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die Sitzung öes Vollzugsrats. Berlin , 12. Dezember. Amtlich. Der VollzugZrat trat heute Nachmittag 4 Uhr zu einer Sitzung zusammen. Zu Beginn einigt sich der Vollzugsrat, seine wichtigsten Beschlüsse drucken zu lassen und der Delegiertenversammlung vorzulegen. Ein M a s s e n f l u g b l a t t. da? sich gegen die Hcharbeit der bürgerlichen Presse wendet, besonders aber gegen die planmäßige Behauptung, die Entente wolle die A.» und S.-stiäte uicht anerkennen, wird genehmigt. In längerer Debatte beschäftigt sich der Vollzugsrat mit der Kritik, die in der letzten Soldatenratsvers am m- �ang an ihm geübt worden ist. Der Vollzugsrat gesteht den Soldatenräten prinzipiell das Recht zu, über die soldatischen Mit- Glieder des Vollzugsrats zu entscheiden, und behält den Genossen Bergmann als Beauftragten des Vollzugsrats. Der Vorsitzende verliest ein längeres Schreiben der Regierung, worin dem VollzugSrat das Kontrollrecht über die Reichs- wnter streitig gemacht wird. In der Debatte betont e'n Redner entschieden, daß die Regierung unter keinen Umständen dem Voll- öugSrat das Recht der Kontroll« absprechen könne. Die Vertreter der Marine stellen fest, daß sie das Reichs- �arineamt nicht nur kontrollieren, sondern die gesamte Geschäfts- jührung in ihren Händen haben. Demgegenüber wird von mehreren Rednern bemerkt, daß die Marine von Anfang an unter besonders günstigen Bedingungen gearbeitet habe, in allen Reichsämtern sei der Grundsatz der Marine noch nicht durchführbar. Die endgültige Erledigung dieser Frage wird dem Reichs- Ausschuß überwiesen. Tagung üer öeutstben Volksräte in pofen. In Posen fand am Donnerstag der Vertretertag der deutschen Volksräte der Provinz Posen statt. Die 5|tadt war mit schwarzweißroten Fahnen geschmückt, die deutsche Bevölkerung veranstaltete einen ungeheuren De monstrati onSz ug, an der Spitze die Soldaten. Im großen Saal des Zoologischen Garten traten die deutschen Bolksräte der ganzen Provinz Posen zu einer Sitzung zusammen. "Professor Herrmann sprach über Notwerrdigkeit und Ziele der deutschen Volksräte. Er legte gegen das Vorgehen der Polen und ihre Usbergriffe, die in den bekannten Beschlüsien des Teil- S«bietS. Landtage» ihren Höhepunkt fanden, scharfe Ver- Wahrung ein und forderte den Zusammenschluß aller Deutschen der Provinz ohne Unterschied der Partei. Dieser Forderung schlössen sich Vertreter auS allen Teilen der Provinz an. An den Rat der Volksbeauftragten , die preußische Regierung und die WaftenstillstandSkommission, sowie an Wilson wurden P r o j e st e abgesaridt gegen den Versuch, den Entscheidungen der Friedenskonferenz vorzugreifen und einen �taat im Staate zu schaffen. Darauf wurde ein Provinzial-Volksrat gegründet. Der Wille, das deutsche Volkstum aufrechtzuerhalten, fand während der ganzen Verhandlungen seinen stärksten Ausdruck. Allgemeiner Streik bei Lvertheim. . Der Zentralverband der Handlungsgehilfen gibt bekannt: Bei 55� Firma B. Werthcim konnten Differenzen nicht beigelegt werden. Sämtliche Angestellte und Arbeiter sind deshalb i n �len Häusern in den Streik getreten. Der Anlaß dazu w»r, daß längere Berhandlungen wegen der Zahlung einer ein- �aligen Teuerungszulage in Höhe von 100 bis 500 M. je nach der x.uuer der Tätigkeit wegen des geringe» Entgegenkommens der ä'rma scheiterten. Die in den Warenhäusern Beschäftigten, das ist "ugenwin