Nr. 309. 35. Jahrg.

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Sozialdemokrat Berlin  ",

Vorwärts

Berliner   Volksblaff.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3.

Fernsprecher: Amt Moritplas, Nr. 151 90-151 97.

Sonnabend, den 9. November 1918.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplag, Nr. 151 90-151 97.

Die deutsche Freiheitsbewegung.

Die Kaiserfrage vor der Entscheidung.

Kurzer Aufschub!

Ueber den Stand der Kaiserfrage am gestrigen Abend unterrichtet in furzer und erschöpfender Form folgendes Flugblatt, das vom Parteivorstand und der Reichstagsfraktion ausgegeben wurde:

Arbeiter! Parteigenoffen!

Ein Teil der gestern ben uns aufgestellten Forderungen ist von ber Regierung und den Mehrheitsparteien erfüllt worden.

Das gleiche Wahlzecht für Breußen und alle Bundes­Staaten auf Grundlage der Berhältniswahl soll ohne Berzug burch Reichsgeset eingeführt werden.

Die fofortige Bazlamentarisierung ber Breußi­schen Regierung ist gesichert, ebenso die Verstärkung des jozialdemokratischen Einflusses in der Reichs­

regierung.

Die Einberufungen zum Militär find rüdgångig gemacht. Noch nicht erledigt ist

bie Kaiserfrage.

Die Waffenstillstands­

Verhandlungen.

Folgende Broklamation ist erlassen worden:

Volksgenossen! Nach jahrelanger Vernichtung hat das Boll die Machthaber gestürzt und die Regierung selbst in die Hand Die Bayerische Republik wird hierdurch proklamiert.

genommen.

Amtlich. Berlin  , 8. November. Die deutsche   Waffen- Oberste Behörde ist der von der Bevölkerung gewählte tillstandskommission ist gestern mittag aus dem Großen Arbeiter, Soldaten- und Bauernrat der provisorisch Sauptquartier nach den französischen   Linien eingesetzt ist bis eine endgültige Boltsvertretung geschaffen werden abgefahren. Die Kommissiou besteht aus dem Staats- wird. Er hat gesetzgebende Gewalt. sekretär Erzberger   als Vorsitzendem, dem Gesandten Oberndorff, Die ganze Garnison hat sich der republikanischen Regierung aur Generalmajor von Winterfeldt, Kapitän zur See von Banselow. Verfügung gestellt. Generalkommando und Polizeidirektion stehen - Als zweie Staffel fuhren um 3 Uhr nachmittags unter unserem Befehl. ins Hauptquartier der Heeresgruppe   deutscher   Kronprinz: Major Düsterberg, Major Brindmann, Major Kriebel, Major von Böttcher und Legationsrat von Lersner.

Bonbon, 7. November.  ( Steuter.) Der erste Geelorb, der Nomiral Sir Roselyn Bembes wird als Vertreter ber bris tischen Flotte den Waffenstilstandsverhandlungen beiwohnen.

Die Dynastie Wittelsbach ist abgesetzt. Hoch die Republik  ! Der Arbeiter und Soldatenrat. Sturt Eisner. Cine gubor ertaflene Brottamatton Minbigt eine Bonftituierende Nationalversammlung  an. Ste führt aus: Die Erhebung Bayerns   biene bem Swed, Deutschland   für einen Frieden des Bölkerbunds vorzubereiten,

Entscheidung binnen drei Tagen gefordert bevor die feindlichen Heere eindrängen und das Zurückfluten der

Keine vorläufige Waffenruhe.

Berlin  , 8. November. Amtlich. Die Waffenstillstands. bedingungen sind unseren Unterhändlern mitgeteilt worden. Ihre Annahme in ihrer Gesamtheit wird bis Montag verlangt. Der Inhalt ist im Hauptquartier und in Berlin  noch nicht eingetroffen.

demobilisierten Truppen ein Chaos herbeiführen. Die Offizier sollten unangetastet bleiben, sofern fie fich den neuen Behörden unterstellten. Die Bauern würden für die Versorgung der Städte durch Lebensmittel sorgen. Der Umschwung sei rasch, leicht und friedlich, ohne Blutvergießen vollzogen, und auch weiter müßten Menschenleben heilig bleiben. Diese in der Nacht zum 8. November erlaffene Broflamation schließt mit folgenden Sägen:

