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Nr. 43. 36. Jahrg.

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Der. Borwarts erichemt wochen: äglich areunal Sonntag einmal

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Gostaldemokrat Berlin".

Morgen- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

10 Pfennig

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Mortsplas, Nr. 15190-15197.

Freitag, den 24. Januar 1919.

Vorwärts- Verlag G. m. b. H., GW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morigplatz, Nr. 117 53-54.

Elf Millionen sozialdemokratische Stimmen.

Der Reichsanzeiger" beröffentlicht eine vorläufige Zusammen- I stellung der Wahlergebnisse ausschließlich der Pfalz . Eine Zusam­menrechnung der dort angegebenen Stimmenzahlen ergibt vom Kräfteverhältnis der Parteien folgendes Bild:

Sozialdemokraten

Unabhängige.

Deutsche Demokraten

11 112 450

2 186 305

5 552 936

Christliche Volkspartei( Sentrum)

5 368 804

Deutschnationale.

2 739 196

Deutsche Volkspartei

Bayerischer Bauernbund

Bayerische Mittelpartei

Schlesw. Holft. Bauernbund.

Braunschweigischer Landesverband

1106 408

273 718

11 955

58 482 56 675

Danach wären 15 775 174 bürgerliche Stimmen abgegeben wor ben gegen 13 298 705 fozialistische. Wahrscheinlich wird eine ge­nauere Aufstellung die Ziffern auf beiden Seiten noch etwas er­höhen, ohne jedoch am Kräfteverhältnis im Ganzen etwas zu ändern.

Nach den vorläufigen geftitellungen der Wahlfommiffare in 83 von 86 Wahlkreisen haben an Sigen erhalten: Die Deut nationale Bollspartei

Die Teutiche Belle partei

Die Chriftliche Volkspartei.

Die Teutche bemotiatiiche Partei

Die Sozialdemokratische Partei

Die Unabhängige fozialdemokratische Bartei

Die Bayerische Volkspartei

Die Bayerische Mittelpartei und nationalliberale Partei

Die Teutiche Bollspartei in Bayern

Der bayerische Bauernbund

Die württembergische Bürgerpartei und der württem bergiiche Bauern und Weingärtnerbund

Die latholiiche Boltspartei( Oppeln ).

Die schleswig holsteinische Bauern und Landarbeiter

demokratie

Der braunid weigische Landeswahlverband Die Deutich- Hannoversche Partei

40

17

61

71

163

22

16

1

44

28

1

1

4

zufammen 416

Da die Bayerische Boltspartei der Chriftlichen Voltspartei, die Deutiche Vollspartei der Deutschen demokratischen Partei zuzurechnen ist, werden die beiden Fraktionen nach dieser vorläufigen Zusammen­ftellung in einer Stärfe von 78 bezw. 75 Mann auftreten.

Regierung und Nationalversammlung .

Nachdem die Freiheit" wochenlang" Nieder mit der Ne­gierung Ebert- Scheidemann!" gebrüllt hat, stellt sie sich jetzt fehr betroffen gegenüber der Aussicht, daß die Regierung Ebert­Scheidemann verschwinden und einer demokratisch- sozialistischen Roalitionsregierung Blaz machen fönnte. Sie ist jetzt ganz und gar dafür, daß die Regierung Ebert- Scheidemann bleibt, / und sagt darüber:

Die Monarchie in Portugal .

Was muß jetzt getan werden?

Die Arbeitslosigkeit.

Von Erwin Barth .

Die republikanische Garde für die. Regierung. Haag, 23. Januar. ( Hollandsch Nieuwsbureau.) Aus Lissabon wird gemeldot: Bon Oporto, das start blockiert wird, sind vier Kriegsschiffe abgegangen. Die Reserven der 1. und 4. Division sind Seit dem militärischen Zusammenbruch Deutschlands wiederum unter die Waffen gerufen worden. Die Truppen der steht uns der wirtschaftliche Zusammenbruch vor Augen. Seit Lissaboner Garnison , die Marine und die republi- jener Zeit weiß man, daß in den deutschen Großstädten tanische Garde haben sich für die Regierung ertlärt. Sunderttausende von Arbeitslosen sich häufen und daß Millionen Männer und Frauen im ganzen Reiche ohne Er­werbsmöglichkeit und ohne Aussicht auf Arbeit auf der Straße stehen würden. Seit jener Zeit beschäftigt man sich

Die internationale Sozialistenkonferenz. auch damit, das zu schaffen, was zum Schuße der Arbeits­

Belgien lehnt ab.

