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Nr.8 36. Jahrgang

Heute

1. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 5. Januar 1919

am letzten Auslegungsfonntag wird aber nachgefehen, ob wir in der Lifte stehen! Vor und nach den Verfammlungen haben wir Zeit dazu.

Groß- Berlin

Genossen und Genosſinnen!

Unterstützt die Wahlagitation! Beiträge nimmt entgegen Th. Fischer, Berlin SW 68, Lindenstraße 3,

2. Hof, 3 Treppen.

Adele Schreiber über die Frau als Wählerin. In Wilmersdorf sprach am Freitag die Genoffin Adele Schreiber über die Frauen und die Nationalversammlung. Aus ihren Worten lang immer wieder das eine hennus: wenn die Frauen als Frauen wählen, wenn sie für ihre eigenen Intereffen eintreten wollen, bann. Können sie nur der Sozialdemokratie ihre Stimme geben. Wie rechtlos war doch die Frau im alten Deutschland ! Sie durfte ja nicht einmal ein Bant­oder Bostschecktonto haben, ja nicht einmal arbeiten durfte sie ohne die Einwilligung ihres Mannes. Wieviel Sondergesetze gab es doch, die ausschließlich gegen die Frau geschaffen find. Bei allen diesen Gefeben haben die Bürger­lichen bersagt. Auch die Fortschrittliche Bolts. partei. Alle bürgerlichen Parteien haben ja noch bis furz vor der Revolution gegen das Frauenstimmrecht gekämpft. Nur die Sozialdemokratie trat stets und überall für die Frauen ein. Sie ist die Partei der Arbeiterin wie der kaufmännischen Angestellten. Die Partei der Krankenpflegerin, Lehrerin, Beamtin, Haustochter und Hausfrau. Sie ist die Partei der Mutter und des Kindes. Nur durch die Sozialdemokratie bekommen wir die sozialistische Republit, werden wir der freiefte und fortschrittlichste Staat der Welt, und nur als solcher können wir die Abneigung der anderen Bölfer über­winden.

Minutenlanger Beifall dankte der Rednerin. In der Aussprache trat Genoffe 2üdemann warm für die Regierung ein.

Zur Einsichtnahme in die Liften. Die Lokale sind nach Stadt­begirlen angegeben. Zu welchem Stadtbezirk Du gehört, steht auf Deinem Steuerzettel!

Die Kellnerbewegung.

Die Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmerorganisationen im Gastwirtsgewerbe verhandelten gestern abend vor dem Eini­gungsamt des Berliner Gewerbegerichts unter dem Vorsitz des Magistratsrats v. Schulz.

Die Vertreter des Gastwirtsgehilfenverbandes betonten: Die Abschaffung des Trinkgeldwesens, die Einführung fester Löhne und die Gewährung des Achtstundentages, das sind die Forderungen, an denen die Angestellten unbedingt festhalten. Davon können sie sich nichts abbandeln lassen. Jede Berhandlung, die sich nicht auf dieser Grundlage bewegt, ist überflüssig. Die feften Löhne, die gefordert werden, bewegen fich in einer Höhe, die die Löhne der Arbeiter und der Angestellten anderer Berufe längst erreicht haben. Es ist auch möglich, diese Löhne zu zahlen, ohne daß die Unternehmer dadurch

Heeresgut ist Reichsgut

Gib heraus, was nicht Dir gehört.

Reichsverwertungsamt, Berlin W 8, Friedrichstraße 66.

geschädigt werden. Eine Preiserhöhung von etwa 10 Prozent würde genügen, um die geforderten Löhne wieder einzubringen. Das Publikum würde durch eine Preiserhöhung in diesen Grenzen auch nicht geschädigt werden, weil ja die Trinkgelder, die in ungefähr derselben Höhe gezahlt werden, fortfallen. Die Behauptung der Gastwirte, der größte Teil der Kellner wolle von einer Beseitigung der Trinkgelder nichts wissen, meil sie sich dabei besser ständen wie bei feftem Lohn, bezeichneten die Vertreter der Angestellten als vollkommen unzutreffend.

