei den Unabhängigen.

-

Freiheit, Recht?! Ein kleiner Dämpfer War der Polizei- Applaus!

Sehen so sie wirklich aus,

Die berühmten Freiheitskämpfer" Bei den Unabhängigen?!

"

Papierknappheit".

E. R.

Vor einigen Tagen wandten wir uns gegen das amtliche Durchgehaltenwerden der Schundliteratur in einer Zeit, wo sich das beste literarische Unternehmen mit lächerlich geringen Nationen" behelfen muß.

Vor uns liegt ein neues Dokument, das seine Existenz einer erbarmungswürdigen Toleranz der Papierverteilungsstelle verdankt. Es heißt, Der Weinkenner" und ist eine Monatsschrift für Weinvertilger. Wir wollen uns eine fleine Durchficht des Heftes gestatten. Leitartikel: We inforgen". Mensch, der du oft in­grimmig oder neidisch nach den Höhen des Lebens blickst, auf denen heute die Kriegsgewinnler wandeln siehe zerknirscht: auch diese haben Sorgen. Nicht um Kleider, um Schuhe, um Geld Wein, der, wie der Artikel so schön sagt, mit Recht ein Gegenstand des täglichen Bedarfs ist".

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-

um

Nach einem weiteren hundertdreißigzeiligen Stoßfeufzer über die Weinsteuer hebt ein langatmiges Feuilleton an: Noch einmal das Lied vom 1807er". Das ganze schöne zeitgemäße Lied wird hingefegt mit seinen acht Strophen, deren letzte lautet: Drum, ihr lieben Freunde und Zechgenossen, Laßt uns trinfen den Wein unverdrossen- ja! Solang zum Geschäfte

Noch reichen die Kräfte;

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-

ja! ja!

:: Denn droben in Abrahams Schoß

Macht feiner den Pfropfen mehr los!":,!

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ja!

So geht der feuchtfröhliche Dufel poetisch und prosaisch über ein Dutzend Geiten fort, der sich auf guterlegt noch zur Freß seligkeit steigert:

Bo, umhüllt mit rof'gem Spede,

Unter grünen Weinlaubs Dede,

Goldgelb, butterschaumgeboren

Barte, junge Hühner schmoren.

24­

Und ich schwelg' mit vollen Backen, Barte Schädellnochen fnacken,

Unter lederem Gelüste

Schwinden schnell die fleisch'gen Brüste."

"

Das schmeckt besser, lieber Refer, als das Wasser, was dir im Munde zusammenläuft! Die Verlegerin diefer Monatsschrift". die Schnapsfirma Ph. Brand u. Ko., Berlin SW. 68, fennt ihre Leute, denen mit solchem Geschreibe die Verdauungszeit angenehm

bertrieben wird.

Die Soldaten in den Lazaretten aber, deren Lektüre immer knapper wird, können vor Langeweile an die Decke spuden. Die Papier verteilungsstelle tönnen sie doch nicht erreichen.

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Lodz.

Das gelobte Land.

Roman von W. St. Reymont .

Wenn sie auf ihren Gütern siten und sich amüsieren könnten, dann gäbe es sicher in Lodz keinen einzigen Polen ." ,, Mögen sie doch kommen! Es gibt ja viele Stellen... für Hausmeister, Portiers, Kutscher, diese Sachen machen sie gut, dafür sind sie Spezialisten, aber wozu wollen sie sich in Sachen reinmischen, die sie nichts angehen, wozu sollen sie uns das Geschäft verderben?"

Auf Wiedersehen, Herr Rat. Ich danke Ihnen, daß Sie mich darauf aufmerksam gemacht haben."

Wann beginnt die neue Heizperiode?

