Nr.338. 35. Jahrg.
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Montag, den 9. Dezember 1918.
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Пach dem kritischen Sonntag.
Ungeheure Kundgebung für die Sozialdemokratie.
Spartakus- Exzesse.
Gegen viertel fieben Uhr hatten sich die demonstrierenden Gruppen aufgelöst. Nur vor dem Zimmer des Voltsbeauftragten Barth, der faltblütig aus dem Fenster sah und eine Bigarette rauchte, staute sich noch immer ein erregter, wüst schimpfender Menscheninäuel, der mindestens feinen sofortigen Austritt aus der Regierung forderte. Die schnelle Auflösung des Zuges binnen etwa fünf Minuten war der beste Beweis, daß die Teil
Spartakus vor der Reichskanzlei. nehmerzahl nicht ſehr groß mar.
Hie Barth- hie Liebknecht!
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Die Maffenkundgebung der vor der Nationalgalerie zu einer Flamme zufammen. fich eine größere Anzahl Zuhörer. Er gefiel fich in den öbesten Großberliner Sozialdemokratie.
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Massendemonstration im
Luftgarten.
In ben Prachtfälen des Westen3" war die Versammlung überfüllt. Genoffin Judjacz gedachte in ihrem einleitenden Vortrag mit tiefſtem Bebauern des am Freitag in der Chauffeestraße ange richteten Blutbabes. Dann ergriff Genosse Scheidemann
In der ruhmreichen Geschichte der deutschen Sozialdemo- or iänden für eine gegenrebolutionäre Aftion dure fratie ist der gestrige Tag einer der stolzesten. In vier gewalttätiges Treiben in den Straßen Berlins . Berlin muß zehn überfüllten Versammlungen hat gestern das Berliner zeigen, daß es weder deutsche noch französische Generäle Arbeitsvolk in wunderbarer Ordnung und Würde seinen braucht, um in Ordnung leben zu fönnen, daß es reif zur Willen fundgetan. Der zur Verfügung stehende Raum erwies Freiheit ist, wie das ganze deutsche Volk! fich als drei- oder vierfach zu flein. Ungezählte Scharen mußten unverrichteter Dinge wieder heimkehren. Aber abgefehen von diesem unvermeidlichen Uebelstand bewährte sich die alte tampferprobte Organisation wieder in ihrer mustergültigen Geschloffenheit. Kein Mißton störte dieses gewaltige Kampffest der Freiheit... Die für 2 Uhr am Sonntag nachmittag im Treptower Park Was an bierzehn verschiedenen Orten als Willensaus- angesetzte Protestversammlung der Spartakusleute war nur druck des Berliner Proletariats aufleuchtete, das schlug dann mäßig besucht. Nur um die Tribüne Liebknechts gruppierte Reiner, der diesen Aufmarsch miterlebte, wird je in seinem Beschuldigungen, wie daß Ebert die Geschäfte des Kapitalismus Bierzehn Versammlungen. Leben das gewaltige Bild vergessen, wie 3ug an Bug an- und der Entente betreibe, indem er Wilson beeinflusse, nur marschiert tam, rote Fahnen zu roten Fahnen sich gesellten Lebensmittel zu schicken, wenn die jeßige Berräterregierung" Ueber die politische Bedeutung der gestrigen sozialdemound das Ganze in Eberts Rede und in dem Gelöbnis der nicht gestürzt werde; im Osten beſtehe ein geheimes Bündnis kratischen Rundgebung sprechen wir an leitender Stelle. Wir Massen zur alten Sozialdemokratischen Partei seinen frönen- mit der Entente, wonach die Deutschen sich verpflichtet hätten, den Zusammenschluß fand. die Ruffen so lange in Schach zu halten, bis die alliierten lassen die vorliegenden Berichte folgen. Truppen ihren Aufmarsch vollendet hätten. Es sei bewiesen, daß der Putsch am Freitag von den Bluthunden" Ebert Scheidemann- Wels gemacht" worden sei usw. Nach den Referaten und der Annahme einer Resolution, die den Stura ber jezigen Regierung und die Uebernahme der bollen Regierungsgewalt durch die Stäte forbert, formierte fich ein Demonftra- Sas Wort, von der Versammlung