Nummer 4
Freitag, den 10. Januar 1919
Nummer 4
Offensive gegen Spartakus
Die Reichsregierung hat mir das Amt des ersten Kommandanten von Groß- Berlin übertragen mit dem Befehl, die öffentliche O.dnung wiederherzustellen.
Helft mir!
Sie fletterten auf die Dächer
der Lindenstraße an der Ede der Schüßenstraße, schwangen fid von Dach zu Dach die ganze Schüßenstraße weiter und erreichten so die Ede Schüßen- und Jerufalemer Straße. Dort bauten sie Mosseschen Gebäudes und das Dach. Dabei wurde auch feſtgestellt, daß die Eingeschlossenen über die Dächer der Schüßenstraße bis zur Markgrafenstraße fich fortbewegien und von dort. laufend mit Munition und Lebensmitteln versorgt wurden. Diese Tatsache wurde dem Führer der Regierungstruppen gcmeldet, und dieser ließ nun auch die Markgrafenstraße durch eine
die Maschinengewehre ein und befirichen nun das Eckfenster des
Der Entscheidung zu!
Militärisches.
Die Stämpferidhar der Gegner retcutiert sich in erster Linie aus jenen Bevölkerungsfreiien Berlins , die sich einreden ließen, die sozialdemokratische Arbeiterregierung Ebert Scheidemann jei nicht radikal genug. Es handelt sich in der Dreimillionenstadt- um einige Zehntausend Leute, die bei allen Demonstrationen zur Stelle find, von benen aber naturgemäß nur ein Teil für ben Dienst mit der väter und geneigt, möglichst bald in ihr Heim zurückzukehren. Die schlechte Verpflegung und das Bewußtsein der Unterlegenheit verstärkt diese Neigung.
Ich kann diese schwere Aufgabe nicht sichte Postenkette absperren, so daß die Berteidiger tatsächlich Wajse in Betracht kommt. Viele von ihnen find Familienerfüllen, wenn ihr nicht
befolgt:
folgende Weilungen
1. Die Anordnungen der Regierungstruppen gelten für jedermann;
2. Der Verkehr auf den Straßen ist möglichst einzuschränken. Frauen und Kinder Jollen zuhause bleiben. Es sind Kämpfe im Gange, bei denen niemand für euer Leben einstehen kann;
3. Waffentragen ist nur Truppen und Personen, die von der Reichsregierung oder der Kommandantur die Genehmigung dazu haben, gestattet. Alle anderen werden im Betretungstalle festgenommen, entwaffnet und bestraft werden.
Klabunde,
Erfter Kommandant von Groß- Berlin.
Der 4. Kampftag!
Das elende Verbrechen an der Freiheit der Berliner Bebölferung hat schon unendlich viel Blut gefordert. Jeder Tag bringt viele Tugende von Toten und zahlreiche Verwundete. Die Blutschuld der russischen Söldner häuft sich von Stunde zu Stunde. Wahnsinn, Verrat, Korruption, gewissenloses Spiel mit Menschenleben das ist der Charakter des spartakistischen Terrors. Diese elenden Heuchler geben vor„ Eflabenbefreier" zu sein. Lug und Trug! Sie sind flavenvögte blutigster und wildester Art. Sie wollen feine Freiheit, sie wollen den Terror, bie Diftatur des Maschinengewehrs!
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Das Blut, das diese Mordbuben verschuldet haben, schreit zum Himmel. Aber die Abrechnung naht! Das ganze Volk flammi in Empörung über die Schandtaten jener durch russische Millionen ausgehaltenen Halunfen und über die Unterjochungsabsichten gegenüber unseren Millionen von Brüdern.
