Nr. 293. 35. Jahrg.
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Redaktion: W. 68, Lindenstraße 3.
Berniprecher: Amt Morisvlas. Rr. 151 90-151 97.
Donnerstag, den 24. Oktober 1918.
Expedition: GW. 68, Lindenstraße 3. Wernbrecher: Umt Moriuplas, Str. 151 90-151 97.
Meue Anftürme im Weiten gescheitert.
In der gestrigen Reichstagssigung haben Elsässer, Bolen und Dänen das Selbstbestimmungsrecht für sich geltend gemacht. Das macht auch für uns notwendig, über diese Fragen offen zu reden.
Die Sozialdemokratie hat im Kriege niemals das richtige Mittel erblickt, Auseinandersehungen zwischen den Völkern in gerechter Weise auszutragen, weil in ihm nicht das wirkliche Recht, sondern das sog. Recht des Stärkeren" siegt. Würde aber dieser Krieg wirklich als erster in der Welt mit einem wahren Rechtsfrieden enden, so könnte nur das Selbstbestimmungsrecht aller Völker, das heißt selbstverständlich auch das des deutschen Volfes, den leitenden Grundsay für ihn abgeben
Werden die Türen des Reichs für die aufgebam, die hinaus wollen, so müssen sie auch denen offenstehen, die hinein streben. Dabei wird sich eine vollkommen gerechte Lösung nicht finden lassen. Sie fann nur gefunden werden in der Demofratie, d. h. in der Freiheit der sprachlichen Minderheiten und in dem freien Wirtschaftsber fehr zwischen den einzelnen Ländern. Ungern werden wir die scheiden sehen, die feine staatliche Gemeinschaft mit uns mehr haben wollen, weil sie noch immer das Deutschland des alten prenßischen Snitems vor Augen haben, das uns die Sympathien der Völker entfremdet hat. Allen, die bei uns bleiben oder zu uns fommen, eine freie wohnliche Wohnstatt zu bereiten, bleibt das Biel der deutschen Sozialdemokratie.
Das Echo der deutschen Antwort.
Der Eindruck in Washington . Amsterdam , 23. Oftober. Reuter meldet von gestern aus Washington : Der offizielle Text der deutschen Note ist heute morgen auf der schweizerischen Gesandtschaft empfangen worden. Eine offizielle Mitteilung über die Antwort an Deutschland ist augenscheinlich noch nicht erfolgt. Die nichtoffiziellen Erklärungen sind sich, was die Hauptpunkte anbetrifft, einig darüber, daß ein sofortiger Frieden noch nicht zu erwarten ist und daß Tein Waffenstill. stand zustande kommen werde, es sei denn unter Bedingungen, die den deutschen Militarismus für immer vernichten. Die all. gemeine Ansicht der Kongresmitglieder, einschließlich der Repu blikaner geht dahin, die Unterhandlungen mit Deutschland zu beendigen. Das Komitee für auswärtige Angelegenheiten im Senat wünscht, daß die Note dem Urteil ber Entente unterworfen werden solle, bevor Wilfon sie be. antwortet.
Der Eindruck in England.
London , 22. Oktober. ( Reuter.) In maßgebenden Kreifen wird die deutsche Antwort als nicht gefchäftlicher, sondern als rein argumentierender Borschlag" betrachtet. Der in Regierungs-, diplo. matischen und politischen Kreifen zu der Antiport eingenommene Standpunkt ist der, daß es keine Antwort, sondern nur eine Art von Reberei sei, dazu bestimmt, das Fehlen einer Antwort zu verbeden. Die Regierung hat die Antwort im einsel. nen noch nicht erwogen, obwohl der Bremierminister unb feine Amtsgenossen heute längere Beratungen abhielten. Nach dem„ Nieuwen Rotterdamsche Courant" bom Dienstag schreibt der Parlamentsforrespondent des Daily Chronicle"; Die neue deutsche Antwort bildete gestern abend in den Wandelgängen des Parlaments den Hauptgesprächsftoff. Die Konservativex und die meisten Liberalen betrachten sie mit Argwohn, als einen Versuch, zwischen Amerila und der Entente 8mietracht au fäen. Der neue Befehl, wodurch den U- Booten verboten wird, Passagierschiffe au torpedieren, wurde als ein Wilson liftig hinge Halbtener Nöder betrachtet. Ginige raditale und Arbeiter. Abgeordnete waren der Meinung, daß die neue Note gegen über den früheren Schritten einen großen Fortschritt bar. ftellt
Kämpfe an Lys und Schelde- Räumung des Brückenkopfes an Serre und Souche Steigerung der Kämpfe bei Vonziers und Olizh.
