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Nr. 303. 35. Jahrg.

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Post- Zeitungs- Breisliste. Gricheint täglich.

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.Sozialdemokrat Berlin ".

Vorwärts

Berliner Volksblaff.

10 Pfennig

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Diefiebengespaltene Rolonelzeiletoftet 80 Big. Kleine Anzeigen", das fettgedruckte Bort 30 Big.( zuläffg 2 fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 15 Big. Stellengesuche und Echlafstellenanzeigen das erste Wort 20 Big.. jedes weitere Bort 10 Big. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Teuerungszuschlag 30%. Familien- Anzeigen, politische und gewerkschaftliche Bereins- Anzeigen 70 Big die Zeile. Anzeigen für die nächste Rummer müssen bis 5 h nachmittags im Hauptgeschäft Berlin 6.68, Lindenitraße 3, abiegeben werden. Geöffnet von 8 Uhr früh bis 7 Uhr abends.

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutfchlands.

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Bernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 151 90-151 97.

Sonntag, den 3. November 1918.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Ferniprecher: Am: Morisolas, Mr. 151 90-151 97.

Vor Schweren Entfcheidungen.

Unsere Stellung in der Kaiferfrage.

Einigkeit tut not!

Die furze Notiz in der geftrigen Nummer des Vorwärts"| es immer rechtzeitig gefordert, und es immer schließlich nur an feiner Stelle das ihm Bukommende tun, daran soll jeder, zur Raiserfrage hat die Schleusen der Diskussion überall zu spät erhalten. Es war oft, als ob man durch zähen er stehe, wo er wolle, feinen Teil des Opfers tragen, wie es weit geöffnet. Die Welt hat Kenntnis dovon genommen, daß Schlamm einen Berg hinaufmarschieren müßte. Gleiches Wahl- das Wohl des Ganzen erheischt. einer der Staatssekretäre, unser Genosse Scheidemann, es recht in Breußen, Parlamentarisierung, Unterstellung der für notwendig hält, daß die Regierung dem Kaiser empfehle, Militärgewalt unter die Zivilgewalt, Abbau der Zensur, Am­

zurüdzutreten. Schon diese Tatsache allein zeigt den nestie, ja schließlich ist das alles gegangen aber warum nicht Der österreichisch- italienische Waffen­

grundstürzenden Wandel der Dinge, der bei uns eingetreten ist, und es ist kein Wunder, daß sich die ganze Welt angelegentlichst mit ihm beschäftigt.

schon früher, wo es noch zehnmal mehr nügen fonnte als jetzt? uns will scheinen, als ob die Reichspolitik in ihren alten Fehlern zurückversänfe, als ob sie, statt weit vorausblickend, das Not­

stillstand.

Wien , 2. November. ( Franks. 3tg.".) Der Waffenstill­Für die begonnene Erörterung in der Presse sind zwei Um- wendige rechtzeitig zu tun, sich das Unvermeidliche erst fünf Mi- stand mit Italien scheint abgeschlossen zu sein. Wieweit stände kennzeichnend: erstens, daß auch in jenen Stimmen, die nuten nach Zwölf vom 3wang der Ereignisse abpreffen lassen der Waffenstillstand die Befehung von Gebieten und fich für das Verbleiben des Kaisers aussprechen, gewisse Unter- wollte. Davor haben wir gewarnt, davor warnen wir auch jest! Gisenbahnlinien durch die Truppen der Entente töne hörbar sind, und zweitens, daß sich die Stimmen für den Die Frage ist, wie schon gesagt, offen, es ist noch nichts Rücktritt einer gewiffen Burüdhaltung in der Form befleißigen. entschieden, weder für noch gegen. Die nächste Zeit wird die feftfest, ist noch nicht bekannt. Hier ist alles ruhig, wozu aud Schon gestern schrieb ein besonders kaifertreues Blatt, die Entscheidung bringen müssen, deren ungeheuer weittragende Be- das schlechte Wetter und der Feiertag beitrugen. Die Nachricht Bestrebungen, den Kaiser zum Rücktritt zu bewegen, gingen deutung niemand verkennen wird. Sie fann unter Umständen von dem Eintreffen der Engländer in Laibach wird an unter­nicht nur von der äußersten Linken aus, ihnen fei aber nichts so fallen, daß die sozialdemokratischen Mitglieder aus der Me- richteter Stelle bestritten. Man erwartet die Engländer erst und niemand entgegengetreten als das preußische Herrenhaus gierung austreten, wozu sie zweifellos berechtigt sind. Ihr heute in Triest . mit einer faltherzigen Demonstration". Man müsse dem Kaiser Austritt bedeutete aber den Zusammenbruch der Volksregierung die Treue bewahren trotz mancher Fehler und Irrtümer, die und damit auch der Grundlage, auf der die angesponnenen Ver­feiner Eigenart entspringen sind". Aehnliche Zitate ließen sich handlungen über den Waffenstillstand und den Frieden häufen, aus denen allen flar wird, daß Bekenntnisse zum beruhen. monarchischen Prinzip beliebter sind als Bekenntnisse zur Perion des Monarchen. Beides aber läßt sich nicht von ein­