B. S. Seit den ersten Vormittagsstunden hat der Kampf um Bie von den Spartatiften befeßten bürgerlichen Zeitungen und Bolffs Telegraphisches Büro eingefeßt. Gine ansehnliche Truppenmacht hatte man zusammengezogen, um die Befreiung ber gewaltsam unterbrädten Blätter burchsetzen zu tönnen. Es war von vornherein klar, daß die Vertreibung der Spartafisten aus dem mächtigen Zweifrontenbau, von dem aus man die Hauptzugänge durch die Jerusalemer- und die SchützenStraße leicht beherrschen fann, nicht ganz einfach sein werde, und jo hatte man alle dazu nötigen Borsichtsmaßregeln ergriffen. Zunächst handelte es sich darum, die ganze Gegend abzusperren, um einmal zu verhüten, daß die in dem Gebäude sigenden Spartafisten Verstärkung erhielten, und ferner um eine Gefährdung des Publikums nach Möglichkeit zu verhindern. Die Angreifer waren mit schweren und leichten Maschinengewehren ausgerüstet und ferner standen ihnen noch mehrere Flammenwerfer zu Gebote, für den Fall, daß die Spartafisten sich einer Räumung harinädig widersehen sollten. Zunächst wurde der Dönhoffpiaß von den Regierungstruppen befeßt, an dessen östlicher Ede zwei Maschinengewehre in Stellung gebracht wurden, die durch die Jerufalemer Straße das Berliner Tageblatt unter Feuer nahmen. Eine zweite Abteilung drang durch die Lindenstraße vor und schoß mit einem leichten M. G. durch die Schüßenstraße ebenfalls auf das Zeitungsgebäude. Die Verteidiger erwiderten das Feuer sehr lebhaft aus dem Mittelzimmer der ersten Etage, daß früher dem Jnhaber des Mosseschen Berlages als Arbeitszimmer gedient hatte. So ging der Kampf ohne eine Entscheidung bis gegen 2 Uhr mittags weiter, Um diese Zeit fuhr wiederum ein Panzerauto vom Hausbogteiplatz aus die Jerniafemier Straße entlang, um festzustellen, ob das Portal bereits start: eif sei. Dabei fam c3 zu einem lebhaften Gefecht. Um 2 Uhr machten, die Freiwilligen der Sicherheitswehr einen Vorstoß.
von der Außenwelt abgeschnitten waren. Inzwischen hatte man auch die Flammenwerfer herangebracht ,. die mit Eintritt der Dunkelheit über die Häufer hinweg nach der Ede Schüßen- und Jerusalemer Straße gebracht wurden, um das Gebäude mit diesem Nahkampfmittel sturmreif zu machen. Kurz vor 5 Uhr patrouillierte wieder ein Panzerauto der Regierungstruppen durch die Jerusalemer Straße und traf an der Jerusalemer Kirche zwei mit Spartafus- Anhängern besette Laftwagen, mit denen es in Feuerkampf geriet. Bei diesem Gefecht hatten die
Spartalisten sehr schwere blutige Berlufte.
Staum hatte jedoch das Regierungsauto bie Lindenstraße verlaffen, als Spartafiften Häufer der Jerufalemer Straße gegen über der Kirche befeßten und von dort aus die Angreifer an der Schüßenstraße befeuerien. Die Regierungstruppen beseßten nun die Jerufalemer Kirche und brachten im Glockenturm zwei schwere Maschinengewehre zur Aufstellung, mit denen sie die tiefer gelegenen Dächer bestrichen und mehrere Spartatiften
berwundeten und töteten.
Mann mit der weißen Fahne. Daraufhin wurde von Seiten der
Um 5 Uhr erschien vor der Tür des Berliner Tageblatts ein
Regierungstruppen das Feuer sofort eingestellt. Der Unter
händler bat um eine halbstündige Feuerpause, sowie um die Gestellung mehrerer Gefährte
um die Toten und Verwundeten fortbringen
zu können. Diese Bitte wurde fofort erfüllt. Kurz nach 6 Uhr lebte dann das Feuer wieder auf, während die Angreifer sich zum Sturm rüsteten.