Berlin , 23. Oftober 1918, a ben bs. Amtlich. Teilkämpfe in Flandern .
Beiderseits von Solesme 8 und Le Catean haben wir erneut Durchbruchsversuch der Engländer vereitelt. Die heftigen Kämpfe fanden in der Linie St. Martin- Neuville- Bousies- OrsCatillon ihren Abschluß.
Auf nördlichem Serre ufer beiderseits Bouziers nud westlich von Grandpré find Angriffe der Franzosen , auf beiden Ma a sufern sehr heftige Angriffe der Amerikaner gescheitert. Amtlich. Großes Hauptquartier, den 23. Dttober 1918.
Weftlicher Kriegsschauplay.
Qeeresgruppe Kronprins Ruppre& t
Die Rämpfe in der Lys- Niederung dauern an. Heftige Angriffe des Gegners beiderseits von Deinze . Nörd lich der Stadt wurden fie abgewiesen, südlich der Stadt nach anfänglichem Geländegewinn durch Gegenstoß westlich der Straße Deinze- Offene gum Stehen gebracht. Deftlich von Rartrit wurden wir vom Westrande von Bichte auf den Ostrand zurüd gedrückt. Beiderseits des Ortes find starte feindliche Angriffe gescheitert. In erbittertem Kampf wurden ble Höhen bei ei berg bom schlesischen Reserve- Infanterie- Regiment Nr. 10 unter feinem Kommandeur, Major Grünner, gegen vierfachen Anfturm des Gegners gehalten. Teilfämpfe in der Schelde. Nieberung beiderseits von Tournai und Belenciennes.
Heeresgruppe Deutscher Kronpring. Südlich von Marle räumten wir den vorübergehend verteidigten Brückentopf an der Serre und Souche und nahmen unsere Linien hinter die Bach- Abschnitte zurück. An der Aisne wiesen wir heftige Angriffe des Gegners beiderseits von Nanteuil ab.
Auf öftlichem Aisne - Ufer beiderseits von Bougiers und Bftlich von Olizy haben die Kämpfe größeren Umfang ange nommen. Unter stärkstem Artillerieeinsatz griff der Feind am frühen Morgen zwischen Zerran und Falaise sowie zwischen Olizy und Beaurepaire an. Auf den Höhen westlich von Ball ay konnte der Angriff etwas Boben gewinnen. An der übrigen Front ist er vor unseren Linien gescheitert. Auch am Nachmittage brach der Feind nach erneuter stärkster Ar. tillerievorbereitung zum Angriff bor. Das 1. bayerische In fanterie- Regiment unter Führung seines Kommandeurs, Major Schmidtler, hat in säher Berteidigung die Höhe öftlich son Chestres gegen mehrfachen Ansturm überlegenen Gegners gehalten. Auch auf der übrigen Front wurde der Feind unter fchweren Bertuften für ihn abgewiefen.
Heeresgruppe Gallwis. Zwischen Argonnen ##d Maas unb zwischen Maas und Mosel rege nächtliche Feu ertätigkeit. Zeiltämpfe westlich der Maas und westlich der Mosel ohne besonderes Ergebnis.
Leutnant Buechner errang feinen 40. Luftfieg. Der Erste Generalquerfiermeister.
