Nr. 293-1918
Unterhaltungsblatt des Vorwärts Dontrelog, 24. Ottobe
Die Grippe und deren Behandlung. Wärme entsteht.
Der Spezialarzt für physikalisch- diätetische Heilweisen Dr. med. Karl Georg Panesch, Chefarzt des Wiener Freiwilligen Rettungsinstituts, schreibt in dem Wiener Blatte:„ Natürlichere Heilmethoden!" folgendes: Nach meiner vielfachen Erfahrung am Krankenbett müssen dieser Krankheit gegenüber besonders folgende Grundsäße gelten: Vorbeugemittel.
Die Kleidung soll nicht zu warm und nicht zu fühl sein. Gutes Schuhwerk ist besonders nötig.
trodenen Leinen- oder Wolltuche gut umschließt, so daß bald wieder fal berfielen: sie sind brüchig in der Linie, fte falten Wärme entsteht. Solche Widel bleiben je nach der Höhe des und fnittern die Fläche, sie trüben die Farbe, fie find gereizt bis wieder zu große Hitze entwickelt. Nun wird er entfernt und eine zum Cancan aller Laster. Fiebers und ihrer Umhüllung usw. so lange Zeit liegen, bis sich zur Hysterie, unglücklich bis zum Selbstmord und ausgelassen bis furze schnelle Ganzivaschung des Körpers vorgenommen, hierauf sondern die Karikatur, die gezerrte Hervorstilpung von EinzelSie suchen nicht das Gleichgewicht, tritt je nach der Höhe des Fiebers eine ein- bis zweistündige Pause heiten. Sie sind mehr interessant als überzeugend, mehr Illustration ein; sobald sich aber wieder unangenehme Wärme entwickelt hat, als Form, mehr Biychologie als Geist. Sie sind durch alles das wird wieder eine weitere Widelung oder nach Abnahme dieser naturgemäß sekundär, aber doch für das Erfassen der Zeit unents Wickelung wieder eine weitere Ganzwaschung vorgenommen. Ist behrlich Romantiker, Nazarener, bald fromm, bald heidnisch, bald das Fieber vollständig besiegt, so darf man mit diesen Prozeduren erotisch, bald asketisch, aber jedenfalls immer noch etwas nebenbei noch immer nicht ganz aufhören. und nie nur Maler, nie naiv, nie die zweite und höhere Gattung der Natur.
Dämpfe( boch mit Vorsicht!).
In so manchen Fällen entfaltet es außerordentlich günstige die vor einigen Tagen eröffnete Ausstellung der Berliner Sezession Solche Betrachtungen drängen sich einem auf, wenn man durch wirkungen, falls man Dämpfe in Anwendung bringt, z. B. Mund-, geht. Sie werden besonders geweckt vor den Arbeiten der zeitlich Sals- und Brustdämpfe( mit etwas Kochfalz, Brust-, Veilchenblätterbee, Spitzwegerich) oder gegen katarrhalische Affektionen des Kehl - hoff, Bruno Strauskopf, Franz Heckendorf . Von Erich Waste mitichwingenden Temperamente wie Erich Waste, Wilhelm Kohltopfes, der Bronchien und der Lunge. Bei Beginn von Lungen- sieht man eine große Leinwand: Chaos. und Rippenfellentzündung wirken diese Dämpfe ausgezeichnet, je= Ein brünstiger Protest
Leitartikel sein können.