bekannt, habe« in bezug auf die Bezahlung schon immer {Kuter allen anderen Berufen zurückgestanden. Auch die obigen F»r. °erun�x� sinj» fthr bescheiden. Wir bedauern daher, baß die Firma »«vt mehr Entgegenkommen gezeigt hat. Die Warenhäuser sind °Ukch die guten Verdienste während der KriegSzeit wohl in der Lage, Me Forderungen, welche nur 1V> Millionen Mark für mehr als Personen betragen, zu bewilligen. Es ist deshalb auch unver- aandlich, daß eS die Firma zu Störungen de« Betriebes kommen Wir zweifeln nicht daran, daß die Sympathien der Bevölke- "ng auf der Seite der Arbeiter und Angestellten stehen. In der Versammlung der M e ta l l a r b e i t e r i n- �en Groß.BcrlwS teilt« gestern Abend ein Vertreter de? Zentral. berbandes der Handlungsgehilfen den Streikfall mit. Sämtlichen �nwffenden in der Versammlung wurde zur Pflicht gemacht, die �vgestellten darin zu unterstützen und den Kauf bei der Firma Oelheim nach Möglichkeit zu verhindern. Ueber die Steuerfreiheit der Teuerungszulagen wird uns fol- i�des geschrieben: Als seinerzeit im Abgeordnetenhaus über die Teuerungszulagen für di».«tautSbeamten beraten wurde, erklärte °er Herr Finanzminister, daß diese Teuerungszulagen steuerfrei »leiben sollten. Der Forderung der Abgeordneten sämtlicher Par- �irichtrnizen, auch die den Privatangestellten gewährte TeuerungS- Zulage steuerfrei zu lassen, setzte der Herr Minister ein unerbitt- uches Nein entgegen. Nun sind die Verhältnisse inzwischen ganz ??dere geworden. WaS dem einen recht ist, ist dem andern billig. jSenn man den Staatsbeamten Steuerfreiheit der TeuerungSzu- �gen gewährt, dann kann man sie doch gercchterlveise den Privat- �gestellten, die in gleicher Weise unter der herrschenden Teuerung �öen, nicht vorenthalten.__ Neuköllner Arbeiter- unü Solöatenrat. An Stelle der zu gestern einberufenen Neuköllner Stadt- berordnetenvcrsammlung, die verlegt werden mußte, tagte �achmittags im Stadtverordneten -Sitzungssaale des Rat- ?uses die Vollversammlung des Neuköllner Arbeiter- und �oldatenrats. Vor dem Gebäude herrschte während deffen ein be- J�gtes Treiben. Einige hundert Menschen standen auf der Straße. Eine starke Abteilung der republikanischen Soldaten- "�hr war zur Stelle, die Ordnung wurde jedoch nicht est ö r t. Der höflichen Aufforderung der Soldaten fol- öend, ging das Publikum nach und nach fort. Nach ewiger jteit erschien ein Zug von Männern. Im Zuge wurden Plakate getragen mit der Inschrift:N i e d e r m l t d e m Drei klaffen Parlament!" Er bewegte sich vor dem �athanse in einer Stärke von etwa 200 Personen hin und Nach der Ansprache eines Teilnehmers und einem Hoch uns die Republik zerstreute sich der Zug. Eine Ffraktionssitzung der Bürgerlichen konnte nicht statt- nnden, da die Stadtverordneten vor ihrem Sitzungssaal eine ;®oche von 07 Soldaten vorfand, die ihnen den Ein- �ritt versperrten. Ueber die Versammlung deS Arbeiter- und Soldatenrats geht Uns kolgerder Beriöht zu: Der Arbeiter- und Soldatenvat für Neukölln trat gestern um * Ubr im Slvdtverordnetensaal zu einer Vollsitzung zusammen. 7�'e Sitzung wurde eröffnet mit einer Ehrung für die Opfer deS 6- Dezemb'r. Im Bericht über die Tätigkeit des VollzugöauS- i ch u s f e S des Neuköllner Arbeiter- und Soldatenratz schilderte Koch den gegen den Magistrat und die Stadtverordnetenverfamm-

GzcrniD kennzeichnet die deutsche liiililärpolitik als Qriache der Kataftrophe.

