London , 27. September. Präsident Wilson hat heute, am Tage vor Auflegung der vierten Freiheitsanlekhe, in New Jork gesprochen und etwa folgendes ausgeführt: „Während der vier Kriegsjahre ist der gemeinsame Wille der Menschheit an Stelle der Einzelziele von ein- zelnen Staaten getreten; es ist ein VMerkrieg geworden. Tie Alliierten sind einstimmig der Meinung, daß kein Friede durch eine Art Kauf mit den Mittelmächten geschlossen werden kann, weil sie bereits mit ihnen unterhandelt und sie als Unterhändler mit anderen Regierungen beobachtet haben, nämlich in Brest- Litowsk und in Bukarest . Ter Preis für einen sicheren, dauerhaften Frieden ist unparteiische Gerechtigkeit. und das unentbehrliche Mittel dafür ist der Völkerbund, der auf Verträgen gegründet ist, die eingehalten werden müssen. Die Bildung des Bundes und die Festlegung seiner Zwecke mutz der wesentlichste Teil der Friedensverhandlungen selbst werden. Die Vereinigten Staaten find bereit, ihren vollen Anteil an der Ver- antwortlichkeit für die Handhabung der Abkommeti auf sich zu neh- men, auf denen der Frieden künftig beruhen muß. Es ist eine Besonderheit dieses Krieges, daß, während die Staatsmänner zuweilen unsicher waren, die Völker immer ge- wisier wurden, wofür sie kämpfen. Die nationalen Zwecke traten in den Hintergrund und das gemein sich) aftliche Ziel der aufgeklärten Menschheit hat ihren Platz eingenommen. Nach einem weiteren(Reuter-) Bericht sagte Wilson ferner: Die Amerikaner gingen in den Krieg, als die Art desselben vollkommen fest stand und selbstdvrständl� kamt keine Nation
gleichgültig gegenüber dem Ablauf des Krieges sich Verhalten und sich abseits dieser Ueberzeugung halten. Sie nehmen die Er- eignisse im Kriege als Tatsachen hin und nicht so wie diese oder jene Gruppe von Leuten sie darlegen. Dos Recht kann nicht in einem Vergleich oder Kompromiß bestehen sondern es mutz die volle um- zweideutige Annahme des Grundsatzes, daß das Interesse des Schwächsten ebenso heilig ist, wie das des Stärksten, ausge- sprachen werden. Das meinen wir, wenn wir von einem dauer- haften Frieden sprechen. » Zugleich meldet„Matin" aus New Jork: Senator Lodge, der Präsident des amerikanischen Ausschusses des Auswärtigen, präzisierte unserem Vertreter die amerikanischen Kriegsziels. Tas Hauptkriegsziel, so führte der Senator aus, sei. Deutsch - land für immer unmöglich zu machen, einen Krieg zu führen: außerdem müßten alle Kriegs schäden von Deutsch- l a n d'b e z a h l t werden. Der Friede müsse Deutsch- land diktiertwerden. Der Zusammenhalt dieser Aeußerungen ergibt, daß Teutschland erst zerschmettert, das deutsche Volk in ewige Schuldknechtschaft gedrückt werden soll, ehe die Amerikaner daran gehen wollen, das Gebäude des �Völkerbundes zu errichten. In einem solchen Völkerbund würde aber das deutsche Volk der Sklave und darum auch der ewige Rebell sein. Der Völkerbund soll werden, aber das deutsche Volk� soll in ihm keinen schlechteren Platz haben als die übrigen Völker: das ist das einzige, worum wir kämpfen._
Das Mißvergnügen über öie Gompers- Leute. Bern , 27. September. (Eigener Drahtberichi des„Vorwärts".) Auf der am Sonntag in Glasgow tagenden Konferenz der s ch o t- tischen Arbeiterpartei trat deutlich das Mißvergnügen zu- tage, welches die Gompersleuie auf der Londoner Konferenz durch ihr Austreten erzeugten. Snowden sagte, die Konferenz habe das Gute gehabt, daß man die amerikanischen Vertreter darüber belehrte, daß die Erde nicht ihnen gehört, und daß man Gompers merken ließ, daß neben seiner Meinung auch die anderer Leute besteht. Macdonald sagte, die Amerikaner seien im Kriege vier Jahre zurück, in der Arbeiterpolitik aber ein halbes Jahrhundert; hoffentlich begreifen sie, daß wir unsere Sachen so gut verstehen, wie sie ihre zu verstehen behaupten. Macdonald meinte, daß weder die Franzosen , noch dieJtaliener eine auf gleicher Grundlage aufgebaute Konferenz wie- , d e r besuchen würden. Die Offenheit des englischen Urteils über das Gompersche Parvenütum sticht von dem