Die Vertreter der Gastwirte erklärten: Mit der Einführung des Achtstundentages sind wir einverstanden, nur über die Ein­teilung der täglichen Arbeitszeit müßte noch eine Verständigung erfolgen. Mit der Abschaffung des Trinkgeldes find wir grund fäßlich einverstanden, aber jetzt ist die allerungeeignetste Zeit, diese Forderung sofort zu erfüllen. In den Geschäfter wo es möglich ist, fann das Trinkgeld sofort abgeschafft werden. Für die anderen fordern wir eine Frist bis Oktober dieses Jahres In der Zwischen geit sollen die gegenwärtigen Löhne um 25 Prozent erhöht werden. Sämtliche Auslegestellen für die Wahllisten sind heute, Sonn- Die geforderten Lohnjähe können wohl von den größeren Geschäften tag, bon 9 Uhr morgens bis 7 Uhr abends geöffnet. bezahlt werden, aber für die kleinen Wirtschaften mit einem oder zivei Kellnern ist die Belastung so start, daß sie nicht getragen werden kann. Die Verhältnisse im Gastwirisgewerbe werden sich in der nächsten Zeit bedeutend verschlechtern, denn nach Auskunft Lebensmittelzufuhren vom Auslande bekommen, die Zuweisungen des Reichsernährungsamts steht fest, daß, wenn wir nicht bald bon Mehl und Zuder an die Gastwirtschaften aufhören, auch wird der Beleuchtung einen noch früheren Schluß der Gastwirtschaften die infolge des Sohlenmangels nötig werdende weitere Einschränkung zur Folge haben. Die geforderte Bohnerhöhung wird einen Preis­aufschlag von mindestens 20 Prozent bedingen. Das Preisprüfungs amt ist aber wie eine Nachfrage ergeben hat Bewilligung von 10 Prozent bereit. nicht einmal zur

wird.

Der Vollzugsrat Groß- Berlin

wird der nächsten Bollversammlung des Groß- Berliner Arbeiter und Soldatenrates Richtlinien für die Aufgaben und das Tätigkeits­gebiet des Arbeiter- und Soldatenrates zur Beschlußfassung vor legen. Damit erfüllen wir einen wiederholt geäußerten Wunsch, legen. Damit erfüllen wir einen wiederholt geäußerten Wunsch, dessen Berechtigung und Erledigung mit jedem Tage dringender Um einerseits die nötigen Unterlagen für diese Richtlinien zu schaffen, andererseits auch den Wünschen aller Berufsgruppen Rech­nung zu tragen und uferlosen Debatten in der Vollversammlung borzubeugen, halten wir Borbesprechungen mit den in Frage kommenden Berufsgruppen für erforderlich.

Diese Vorbesprechungen finden statt im

Abgeordnetenhaus, Prinz- Albrecht- Straße.

Für die Arbeiterräte der Kleinbetriebe, der Betriebe, die feinen selbständigen Wahlförper bilden, Sonntag, den 5. Januar, vormittags 10 Uhr.

Für die Arbeiterräte der selbständigen Gewerbetreibenden Montag, den 6. Januar, vormittags 10 Uhr.

Für die Arbeiteräte der kaufmännischen Betriebe iDenstag, den 7. Januar, nachmittags 4 Uhr.

Für die Arbeiteräte der Freien Berufe( Rechtsanwälte, Aerzte, Schriftsteller, Künstler usw.) Mittwoch, den 8. Januar, vor­mittags 10 Uhr.

Für die Arbeiterräte der Reichs, Staat- und Kommunal­betriebe Mittwoch, den 8. Januar, nachmittags 4 Uhr. Der Vollzugsrat des Arbeiter- und Soldatenrates von Groß- Berlin.

4]

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Richard Müller .

Moltenbuhr.

Das Moroengrauen.

Bon Henri Barbusse .

Nicht einmal wir, nicht einmal wir! schrie einer. Ich glaub's auch, wir werden's vergessen, wir werden's schon vergessen, Alter! Wir haben zu viel gefehn!

Und alles, was wir gesehn haben, ist zuviel. Soviel Zeug kann man gar nicht aufbewahren; dazu ist man nicht geschaffen. Es entwischt nach allen Seiten; unsereins ist halt zu flein.