Unsere Forderung auf sofortigen Rüdtritt bes Raffers und Ver­zicht des Kronprinzen wurde aufgestellt unter der Voraussetzung. daz der Waffenstillstand heute mittag abgeschlossen sein würde. Diese Voraussetzung hat sich nicht erfüllt, weil die deutsche Dele Der Brubertrieg der Sozialisten ist für Bayern  gation infolge äußerer Hinderniffe heute vormittag im feindlichen Hauptquartier nicht eintreffen konnte. Der Abschluß des Amsterdam  , 8. November. Das Bureau Radio teilt beendet. Auf der revolutionären Grundlage, die jetzt gegeben ist, Waffenstillstandes würde aber gefährbet durch mit, daß die deutschen   Bevollmächtigten Freitag morgen im werden die Arbeitermaffen zur Einheit zurückgeführt. Es lebe unseren Austritt aus der Regierung. Deshalb haben Großen Hauptquartier der Alliierten die Bedingungen die Bayerische   Republit, es lebe der Frieden, es lebe die schaffende Arbeit aller Werktätigen! Parteivorstand und Reichstagsfraktion die gestellte Frist bis zum für den Waffenstillstand mit der dringenden Auf- Der Polizeipräsident erläßt folgende Bekanntmachung: Abschluß des Waffenstillstandes verlängert, um erst das Aufhören forderung erhielten, sie binnen 72 Stunden, die am Ich verpflichte mich, bei der Ausübung des Sicherheitsdienstes des Blutvergießens und die Sicherung des Friedensschlusses her- Montagmorgen um 11 Uhr französischer Zeit ablanfen, anden Anordnungen des Arbeiter und Soldatenrates München   Folge beizuführen. Sonnabendvormittag treten die Vertrauensmänner zunehmen oder abzulehnen. zu leisten. Sofern ich dieser Verpflichtung nicht nachkommen lann, der Arbeiter erneut zusammen. Der deutsche Vorschlag zum sofortigen Ab- muß ich mir das Recht des Rücktritts vorbehalten. sch In einer vorläufigen Waffenruhe wurde vom Mar- München, 8. November.. schall Foch abgelehnt.

Arbeiter! Parteigenossen! Es handelt sich also nur um einen Aufschub von wenigen Stunden.

Eure Kraft und Eure Entschloffenheit verträgt diesen Aufschub. Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  und die Reichstagsfraktion.

Der Text der Waffenstillstandsbedingungen wurde in das deutsche   Hauptquartier durch Rurier geschickt.

Heute mittag erwartet man den Kurier mit den Waffen­stillstandsbedingungen in Berlin  . Morgen dürfte der Waffen- die Friedensverhandlungen wären damit ge­stillstand unterzeichnet werden. Dann ist die augenblickliche scheitert. Hemmung, die sich der schnellen Lösung entgegenstellte, weg­geräumt.

Der Reichstanzler hatte nach dem Ultimatum der Sozialdemokraten seine Demission angeboten, die abgelehnt wurde. Auch ohne sie wäre die Volksregierung durch den so­

Darüber muß jeder Volksgenosse aufgeklärt werden, dann find Wahnsinnsstreiche der Reaktion unmöglich.

fortigen Austritt der Sozialdemokraten zufammengebrochen, Die Entscheidung des Kaisers

und dann wäre niemand dagewesen, der den Waffenstillstand hätte unterzeichnen können.

Der Königliche Polizeipräsident. b. Bech.

Das Hauptquartier des Arbeiter und Soldatenrates befindet fich im Landtagsgebäude.

Es scheint sich zu bestätigen, daß fich der Umschwung in Bayern   ohne jedes Blutvergießen vollzogen hat. Preußische ruppen, die im legten Augenblid zur Unterbrüdung ber Bewegung berangezogen wurben, ließen sich ohne Kampf ent­

waffnen.

Regensburg  , 8. November.  ( Gig. Draftbericht des Bortvärts".) Bevölkerung und Garnison haben die Nachricht von der Verfündung der Volksrepublik in München   mit großer Begeisterung aufge­nommen und fich der Bewegung angeschlossen.

in kürzester Frist zu erwarten! Auch Württemberg   schon Republik  ?

Jeder Tag Krieg fostet nuklos und zwecklos Tausende von Menschenleben. Darum hat die Sozialdemokratie in den kurzen Berlin  , 8. November. Der Kaiser, welcher von dem Aufschub eingewilligt. An dem Ergebnis, das mit großer Be- Reichskanzler über die Gesamtlage genau unterrichtet ist, hat stimmtheit zu erwarten ist, wird nichts dadurch geändert. den Prinzen Mag von Baden gebeten, einstweilen die Ge­In den Haniastädten, in zahlreichen Städten Mitteldeutschschäfte des Reichskanzlers weiterzuführen, bis der endgültige lands ist die Bewegung fiegreich. Bayern   und Braunschweig  find zu Volksrepubliken erklärt, der Herzog von Braunschweig   Beschluß des Kaisers erfolgt. Dieser ist in kürzester Frist zu bat für fich und seine Nachkommen auf den Thron verzichtet.