ander trennen.

Auf der anderen Seite, zu der wir uns zählen, zeigt man fich bemüht, die ganze Frage mit leidenschaftsloser Sachlichkeit zu behandeln. Niemand wird den Eindrud gewonnen haben, daß in dieser Sache schon das Stärkste gesagt worden ist. Bei weiterer Fortdauer der Diskussion würde es nun schwerlich zu vermeiden sein, daß sie sich weiter erhitzt. Schon deshalb wäre es gut, wenn sie bald jene Erledigung fände, die sich ohne­hin mit der Zeit als unvermeidlich erweisen wird. Wir wollen uns nicht zu Anwälten einer Sache aufwerfen, die nicht die unfere iſt, meinen aber doch, es fönne weder im Interesse der Monarchie noch des Monarchen liegen, eine derartige Diskussion über sich ergeben zu laffen. Wenn die Kaiserfrage einmal schon eine offene Frage geworden ist, über die in allen Zeitungen für und wider geschrieben, an allen Straßeneden für und wider geredet wird, dann liegt es im Interesse aller Beteiligten, bald­möglichst zu einem Abschluß zu gelangen.

Verschiedene Blätter, darunter die Germania", deren ruhiges Urteil wir schäzen, machen uns auf unsere demokratischen Pflichten aufmerksam: die große Mehrheit der Bevölkerung fei nun einmal monarchistisch, also müßten wir uns fügen. Wir wollen aber gar nicht überwältigen, sondern wir wollen über 3 e ugen, und wenn ein Zwang vorliegt, was wir nicht bestreiten, so geht er nicht von uns, sondern von den allgemeinen Verhältnissen aus. Gegen eine demokratische Stegelung hätten wir selbstverständlich nicht das geringste einzuwenden, und wenn man sich auf der Linie einigen wollte, die Angelegenheit sobald wie möglich zum Gegenstand einer Bolts abstimmung zu

machen, so wären wir durchaus einverstanden.

Der

Waffenstillstand mit der Türkei .

Bedingungslose Uebergabe.

Man wird also begreifen, daß die Cozialdemokratie und Der mit der Türkei abgeschlossene Waffenstillstand, der ihre in der Regierung stehenden Mitglieder nur mit reiflicher die Feindseligkeiten vom 31. Oftober, mittens 12 Uhr ab als. Ueberlegung und ohne Ueberstürzung handeln wollen. Ihr beendet erklärte, stellt das osmanische Reich in denkbar Standpunttiff flar, und ihre Stellung ist start. meitestem Maß unter die Militärgewalt der Alliierten. Es Was wir für richtig halten, haben wir deutlich gesagt, alle Belt ift feine bloße Waffenruhe, der irgendwann neue Feind­bat davon Kenntnis genommen, und alle Welt weiß auch, oie feligkeiten folgen könnten, es ist die vollkommenste Rapitulation oft es dem Reich Unheil gebracht hat, wenn unsere Ratschläge auf Gnade und Ungnade. Die Alliierten werden zu Herren nicht oder nicht rechtzeitig befolgt wurden. Es ist ein schwerer Entschluß, bor den die bisher anders Denkenden gestellt find, das erkennen wir ohne weiteres an. Aber er muß gefab merden, denn lange ist der gegenwärtige Zustand der Untlorheit nicht zu ertragen.