1. Wahlkreis, Teltow - Beeskow und Niederbarnim bei des Kohlenverbandes Groß- Berlin vom 24. April d. J., wonach der Glaue, Kommandantenstr. 88;

II. Wahlkreis bei Schirm, Charlottenstr. 6/7; III. Wahlkreis bei Schulz, Parochialstr. 36; IV. Wahlkreis bei Schmidt, Am Zirkus 10; V. Wahlkreis im Rosenthaler Hof, Nosenthaler Str. 12; VI. Wahlkreis im Restaurant Müller, Brückenallee 14. Das Zentralwahlbureau befindet sich Lindenstr. 3, im Bezirkssekretariat Groß- Berlin. Adresse: Th. Fischer, Berlin SW 68, Lindenstr. 3, Telephon: Amt Movik­play 364.

Schuhunwürdigkeit" des Mieters.

"

Den Mieterschuß eriveitert die neue Bundesratsver= ordnung, über deren wichtigste Punkte der Vorwärts" be­richtet hat. Richtlinien für die Mieteinigungsämter find nicht aufgestellt worden, aber ein die Ausführung der Verordnung betreffender Erlaß des Staatsfommissars für das Wohnungswesen gibt auch den Ginigungsämtern einige Winke. Er leitet sie ein mit dem Grundsatz:

" Bei Handhabung der neuen Bestimmungen werden Be­hörden und Einigungsämter stets bestrebt sein müssen, unter verständnisvoller Würdigung der Schwierigkeiten, die die gegen­wärtige Lage sowohl den Mietern wie den Vermietern auferlegt, zu einem gerechten Ausgleich der beiderseitigen Interessen zu gelangen. Der Ausdruck Verordnung zum Schuße der Mieter" darf nicht dahin gedeutet werden, als liege es im Sinne der ge­feblichen Bestimmungen, stets Entscheidungen zugunsten der Mieter herbeizuführen." Gerechter Ausgleich der beiderseitigen Interessen" ist die Aufgabe jedes Ginigungsamts, das versteht sich von selber. fann, werden die Mieteinigungsämter sich manchmal vor ein schwie Aber gegenüber den Interessen", die ein Hauswirt geltend machen riges Stück Arbeit gestellt sehen. Vor das Einigungsamt gehört nicht nur die Kündigung, durch die der Hauswirt eine Mietesteige­rung herauszudrücken sucht. Auch wenn er fündigt, weil er einen lästigen" Mieter los werden will, fann das Ginigungs­amt angerufen werden. Darüber sagt der Erlaß:

Ist der Mieter nicht schuhwürdig, so wäre es unbillig, ihn dem Vermieter weiter zur Last fallen zu lassen, selbst wenn der Mieter anderweitig eine Wohnung nur schwer zu finden vermag. Die Zurückweisung der Anträge des Mieters ist namentlich da geboten, wo er durch ständige Verstöße gegen die Hausordnung, unfittlichen Lebenswandel und dergleichen berechtigten Grund zur Kündigung gegeben hat."

"

Also auch durch ständige Verstöße gegen die Hausordnung" fann man berechtigten Grund zur Kündi­gung" geben und dann dem Mieteinigungsamt als nicht schub­würdig gelten. Hier bitten wir unsere Leser, einmal ihre Mietverträge hervorzuholen und den Paragraphen über die Haus­ordnung durchzusehen, deren Bestimmungen wohl so ziemlich in allen Verträgen dieselben sind. Man verstößt gegen die Haus­ordnung, wenn man z. B. vor den Haustüren, in den Höfen, auf den Treppen und auf den Fluren umbersteht oder sibt, wenn man in der Wohnung die Wäsche reinigt und zum Trocknen aufhängt, wenn man Haus-, Nuß- oder andere Tiere irgendswelcher Art hält, wenn man Blumenbretter anbringt usw. usw. Im Vor­wärts" wurde vor furzent ein skandalöser Vertrag niedriger ge­hängt, der sogar die sofortige Auflösung des Mietverhältnisses ausbedang für den Fall, daß Kinder des Mieters auf dem Hof oder auf den Fluren spielen würden. Gewiß muß Ordnung in jedem Miethause herrschen; das ist mehr noch im Interesse aller Mieter als des Eigentümers. Aber die Dehnbarkeit der Hausordnungsvorschriften gibt dem Haus­ Ach, wie geht's dir und auf Wiedersehen. Ich hab' feine Zeit." " Ich wollte dir nur sagen, du möchtest Sonntags rüber­tommen. Weil Mela zurückkommt."