Als Vorbeugemittel gegen die spanische Grippe, übrigens auch gegen zahlreiche andere Krankheiten: Täglich einige Sekunden lang dauernde falte Ganz waschung, mit Ausnahme des Kopfes( der ja ohnedies bei der Morgentoilette ganz oder teilweise falt gewaschen wird), am besten, besonders für Nichtabgehärtete, im warmen Bette, so daß der Gewaschene nach der Waschung noch ungefähr eine Stunde lang oder länger im warmen Beite verweilt, um sicher wieder in richt ge Wärme und Trockenheit gelangt zu hein Für Personen, die sich schwer erwärmen, gibi man dem doch auch bei vorgeschrittener Lungen- und Rippenfellentzündung gegen den Wahnsinn des organisierten Mordes. Die Erde bebt Wasser etwas Salz oder Essig bei. Für alle diese Waschungen entfalten fie oft vortreffliche Wirkungen. Freilich müßte es als ein von den Schandtaten der Menichen, Bruder zerfleischt den Bruder, Verist nichtabtrocknen besonders zu empfehlen. Durch solche Waschungen wird, wie man sich ausdrücken könnte, der Körper des Men- großer Fehler bezeichnet werden, sobald man mur die Dämpfe allein wesung stinkt aus den Trümmern, ein böier, giftiger Wolfsgeist verdunkelt gebraucht; es ist in solchen Krankheitsfällen stets notwendig, die den Himmel und peuscht die Menschennarren zur Selbstzerfleischung. ſchen täglich ein flein wenig verkühlt, jedoch in einem so geringen Dämpfe mit einer bedeutend größeren Anzahl von kalten Anwen- Waste wird es uns taum übelnehmen können, wenn wir vor feinem Grade, daß er immer wieder die entsprechenden Schußfräfte und Echuhstoffe dagegen zu entwickeln vermag, so daß er schließlich dungen zu kombinieren, so daß einerseits zwar die guten Eigen- den Oberregiffeur aller Schredenstammern, denten. Dennoch: wir Bilde, zum mindesten für einen Augenblick. an den belgischen Wierz, auch gegen größere Stälteattaden geschützt ist. schaften des Dampfes auf den Körper einzuwirken vermögen, andererseits indes die eventuell schlechte Wirkung des Dampfes steben vor einem Dokument der Beit, das wirksamer ist, als es tausend Indessen, es ist gar nicht notwendig, ( Ermattung des Organismus und Erhizung) durch die fühlen Andaß der Zeitinbalt so handgreiflich zur Darstellung tommt; wendungen wieder ivettgemacht werden. es genügt ein Bildnis, es genügen einige Blumen, einige Körper, um das unter Erichütterungen fich frümmende Tagesgefühl zum Ausdruck zu bringen. So fließt und tropft und sprigt aus Sto51boffs Menschenichemen das Zeitgraufen. Symbole des Jammers, Gefäße der Fäulnis, schwanken diefe Figuren aus dem Unerträglichent ins Ungewisse. Ihre Finger frallen sich, als fuchten sie halt am Nichts. Auch bei straustopf dampft die Verwesung. Seine Art zu malen ist Flaggelantismus, Marterung des Leibes und der Seele. Andere ähnliche Zeiten haben das, was Kraustopf empfindet, durch Kezerbrand und Herenmarter ausgelöst. Er läßt ein Begräbnis an uns vorübertaumeln, einen geipenftigen Bug, ein geiles Stirchhofsgelächter. andere spanische Martermaler, aber auch an Heinrich Heines GräberMan erinnert sich an Crivelli, Greco, Zurbaran und fput: als Rinaldo Rinaldini, Schinderhannes Drlanfini... Hedenborf zeigt, daß solche Nervenzer faferung auch an einem barmlofen Blumenstrauß sich üben tann. Die Blumen bekommen Grimmassen, die Stengel biegen fich, steigern sich, durch die Blätter fließen Krämpfe.
Oftmals( besonders vor dem Effen) Hände und Gesicht waschen, Mund ausspülen und Zähne puben!