freudig begrüßt. Bor ber evstionszug, der nach dem Alexanderplatz und von da durch die Tution babe die äußerste techte verlangt, ihn wegen feiner revolutionären Gesinnung und seiner Arbeit für den Frieden auf den Rinden nach der Wilhelmstraße vor die Reichskanzlei ge- Ganbhaufer au ftellen. Jest nach der siegreichen Revolution langte. Hier fam es zu wüsten Radauszenen. Es wurde aus- verlange die äußerste Linke, ibn am Baternenpfahl aufau gerufen, die Alexandriner hätten sich mit Liebknecht ver- bängen. Biebknecht habe am Sonnabend bei seinem Umzug durch Bündet und rückten mit Maschinengewehren an; die Wache wurde die Stadt von Ebert und Scheidemann als von Buben" und" Blutgeprügelt und ihr die Maschinengewehre weggenommen, hunden" gesprochen, die zu stürzen seien.( Pfuil- Rufe.) Ich stehe, der M.- G.- Führer H. wurde nicht unerheblich im Gesicht ber- fagte Scheidemann, jest 35 Jahre in der Arbeiterbewegung. Ich legt. Bezeichnend ist, daß ihm dabei sämtliche Taschen bape in dieser Zeit manches Schiere ertragen müssen, und mein ganzes Leben war ein Opfer im Dienst der Arbeiterklasse.( Lebbafter Beifall.) Wer mich kennt, weiß, bak ich kein Amt erstrebt, sondern jedes mit Widerstreben, aber in Erfüllung meiner Pflicht übernommen habe. Eine Sünde" habe ich mir zufchulden kommen laffen.( 8.rruf: 4. Auguft!) Nein, das nicht! Darauf bin ich ftola! Das war meine Sünde", bag ich allezeit gehandelt habe nach dem Wahlspruch: Die Ueberzeugung ist des Mannes Ehre! Aber meine Ueberzeugung laffe ich mir nicht nehmen, für sie auck ich einstehen! Wenn ich tausend und zehntausend Arbeiter a mir habe und der Ueberzeugung bin, bak fie fich auf einen rrweg befinden, muß ich den Mut, haben, das den Arbeitern fagen. Will man bon Buben" fprechen, fo find es diejenigen. die den Arbeitern schmeicheln.( Buftimmung.) Um führer bleiben zu können, willenlos alles zu tun, was verlangt wird fui Teufel! Das mache ich nicht.( Stürmischer Beifall.) Scheide mann ging bann auf die
Diese Kundgebung hat das arbeitende Berlin mit neuem ut und neuer Zuversicht in seine gerechte Sache und in feinen endgültigen Sieg erfüllt. Sie hat Inland und Ausland gezeigt, wo das Herz der Hauptstadt schlägt, sie hat ein neues Band zwischen Berlin und dem Reich geschlungen. Berlin denkt wie das Reich und das Reich wie Berlin . Das Stumoren verirrter Elemente, die die Macht nicht erobern und, wenn sie sie gewaltsam eroberten, nicht drei Tage halten fönnen, tann an diesem Ergebnis nichts ändern.
In dem Augenblick, in dem diese Zeilen geschrieben werben, spektakelt noch Spartatus in der Stadt herum. Wilde Gerüchte flattern auf, um im nächsten Augenblid ihre Widerlegung zu finden. Bis jetzt scheint nichts Schweres vorgefallen zu sein. Nur einige Maschinengewehre find bor dem Reichsfanglerhaus und anderwärts ihren rechtmäßigen Be- ausgeraubt wurden. fizern geraubt worden, einige Mannschaften der Sicherheitswache vor der Reichskanzlei sind leicht verlegt! Nur dies, bisher, sonst nichts! Es ist aber eine Schmach und Schande, dak man schon zufrieden sein muß. wenn weiter nichts geschieht und wenn sich die republikanischen Soldaten prügeln Iaifen, um nicht morgen als Mörder und Schergen der Bluthunde Ebert und Scheidemann " berschrien zu werden. ir bflichten Scheidemann 21, der in einer der geftriaen Berfammlungen fagte, so wie bisher fönne es feine acht Tage mehr weitergeben. Die Berliner Garnison , das ganze ar beitende Bolf Berlins ist entschlossen, die Revolution gegen alle Butsche von rechts zu sichern. Aber diese Sicherung ist nur dann wirklich sicher, wenn ein Ende gemacht wird mit den Butschereien von links, die den Erfolg eines Sandstreichs bon rechts herausfordern und vorbereiten.