Wien , 11. Dezember Der ehemalige Minister des Aeußern Graf C zernin hielt vor einem aus Politikern und Pressever­tretern bestehenden Publikum einen Vortrag über seine Politik während des Weltkrieges, worin er zunächst konstatierte, daß seit dem Eintritt Italiens und Rumäniens in den Krieg, und vor allem seit dem Eintritt Amerikas in den Krieg der..Siegfrieden" der Mittelmächte nach seiner Ansicht eine Utopie geworden war, welche leider durch die deutschen Militärs immer genährt wurde und daß Oesterreich-Ungarn niemals ein Friedensangebot von der Entente erhalten habe. Wohl fanden wiederholt Fühlungnahmen zwischen den österroichisch-ungarischen und Ententevertretern statt, ohne daß sich diese Fühlungnahme leider jemals zu konkreten Bedingungen verdichtet hätten. Im Prinzip wären nur zwei Möglichkeiten für die Beendigung des Krieges gewesen. Entweder ein allgemeiner Friede, also ge- meinsam mit Deutschland , oder ein Separatfrieden. Czernin be- kannte offen, daß er niemals einen Separatfrieden geschlossen hätte; erklärte ober, daß er wiederholt den Gedanken ventilierte, Kaiser Karl vorzuschlagen, einen jener Männer an seiner Stelle zu er- nennen, welche in der Trennung von Deutschland das Heil erblickten. Stets sei er von diesem Entschließ abgekommen, weil ein Separatfrieden nach seiner festen Ueberzeugung eine phy« fische Unmöglichkeit war. Deutschland hätte, wie dies nachträglich der separatistische Schritt Andrassys bewies, sofort einige Divisionen nach Böhmen und Tirol geworfen und Oesteroeich-Ungacn das gleiche Schicksal bereitet, wie seinerzeit Rumänien . Die Mon- archie wäre augenblicklich zum Kriegsschauplatz geworden. Im Innern der Reiche hätte solcher Schritt sofort den Bürger- krieg entfacht. Czernin schilderte hierauf die Schwierigkeiten des zweiten Weges, nämlich den Frieden gemeinsam mit Deutschland zu machen. Der Redner wies zunächst auf die große Abhängigkeit Oesterreich-Ungarns von Deutsch - land in militärischer Hmsicht sowie hinsichtlich des vollständig de?- organisierten Ernährungsivesens der Monarchie hin. Immer war die Situation, sagte der Redner, daß wir in dem denkbar günstigsten niilitärischen Moment einen Frieden hätten vorschlagen können, welcher, mit bedeuten- den Opfern verbunden, vielleicht die Hoffnung gehabt hätte, von den Feinden angenommen zu werden. Die deutschen Militärs aber wurden, je glänzender ihre Erfolge waren, desto anspruchS - voller, irnd es war unmöglich, sie zu solcher Verzichtpolj- tik zu bewegen. Die Zukunft werde beweisen, welche über- menschlichen Anstrengungen Oesterreich-Ungarn gemacht habe, um Deutschland zur Nachgiebigkeit zu veran- lassen. Wenn sie alle mißlangen, lag die Schuld nicht am deut- schen Volke, auch nach Ansicht Czernins nicht an dem deutschen Kaiser, sondern die Schuld lag bei den führenden deutschen Militärs, die eine M a ch t f ü I l e an sich gerissen hatten, wie sie in der Gc- schichte beispiellos ist und deren markanteste Persönlich- keitLudendorff war, der ein politisches Gegengewicht gebraucht hätte, wie es Moltke seinerzeit in Bismarck besessen habe, das aber in der Berliner Wilhelm st raße nicht vorhanden war. Czernin verlas das Expose, welche?, er im April 1917 Kaiser Karl unterbreitete. In diesem Expose führte Czernin aus, daß im Spätsommer oder Herbst 1917 mit Rücksicht auf da? zur Neige gehende Rohmaterial zur Munitionserzeugung, auf das voll- ständig erschöpfte Mensche nmaierial und die dumpfe Verzweiflung der unterernährten Volksschichten um jeden Preis Schluß gemacht werden müsse, und daß an die Enicntc im Augenblick herangetreten loerden müsse, wo ihr die ersterbende Kraft der Feinde noch nicht zum vollen Bewußtsein gekommen sei. Czernin bezeich- nete die großen