Zwei Spartakus- Lebensmittelautos beschlagnahmt. B. S. Durch ein Panzerauto der Regierungstruppen ist es am geftrigen Donnerstag gelungen, zwei Laftwagen der Spartakus- Gruppe dingfest zu machen. Der Führer des Panzerautos bemerkte in der Stadt zwei Lastwagen, die hoch beladen und mit bewaffneten Soldaten und Arbeitern befeßt waren. Des Panzerauto verfolgte die beiden Gefährte und machte sie später nach furzer Gefecht fampfunfähig. Die Bewaffneten wurden mit Hilfe des Publifums überwältigt und abgeführt. Eine Untersuchung der beiden Wagen ergab, daß sie im Dienste des Spartakus- Bundes Lebensmittel für die Besaßung des Vorwärts" hatten bringen wollen. Die Automobile wurden von den Regierungstruppen beschlagnahmt und in Sicherheit gebracht.
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Fenergefechte am Anhalter Bahnhof .
Der Kampf zwischen Regierungstruppen und Spartalisten, Mittwoch der schon in der Nacht vom Dienstag zu sehr heftig gewesen war, lebte am geftrigen Donnerstag gegen 2 Uhr nachmittag wieder auf. Die Bahnhofswache des Anhalter Fern- und Güterbahnhofs, die von Regierungstruppen ausgeübt wird, und im Laufe des gestrigen Tages noch wesentlich verftärft worden war, follie von den Spartatiften aufgehoben werden, um das Einlaufen von Zügen mit Truppenverstärkungen zu verhindern. Infolgedessen besetzten die Spartakisten die Dächer der dem Anhalter Bahnhof gegenüber liegenden Hänser, namentlich des Erelsior- Hotels und schoffen von da aus auf die Regierungstruppen, die sich vor dem Bahnhof befanden. Der Kampf begann ohne Warnung und so wurden mehrere Pasjanten zu Anfang fchwer verleßt. Die Regierungstruppen erwiederten das Feuer der Angreifer nachdrücklichst, wobei es auf Seiten der frei auf den Dächern stehenden Aufruh. rern zahlreiche und schwere Berlinste gab. Das Gefecht zog sich bis in die Abendstunden hin. Die Regierungs. truppen blieben Herren ber Lage.
Reine Flugzeugbomben für Spartakus .
Wie uns von zuverlässiger Seite mitgeteilt wird, erschienen am Donnerstag Spartatisten in Döberih, bei dent dortigen Fliegerlager und verlangten von dem Soldatenrat die Herausgabe der im Arsenal befindlichen schweren und leichten Fliegerbomben. Der Kommandant weigerte sich. Nach dem Abzug der Bande- ließ der Soldatenrai das gesamte Lager an Bomben auf freiem Felde in die Luft sprengen, um jeber' neberrnuna vorzubeugen.
3e'tungsraub auch in hamburg Hamburg
, 9. Januar. ( Eigener Drahtbericht bes ,, Borwärts".) Henie haben die Sparlafiften in Hamburg unter Führung Lauffenbergs das hamburger Echo befeit, die Gewertschaftsfaffen beschlagnahrt m teibiro geschlossen.
Zu den irregeführten Kämpfern gefeilen sich, jenen gewiß sehr unwillkommen, berufsmäßige Verbrecher, denen der Bürgerkrieg eine erwünschte Gelegenheit ist, ihre fleinen Privatgeschäfte zu besorgen. Fast überall, wo Spartafus eindringt, wird auch geraubt und geplündert. Als eigent liche Kampftruppe sind diese hänen des Schlachtfeldes nicht anzusehen, wo es ernst wird, reißent fie sofort aus.
Die Schwäche der Gegenpartei wird vermehrt durch den Mangel einer überlegten Führung. Es handelt sich um Stoßtruppe, die ziemlich planlos vorgehen und sich überall blutige Köpfe holen, wo ihnen nicht zufällig ein Ueberraschungserfolg blüht. Der Wille, der fie leitet, ist ein politischer, fein militärischer, fie suchen überall dort einzubringen, wo Leute figen, über die sie sich ärgern, und sie beseßen, wenn sie fönnen, die angegriffenen Objekte ohne Rücksicht auf ihren militärischen Wert.