Der Volksbeauftragte Barth hot gestern die Meinung der Bankbeamten gehört, als er bor ihnen gegen den„ Vormärts" wegen feiner Aufklärungsarbeit am Broletariat los. 30g. Er hat dann auch die Meinung feiner früheren Freunde bernommen, bie mit wahren Subälterausdrücken über ihn bergefallen find, weil er etwas zugelernt hot und die ärgiten Dummheiten nicht mehr mitmacht. Wir fragen den Wolfsbeauftragten Borth . ob er nach dieser Bektion nicht auch begreift, warum der Borwärts", einen unabläffigen Stampf gegen den brödsinnigen Spartakusrummel führt und ob er feine Ausführungen gegen den„ Borwärts" nicht schon wieder
In der sechsten Abendstunde zogen die Anhänger des Spartakusbundes unter Führung Karl Biebknechts durch die Wilhelmstraße. Die Menge stieß wüste Verwünschungen gegen die Regierung Ebert- Scheidemann aus. Das Reichskanzlerpalais lag still und bunkel da. Nur aus einem Bimmer des hellerleuch teten Vorderflügels lehnte sich der Boltsbeauftragte Barth her. aus, der von der Masse, als sie ihn erkannte, stürmisch begrüßt wurde. Auf wiederholte stürmische Aufforderung zu sprechen, erwiderte Barth, er lönne nicht mehr, er sei heiser, seine Stimme berfage. Aber die immer mehr anwachsende Menge bestand auf ihrem Willen. Schließlich nahm Barth das Wort und sagte: " Ich wünschte nur einmal mit Liebknecht
in einem der größten Säle Berlins , fagen wir im Zirkus Busch, zusammenzutreffen, und
ihm zu sagen, was ich ihm zu sagen habe, ( Große Unruhe), und ich bürge dafür, daß nicht ein Ar. beiter auf seiner Seite bleibt( wilde Gegenrufe). Daß ich in der Negierung size, und daß ich zugegeben habe, daß die Regierung und der Vollzugsausschus paritätisch zusammen gefeßt sind, das ist geschehen, weil im Zirkus Busch am 10. Nobember nicht Scheidemann , sondern Karl Liebknecht auf mich eindrang und sagte: es muß geschehen, wenn die Revolution nicht gefährdet werden foll.
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Ereignisse vom Freitag
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ein. Die Verhaftung der Vollzugsratsmitglieder fei eine Sanswurstiade, deren Urheber sich von irgendwem haben mißbrauchen laffen( Ruruf: Spartatus!), die Rolle eines Hauptmanns bon
Gönenid au spielen. In feinem Rusammenhang mit diesen Dingen ftehe die Schiekerei, bie am Abend desselben Lages fich ereignete. wenn in diefer aufgeregten Reit Tag für Tag gepredigt wird: Arbeiter bewafinet euch!" bann dürfe man sich schliehlich nicht wundern, bak es au folchen bebauernswerten Busammen töken tommt.( Ruftimmung.) Scheidemann schilderte sodann die Tätigkeit des Vorstandes der sozialdemokratischen Bartei bei bent
Rustandekommen der Revolution und die schon ant Morgen des 9. November einmeleiteten Verhandlungen mit den Unabhängigen. Stürmische Unterbrechungen: Er lügt! Schweinehund! 8 aelang, die Regierung aufammenzustellen, wie sie jest ant Strolch! Lump! Die Taschen hast Du Dir voll gemacht! Gauner! Berte ift. Sinter thr, die eine fo fchwere Aufgabe bat, wie niebebonert. mals eine Steieruna fie hatte, steben mindestens 90 Prozent des Die Erlebnisse des Volksbeauftragten Barth vom geftri- Solt den Kerl herunter! Haut ihn!" Nur mit Mühe konnten einige besonnene Elemente in der Seutschen Wolfes( Lebhafte Puftimmung.) Aber was ihr jest gen Tage enthalten den Stern der ganzen Geschichte und des Menge sich das Wort verschaffen und auf Barths Berbereitet wird und was wir jebt in Deutschland durchleben, ist auf gonzen Eends der Unabhängigen. Die Unabhängigen im dürfen menn ihre Ropelität vor Zweifeln gefcükt fein foll, wurden von dem Toben derer verschlungen, die Lust hatten und gewiffenlofe Treiben einer feinen Glique wird es in furzer Zeit bei uns faben.