Hoffnungen Deutschlands auf den Untersee » bootkrieg im Exposö als trügerisch und wies darauf hin, daß er den Auftrag Kaffer Karls, Deutschland wissen� zu lassen, daß eS auf Oesterveich-Ungarn über den Spätsommer hinaus nicht mehr werde rechnen können, ausgeführt habe. Auf dies vom 12. April datierte Expose traf die vom 9. Mai datierte Antwort ein, in welcher die deutsche Regierung neuerdings das absolute vertrauen in das Gelingen des Nntcrseebootkrieges betonte, die prinzipielle Bereitwilligkeit zu Friedensschritten zwar aussprach, jedoch vor Schritten warnte, welche als Schwäche gedeutet werden könnten. Än territoriale Opfer Deutschlands war nicht zu denken. Oesterreich-Ungarn beschränkte sich aber nicht auf Worte allein, es erklärte in Berlin im Jahre 1917. daß Kaiser Karl bereit sei, Galizicn mit Polen vereinigen zu lassen, sowie für eine Angliederung Polens an Deutschland alles ßu tun, falls Deutschland durch territoriale Konzesstonen im Westen den Frieden ermögliche. Oesterreich-Ungarn stieß auf ein..d7c>n poosumug'(Wir können nicht) und die Antwort Deutschlands , territoriale Kon- Zessionen an Frankreich seien ausgeschlossen. Czernin schilderte weiter seine Bemühungen zur Durchsetzung der bekannten

FricdenSresolutto« im Deutschen Reichstage, ferner ausführlich den Gang der Friedensverhandlungen in Brest - Litolvsk, wo das Prinzipkeine Annexion" durchgedrungen wäre, wenn dre Entente damals zu einem allgemeinen Friede» bereitgewesen wäre, wo aber Czernin in volle Abhängigkeit von den deutschen Unterhändlern dadurch geriet, daß er während dieser Ver- Handlungen gezwungen war, die Hilfe Deutschlands zur Behebung der besonders akut gewordenen Ernährungsschwierig- ketten in Oesterreich-Ungarn zu erbitten./ Den deutschen Unter- Händlern gegenüber konnte der Gedanke, daß Oesterreich-Ungarn gegebenenfalls mit Rußland einen Separatfrieden schließen würde, nicht ausgespielt werden, wollte man nicht die deutsche Lebens- mittelhilfe gefährden, um so weniger als der Vertreter der deut- schen Obersten Heeresleitung damals erklärte, eS sei gleichgültig, ob Oesterreich-Ungarn Frieden mache ober nicht, Deutschland werde unter allen Umständen nach Petersburg marschieren, falls die russische Regierung nicht»achgäve. Czernin führte weiter aus, daß dre in Brest angeknüpften Kom- prvmißverhcnrdlungen daran scheiterten, daß K ü h l m a n u von der deutsche » Obersten Heeresleitung zu raschem Borgehen gezwungen wurde. Ludendorff erklärte, die Verhandlungen ntit Rußland müßten binnen drei Tagen zu Ende sein. Kühlmann erhielt den strikten Auftrag, sich nicht nur mit den bisher vo» ihm verlangten Abtreturrgen zu begnügen, sondern auch nach Abtretungen des unbesetzten Gebietes Livlands und Estlands zu verlangen. Der Redner erörterte schließlich die Ursachen, die Oesterreich- Ungarn �zwangen, den unglückseligen U-Boot-Krieg mitzumachen, und konstatierte, daß Bcthmann Hollweg sich lange aililebnend ver- hielt und mit allen Mitteln und Argumenten sich dem U-Boot-Krieg widersetzte, schließlich jedoch unterlag, wie in diesem Kriege alle Politiker den Militärs«nterlegan sind. Die deutsche Motivierung des U-Boot-Kriegs ging nicht so sehr darauf hinaus, England durch Hunger zu besiegen, sondern gipfelte darin, daß.die Westfront nicht zu halten sei. wenn die amerikanischen MunitionStvansporie nicht versenkt würden, daß also ein rein technisch- militärisches Moment in dm Volldergrund geschoben wurde. Da die Vevweigierung de? U-Boot- Krieges die Regierung Oesterreich-UngarnS zu einem dickten Kon- flitt mit Deutschland geführt hätte, gab eS mit schwerem Herzen seine Einwilligung, nicht gewonnen durch Argumente, aber be- zwungen durch die Ohnmacht, anders handeln zu können.