"

Sitzt sie denn immer noch in Florenz ?"

" Ja, mit Rosa. Verrückte Frauenzimmer. Rosa Tang­weilt sich, und in Mela hat sich ein italienischer Fürst verliebt und soll hier nach Lodz ihr nachkommen. Wozu?"

"

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Er will sie heiraten. Rosa schrieb es." Unsinn."

"

,, Ein authentischer Fürst!" rief Grünspan und knöpfte seine Uniform auf.

,, So' ne Firma kannst du dir in jedem italienischen Hotel

Staufen ."

" Ich denk's mir so, Herr Mauritius . Sehen Sie, alle unsere Leut', das ist ja Vieh. Sie schauen nur, wie sie heut ein Geschäft machen fönnten, um am Sonnabend gut essen und sich ausschlafen zu können! Was machen Sie also?" " Ich werd' noch sehen. Borowiecki hat also keinen Pfennig Sercdit bei Ihnen?"

" Ich wollte doch nicht alle unsere Fabrikanten wegen ihm berlieren!"

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"

Ein Komplott!" flüsterte unwillkürlich Moritz.

Wie heißt Romplott? Was reden Sie? Das ist bloß Abwehr. Wenn es ein anderer wäre und nicht Borowiecki, dann würde man ihm leise auf den Kopf treten, und er würde schon rasch verrecken. Aber Sie wissen ja selbst, was Borowiecki für Buchholz bedeutete, Sie wissen selbst, was er für ein Farbentechniker ist! Na, dann wissen Sie auch, daß man an ihn glaubt, daß er Beziehungen hat, daß er auf den Märkten bekannt ist."

Das stimmt alles, aber es kann ihm gelingen!" schloß Moritz und ging ins Kontor hinter die Schalter, zu Wilczek. Herr Wilczek, der alte Grünspan möchte Sie sprechen, wenn möglich gleich."

" Ich könnte es Ihnen sagen, wovon er mit mir reden will! Sie können ihm ausrichten, daß ich es gar nicht eilig habe, den Platz zu verkaufen, weil ich ihn brauche."

Wie Sie wollen!" warf Moritz zurück und ging hinaus. Ein Komplott!" dachte er, als er die Piotrkowerstraße betrat.

Er versant so in Gedanken, daß er Sigismund Grünspan nicht bemerkte, der ihm vom Wagen aus zuwinkte. " Erkennst du deine Bekannten nicht mehr, Morik!"

Sie verabschiedeten sich. Morih hatte es sehr eilig. Er ging in die Fabrik, wie jeden Tag. Er liebte es, sich an dem Anblick der vor seinen Augen emporwachsenden Mauern zu ergögen. Heute schritt er ganz langfam. Die Worte Großglücks drückten ihn. Er überlegte hin und her, obwohl er die Befürchtungen des Bantiers für übertrieben hielt.

Bis auf weiteres gilt in dieser Beziehung die Anordnung Betrieb von Zentralheizungsanlagen bis zum 15. Oftober zu unterbleiben hat; doch kann der Kohlenverband Groß- Berlin, falls die Witterung ungewöhnlich kalt werde sollte, für den Wiederbeginn der Heizung einen anderen Zeitpunkt festießen. Im Vorjahre war, wie erinnerlich, gleichfalls das Heizverbot bis zum 15. Of­tober ausgedehnt worden, doch brachte der Oktoberanfang so falte Lage, daß das Verbot schleunigst aufgehoben werden mußte. Um so mehr, als das Verbot nur für Mieträume galt, während in be= daher von dem Witterungsverlauf der nächsten 14 Tage abhängen. hördlichen Gebäuden wader geheizt wurde. Es wird wann die Genehmigung zum Betrieb der Sammelheizung erteilt wird. In seiner Verordnung vom 24. April d. J. hat der Kohlen­verband Groß- Berlin bestimmt, daß die Zimmerwärme in Miet­räumen mindestens 17 Grad Celsius von 9 Uhr vormittags bis 9 Uhr abends zu betragen hat.