Genügenden Schlaf( nicht zu wenig, nicht zu viel)! Täglich Stuhl( eventuell im Notfalle Entleerungsirrigation, boch nicht angewöhnen)! Weitere Vorbeugungsmittel: Vermeidung des Verkehrs, mit Gribnetranten; fals dies aber nicht möglich wäre, dann möglichste Verhütung der sogenannten Tröpfcheninfektion, damit man nicht durch die ausgehusteten Tröpfchen, welche viele Grippebazillen beherbergen, infiziert werde; aus diesem Grunde besondere Vorfichten beim Gebrauch der Sprechmuschel der öffentlichen Telephonstellen. Täglich Beregung in frischer Luft, besonders viel Aufenthalt im Sonnenschein. Selbstredend oftmalige Lüftung der Wohnräume, Vermeidung großer Menschenansammlungen( Rino, Theater usw.). Behandlung
Wenn jemand aber von der spanischen Grippe befallen worden ist( plöblich einsehendes hohes Fieber, hoher Puls, Kopfschmerz, Schmerzen in den Beinen, Schnupfen, Husten, Lungen- und Rippenfellentzündung Appetitlosigkeit, Erbrechen, Durchfall, diese zwei Ichteren Erscheinungsarten besonders bei weiblichen Personen, Gehirnerscheinungen, z. B. mehr oder weniger starte Benommenheit usw.), so geht man am besten auf folgende Weise vor:
Bett und Arzt
Am empfehlenswertesten ist sofortiges Aufsuchen des Bettes nach auftauchen der ersten Symptome der spanischen Grippe. Stets follte gegen spanische Grippe der Arzt konsultiert werden.
Waschungen und Widel.
Essen und Trinken.
Essen nur, wenn wirklich guter Appetit vorhanden ist und in Siesem Falle nur milde Speifen und diese in bloß mäßiger Menge! Trinken nur, wenn sich Durst zeigt, oftmals, aber nicht zubiel auf einnial, z. B. bloß jede viertel bis halbe oder ganze Stunde 1 bis 2 bis 3 Eklöffel toll Wasser; nur bei sehr großem Durst mehr, aber doch nicht viel auf einmal!
Luft und Sonne
Ferner ift nottvendig: Gute Luft im Aranfengimmer durch ftetes oftmaliges Lüften, möglichstes Gintvirfenlassen des Sonnenscheines auf den Kranten und dessen Krankenzimmer, nicht zu frühes Aufstehen; nicht darauf vergessen, daß infolge der Grippe alte Krankheitszustände leicht wieder aufleben und sich verschlechtern. Romplikationen.
In vorstehenden Beilen sind nur die hauptsächlichsten Nicht linien angeführt; während jeder Krankheit fönnen sich verschiedene Romblikationen einstellen, die besondere Maßnahmen erbeischen. Solche Komplikationen find z. B. Entzündung des Mittelohrs, Herzbeutels, Rippenfells, der Lunge.
Weltgraufen.
Allen diesen Malern ist eigentümlich, daß fie tintige Farben: anwenden, Schwefelgelb, Grünspan, Kupfervitriol, die Farben der Dämmerung, des Dunstes, der Berfegung, des Grausens und der Verwesung: die Farben der Zeit. R. Br.
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Notizen.