Mag sein, daß Czernins AiMage dem Bedürfnis entsprun- gen ist, sich selbst zu rechtfertigen. Sicher ist die Rechtfertigung nur halb gelungen, denn auf Czernin lastet derselbe Vorwurf wie auf Bethmann Hollwcg, der Vorwurf unheilvoller Schwäche'gegenüber der militärischen Neben- oder vielmehr Hauptregierung. Aber ziehen wir in seinen Darlegungen alles ab, was auf Konto dieses Zwecks zu setzen ist, dann bleiben die Ausführungen Czernins noch immer eine furchtbare, eine zerschni eiternde Anklage gegen Luden- dorff und die militärische Diktatur. In voller Voraussicht des Zusammenbruchs O e st e r r ei ch- Ungarns haben diese vom Größenwahn verblendeten Gewalt- menschen die Fortsetzung des Krieges im Bunde mit den Alldeutschen erzwungen und den Friedensschluß im Aussen- blick des militärischen Erfolgs vereitelt. So kam es denn schließ- lich zum Frieden angesichts der militärischen Niederlage. Jetzt wird vielleicht erst manchem klar, welchen furchtbaren Kampf die deutsche Sozialdemokratie im Jahre 1017 gegen die alldeutsche Militärpolitik zu führen hatte. Die Dinge öffentlich auszusprechen war durch die Zensur fast unmög- lich gemacht: die alldeutsche Presse durfte dagegen täglich über uns alsFlaumacher" undMeßmacher" höhnen, wenn wir auch nur von ferne die Dinge anzudeuten suchten, die niemand besser wußte als Ludendorff selber. Alles hat damals die Sozialdemokratie darangesetzt, um einen billigen Ver- gleichssrieden herbeizuführen, den Deutschland zu diesem Zeitpunkt ohne Niederlage hätte haben können. Die größen- wahnsinnigen Generäle und ihre siegestrunkene Gefolgschaft von alldeutschen Professoren, Landräten, Junkern, pensionierten Offizieren hat es verhindert. Sie trifft die furchtbare Verantwortung für die Niederlage und die jetzige Zerschinetternng Deutschlands . Sie haben die Gefahr mit offenen Augen herankommen sehen und das Volk weiter in den Krieg gehetzt. Der Hauptschuldige ist nach Schweden geflüchtet: er hat sich feige der Verantwortung für seine an Landesverrat gr enzende Politik ent­zogen. Zlber es sind noch Mi t s ch u l d i g e genug in Deutschland , die vor Gericht gestellt werden müssen und deren Verbrechen nach Sühne und Genugtuung schreit.

lung Hefiihrten Kampf um die Gemeindeverwaltung. Nur widerstrebend habe der Magistrat eingewilligt, daß an seinen Sitzungen drei Mitglieder des Vollzugsausschusses teil- nehmen sollen. Auch bei der Einsetzung von Kontrolleurinnen für die V o l k s k ü ch e n sei man auf Widerstand gestoßen. Das Personal bebe die anfänglick'en Streikabsichten schließlich auf- gegeben. Koch kam zu dem Schl/uß. daß die auS Dreiklassenwahlen hervorgegangene Stadwcrovdncienvsrsammlung keine Existenz- berechtigung mehr habe. Er berichtete auch über das vom Voll- zugSauSschUtz erlassene Verbot der Miete st eigerunaen und Wobnungskündigungen. Das Verbot richte sich gegen den Wucher, und wer es übertrete, den werde man zu fassen wissen. Beim Berliner Arbeiter- und Soldatenrat hat der Neuköllner Ar- beiter- und Soldaienrvt eine Reihe Anträge eingereicht, die in der Hawvtsache folgendes fordern: Der Arheiter- und Soldatcnrat ist die über die Tätigkeit des Magistrats verfügende und ihn kon- trollierende Körperschaft: er hat auch die Polizeig walt und die Kontrolle über das Militär. Die aus dem Dreiklassenwahlrecht hervorgegangene Stadtverordnetenversammlung darf nicht mehr taeien; an ihre Stelle tritt der Arbeiter- und Soldatenrat. Die Sitzungen d-S MzgistrvhS sind dem Arbeiter- und Solldatenrot