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Nr. 308. 35. Jahrg.

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.Sozialdemokrat Berlin ".

Vorwärts

Berliner Volksblaff.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3.

Fernfbrecher: Amt Morisplat, Nr. 151 90-151 97.

Freitag, den 8. November 1918.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Wernsprecher: Amt Morinvlag, Nr. 151 90-151 97.

Ebert und Scheidemann beim Reichskanzler.

Fünf Forderungen.

Gleiches Männer- und Frauenwahlrecht im Reich und Bundesstaaten durch Reichsgesetz.

Arbeiter, Parteigenossen!

Der Frieden ist gesichert in wenigen Stunden wird die Waffenruhe eingetreten sein.

Nur jegt feine Unbesonnenheiten, die das an der Front be­endete Blutvergießen im Lande wieder aufleben machen! Die Sozialdemokratische Partei seht ihre ganze Straft ein, Eure Forderungen schnellstens zur Erfüllung zu bringen!

Deshalb haben heute die Vorstände der Sozialdemokrati­schen Partei und der sozialdemokratischen Fraktion folgende legte Forderungen an den Reichskanzler gestellt:

sonnenheit.

1. Freigabe der heute verbotenen Versammlungen. 2. Anweisung an Polizei und Militär zur äußersten Be­3. Rücktritt des Kaisers und des Kronprinzen bis Freitag­mittag. 4. Verstärkung des sozialdemokratischen Einflusses in der Regierung.

5. Umgestaltung des preußischen Ministeriums im Sinne der Mehrheitsparteien des Reichstags.

Ift bis Freitagmittag feine befriedigende Antwort erfolgt, so tritt die Sozialdemokratie aus der Regierung aus. Erwartet weitere Mitteilungen von uns im Laufe des Freitagnachmittag.

Die Vorstände

der Sozialdemokratischen Partei und der Sozialdemokratischen Reichstags- Fraktion.

Igend kräftiger Unterstützung bedarf. Auch die bürgerlichen Bar­

teien müſſen einſehen, daß der Hauptteil der furchtbar schweren Erhöhte Brotration angekündigt

Arbeit, die jetzt zu leisten ist, von der Sozialdemokratie geleistet werden muß. Das muß auch in der Zusammensetzung der Reichsregierung zum Ausdruck kommen.

Der Friede in naher Aussicht." Berlin , 7. November. Amtlich. Seit vier Jahren hat Schließlich wird erwartet, daß bis heute mittag der das deutsche Volk die Lasten und Entbehrungen des Krieges mit Raiser feine Abdankung, der Kronprinz seinen bewundernswerter Standhaftigkeit getragen. Jetzt steht der Thronderzicht erklärt. Die Diskussion über dieses Thema Friede und die Aufhebung der Hungerblockade in naher muß geschlossen, eine Entscheidung herbeigeführt werden. Aussicht. Damit wird auch eine Entspannung unserer Er­lange über sie nicht entschieden ist, könnte eine Aktion der Ber: Brotration erhöht werden, andere Erleichterun­Das sind die im Augenblick wichtigsten Forderungen. So- nährungslage eintreten. Am 1. Dezember wird die liner Arbeiterschaft nur störend wirken. Fällt aber die Entschei- gen werden allmählich folgen. Voraussetzung dafür wie dung günstig aus, dann ist für die demokratische Entwicklung freie Bahn geschaffen, und es wird fortab die Hauptsorge der Bevölkerung sein müssen, ohne Chaos und Hungersnot in den Frieden hinüberzukommen.

Dann kann das Militär fortab nur noch dem Schutz der Demokratie dienen. Man muß sich aber an allen Stellen mit dem Gedanken vertraut machen, daß das Militär" im heuti­gen Sinne binnen furzem nur noch zu den Begriffen der Vor­zeit gehören wird. In dem Augenblick, in dem der Krieg endet, ist der Soldat nicht mehr Arieger, sondern ein Staatsbürger, der im Waffenrod auf seine Wiederkehr ins Sivil wartet. Es handelt sich zum großen Teil um ältere Beute, die dem Rom­mando jüngerer Offiziere unterstellt sind und die das Joch des schweren Dienstes, der harten Disziplin nur mit äußerster Selbstüberwindung getragen haben. Mit dem Ende des Krieges ergeben sich dann Erscheinungen, denen die alten Militärs

überhaupt für die Weiterversorgung der Bevölkerung ist unbe-. dingte Aufrechterhaltung der Ordnung. Jede Störung verhindert die regelmäßige Lebensmittelzufuhr und be­droht die Großstädte und die Industriebezirke mit unfagbarem Elend. Wir wenden uns an das gesamte deutsche Volk, diese schwere Gefahr abzuwenden."