Lubendorff.
Der öfterreichische Bericht. 28ien, 23. Oktober. Amtlich wird verlautbart: Italienischer Kriegsschauplatz. Allgemeine feindliche Artillerie und Fliegertätigkeit an der ganzen Front.
Infere albanischen Kampftruppen nähern sich der montenegrinisch albanischen Grenze. nördlich Ein feindlicher
An der westlichen Morawa und Krusevac dauern die Nachhutkämpfe an. Uebergangsversuch bei Krajova wurde vereitelt.
Der Chef bes Generalstabes.
bon
Steht die Türkei in Friedensverhandlungen? Konstantinopel , 20. Oktober. ( Meldung der Agentur Milli.) Der Minister des Aeußern erklärt, baß die von einigen Blät- gängen hinter den Auliffent unterrichtet sein kann, spielt Batu zurzeit nicht bloß in dem Verhältnis zwischen Türkei und tern gebrachte Meldung, wonach der Wali von Smyrna , Sowjetrußland eine Rolle. Das Sowjetblatt deutet an, es Nahmi Bei, mit der Führung von Friedensverhandlungen be babe Grund, anzunehmen, daß die Türkei bereit sei, Batu ben traut worden sei, der Wahrheit zuwiderlaufe und entschieden in Engländern zu überlassen.
Abrede gestellt werden müsse.
Schon einmal war der Wali von Smiyrna als der Mann
Fäden
Deutschland und OesterreichUngarn.
Das alte Desterreich- Ungarn ist berschwunden. Das kaiserliche Manifest vom 18. Oftober und die Erklärung der vollen und uneingeschränkten Unabhängigkeit Ungarns haben es sicherlich bestätigt.
Die österreichische Regierung ist in ihrer Regierungsgewalt arg beschränkt. Alle Nationen haben das kaiserliche Manifest schroff abgelehnt und damit ihrer Autorität einen derben Stog gegeben. An Stelle der von der Krone vorgeschlagenen Drdnung gehen die Völker ihre Sonderwege und setzen sich traft ihres souveränen Willens eigenes neues Recht.
Die Tschechen lehnen jede Verhandlung mit der Wiener Regierung ab, die für sie überhaupt teine Eristenaberechtigung mehr hat. Die Deutsch österreicher haben beschlossen, ihre Stonstituierung als selbständigen Staat der öster reichischen und der ungarischen Regierung, den ästerreichischen Völkern und dem Ausland, besonders dem Präsidenten Wilson zu notifizieren. Damit setzt die staatstreueste Nation, die das Rückgrat Desterreichs in dem Weltkriege war, die österreichische Regierung sozusagen ab und beansprucht bŏIferrechtliche Anerkennung.
überstandenen.
Die österreichische Regierung kann die einfachste Runttion der Staatsgewalt nur mit Weühe erfüllen: das Leben der Bürger zu sichern. Knapp nach der neuen Ernte droht eine Ernährungstrife, viel schärfer als eine der bisher Die Ungarn haben ihre Lieferungen eingestellt. Die tschechischen Bauern führen kein Getreide an die Brager Filiale der Kriegsgetreideverkehrsgesellschaft ab und die tschechischen Eisenbahner verhindern, um den Punkt auf das i zuzusehen, den Abtransport von Lebensmitteln aus Böhmen . Auch die ungarische Regierung, die wegen der geringeren fozialen Differenzierung und wegen der noch nicht zu vollem nationalen Bewußtsein entwidelten unterdrückten Nationalitäten" etwas jester im Sattel figt, ftößt auf passive Resistenz oder offene Auflehnung. Der Banus( Statthalter) von Kroatien , der selbst Kroate ist, hat auf die Aufforderung der Bester Regierung zur Berichterstattung geantwortet, er müsse fett in Agram bleiben, wo er nötiger gebraucht werde.