Welcher Siegeslauf der Bewegung in den wenigen Tagen feit Riel! Riel wirkte vorbildlich in jeder Beziehung. Ueber­all galt es als Regel, Verluste von Menschenleben zu ver­meiden, und überall, soweit wir sehen, arbeiten, wie in Kiel  , wo Genosse Noste als Marine- und Stadtkommandant seines Amtes waltet, die beiden sozialistischen   Richtun­gen einträchtig zusammen.

erwarten.

Bayern   Volksrepublik!

WTB.

Einigung beider sozialistischen   Richtungen.

Nach sehr bestimmt auftretenden Nachrichten follen fich in Württemberg   ähnliche Ereignisse abgespielt haben wie in Bayern  . Einzelheiten stehen noch aus. Nach WTB handelt es sich jedoch um unbegründete Gerüchte.

Braunschweig   Volksrepublik.

Abdankung des Herzogs Ernst Auguft. Braunschweig  , 8. Nobbr.( Eigener Drahtbericht des, Borwärts") Eine völlig unblutige Bewegung hat hier zur Abbankung des Herzogs geführt. Die Bewegung begann gestern abend mit Versammlungen. Heute früh wird in allen größeren Betrieben die München  , 8. November.  ( Eig. Drahtbericht des„ Vorwärts".) Borantritt zogen heute morgen viele Tausende mit roten Fahnen Arbeit eingestellt. Die Garnison schloß sich sofort an. Unter ihrem Heute früh ist hier die Republit ausgerufen worden. Die Es gilt jetzt, die Bewegung in den unblutigen Formen, in Garnison   hat sich dem Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat unter- bor das Residenzschloß, in dem sich der Herzog, die Herzogin sowie die Kinder des Prinzen Mag von Baden befanden. denen sie sich bisher vollzogen hat, zum frönenden Abschluß zu stellt, ebenso die Polizeidirektion. Sämtliche staatliche Einrichtungen Bewaffnete Matrosen brangen in das Schloß ein, holten die herzog bringen und dann die brennenden sozialen Fragen, vor allem die find in feiner Gewalt. Ernährungsfrage in die Hand zu nehmen. Dazu sind wir auf Die beiden sozialistischen   Richtungen haben sich vollständig liche Fahne herunter und bißten die rote Flagge. Bahnhöfe, Bost und sämtliche Amtsgebäude wurden besetzt, die Gefangenen befreit. gutem Wege. Versuche zu Gegenmaßregeln, die nicht im Ein- geeinigt, um die neue Ordnung sicherzustellen. Bauernbund verständnis mit der Regierung, also von Unverantwo lichen auf und Fortschrittler zeigen gewisse Neigung, fich anzuschließen. Die Das Polizeipräsidium wurde durchsucht, und den Beamten wurden eigene Faust unternommen werden könnten, werder faum zur Bewegung trägt feinerlei partikularistische Tendenz, sie ist im die Waffen abgenommen. Für morgen ordnete der Arbeiter- und Ausführung gelangen tönnen. Sie Lönnten nur namenloses Gegenteil durchaus reichstreu und will die Republik  , die mit Ausschluß der Munitionsbetriebe, an. Der Herzog erließ eine Unheil anrichten, an dem Endergebnis aber nichts indern. ja auch in Deutschösterreich schon auf dem Marsche ist, für ganz Rundgebung, die das gleiche Landtagswahlrecht in Aussicht stellt Das ganze Volt muß wissen, daß der Erfolg Deutschland  . dieser Versuche unweigerlich zur Wiederauf- Die neue Regierung fett fich folgendermaßen zusammen: nahme des Krieges und zum völligen Ruin Präsidium und Aeußeres: Kurt Eisner  , Kultus: Hoffmann­Deutschlands führen müßte. In dem Augen- Kaiserslautern  , Militär: Noßhaupter; Inneres: Auer; Verkehr: blid, in dem an der Spise des Reichs leine Frauendorfer; Justiz: Timm; Finanzen: Prof. Edgar Jaffé  , soziale Boltsregierung mehr, sondern eine kaiserlich angelegenheiten: Unterleitner. militaristische Regierung stände, wäre die Das Präsidium des Parlaments besteht aus Eduard Schmid­wichtigste vom deutschen   Wolf angenommene München  , Schröder( Bauernbund) und Prof. Quidde  ( Bollspartei, Nach kurzer Bebentzeit unterzeichnete der Herzog. Friedensbedingung binfällig gemarben, und vorbehaltlich Zustimmung seiner Frattion).

Soldatenrat die Wiederaufnahme der Arbeit überall,

( siehe unten), konnte damit aber die Bewegung nicht zum Stillstand bringen.

Heute 7 Uhr abends erschien eine Deputation des Arbeiter und Soldatenrates im Schloß und legte dem Herzog Ernst August   ein Schriftstück vor des Inhalts, daß er für sich und seine Nachkommen

auf den Thron verzichte.

Schriftfind wurde von den Ministern gegengezeichnet. Er erhielt die