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statt des für Restaurant- und Kaffeekellner geforderten Mindest Im weiteren Verlauf der Verhandlung boten die Unternehmer lohnes von 125 Mr. wöchentlich 100 M. In demselben Verhältnis bewegten sich auch die Angebote bei den anderen Kategorien. Die Vertreter der Gehilfen erklärten die angebotenen Gabe als zu gering. Nachdem durch Streit und Aussperrung 12 000-15 000 Gastwirtsgehilfen in den Kampf verwidelt worden seien, sei die Annahme des Angebots nicht zu erwarten.

Bei Schluß der Redaktion waren die Verhandlungen noch nicht beendet.

Zwei Bersammlungen der Gastwirtsgehilfen, in denen über die Berhandlungen Bericht erstattet wird, werden heute( Sonntag) vormittags 10 Uhr am Bismarcdenkmal und im Lustgarten ab­gehalten. Wilde Demonftrationen.

Durch die Straßen Berlins find gestern Platate mit folgender Aufschrift getragen worden: Bürger und Mehrheitssozialisten! Nommenden Sonntag, den 5. Januar, eine noch überwältigendere Kundgebung! Getrennt bedeutete für fie fobiel wie dite Nachricht eines noch größeren Unheils, das sie noch tiefer in den Untergang zerrte.

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rief einer aus.

Jal wenn einem das alles in der Erinnerung bliebe! Wenn man's nicht vergessen würde, sagte der andere, so gäb's feinen Krieg mehr!

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Ein dritter aber fügte feierlich hinzu:

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Ja, vean die Erinnerung daran bliebe, so wäre dieser Krieg weniger nuglos, als er es ist.

Da hob sich mit einem Male einer diefer liegenden Ueber­lebenden auf die Knie, schüttelte seine schmutzigen Arme, von denen der Kot herunterfiel, und schrie dumpf und schwarz wie eine große flebrige Fledermaus:

-Nach diesem Kriege darf es feinen andern Krieg mehr

geben!

liche Ausrufe:

- Und nicht zu Inapp werden wir vergessen! Nicht nur wie lang's gedauert hat mit dem Elend, das unberechenbar ist, wie du fagft; nicht nur die Märsche, die die Felder pflügen Machtlose der Wind anfauchte und so wütend anpadte, daß die Aus der fotigen Ede heraus, in der uns Schwache und und überpflügen, die Füße abschinden, die Knochen abnüßen unter der Last des Gepäcks, das in den Himmel hineinwächst, Erde wie ein Wrack zu beben schien, drang der Schrei jenes und die Müdigkeit, daß du deinen Namen nicht mehr weißt, Menschen, der davonzufliegen schien, und weckte andere ähn das Rumstehen und die Unbeweglichkeit, die einen erschöpft, die - Es darf nach diesem Kriege fein anderer Krieg mehr Arbeiten, zu denen die Kräfte nicht ausreichen, die endlosen fommen! Wachen, wo du dem Feind auflauerst, der überall ist, und dich gegen den Schlaf wehrt und gegen das Mist- und Läusekiffen. Die Erde gefeifelt, von Erde durchdrungen waren, stiegen und Die dumpfen, wütenden Worte dieser Menschen, die an Nicht nur das, sondern die Hundsgeschichten mit den Platz granaten und den Waschinengewehren, den Minen, dem Stid- Nogen in den Wind wie Flügelfchläge.

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Keinen Krieg mehr, feinen Krieg mehr!

marschieren! Vereint schlagen! Fahnen und Sinnsprüche mit bringen! Vereine, Junungen, Gewerte heraus! Für Ordnung und Ordner sorgen Hoch die Nationalbersamlung!" Die Sozialdemokratische Partei pflegt ihre Aufforderungen zu De­Es ist nicht ersichtlich, wer hinter dieser Ankündigung stedt. monftrationen stets mit voller Namensangabe bekanntzugeben. Mit der hier erwähnten Aufforderung hat sie jedenfalls nichts u tun.

Die Freiheit" benutzt diese wilde Anregung zu der Behauß­tung, daß am vergangenen Sonntag die Scheidemänner mit den reaktionären Bürgerkreisen Arm in Arm" durch die Straßen ge 30gen feien, um gemeinsam den Kampf gegen links zu führen und die Errungenschaften der Revolution zu gefährden. Die Demons ftration der sozialdemokratischen Arbeiter ist am lekten Sonntag von der alten Partei ganz selbständig unternommen worden und das Zusammentreffen mit den Zügen der bürgerlichen Demokraten im Zentrum der Stadt ist ebenso zufällig getesen, wie das Zu­sammentreffen mit den ebenfalls Unter den Linden versammelten Anhängern des Spartatusbundes und der Unabhängigen, die da­mals noch eine Bartei zu sein glaubten, während sie tags darauf dreigeteilt erwachten.