höflichen Bemühen der Genossen ab, aus dem unaufgegangenen Londoner Teig Rosinen herauszuklauben. Unterdes nimmt die Gompers-Reise den Charak- ter einer Groteske an. Gompers, den Ententeminrster mit ernster Miene als großen Bürger feiern, sagte einem Ausfrager des„Echo de Paris": Ich beschloß, solange in Europa zu bleiben, bis ich Gewißheit habe, daß die Arbeiterklasse meinen„Krieg-his-ans-Ende"-Prinzipien an- hängt. Zur Kennzeichnung der Stimmung, die G o m p e r s wenigstens bei einem Teil der englischen Arbeiter erzeugte, berichtet eine Berner Meldung des Wolssb-urealls: Gompers, der England am Dienstag verließ, hielt am Sonntag seine letzte Ansprache in einer besonders einberufenen Ber» sammlung des Londoner Gewerkschaftsrates. Er begann mit der Bemerkung, daß er nach Frankreich und Italien weitergehe. Als ihm zugerufen wurde:„Auch nach Deutschland ?" setzte er sich entrüstet mit dem Ausruf nieder: Wir sind hier, glaube ich. am falschen Orte, und fuhr erst fort, nachdem der Vorsitzende ersticht hatte, ihn höflichst und ruhig anzuhören. Trotzdem wurde er weiter mit Zurufen, beispielsweise, daß der Krieg ein Kapitalisten- krieg sei. und wie er es mit der irischen Unabhängigkeit halte, unterbrochen. Als er von dem Zwecke setner Mission sprach und betonte, daß« nicht um Sympathie bitte, erfolgte der Zuruf: Jawohl, für Sympathie kann man sich nichts kaufen! Höchst ent- rüstet entgegnete Gompers: Wer hier Slreki oder indirekt andeuten will, daß ich ans Geld aus sei, sagt, was schwärzer als die Hölle, aber einfach eine Lüge ist._____ vorläufig kein Koalitionskabmett. Weitere Bemühungen Hussnreks. Die Wiener Blätter melden übereinstimmend, daß in Abgeordnctenkreisen augenblicklich keine Geneigtheit zur Bildung eines Koalitionsministcriums besteht. Man er- wartet indessen, daß der Ministerpräsident Freiherr v.Hussarek diesbezüglich nach Zusammentritt des Reichsrats die Parteien neuerlich sondieren wird. Hegnaöigung üer polnischen Legionäre. Ein Teil der österreichischen Friedensaktion. Der Obmann des österreichischen Polenklubs, Tertil, sowie ein volnisches Herrenhausmitglied und ein polnischer Reichstagsabgeordneter wurden von Kaiser Karl in Audienz empfangen. Der Kaiser eröffnete ibnen. daß er die vollständige Einstellung des Prozesses gegen die polnischen Legionäre in Marmoros-Sziget verfügt habe. Zwar sei die Tat der beschuldigtcn Soldaten nicht frei von militärstrasrechtlichcr Verantwortung, jedoch stets eingedenk der zahlreichen Beweise großer Treue und Tapferkeit der Polen sowie ihrer Selbslausopferung aus den Schlachtfeldern und im Hinterland, und Gebrauch machend von dem dem Monarchen zu- stehenden herrlichsten Recht der Gnade und Ver� zeihung habe er sich zu diesem Schritt in der Erwartung ent- schlössen, daß das bisherige Verhältnis des polnischem Volkes zur Krone auch fernerhin bleibend bestehen werde. Tertil erwiderte: Geruhen Ew. Majestät die Versicherung der aufrichtigsten Dankbarkeit von uns, aber auch gleichzeitig den Dank der Mütter und � Krauen der Legionäre entgegenzunehmen, deren Tränen, seit vielen Jahren wm ersten Male freudige Tränen, voll- wichtig in die Wagschale der Empfindungen und Stimmungen und möglicherweise auch der Ereignisse in Polen fallen werden. Ich könnte nicht sagen, daß uns diese Nachricht unerwartet trifft. Wir haben sie erwartet. Es war der innigst« Wunsch oller Polen, und wir harrten dieser Nachricht um so mehr, als wir keinen Augenblick den Glauben au die Großmut Ew. Majestät verlore-n hatten. Wir freuen uns aufrichtig, daß w?r uns in unserer Zuver- ficht nicht geirrt haben, und' unsere Freude ist um so größer, als dasjenige, was wir soeben vernommen haben, nicht ein E r ge b- n i s Von Bitten, noch eine Folge politischer Einwirkung ist, sondern der eigenen freien Entschließung des Monarchen, seinem edlen Willen, zu verdanken ist. Wir begrüßen diese Mitteilung mit Freude auch deswegen, weil sie in einem Augenblicke kommt, da sich die Losung: Krieg dem Kriege! durckzusetzen beginnt. Der Audienz der Vertreter der Polen beim Kaiser wohnte auch der Minister für Galizien , Galcki, bei-