Geographicstunde im Kino.

Gin Lehrfilm Die Alpen " wurde gestern im Theatersaak der Urania( Taubenstraße) in einer Sondervorführung ge­ladenen Gästen zum ersten Male gezeigt. Im Auftrage des Zen­tralinstituts für Erziehung und Unterricht" hat Prof. Dr. Felir 2ampe ihn aus Beständen des Bild- und Filmamis zusammen­gestellt, soweit sie sich für diesen besonderen Zired eigneten. Es Handelt sich e Professor Lampe in seinem Vortrag ausführte, um einen Versuch, die Schule und das Lichtspiel mit­einander zu verbinden. Dem Lichtspiel soll dieser Bund eine Veredlung bringen, für die Schule aber wird von ihm eine Belebung erwartet. Geographieunterricht im Kino war es, was uns da geboten wurde ein so anregender Geographieunier­richt, daß die Veranstaltung troß ihrer ungewöhnlich langen Dauer von Stunden alle Teilnehmer bis zum letzten Augenblick feffelte. Land und Leute der Alpen sahen wir in Bildern, die zum Teil vom Luftballon und vom Flugzeug aus aufgenommen waren. Die Technif des Films ermöglichte es, Landkarten zu zeigen, auf denen die Gebirgszüge, die Flußläufe, die Eisenbahnlinien vor Lehrte uns der Film, über die Lage der Alpen, die Baustoffe der unseren Augen entstanden. Ueber Natur und Menschenwerk be­Berge und ihre Formen, die durch Schnee und Wasser bewirkten Veränderungen und Zerstörungen an ihnen, die menschlichen Sied­lungen, die Verkehrsmittel, die Tierwelt. Die aus der Vogelschau gemachten Aufnahmen gewährten Einblick in die großartige Hoch­gebirgswelt mit ihren von ewigem Schnee bedeckten Gipfeln und ihren von wilden Gießbächen durchtosten Schluchten. Wenn die Geograhie, wie Professor Lampe ausführte, nicht ein Mosaif von Einzelheiten bieten, sondern aus einer Fülle von Eindrücken ein Gesamtbild entstehen lassen soll, so fann gerade der Film ein wertvolles Hilfsmittel für sie werden. Gerade das betregte Bild ist, so wenig auch seine Unraft zu dem Wesen des Lernens zu passen scheint, vortrefflich geeignet, zu der Tätigkeit des Sam melns und Verschmelzens von Eindrücken anzu= leiten. Der Film Die Alpen " wird als" Lehrfilm" bezeichnet, aber damit soll nicht gesagt sein, daß er nur auf die Schuljugend berechnet ist. Er ist reich an Anregungen auch für Erwachsene und befriedigt das Bedürfnis edler Unterhaltung. Der Beiinibosni den bei der Sondervorführung das aus Erwachsenen zusammenge fette Publikum spendete, war verdient.

Berliner Lebensmittel.

In der Woche vom 30. September bis 6. Oftober wird als Gr­jak für Fleisch Weizenmehl ausgegeben, und zwar für Ec­wachsene 250 Gramm und für Kinder 125 Gramm. Die Ausgabe erfolgt in Berlin auf den an der Berliner Fleischkarte befindlichen blaugrauen Bezugsabschnitt 1 und gegen Borlegung der Lebens­mittelfarte bei dem Händler, bei dem der Anmeldeabschnitt Nr. 64 der Lebensmittelfarte abgegeben worden ist. Eine Voranmeldung ist nicht erforderlich. Wer den Abschnitt 64 nicht angemeldet hat, tann den Bezugsabschnitt 1 der Berliner Fleischkarte bei der Ab­doch sehr. Es war ihm zwar gleichgültig, ob Borowiecki etwas verlor, er selbst war ja aber bei dem Geschäft engagiert, und nur diese Seite der Fabrikangelegenheit interessierte ihn; er selbst ging ungern auch nur ein Risifo ein, und er fühlte jetzt, jene, die das Komplott geschmiedet hatten, würden nicht locker laffen.