So traß diese Auflösungserscheinungen sind, so ist noch nicht unbedingt gesagt, daß Desterreich balfanisiert wird, will fagen, in eine Vielzahl Kleiner, bon einander unabhängiger Staaten zerfällt. Das ist wohl möglich. Sicher ist, daß, menn Desterreich- Ungarn in seinem Stern erhalten bleibt, dieses nur auf völlig geänderter Grundlage geschieht. In dieser Richtung wirken, so start auch die zentrifugalen Sträfte sind, viele Gegenströmungen. Vor allem leiden alle Nationen des vielsprachigen Reiches unter der Aufhebung einer überkommenen und eingewurzelten Wirtschaftsgemeinschaft, deren sie ihren bisherigen Wohlstand verdanken. Daß fast das ganze Reich zur Donau grabitiert, ist eine geographisch- politische Tatsache ersten Ranges, die sich notwendig auch weiterhin auswirken muß. In der Entente fehlt es nicht an Stimmen, die die Erhaltung Desterreichs der Vereinigung der zehn Millionen Deutschösterreicher mit dem Deutschen Reich vorziehen. Endlich läßt die Dynastie ihren ganzen Einfluß in tatholischen und legitimistischen Kreisen auch der feindlichen Länder spielen, um gut Wetter au machen. Die Habsburger haben seit Metternich in Defterreich feinen Staatsmann großen Stils gehabt. Metternich hatte noch eine Idee, wenn auch eine Idee, an die er schließlich selbst nicht mehr glaubte. Seither war das Fortfretten und Fortwursteln von einem Tage zum an dern erklärte Regierungsmagime. Aber gerade die Misere dieser Politik hat die österreichischen Gewalthaber gelehrt, daß es oft flug ist, Strisen zu überstehen, wie der Wanderer in den einsamen Prairien erotischer Länder, der sich vor dem daherfegenden Wirbelsturm glatt auf den Bauch legt.
Gleichgültig wie sich die Formen des staatlichen Lebens der österreichischen und ungarischen Völker gestalten- für machtpolitische 8mede ist Defterreich- Ungarn in Bu funft tein Bundesgenofie mehr. Selbst wenn es als Staatenbund oder gar Bundesstaat erhalten bleibt, werden fich die Interessen und Sympathien seiner Bölfer so vollfemmen die Wage halten, daß eine einseitige außenpolitische Orientierung unmöglich wird. Es wird schon genug sein, wenn es nicht im ententistischen Fahrwasser segelt. Eine solche radikale Schwenkung ist nicht unmöglich. In Ungarn und
bezeichnet worden, von dem aus gaben zur Entente laufen. Das Die Rückschaffung der deportierten Belgier. vielleicht auch in manchen Softreiſen ist die Bereitschaft groß, jebige Dementi fann natürlich die Vermutung überhaupt nicht Bern, 22. Ottober. Dffervatore Romano" teilt mit, auf diese Weise eine wohlwollende Behandlung zu erwirten. aus der Welt schaffen, daß zwischen der Türkei und der Entente Sardinal Mercier habe von Deutschland die Mit- Die deutsche Politik nuß den neuen Zuständen Rechnung zurzeit diplomatische Berührungen schweben, die auf einen Abteilung erhalten, daß mit der Rückschaffung der deportierten tragen. Das deutsch östereichisch ungarische bau des Kriegszustandes abzielen. Nicht nur die Lage, auch das Belgier demnächst begonnen werden soll. Corriere Bündnis gehört in seiner alten, noch formell bestehenden Ausbleiben hinreichend aufflärender Nachrichten inmitten der d'Italia" verweist auf die moralische Bedeutung des Um- Form der Bergangenheit an. Es sette die dualistische Spannung nährt solche Vermutungen. standes, daß Belgien durch seinen Kardinal diese Nachricht Berfassung Desterreich- Ungarns voraus, bafierte auf der Bor herrschaft der Deutschen in Desterreich, der Magparen in Un
Nach Ansicht der swestja", die immerhin von den Bor- lerhalte.