Er richtete an den rangältesten Angeklagten. Major Zagorski, ein Telegramm, in dem er mitteilte, daß Seine Majestät den Prozeß gegen die Legionäre zu abolieren geruht habe, und worin er allen polnischen Legionären seinen Gruß entbietet und ihnen wünscht, die Ideale, für die sie kämpften und litten, in Freiheit verwirklicht zu erleben. Dem Obmann des Polenklubs darf nachgesagt werden, daß er Männerstolz vor Königsthronen zeigt. Er sagt, daß die Polen nicht gebeten haben und die Begnadigung der Legionäre als ihr gutes Recht betrachten, dessen Erfüllung sie erwarte) haben. Die Begnadigung ist kein isolierter Akt der inneren öfter- reichischen Politik. Sie steht im Einklang mit dem Versuch, ein Koalitionskabinett zu bilden, dem Streben nach der austro- polnischen Lösung und dem Friedenswillen der österreichischen Regierung. Das Ziel ist, durch Beruhigung der Protest- krischen Nationen der Entente möglichst jede Gelegenheit zur Einmischung zu nehmen.. Die Kömgsfrage in Zwnlanü. Helsingfors , 27. September. Der Landtag nahm heute die Neuwahl des Präsidiums vor,'wobei dessen bisheriger Präsident Lundson und zweiter Vizepräsident Alkio, beide Republikaner, aus- schieden. Gewählt wurden Professor Jngman, Altfinnc, zum Präsidenten, Ahmavaara, Jungfinne, zum Vizepräsidenten, Schy- bergson, Schwede, zum zweiten Vizepräsidenten. Auf nachmittag 3 Uhr berief der Senat die Vertreter der Landtagsparteien zu einer .Konferenz ein, der allgemein größte Bedeutung beigemessen wird. Bei der gestrigen Beratung der jungfinnischen Landtags» fraktion wurde zwischen den monarchischen und republikanischen Fraktionsmitgliedern Einigkeit darüber, erzielt,, daß die Ein bringung eines neuen freisinnigeren Ver fassungsentwurfs vor Vornahme der Königs- wähl wünschenswert sei.. Die Republikaner machten hierbei ihre endgültige Stellungnahme von der Beschaffenheit der emzubringen- den Vorlage abhängig. Die bulgarische Bewegung nach Noräen. Jstip, Strumitza, Kochanc feindlich besetzt. Sofia� 26. September. Generaistabsbericht. Mazedonische Front: Westlich des Wardar setzen unsere Einheiten ihre Bewegung nach Norden plangemäß fort Oestlich von W e l e s wurde ein heftiger feindlicher Angriff ab- gewiesen. Englische Bataillone rückten nach Artillerievorbereitung gegen unsere Stellungen an der Wisoka Thuka nördlich des Dojrai* Sees vor, sie wurden durch Feuer zerstreut. Englischer Orientbericht. Die britischen Truppen sind in S t r u in> tz a eingezogen. Serbischer Heeresbericht vom 2 3. September. Die Serben nahmen den sehr wichtigen Punkt Eltkamen und zogen in Jstip ein. Serbische Kavallerie zog in Kochane ein. Viele weitere Deutsche und Bulgaren wurden gefangen genommen. Insgesamt rückte die Kavallerie seit Beginn der Offensive 130 Kilometer vor. Im Berner„Bund" erklärt Stegemann: An der mazedonischen Front sind genügend deutsche Verstärkungen'zur Stelle»und können diese aus Flanke operieven, so ist Mazedonien und die strategische Wiederaufrichtung der Bulgaren ebensogut möglich, wie dies bei de» Italienern in Venetien der Fall war. Französischer Orientbcricht vom 26. Sepie mber. Die alli- ierten Armeen setzen ihren Vormarsch nach Norden unablässig fort Sie haben die V a r d a r b a h n und die Linie Mona st ir-� Prilep— Gradsko vollständig frei gemacht. Durch einen kühnen Streich nach Osten zu haben englische Streitkräfte die bulgarische Stadt S t r u m i tz a genommen. Die serbische Kavallerie ist von I st i p aufgebrochen und hat sich der Stadt K o c a n a be mächtigt. Die serbischen Armeen haben Kabinai nördlich von Jstip erreicht. Sie greifen die Stadt V o l e s an, welche von einem Bataillon deuischer Jäger und aufgelösten bulgarischen Truppen verteidigt wird. Die alliierten Streitkräfte in Prilep haben den linken Flügel der bulgarisch -deutschen Armee auf die Gebirgsgegend westlich von Kr usch ewo zurückgeworfen. Die italienischen Truppen sind bereits in der Nähe dieser Stadt eingetroffen.