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- Eine Papyrus- Ausstellung ist im Neuen Museum 8ur Ausstellung der Berliner Segeffion. eröffnet. Es ist eine landläufige, aber feineswegs gesicherte Wahrheit, Die Frauen und das Kunßßtudtam. Jezt, wo daß große Kunst immer zeitlos ist. Sie ist dies zweifellos info- fo viele Böpfe fallen, wird man den Frauen endlich auch den biss Bekämpfung des eingedrungenen Bazillengiftes und des fern, als fie alle Zeiten überdauert und so den Nachgeborenen ver- ber verweigerten Eintritt in die Kunstakademien gewähren müssen. Fiebers, und zivar dadurch, daß man einerseits, sobald Schwißen ständlich bleibt. Aber sie ist es ganz gewiß nicht, menn Der Preußische Landesverein hat in dieser Sache eine Eingabe ans. eingetreten ist und selbes einige Beit( 20-30 Minuten) gewährt damit gefagt fein foll, daß fie mit der Zeit ibres Ents preußische Stultusministerium gemacht. Die alten Ladenhüter von hat, eine furze fühle Ganzwaschung des Körpers vornimmt und sich stehens, mit der Art und dem Schidial ihrer Umwelt nichts Einwänden, etwa daß Männer und Frauen nicht zusammen nach hierauf, ohne sich abzut rodnen, wieder gut bedeckt, bis man neuer nemein babe. Da gilt das Gegenteil: Große Kunst ist der dem nadien Modell arbeiten könnten oder daß eine Bermehrung dings ins Schwitzen gekommen ist, nach ungefähr einer halben Ertraft ihrer Zeit, ift diese Zeit auf die Inappefte des Kunstproletariats eintrete als ob nicht die Proletarisierung Stunde Schweiß nimmt man wieder eine neue Waschung vor und Formel gebracht, ist die innigfte Stonzentration alles Wesentlichen des gesamten Bolles von Tag zu Tag fortschritte wird man ja fo fährt man fort, bis das Fieber vollständig gebrochen ist. Hierauf er geit. Nun scheint es aber io, als ob nicht alle Zeiten gleich wohl nicht mehr vorzubringen wagen. tus@ nimmt man bloß feltener Ganzwaschungen, z. B. ein- bis zweimal mäßig fich fünstlerisch erichöpfen laffen. Zuweilen hat man den Gerettete Kunstwerte. Die umfangreichen und sehr täglich vor. Will man eine stärkere Reaktion bewirten, so nimmt Gindrud, als ob jene letzte Formel um so weniger gelingt und um wertvollen Kunstschäße aus den Gebieten von Cambrai . Douai und man zum Wasser etwas Salz oder Essig, wodurch lebhaftere Säfte- so stärker schwankt, je unruhiger eine Zeit ist. Je mehr sie erfüllt Valenciennes , die teils Museen, teils Privatbesig entstammen, find ströme nach der Körperoberfläche gezogen werden. Wenn der Körper ist mit Abenteuern, mit Gewaltausbrüchen, mit Blutgefchrei und erhalten geblieben. Um fie der Möglichkeit einer Zerstörung durch ohnedies schon von früher her fatarrhalisch oder sonst irgendwie Rotaebeul. Ganz große Stunft scheint nur aus ebener Reit erwachsen Beschießung zu entziehen, hat sie die deutsche Heeresleitung unter von schlechten Stoffen mehr oder minder durchsetzt ist oder falls zu können. Der dramatische Wirbel der Erlebnisse läßt nicht jene fachkundiger Leitung verpaden lassen, nachdem genaue Inhaltsver manche Organe, wie z. B. Nieren, Leber oder Darm, nicht gut urzeugende, gefättigte Rube entstehen, jenen abklärenden Abstand, zeichnisse aufgenommen worden waren. Sie find inzwischen nach funktionieren, so ist es von besonderem Werte, die Waschungen mit jene fritische Durch ringung und umfassende Gesamtbetrachtung. ficheren Blägen geführt worden, von wo aus sie nach dem Kriege Rumpfwickeln zu verbinden. Diese Rumpfwickel bestehen darin, rz nicht die Lebensluft des großen Kunstwerts. Chaotische Zeiten ihren Besitzern unversehrt zurückgegeben werden sollen. daß man je nach der minderen oder größeren Höhe des Fiebers zeigen stvar mit schlagender Ueberzeugung den Künstler als empfindDas größte geichriebene Buch der Belt ist. den Rumpf( von den Achselhöhlen bis in die Schenkelbeugen) rund- samsten Deuter, aber gerade darum gebrannt mit dem Mal eine Bergamentbibel aus dem 14 Jahrhundert. Sie befindet fich herum mit einem feuchten Tuche( in frisches Wasser, eventuell in der vergänglichen Erregung, der aufgepeitschten Spannung, des Zer in der Königt. Bibliothek zu Stockholm . Das Buch wurde von dem frisches Essig oder Salzwasser getaucht; empfindsamere oder wühlten, des Ungläubigen, der Matlosigkeit, des Umberirrens. Es Benediftiner Mönch Stislan im Kloster St. Margareth in Böhmen furchtsamere Naturen dürfen auch geftandenes, ja auch laues Wasser fann fein Wunder nehmen, daß die Künstler, die sich von der bergestellt. Jm 30jährigen Kriege wurde es von den Schweden als gebrauchen) ein- bis viermal umwindet und das Ganze mit einem Gegenwart diefer Kriensiabre ergreifen ließen. foldem Schid Beute mit nach Stockholm genommen.