Berlin , 7. November. Stanssekretär und Vorstand des Kriegsernährungsamts.

Die Waffenstillstands­Verhandlungen.

fällt die äußere Notwendigkeit dieses Zwanges fort, und daraus Die Oberfte Heeresleitung an Marschall Foch

faffungslos gegenüberstehen. Darum wird es unmöglich sein, bie Demobilisierung als eine rein militärische Angelegenheit zu ist behandeln, die von den Vorgesetzten nach Dienstregeln geleitet

wird.

Sier flafft eine Lücke, die schleunigst ausgefüllt werden

muß.

Gleiches Männer- und Frauen- Die Beteiligung von Staatsbürgern im Waffenrod an wahlrecht in Reich und Bundes- der Lösung dieser Aufgabe ift durchaus diskutabel. Dagegen

ſtaaten!

Gestern nachmittag fand eine Besprechung der Mehrheits­parteien des Reichstags und des Preußischen Abgeordneten hauses statt, um die im Reich und in den Bundesstaaten notwendig gewordenen weiteren Verfassungsände. rungen im einzelnen zu erörtern. Es wurde über diese Aenderungen und ebenso über die schleunige Durchführung der Barlamentarisierung in Breuken volle Einigkeit erzielt. Am Abend begab sich eine Abordnung zum Vizepräsidenten des Staatsministeriums Dr. Friedberg.

Damit nähern sich die sozialdemokratischen Forderungen für das Wahlrecht( gleiches Wahlrecht in Reich und Staat für beide Geschlechter, Verhältniswahl) der restlosen Erfüllung.

würde eine Militärherrschaft ohne Offiziere dem Begriff einer geordneten Demokratie kaum weniger wider­Sprechen als eine Militärherrschaft mit Offizieren. Die De­mokratie verlangt Unterstellung jeder Art von Militärgewalt unter die Zivilgewalt, die vom gesamten Wolfe auszuüben ist. Jeder Versuch, eine Minderheitsherrschaft aufzurichten, ist verwerflich und über fura oder lang zum Zusammenbruch ver­

urteilt.

Die Schwierigkeiten der Verwaltungsarbeit dür­fen nicht unterschätzt werden. Darum darf von der Teilnahme an ihr niemand ausgeschloffen werden, der im Geiste der neuen Zeit zu arbeiten gewillt ist. Wenn die preußische Verwaltung ausgelüftet wird, wird sich sofort ein fühlbarer Mangel an ge­eigneten Arbeitsfräften herausstellen. Eine Partei oder gar eine Gruppe einer Partei fann die dazu notwendigen Kräfte nicht stellen. Ein glattes Funktionieren der Verwaltung ist aber notwendig, wenn wir nicht rettungslos dem Zerfall entgegen. gehen sollen.

Damit kommen wir zu dem wichtigsten Punkt. Es muß zu­Der Beschluß des Parteivorstandes trägt die Beichen einer Zeit, in der die innerpolitischen Verhältnisse zum Berreißen ge- fammengehalten und zusammengearbeitet mer­spannt sind und unendlich viel, alles auf dem Spiele steht. ben! Es geht nicht an, daß ein Teil Parolen ausgibt, die der Bürgerkrieg und Hungersnot bedrohen unser Bolt andere nicht billigt, die er als eine Durchkreuzung seiner eigenen mit dem Untergang. Weiteres Blutvergießen soll verhindert, Aktion betrachten muß. Alter Hader muß vergessen werden, die Volksernährung, wenigstens im allernotwendigsten sicherge- und die verschiedenen Gruppen der Arbeiterbewegung müssen stellt werden. Irgend eine Art von Ordnung muß sein! Su gemeinsam borgehen zu dem Ziel, das ihnen allen gemein­diesem Ziel gibt es nur zwei Wege: entweder den der Gewalt fam ift. oder den des Appells an die Einsicht des Volkes. Die Sozial­demokratie hat entschlossen den zweiten gewählt.

Fünf Versammlungen der Unabhängigen, die für gestern abend angefegt waren, sind verboten worden. Die Partei fordert Aufhebung des Verbots, das, wie wir hören, in letter Stunde auch wirklich zurüdgezogen wurde.( Das Verbot war ohne Vorwissen der Reichsregierung erfolgt, ebenso die Ver­öffentlichung der gestrigen Warnung Rinsingen 3.) Polizei und Militär sollen zur äußersten Burüd haltung angehalten werden, Bugleich werden auch die Massen zur Besonnenheit gemahnt. Schußleute und Soldaten gehören auch zum Volt: man soll sich miteinander verständigen und nicht aufeinander schießen.