Arbeitskammern für Angestellte. Extrakabinen für das bessere Publikum? Die„Nordd. Allgem. Ztg." schreibt: Der Gesetzentwurf betr. Arbeitskammern für Angestellte (A n g e st e l l t e n k a m m e r n) ist im ReichSwirtschaftsamt so weit gefördert, daß die Beratungen darüber mit den Jnteressentengruppen demnächst beginnen können. Es ist Aussicht vorhanden, daß dieser Gesetzentwurf dem Reichstag während der nächsten Wintertagung vorgelegt werden kann. Damit würde einem Wunsche des Reichs» tags und der Angestellten entsprochen werden. Die Fassung dieser offiziösen Notiz läßt nichts GuteS erwarten. Denn die einzig vernünftige Lösung ist die Eingliederung von An- gestelltenabteilungen in die allgemeinen Arbeits kammern. Die Schaffung besonderer Angestelltenkammern läßt vermuten, daß im ReichSwirtschaftsamt der alte Kastengeist»och nicht überwunden ist, ja daß man dort darauf ausgeht, ihn noch höher zu züchten. Die organisatorische Sonderstellung der Angestellten wäre ein wahrer Hohn auf die tatsächliche Entwicklung der Berhältniffe während des Krieges, die zu einer durchgreifenden Proletari« s i e r u n g der Angestellten geführt hat. Die Angestellten hätten jedenfalls mehr Verständnis dafür, daß man sie anständig bezahlte — man denke nur an die vorgestrige Versammlung der Bank- beamten!— als für eine gesellschaftliche Extrawurst, die ja doch nur eine Atrappe ist: Pappe, nicht Fleisch!
Neue Kampfe in Palästina. Konstantiuopel, 27. September. Tagesbericht, Palästinafront: Auf unserem rechten Flügel haben sich neue Kämpfe entwickelt. Mesopotamien : Am. Tigris vorfühlende feindliche Kavallerie wurde durch unser Feuer abgewiesen. Bon den übrigen Fronten nichts Neues. Der spanische Marineminister Miranda ist zurückgetreten. Die Ursache des Rücktritts ist anscheinend ein Kompetenzstreit zwischen den Militärgouverneuren von Cartagena.„Temps" will wissen, daß der Rücktritt auf einen Beschluß des Ministerrats zurückzu- führen ist, wonach die Hafenverwattungen Offtzieren des Land- Heeres überirageTi werden sollen.