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Lodz.
Das gelobte Land. Roman von B. St. Reymont
Herr Karl, Frau Wysocka will schon gehen. Vielleicht begleiten Sie uns." Sie verabschiedete sich sehr zeremoniell von Mada, die den Weggehenden mit den Augen durch die Zimmerflucht folgte.
"
Wollen wir dann auch gehen, Fräulein Mela?" ließ fich Wysocki vernehmen und ging Melas Tante suchen, die in der Stille eines Salons schlummerte. Auf dem Rückweg begegnete er seiner Mutter.
Wir gehen schon, kommst du mit?"
Nein, ich muß Fräulein Grünspan begleiten." " Stann Fräulein Grünspan nicht wer anders begleiten?" ,, Nein, Fräulein Grünspan kann nicht mer anders begleiten," erwiderte er mit Nachdruck.
Sie blickten sich erbittert an. Die Augen der Mutter erglänzten scharf, und in den Augen des Sohnes lag große Ruhe und Entschlossenheit.
Kommst du bald zurück? Anta ist bei uns, auch Borowiecki, soll ich mit dem Tee auf dich warten?"
"
Besser nicht, ich muß noch zu Mendelsohns gehen." Wie du willst. wie du willst...
Sie beherrschte sich nur mühevoll, reichte ihm nicht die Hand zum Kusse und ging.
Wysocki beachtete es nicht. Er half Mela beim Anziehen.
Fahren wir zu Rosa?"
Wir fahren zu Rosa, wir fahren, wohin Sie nur wollen, bis ans Ende der Welt," rief er innig.
"
Morgen gebe ich Ihnen die Antwort darauf." Sie blickte weg, auf die trabenden Pferde.
Die Tante schlummerte auf dem Vordersitz und niďte heftig.
-
hinauf."
„ Nein- fahr du nur nach Haus! Ich geh' noch zu Rosa Vor dem Mendelsohnichen Palais stiegen sie aus. Rosa ging ihnen entgegen, blidte sie sehr neugierig art und ließ ironisch die Flut von Melas 8ärtlichkeiten über sich
Wysocki und Mela fühlten, daß ein entscheidender, umwälzender Augenblick auf sie zufchritt; es mußte gleich ein ergehen. Wort fallen, das ihnen schon lange im Herzen flang, das Auf dem einen Beine hinkend und sich in den breiten so lange zurückgehalten und doch so lange schon erwartet wurde. Hüften wiegend, führte sie die beiden in das schwarze Mit flaren Blicken schauten sie sich an und versanten Budoir. ineinander bis in die Tiefen ihrer geheimsten Gefühle; nach jedem Blick standen sie sich näher und gaben sich mehr hin.
Ihren Entschluß hatte Mela nicht vergessen. Sie ahnte die ganze grauenhafte Notwendigkeit und die grauenhafte Bitternis und das Leid, ließ sich aber gleichzeitig vom Zauber des Stromes tragen, der durch ihre Herzen floß und in Gehirn und Blut eine lähmende, selige Wärme ergoß.
Was ist das für ein Gefang?" fragte Wysock. Von oben drang aus Schajas Wohnung das Gelispel monotoner länge und zerschellte in der unteren Wohnung.