,, Das ist kein Geschäft!" dachte er, und erst jetzt wurden ihm die Ursachen der verschiedensten Hindernisse flar, auf die fie stießen. Jetzt verstand er, warum der Unternehmer, der die Maurerarbeiten ausführen sollte zurückgetreten war. Jene hatten ihm die Ausführung verboten!

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Die Baupläne wurden ihnen bemängelt und die Be­willigung wurde hinausgezögert. Auch das war jenen zu verdanken!

Die Baupolizei störte sie in der Arbeit und zwang sie, die Wände stärker zu bauen. Auf die Denunziation jener hin, natürlich! Deutsche Rhein - Firmen weigerten sich, ihnen die Maschinen auf Stredit zu liefern. Auch das hatten jene angezettelt!

Und endlich die falschen, gemeinen und dummen Ge­rüchte, die über Borowiecki in ganz Lodz umliefen und die ihren zukünftigen Kredit schon jetzt untergruben? Wer ver­Mit prüfenden Blicken schaute er sich die Schilder der breitete sie? Die Leute von Großglück, Schaja und Zucker. unzähligen Läden an, die Aufschriften auf den Häusern, die ,, Das ist hundertmal fein Geschäft. Die fressen ihn ja vielen Namen auf den Balkons, an den Wänden und Fenstern auf." Morig' Gedanken wurden immer trüber. Als er aber der Häuſer. in die Straße einbog, in der die Fabrik lag, begann er schon Hotel Lindenbaum, Chastiel, Jta Aronsohn, Joseph Mittel und Wege auszudenken, wie er von dem Geschäft Reinberg usw., lauter jüdische Namen, hier und da mit zurücktreten könnte. deutschen durchsetzt.

Alles unsere Leut'!" dachte Morih mit einer gewissen Erleichterung. Ein geringschäßiges Lächeln umspielte seine Lippen, wenn er einen polnischen Namen auf dem kleinen Schild eines Schusters oder Schlossers erblickte.

" Großglück ist verrückt," dachte er, dieses Meer von jüdischen Häusern, Läden und Fabriken mit seinen Blicken umfangend. Das ist eine verrückte Manie bei ihm." Fröhlich blickte er vor sich hin und dachte nicht mehr an Großglücks Be fürchtungen wegen der Polonisierung von Lodz . Jetzt, wo er um sich herum die Macht des Judentums fah , wußte er, daß nichts und niemand sie brechen könnte. Vor allem aber nicht die Polen !

Nein, er wollte nicht mehr an die Befürchtungen des Bantiers denken.

Aber das Komplott gegen Borowiecki beunruhigte ihn

Er suchte nach einem anständigen Vorwand, weil er mit Borowiecki nicht definitiv brechen wollte.

III.

Die Gebäude der Meißnerschen Fabrik, die Borowiecki gekauft hatte und jetzt für seine Fabrik umbaute, standen in einer Seitengasse der Konstantinstraße: es war die Gegend der ganz kleinen Fabriken und kleiner selbständiger Werf­die Großindustrie stätten, jetzt schon ganz abgestorben, hatte sie getötet.

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Die Straßen waren frumm, nicht gepflastert, elend und schmutzig. Die Häuser waren vor Alter schief und versanten langsam in dem fumpfigen Boden, als ob die Größe der Müllerschen Fabritsbauten und die riesigen Schornsteine der anderen Fabriken sie erdrückten, die wie ein dichter, steinerner Wall ringsum schwankten.

( Forts. folgt.)