Der Zwang zur Zwangswirtschast. Norwegens Erfahrung. Nach einem Bericht der„N. A. Z." über die skandinadische Arbeiterkonferenz in Kopenhagen führte dort der norwegische Genosse Lian u. a. folgendes aus: Die schwierigen Ernährungsverhäliniffe trugen stark dazu bei, die Unruhe zu vermehren. Anfangs huldigte man in Norwegen der Doktrin, daß eS nur darauf ankomme, den Handel in Gang zu halten. Man unterließ deshalb alle Rationierung, bis man plötzlich im Januar zu äußerst knappen Brotrationen überging, während gleichzeitig die Kartoffeln ganz verschwanden. Die Erfahrungen sind in allen Ländern der Welt die gleichen. Nirgends hat sich das Grundgesetz der kapitalisti schen Wirtschaft, das Gesetz vom freien Spiel der Kräfte, aufrechterhalten lassen. Würden wir den Versuch machen, zum freien Handel zurückzukehren, so müßte er bald wieder abgebrochen werden, und die Zwangsbewirtschaftung begänne von neuem unter noch weiter verschlechterten Verhältnissen! Das gefälschte Flugblatt. In letzter Zeit ist, vornehmlich in Süddeutschland , ein Flugblatt„Preußenherzen hochl" ver». breitet worden, das nach den Unterschristen vom„Preußen-Bunde" und dem„Bund der Kaisertreuen" zu stammen schien. Eingehende' amtliche Feststellungen haben nach Meldung des.WTB ergeben, daß das Flugblatt gefälscht ist, und daß weder die beiden genannten' Vereinigungen noch die beiden Unterzeichner mit diesem Machwerk das Geringste zu tun haben. So geht, es nicht' weiter! Zu meinem unter dieser Ueber- schrist am Donnerstag. vom„Vorwärts? veröffentlichten Artikel bitte ich noch bemerken zu dürfen, daß durch die von der Redaktion für notwendig erachteten Kürzungen die Darstellung der Vorgänge in Saarbrücken eine falsche Beleuchtung bekommen hat. Besonders wird der Einwand ganz verwischt, daß es sich um zwei ver- schieden e, mehr als zwei Monate au se i na,»vtlVr- liegende Vorgänge handelt. Zur Vermeidung etwaiger späterer „Berichtigungen" möchte ich das ausdrücklich feststellen. _______ Konrad Haenisch . Letzte Aackrickttn. Oesterreich sucht einen Konferenzort.-, Amsterdam , 29. September. Aus dem Haag wird amtlich ge- meldet: Der vorläufige Geschäftsträger von Oefterreich-Ungarn hat am 23. September im Auftrage seiner Regierung den Minister des Auswärtigen AniteS in Kenntnis gesetzt, daß seine Regierung mit Genugtuung sehen würde, wenn die Residenz Ihrer Majestät der Königin Wilhelmine für die Abhaltungen von Besprechungen der- art zur Verfügung gestellt würde, wie in der von der kaiserlichen und königlichen Regierung an alle kriegführenden Regierungen ge- richteten Note vom 14. September d. I. beabsichtigt ist. Auf diesen Schritt hin hat Minister Graf C ä l i c e folgende Antwort gegeben: Di« niederländische Regierung hat sich bei der Handhabung der Neutralität nicht nur von Erwägungen, die aus- schließlich auf die eigenen Interessen des Landes gerichtet sind, leiten lassen, sondern es ist ihr von Beginn des Krieges an daran gelegen gewesen, ihro neutrale Stellung der Gastfroiiheit gegen die Krieg- führenden dienstbar zu machen. In Uebereinstimmung mit dieser unverändert von ihr befolgten Richtschnur ist eS der niederländischen Regierung angeenhm, zu erklären, daß ihre Majestät die Kömgin sich jederzeit als glücklich erachten würde, die Gast- fteiheit ihrer Residenz zur Verfügung von Zusammen- künften zu stellon, welche beide Gruppen dort albzuhalten wünschen; da sie glaubt, daß sie auch die Regierungen der anderen kriegführenden Länder nicht ununterrichtet über de» von Oesterreich- Ungarn unternommenen Schritt und die darauf gegebene Antwort � lasse» darf, hat die Regirrung den niederländischen diplomatischen Vertreter in diesen Ländern telegraphisch gebeten, die betreffende Regierung über beides in Kenntnis zu fetzen.
Protest gegen Ausschluß Herdas. Genf , 28. September. AuS Paris wird berichtet: Herve erklärt in der Humaniie, gegen den Ausschluß aus der Sozialistenpartei die nicht im Parteireglsment vorgesehene Berufung einzubringen.
Kniserlingk t MÜn ch en, 28. September. Der k n r l S n d i s ff, e Dichter Eduard Graf Kaiserlingk in München , ist, 63 Jahre alt, g e st o r b e n. Einige Dramen, einige Werke erzählender Kunst, mit ciiudrin- gendem Blick und teilnehmendem Herzen der Wirklichkeit abgewon- nen, hat Kayserlingk der deutschen Dichtkunst geschenkt. Sein T-rama„Frühlingsopfer", das aus mancher deutschen Bühne zur Aufführung gelangte, entstandst» der besten Zeit deutscher natura- listischer Kunst, ein Stück Volksdichtung auS litauischer Dörflichkeit erschaut, lieblich durch«ine Mädchengestalt.und durch eine Bauernburschen figur zugleich voll derber Kraft, an deren rohem Zugreifen zarteres Leben zerbricht.