" Sie singen bei Vater. Jezt geht es schon immer so zu. Ich bin wirklich sehr besorgt. Schon seit ein paar Monaten, gleich nach dem Tod des alten Buchholz. betet Papa_fortwährend, jeden Tag kommen Synagogenfänger und fingen fromme Lieder. Das ist unnatürlich. Dann hat er auch Schauernd vor Glüd wartete sie auf seine Worte und einmal zu Stanislam geäußert, er möchte noch vor seinem wußte genau, auch sie würde ihm alles sagen, ihre ganze Zode ein Asyl für Krüppel und Arbeiter aus seiner Fabrik Liebe aussprechen. gründen. Das ist ein sehr schlechtes Symptom. Stanislam Unbezwingliches Verlangen packte fie, das Glück bis zur hat auch gleich nach Wien nach einem Spezialisten teleNeige zu trinken, restlos bis zur Neige. graphiert." Sie wollte sich fortreißen lassen, toll und wahnsinnig," Ja, das ist interessant," sagte Wysockt, hörte aber ohne Rücksicht darauf, was der morgige Tag ihr bringen nicht auf Rojas Worte. Er zitterte vor Erregung und warf würde, oder vielleicht gerade deshalb, weil sie wußte, was Mela, die in das anstoßende Boudoir ging, verzehrende er ihr bringen würde. Den einen Abend noch, den einen Blicke nach. Augenblick!
Sie hielt seine Hand fest, preßte fie fich ans Herz und schaute mit glückstrahlenden Augen in die Ferne. Mela.
"
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Der leise, durchdringliche Klang durchfuhr sie wie eine glühende Schneide.
Die Worte fliegen weiter als die Absichten, und die Ab- Sie schloß die Augen. Wie ein geängstigter Vogel flog fichten weiter als die Möglichkeiten," flüsterte sie leise. Die ihr Herz auf und schlug heftig und gewaltig gegen ihre Stille des Sonntagabends brachte sie wiederum zum Bewußt- Brust. Eine solche Glückseligkeit überflutete ihre Seele, daß sein und erinnerte sie an ihre nicht lange vorher gefaßten fie fein Wort hervorbringen konnte, bloß mit den MundEntschlüsse.
,, nein, ich nehme meine Worte nicht zurück, nehmen Sie mich und führen Sie mich an die Grenzen aller Möglich
Zeiten."
Er ergriff zitternd ihre Hand.
„ Einstweilen fahre ich Sie bloß zu Rosa." Sie hielte seine und später?" fragte er leise, ihr tief in die Augen
Hand fest. schauend.
winkeln lächelte.
„ Mela... Mela!... Er wiederholte es leiser, mit veränderter Stimme, und zog sie an sich. Fast flanglos flüsterte sie: ,, Still! Stil!...
Ihr Gesicht wurde leichenblaß, der Atem stoďte. Mela, hast du's nötig, heimzufahren?" ließ sich die plöblich aufgewachie Tante vernehmen, mußte aber die Frage mehrmals wiederholen, bis Mela sie verstand.
Was seid ihr beide denn so venvirrt? Habt thr euch etwa schon gesagt, wie lieb ihr euch habt?"
"
Beinahe, beinahe. Aber, Sie helfen uns, nicht wahr?" Er füßte ihr die Hände.
" Hast du ste sehr lieb? Sag's?" fragte Rosa neugierig und wischte ihm den Schweiß von der Stirne.
Mit solchem Ungestüm und solcher Leidenschaft begann Wysocki ihr feine Liebe auszumalen, daß Rosa erstaunt zu ihm aufblickte. Sie hatte nicht gedacht, daß er eines so glühenden Gefühls fähig wäre, hörte ihm aber neugierig und boll Teilnahme zu. Aber in ihrem Herzen begann ein unerklärliches. Leid zu wühlen. Als Mela wieder zurücktam und sich neben Wysocki sette, erhob sie sich sogleich und ging.
" Ich habe alles gehört, was du Rosa erzählt haſt." Mela umarmte ihn innig und preßte die glühenden, dürstenden Lippen auf seinen Mund. Ich hab' dich lieb!" flüsterte sie, sich für einen Augenblick von ihm loẞreißend. Forti. folgt)