( Grreate Buftimfich nicht schübend vor eine Bewering itellen, die den gewalt- Anstalten trafen, Barths Bimmer zu stürmen. Plöglich ertönte babin bringen dak wir nichts au effen haben, aber dafür die Fran famen Sturz der foaialdemokratischen Rolleren in der Regie. Rarl Riebknecht& pathetische Stimme durch den tobenden muna, bereinzelter Widerspruch.) Mas in München gegen den Mi tuna offen als ihr Riel verkündet. Das Wort ist frei, Lärm. Liebknecht sagte: " In einer ungeheuren Demonstration haben wir den Willen die Maffe nicht! Es darf niemandem erlaubt fein, mit Mofchinencemehren in Berlin berumaufahren, außer-im des Berliner Proletariats deutlich verkündet. Wir haben geaukerften Notfall den Truppen der Regierung. Es mag zeigt, daß wir jeber fogen, was er meint, aber es darf nicht jeder hun, was ihm beliebt. Dem Wort muß mit dem Mort, anderen raumenten aber mit den gleichen Argu menten entgegengetreten werden!
dürfen unde mit uns, den wir ehrlich einhalten. fie dienste um die Revolution hinweisen. Aber ihre Worte die Dauer ein völlig unmöglicher Rustand. Das
die Macht haben, biefes ganze Neft auszu nehmen.
Aber ich fordere Euch auf, heute Euren Willen und Eure Ent. schloffenheit nur in dem Rufe zu dokumentieren: es lebe die foziale Revolution, es lebe die Weltrevolution!"
Benn der geftrige Taq, wie wir in diesem Augenblid Brausende Hochrufe erfchollen, aber sie waren noch nicht noch hoffen dürfen, ohne ernites Blutvergieken verlaufen ist, fo ist dieses Ergebnis nur der übet menschlichen Selb ft- verflungen, als schon die stürmischen Bfuirufe gegen Barth beberrichung der republikanischen Soldaten wieber einfegten. Ein Mann aus der Menge erinnerte in leiden. und der Berliner Bevölkerung zu verdanken. Die Regierung fchaftlichen Worten Barth an die gemeinsame Vergangenheit, muk einheitlich, rubig und feit ihren Wea gehen. fie fragte, ob er ihn noch fenne oder ob es noch weiterer Ermahdarf, verdächtige, der Revolution feindliche Generäle vor den nungen bedürfe. Erst langsam ließ sich auch dieser Redner beToren Berlins ebensowenig dulden wie die Lieferung von ruhigen und zum Weitergehen bewegen.
nifter Auer und gegen einige Reitungsredaktionen unternommen wurde. das ist kein sozialistisches Tun das ist die Tätigkeit einer gewiffenlofen Räuberbirde( Ruftimmung.) So geht es ein
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fach nicht weiter. Ich für meine Berfon man diesen Zustand keine acht Tage mehr ertragen. Tritt nicht enderung ein, so nehe ich.( Stürmische Rurufe: Nein! Nein! Schaffen Sie doch Orbmung!) Eine proletarische Regierung kann natürlich nicht die Maschinena efebre spielen laffen. Soll es dahin lommen, bak ranaofen, Engländer und Amerikaner auf ihre Art die Beute Aur Vernunft bringen"? Sinter die Regierung muk fich das ganze Volf stellen. Es mus bereit fein, Ordnung zu schaffen.( Stür mischer Beifall.)
Die Versammlung nahm die Resolution mit allen Stimmen ( oegen eine einaige) an. Dann machten sich die Teilnehmer in gefchloffenem Buae auf den Weg nach dem Lustgarten.
In den Unionjälen forachen Gen. Baul Sirich und Ge
noffin Wallh 8epler. 1500 Personen. Annahme der Resolution
gegen 2 Stimmen,