Umgelehrt verstärkt sich nun jeden Tag die Abwehr der Regierungsanhänger, und immer deutlicher treten die Grundzüge eines überlegten planmäßigen Vorgehens in Erscheinung. Schon ber gestrige Tag bai Spartafus und Genossen nur negative Erfolge gebracht. Sie verloren die Proviantämter in Tempelhof und in der Köpenickerstraße, ebendort die Pionierfaserne, ferner auch die Reichsdruckerei, fie gewannen nichts. Die Arbeit wurde von Truppen der Kommandantur und von den neueingefeßten Truppen des Oberbefehlshabers Nosfe mit außerordentlich geringen Berlusten besorgt. Ueberraschend leicht gelang die Wiedereroberung der Reichsdruckerei, bei der auf Regierungsseite nur ein Pfers fiel! Unvergleichlich schweRegierungsseite nur rer sind die Verluste auf der anderen Seite, der die Freude am Blutvergießen, das sie in verbrecherischer Weise angezelt hat, allgemach zu vergehen beginnt. Auch wir wünschen das Blutvergießen so rasch wie möglich zu beenden, aber so, daß es nicht in ein paar Tagen von neuem beginnt. Das ist nur zu erreichen, wenn die Minderheit aus ihrer Stellung die demokratischen Konsequenzen zieht und sich ber Mehrheit. fügt, deren Macht ihr durch den gewaltigen Zustrom ber Freiwilligen und durch die fühlbare Berschiebung der Kräfteberhältnisse mit jeder Stunde deutlicher vor Augen geführt wird.
Juristisches.
Die Revolution hat ihr eigenes Recht, sie ist nicht, wenn sie ihren Namen verdienen will, die bloße Rechtlosigkeit.. Was in gewöhnlichen Zeiten ein politisches Berbrechen ist, ist in Revolutionszeiten, wenn es Erfolg hat, eine politische Tat, die neue Rechtsverhältnisse begründet. Aber in allen Zeiten bleibt das gemeine Verbrechen gemeines Verbrechen, mud. über die Notwendigkeit, es zu bestrafen, besteht zwischen den Barteien teine Meinungsverschiedenheit. In den ersten Tagen wurden bielfach Standgerichte errichtet, die überführte Plünderer zum Tode durch Erschießen verurteilten. Es wird also ein Unterschied zu machen sein zwischen denen, die für eine sei es auch noch so vertehrte politische Meinung fämpfen und den andern, denen der politische Meinungs fampf nur ein Vorwand für ihr dunkles Gewerbe ist.
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Darüber hinaus schafft die Revolution auch ein gewisses Staat Notwehrrecht. Die demokratisch- republikanische ordnung muß geschüßt werden gegen diejenigen, die fie stürzen und ein Willfürregiment an ihre Stelle feßen wollen. Wer die Preßfreiheit angreift und das Selbstbestimmungsrecht des Boffes antaftet, der muß sich darauf gefaßt machen, daß der Staat ihm mit seiner Macht entgegentritt. Wie weit dabei gegangen wird, ist lediglich eine Frage des fittlichen Empfindens und der politischen Erwägung.
Politisches.
Es ist nicht richtig, wenn man ben gegenwärtigen Kampf als eine Angelegenheit betrachtet, die nur zwischen Sozial demokratie und Spartafus zu erledigen ist. Denn die Anhänger der Unabhängigen, deren gemäßigte Führer fich um eine unmögliche Bermittlung bemühten, find in hellen Hansen zu Spartafus gestoßen Eichhorn, den die Unabhängigen an die Epipe ihrer Lifte für die Wahlen gestellt haben, ist der Führer der Bewegung, er wird am 19. Januar von der Berliner Bevölkerung das Zeugnis für feine eigentümliche Amtsführung als sogenannter Polizeipräsident erhalten. Die Erffirmung des Vorwärts" wurde in der Hauptfache von Unabhängigen besorgt, die gefangen genommenen Bewachungsmannschaften der Reichsbruderei