zum Zweck der Teilnahme bei Vermeidung von Strafe oder Amts. entsetzung rechtzeitig bekanntzugeben. Die Zahl der Beisitzer der Mieteinigungsämter wird um zwei stimmberechtigte Mitglieder deS Arbeiter- Und Soldatenrats vermehrt. Jede Mietsteigerung und Kündigung ist für die Uebergangszeit innerhalb eine? Jahres verboten: Ausnahmen sind nur mit Zustimmung des MieteinigungS- amts zulässig. Die aus dem Kriegsdienst entlassenen Krieger er- halten von den Re!ch?h?HLrden angemess ne Entlohnung und Ver­pflegung. bis ihr« Eristenz wiederhergestellt ist. Für alle übrigen Arbeitslosen in der Kommune sind sofortiae Arbeitsgelegenheiten zu beschaffen. Alle Staats-, Kommunal- und Privatbetriebe haben Verkürzung der Arbeitszeit auf vier Stunden und mehrere Schich- ten einzuführen. Die Volksküchen sind miszubauen und zu ver- mehren. Die Einheitsschule ist baldmöglichst durchzuführen. Koch schloß: Wir haben bisher getan, was wir tun konnten. W:r sonnten nicht allos tun, WaS wir wollten. Wir batt-n nicht die Waffengewalt, die wir gegenüber den herrschenden Gewalt- habern brauchen. In der Diskussion wurde behauptet, die

Beamten der Stadt wollten ihre Aemter niederlegen, wenn der Ar- beiter- und Solda-Ienrat es Iveiter so treibe. Das sollren sie nur tun, die Arbeiterschaft könne selber deren Arbeit leisten. Den Bericht der Gerichtskommission gab Schone- beck. Sie habe nach einigem Widerstand den geforderten Einblick in die Gerichtsakten erhalten und danach Entlassungen angeordnet. In der D i s k u s s i o n teilte Günther mit, der Polizeipräsident B e ch e r e r habe am RevoluitionStagc die Aktien der politischen Po- lizei verbrennen lassen. Der Arbeiter- und Soldatenrat nahm eine Reihe Anträge an, hauptsächlich die folgenden: Namen und Wohnungen der Per- sonen, bei denen größere Posten Lebensmittel und sonstige Waren beschlagnahmt wurden, sollen veröffentlicht werden. Tie Lebens- mittel sollen Arbeitslosen oder arbeitsunfähigen Kriegsteilnehmern überwiesen werden. AuS den beschlagnahmten Stoffen sollen Winterkleider für Waisen angefertigt werden. Der Arbeiter- und Soldatcnrat fordert von der Reichsregierung einen Erlaß, daß Staats- und Gemcindebcamte, die wegen Vergehen zur Disposition gestellt wurden, kein Gehalt und keine Pension erhakten. Vorgelegt wurde eine Resolution: Der Arbeiter- und Sol- datenrat Neukölln» spricht der jetzigen Regierung seine schärffie Mißbilligung für ihre zweifelhafte und schwankend« Haltung aus. Er fordert dw sofortige Inangriffnahme der S o z i a Ii f t e- r u n g der Banken und Großbetrieb« und des BodenS. ferner die sofortige Aufhebung aller noch bestehenden, aus dem Dreiklassen- Parlament hervorgegangenen Gesetze und ihre Ersetzung durch neue, auS dem Geist der Revolution geschaffenen Gesetze, deren Aus- fuhruncs dem Sh leitet- und Soldatcnrat zu übertragen ist. In der DiflkuliUm erhob ein Redner Einspruch gegen die Forderung sofortiger" Sozialisierung, da sich diese nicht so ohne weiteres durchführen lasse. Schönebeck erwiderte. eS bandle sich zunächst nur um eineInangriffnahme". In fünf Wochen habe die Regierung noch nichts getan. Tu« sie nicht, was gefordert wird, so müsse sie hinweggefegt werden. Die Resolution wurde schließlich wider- spruckisloz angenommen. Im Laufe der Sitzung erklärten verschiedene Redner, daß die Bevölkerung über die Tätigkeit des Neuköllner Arbiter- und Sol- datenraieS falsch unterrichtet sei. Beschlossen wurde, die Anträge des Vollzugsausschusses durch Maueranschläge bekanntzugeben.