"

Ein be­

des ganzen türkischen Gebietes von Konstantinopel bis Batum , und Baku , bis Aleppo , Mossul und Jemen , ein­ichließlich aller Bahnen und aller türkischen Gewässer, also vor allem des Schwarzen Meeres , und aus der Be sehung von Baku dürfte sich ergeben, daß die vereinbaric An die werftätige Bevölkerung Groß- Berline Räumung Nordwestperfiens, und der offupierten Rautasusgebiete, und des Reiches richten wir die dringende Aufforderung, die die Besetzung dieser Landesteile durch alliierte Truppen vor­rubige und feste Politik der Partei zu unterstützen, indem sie bereitet. Die Türkei muß alle Striegsgefangenen bedingungs. fich geschlossen hinter sie stellt, und nicht den Statschlägen under los ausliefern, die türkischen Gefangenen aber bleiben zur antwortlicher Elemente zu folgen, deren Aufgeregtheit der Sache weiteren Verfügung der verbündeten Mächte". des Volles nur Bärendienste leisten kann. Wenn durch namer- sonderer Paragraph zerschneidet das Bündnis jäh und ganz, lose Flugzettel oder von kleinen Gruppen der Ruf ergeht, die das die Türkei in den letzten Jahren an die Seite Deutsch­Betriebe zu verlassen und auf die Straße zu lands und der anderen Bierverbandsmächte stellte: Die geben, fo gebietet die Disziplin der Organisation, ihm nicht ürtei berpflichtet sich, alle Beziehungen Folge zu leisten. In Zeiten, wie diesen, wo die ungeheuerfien zu den Mittelmächten aufzugeben." Diese Ver­Entscheidungen an einem Faden hängen, darf sich die Acbeiter- pflichtung ist im gegenwärtigen Augenblick von besonderer Sie zwingt die Türkei zu Forderungen an flasse nicht den Zurus erlauben, daß einzelne Teile, ohne die Bedeutung. anderen zu fragen, einfach auf eigene Fauft losgeben. Minder. Deutschland , die im Interesse der Kriegführung der Alliierten Willens au machen, sonst fällt alles auseinander, und rie heiten dürfen nicht versuchen, das Ganze zum Werkzeug ihres Aus dem Inhalt des Waffenstillstandspattes teilen wir nationalistische Reaktion hat dann ein leichtes Spiel. zur Ergänzung dieser Angaben folgende von Reuter gemeldete Bestimmungen wörtlich mit:

Schritten vorwärts geht. Jeder hat das Recht, ungeduldig zu Niemand kann leugnen, daß es im Reich mit großen sein und zu größerer Eile zu mahnen: auch toir haben von diesem Necht Gebrauch gemacht und wollen feinesfalls für die Zukunft Am häufigsten begegnet man dem Einwand, der Rücktritt darauf verzichten. Wir alle haben darüber zu wachen, daß un des Kaisers würde die Reichseinheit bedrohen, die auf das sere Genoffen in der Regierung fest stehen und vorwärts Kaisertum gegründet sei. Dem ist zu entgegnen, daß die natio- gehen, und wenn sie auf uniberwindliche Hindernisse stoßen, nale und nationalwirtschaftliche Zusammengehörigkeit, die im wollen wir ihnen sagen, daß fie ins Volk zurücktreten Reichstag und in der Reichsgesetgebung ihren Aus- mögen, um dort ungehemmt für ihre Ueberzeugung zu wirken. druck findet, das bei weitem stärkste einigende Band ist. Desto Aber Ordnung muß in dem Ganzen fein, es darf nicht jeder demokratischer das Reich ist, desto sicherer wird seine Einheit, dahin laufen, wohin es ihm beliebt! Rusammenhalt muß desto stärker wird seine Anziehungskraft sein. Das Großdeutsch sein, und es muk heiken: Giner für alle, alle für einen! land, das schon 1818 zu werden schien und dessen Umrisse sich heute non neuem zeigen, war als demokratisches Staatsgebilde gedacht. Im Süden ist die Gegnerschaft gegen den Kaiser am ichärften ausgeprägt, dort äußert sie sich in der temperament­pofften Weife. Ind Deutschösterreich ftrebt nicht donach, unter das Szerter Wilhelms II. zu gelangen, sondern es will in das freie Deutschland hinein.

liegen.

1. Oeffnung der Dardanellen und des Bosporus der Focts in den Dardanellen und im Bosporus durch 5. Gofortige Demobilisierung

und freier Bugang zum Schwarzen Meer, Besezung die verbündeten Truppen.