Die Angestellten der Kriegsgesellschaften regen sich. Heute, bormittags 11 Uhr, findet eine Rundgebung im Lustgarten vor der Freitreppe zum alten Museum statt, die von der Kriegsmetall-.- G. ausgeht, zu der aber auch die Angestellten der übrigen Kriegsgesell­fchaften eingeladen sind. Auf der Tagesordnung steht das Thema: Die bevorstehenden Wahlen."

Renderung in der Erwerbslosenfürsorge. Mit Wirkung vom 6. Januar beträgt die Höhe der Unterstützung bei gänzlicher Er­werbslosigkeit für jeden arbeitslosen Wochentag für männliche Per­fonen über 17 Jahre 4 M., zwischen 14 und 17 Jahren 2,50 M., für die Ehefrau, für jedes Kind unter 14 Jahren und für sonstige im Haushalt lebende erwerbsunfähige Personen, zu deren Unterhalt der Unterstützte gefeßlich verpflichtet ist, wird ein Zuschlag von 1 M. für den Arbeitstag gewährt. Weitere Einzelheiten in den Säulenanschlägen und im Anzeigenteil.

Zu dem Raubmord an dem Gelbbriefträger Lange wird weiter mitgeteilt: Die Oberpostdirektion ist bemüht, festzustellen, was die dem Naubmörder in die Hände gefallenen Wertbriefe und Brief­päckchen enthalten haben. Denn gerade das kann unter Umständen die Aufklärung des Verbrechens wesentlich fördern. Einige Briefe enthielten ausländische Wertpapiere, darunter auch rumänische und chinesische, im Wert von 100 000 M. Diese wurden sofort gesperrt. Der Mörder hat viel höhere Werte erbeutet, als auf den Briefen angegeben war.

Es ist festgestellt worden, daß der Mörder auch schon in anderen Hotels gewohnt hat und sich dorthin Nachmahmesendungen von Botteriegeschäften hat schicken lassen. Auch hierbei hat er ohne nicht zur Ausführung gekommen ist, weiß man nicht. Zweifel sahon feinen verbrecherischen Plan verfolgt. Weshalb er

Das Bublifum arbeitet an der Aufklärung des Verbrechens fehr rege mit. Wichtig für die Gemittelungen ist die Beantwortung folgender Fragen: 1. Weiß jemand, wer in der legten Zeit fobiel Zeitungen ge­die bis zum Januar 1918 zurückgehen. fammelt hat. Es handelt sich ausschließlich um Berliner Zeitungen,

2. Wo hat ein Mann gewohnt, auf den die Beschreibung des Mörders paßt, und der in der Zeit vom 23. bis 27. Dezember und vom 1. zum 2. Januar nicht zuhause genächtigt hat. Es ist ein Mann Ende der dreißiger Jahre, der nach übereinstimmender Be­schreibung einen echten, ziemlich langen, gutgepflegten schwarzen Vollbart trägt.

Der legte Wannseebahnzug geht jetzt schon um 12 Uhr 30. Viele im Zeitungsdienst Beschäftigten aus Friedenau , Stegli usw. find dadurch gezwungen, zu Fuß den weiten Heimweg zurückzulegen. In ihren Streifen wird die Anordnung eines früheren Arbeits­schluffes im Zeitungsgewerbe gefordert.

Große Jugendversammlung, Montag, abends% 8 Uhr, in den Unionfestsälen, Greifswalder Str. 221/223. Thema:" Jugend und Revolution." Pflicht der Jugend ist es, die Versamm­lung in Massen zu besuchen. Anmeldungen in der Geschäftsstelle, N. 58, Lychener Str. 127 III t.