Jede kann zum Gelingen des Ganzen das Ihre beitragen, indem die einen ihren leidenschaftlich vorwärtsdrängenden Eifer, die andern ihre größere praktische Einsicht und Erfahrung zur Verfügung stellen. Aber diese Kräfte fönnen nur dann ins rich­tige Gleichgewicht kommen, wenn gemeinsam beraten und nach demokratischen Grundsägen entschieden wird.

In wenigen Tagen wird das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für alle über 24jährigen Staatsbürger, Männer und Frauen durch Reichsgefeß eingeführt. Verhält­niswahlen sollen jedes Unrecht gegen einzelne Barteien aus­schließen.

Damit wird auch jede sozialistische Maßnahme mög­Die Demofratifierung der preußischen Regierung ist not- lich in dem Augenblid, in dem die Mehrheit der Bevölkerung wendig, weil ihr die Polizei und der ganze Verwaltungsapparat fie verlangt. Es beginnt eine neue Aera, die Probezeit für den unterstellt ist. Solange da nicht der reaktionäre Dunst ausge- praktischen Sozialismus. Er muß fie in Ehren, zum Wohl des Tüftet ist, ist die Herstellung der Ordnung mit Mitteln der De- Volkes bestehen, oder die furchtbarste Reaktion wird die mofratie nicht möglich. Folge sein. Der sozialdemokratische Einfluß in der Reichsregierung soll Wir marschieren! Alles kommt darauf an, daß der Auf­berstärkt werben. Bisher gehört dem engen Stabinett nur ein marsch in Ordnung vor sich geht! Auf, Sozialisten, schließt die Sozialdemokrat, der Genoffe Scheidemann, an, der brin- Steiben!

und Fochs Antwort.

Berlin , 7. November. Amtlich. Folgender Funkspruch diese Nacht von deutscher Seite hinausgegangen:

Die deutsche Oberste Heeresleitung auf Anordnung der Regierung an Marschall Foch.

Nachdem die deutsche Regierung im Auftrage des Prä­fidenten der Vereinigten Staaten benachrichtigt worden ist, daß Marschall Foch ermächtigt ist, beglaubigte Ver­treter der deutschen Regierung zu emp­fangen, um ihnen die Waffenstilstandsbedingungen mit­zuteilen, find folgende Bevollmächtigte ernannt worden: General der Infanterie v. Gündell, Staatssekretär Erzberger , Gesandter Graf Oberndorff , General v. Winterfeldt,

Kapitän z. S. Vanjelow.

Die Bevollmächtigten bitten um Mitteilung durch Funkspruch, wo sie mit Marschall Foch Sie werden begleitet zusammentreffen tönnen. fein von Kommissaren und Dolmetschern nebst Ünter­personal, und im Kraftwagen an dem zu bezeichnenden Drte eintreffen.

Die deutsche Regierung würde es im Interesse der Menschlichkeit begrüßen, wenn mit Ein­treffen der deutschen Delegation an der Front der Alliierten vorläufige Waffenruhe ein­treten tönnte.

Marschall Foch hat darauf gefunkt:

An das deutsche Oberkommando vom Marschall Foch Wenn die deutschen Bevollmächtigten mit dem Marschall Foch wegen des Waffenstillstandes zusammentreffen wollen, mögen sie sich bei den französischen Vorposten auf der Straße Chimay- Fourmies- La Capelle- Guise einfinden. Es sind Befehle erlassen, fie zu empfangen und an den für die Zusammenkunft be­stimmten Drt zu geleiten.

Große Friedenskundgebung der französischen Sozialisten.

Vern, 6. November. Die französischen sozialistischen Blätter treten energisch für die Einberufung einer internatio­nalen fozialistischen Konferenz und für Einflußnahme der Sozialisten auf die künftige Gestaltung des Friedens ein. " Populaire" und Humanité" erklären, daß die Sozialisten unbedingt ein Wort bei den Friedensverhand­lungen, welche nicht auf einen Gewaltrieden hinauslaufen. dürften, mitsprechen müßten. Der Sozialistenverband des Seinedepartements beschloß, eine große Propagando­fampagne gegen die Chauvinisten zu unter­nehmen und in ganz Paris Versammlungen ab­zuhalten. Der Vorstand der Sozialistenpartei hat sich der Initiative angeschlossen.