der türkischen Armee mit Ausnahme solcher Truppen, die für die Bewachung der Grenze und für die Aufrechterhaltung der inneren Debnung erforderlich sind. Der Effettiv bestand des Heeres und feine Verteilung werden später von den Alliierter nach vor­heriger Beratung mit der türkischen Regierung festgesett were den. 6. Auslieferung aller Striegsschiffe, die sich in türkischen Gewäffern oder in von der Türkei offupierten Gewässern befinden. Diese Schiffe sind in den von der Entente bezeichneten Die augenblickliche Situation stellt die Arbeiter folcher fleineren Fabrzeuge, die für den Polizeidienst und ähnliche türkischen oder anderen Säfen zu internieren, mit Ausnahme Iafie vor die schwerste Brobe ihrer politischen Reife. Sie Rwede in den türkischen Soheitsgewäffern notwendig find. 7. Die muß bestrebt sein. des. mas fie braucht, aut erhalten, ohne fich Alliierten erhalten das Recht. alle strategischen Punkte dobei ins eigene Fleisch zu schneiden. fie muß für eine beffere, zu befeben, falls eine Lage entsteht, die die Sicherheit der Al­freie Rufunft fämpfen ohne die Gegenwart mit noch mehr liierten bedroht. 8. Allen alliierten Schiffen stehen sämtliche Ingliid zu belasten. Das ist der Weg. den wir Sozial- äfen und Ankerpläbe, die augenblicklich in türkischen Sän­demokraten mit ihr gehen wollen. Daß wir unsere Biele den sind, zur freien Verfügung. Feindlichen Schriffen ist ein der­nicht aus dem Auge verlieren. Das haben die Ichten Wochen artiger Gebrauch zu verweigern. Aehnliche Bedingungen sind auf mohl jedem, der nicht ganz verblendet ist mit aller Deutlich die Demobilisierung der Armee anzuwenden. 10. Die Alliierten feit gezeigt. Wir haben ein Recht darauf von den Bahnen sind unter die Kontrolle alliierter Offi­beseben die Taurus Tunnelanlagen. 15. Alle Arbeitern zu verlangen, daß fie uns nicht im aiere zu stellen, einschließlich der Teile der transfautafischen Eisen­Sti che faifen, daß fie uns nicht in den Rüden fallen. daß bahnen, die augenblidlich unter türkischer Herrschaft sind, und die fie nicht blendenden Schlagworten nachlaufen wie Kinder, die zur freien und vollständigen Verfügung der alliierten Behörden zu Schmetterlinge jagen. stellen sind, wobei den Bedürfnissen der Bevölkerung in angemes= fener Weise Rechnung getragen wird. Diese Bestimmung schließt die Bejebung von Batum durch die Alliierten in sich. Die Türkei wird feinen Einspruch gegen die Befehung von Baku durch die Alliierten erheben. 16. Auslieferung aller rien, Mesopotamien an den nächsten alliierten Komman Garnisonen im Sedschas, Assyrien , Yemen , Sy­nur in ruhige Bahnen gelenkt werden. Das deutsche Volk banten und Zurüdaiehung der Truppen aus Cilicien mit Aus­muß zeigen, daß es die gewaltigsten Fortschritte vollziehen nahme derjenigen, die notwendig sind, um die Ordnung aufrecht fann, ohne sich in das namenlose Unglüd eines Bürger zu erhalten. 17. Auslieferung aller türkischen Offiziere in Tri­friegs zu stürzen. Dafür wirken wir. Dafür soll jeder polis und der Ehrenaita an die nächsten italienischen Garni­

Sind also die Gründe unferer Gegner wenig haltbar, so find die unseren desto stärker. Kunst der Politik ist. Notwen­diges rechtzeitig zu tun. Bleibt der Kaiser im Amt und wird der fommende Frieden schlecht, so wird es feinen Beweis acgen die Behauptung geben, der Frieden hätte beffer werden fönnen. menn man den Rotichlänen der Sozialdemokratie rechtzeitig ge­folat wäre. Der Verdacht, daß dem Intereffe einer einzelnen Persönlichkeit das Intereffe der Volfanefamtheit geopfert worden Wenn sich die Arbeiterschaft auf solche Weise ihrer Ver­sei, würde die Monarchie als solche der denkbar stärksten antwortung bewußt bleibt, dann können wir mit desto größe Belastungsprobe aussetzen. Der ganze Widerstand gegen den rem Nachdruck auf die andere Seite wirken, daß auch sie ihrer sozialdemokratischen Ratschlag erscheint uns als ein Sträuben Berantwortung gewahr wird. Die große Umwälzung, in gegen etwas, was man auf die Dauer doch nicht verhindern deren Zuge wir uns befinden, läßt sich nicht aufhalten, fie fann fann, alio als etwas politisch sehr Unkluges.

Bohlhaben wir Sozialdemokraten sehr viel bon dem erreicht, was wir an Aenderungen der Verfassung für notwendig hielten. Aber wir haben