.. Nie werde ich den Anblick jener grenzenlosen Felder bergessen, deren Farben vom Wasser zerfressen waren, und die Söder, die, von der Fäulnis angefressen, allenthalben zerbröckel­fen, überall an den zerschlagenen Gerippen der Pfähle, der Drähte, der Holzgerüste und über die finstren Endlosigkeiten des Styr die Vision, das Beben einer Vernunft, einer Logik und einer Einfachheit, die jene Menschen urplöglich wie ein Wahnsinn erschüttert hatte.

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Man sah, wie sie der Gedanke quälte: daß nämlich der Versuch, auf Erden sein Leben zu leben und glücklich zu sein, nicht nur ein Recht sei, sondern eine Pflicht ein Ideal fogar und eine Tugend; daß die Gesellschaft nur dazu da ist, jedem Innenleben mehr Lebensmöglichkeit zu verschaffen.

Leben!

Wir!... Du... Ich.

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dumm... Schlimmer noch als das, es ist Keinen Krieg mehr... Nein, nie wieder!... Es ist zu

Da kam ein Wort und antwortete wie ein Widerhall ihrem

wirren Gedanken und dem zerstückelten Gemurmel dieser Masse. ähn- wirren Ich sah eine fotgekrönte Stirne sich erheben, und der Mund sprach am Rande der Erde: Zwei Armeen, die sich bekämpfen, find eine große Armee, die Selbstmord an sich übt!

gas und den Gegenangriffen. Jin Augenblick selbst ist man Ja, es ist genug! voll vom Eindruck der Wirklichkeit. Aber das verblaßt in der Erinnerung und verfliegt, du weißt nicht wie, und weißt nicht alles eigentlich bedeuten, all das, was nicht einmal in Worte Es ist zu blöd. zu blöd, murrten sie. Was soll das wohin; und es bleibt nur der Name übrig, nur die Worte, wie in einem Generalstabsbericht. zu fassen ist! Sie redeten alles möglich durcheinander und knurrten wie - Er hat recht, fagte einer der seinen Ropf unbeweglich wilde Tiere, mit düfteren, zerfetzten Gefichtsmasten, auf ihrer wie in einem Schandpfahl hielt. Als ich auf Urlaub war, hab Gisbank, von der sie die Elemente zu vertreiben trachteten. Die ich gemerkt, daß ich schon manches vergessen hatte. Ich hab Empörung, die sie aufpeitschte, war so groß, daß sie an ihr er­Briefe von mir wieder durchgelesen, dabei glaubte ich, in einem ftidten. fremden Buche zu lesen. Und auch das hab ich vergessen, was ich im Krieg gelitten hab. Vergeß- Maschinen sind wir. Ter Mensch ist ein Ding, das ein wenig nachdenkt; vor allem aber bergißt er. Das ist der Mensch.

Wir nicht, und die andern werden's auch nicht wissen! Sobiel Unglück ist also verloren gegangen.

Diese Aussicht erhöhte noch das Elend dieser Menschen und

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Zum Leben ist man doch geboren und nicht um derart zu verrecken! Die Männer sollen doch Gatten und Bäter sein Menschen überhaupt! und nicht Bestien, die einander hezten, erwürgen und verpesten.

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Und überall, überall find's Bestien, wilde Bestien oder zertretene Tiere. Schau, schau dich um!

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Was sind wir denn seit zwei Jahren? Arme, unglaublich unglückliche Menschen, aber wir sind auch Wilde, brutale Ban­diten, Hunde. Ausdruck mehr fand. Noch mehr als das! knurrte einer, der keinen anderen -Ja, ich gestehe est

In der trostlosen Stelle jenes Morgens begannen diese Männer, die die Erschöpfung gefoltert, der Regen gepeitscht und eine ganze Donnernacht erschüttert hatte, diese Ueberlebenden, die dem Feuer und dem Ertrinken entwischt waren, diese Men­fchen begannen zu verstehn, wie scheußlich der Krieg ist, mo­ralisch und physisch, und daß er nicht nur den Verstand schändet, die großen Ideen beschmukt und alle Verbrechen befiehlt- son­dern sie erinnerten sich, wie sehr er in ihnen und in ihrer Umgebung die schlechten Triebe ohne Ausnahme entfesselt hatte: die Bösartigkeit bis zum Sadismus, die Jchsucht bis zur tierischen But, die Genußsucht bis zum Wahnsinn. ( Fort. folgt.)