Haag. 23. Januar. Aus Brüffel wird berichtet: Der all. gemeine Rat der Sozialistischen Partei war am Mittwoch zusammen getreten, um über die Frage der Teilnahme an der Internationalen Sozialistenfonferenz zu beraten. Nach den Reden des Senators Bind und des Staatsministers Bertrand wurde in negativem Sinne entschieden. Gleichviel glaubt man, daß der allgemeine Rat auf der am Sonntag in Paris stattfindenden internationalen Ron­ferenz bertreten sein wird. Die franzöniden Kammermitglieder Renaudel, Mistral und der holländische Senator van Stol wohnen dieser Sizung nicht bei.

losen und unserer Wirtschaft nötig ist.

Das Demobilmachungsamt hat einen großen Stab von Beamten, der sich dieser Aufgabe widmen foll. Geschehen ist bisher nichts Positives; man ist über das Stadium der Beratungen noch nicht hinausgekommen und hat sich lediglich darauf beschränkt, durch Wort und Schrift moralisch auf die Arbeitslosen einzuwirken und die Arbeits­lofenfrage mit Hilfe der Arbeitsvermittelung und der Arbeits­lofenunterstützung zu lösen. Das reicht aber heute nicht mehr aus. An die neuartige Erscheinung unserer Arbeitslosigkeit muß mit anderen als den gewohnten Mitteln herangegangen werden.

Es ist eine Verkennung des Charakters dieser fata­strophalen Arbeitslosigkeit, wenn man sie mit dem Maßstab, der bei früheren Industriekrisen gerecht war, behandeln will. Die früheren Industriefrisen waren Ueber­flußerscheinungen. Die regellose fapitalistische Produktion

Forderungen der Arbeitslosen vor dem Demobilmachungsamt. und die ungeregelte Austauschform kamen miteinander in

Konflikt. Wenn der Markt mit Industrieprodukten über­Eine Deputation von Arbeitslosen erschien gestern Nachmittag sättigt war und die Aufträge für die Fabriken ausblieben, 3 Uhr im Demobilmachungsamt, nachdem sie vorher mit dem Ober- wurden Hunderttausende von Menschen aus dem Produktions­bürgermeister Wermuth verhandelt hatte, um dem Staatssekretär prozeß herausgeschleudert. Die Ueberfülle von Produkten, Röth eine Anzahl Forderungen vorzulegen.

Die Hauptforderung bezog fich auf eine allgemeine Erhöhung der Arbeitlosenunterstütung. Der Staatsjefretär erklärte, daß eine solche Erhöhung Sache des Reichsarbeitsamts sei; er sei bereit, beim Reichsarbeitsamt für eine Herausfeßung einzutreten. Weiter wurden dann speziell an das Demobilmachungsamt die folgenden Forderungen gestellt:

-

1. Nicht in Berlin ansässige Arbeitslose follen möglichst aus Berlin entfernt werden unter der Voraussetzung natürlich, daß ihnen außerhalb Arbeit bereitgestellt wird. Ausgenommen von der Anwendung dieses Grundjabes sollen die Ausländer sein. Der Staatsiefretär erklärte sich mit biefer Forderung grund­fäßlich einverstanden.

erhöht werden. 2. Die Mindestlohne für die Berliner Notstandsarbeiten sollen

Der Staatssekretär erklärte sich bereit, diesen Punkt bei der zuständigen Berliner Stelle zur Sprache zu bringen.

3. Der llebelstand, daß bei den Notstandsarbeiten aus der Bahl der Arbeitslosen nur die Jüngeren und Kräftigeren ausgesucht werden, foll abgestellt werden, es sollen auch ältere Personen und insbesondere Familienväter berücksichtigt werden.

Die Erfüllung dieser Forderung sagte der Staatssekretär zu. 4. Die Arbeitsnachweise müssen in der Lane fein, über die Lebensbedingungen an den Etellen, wohin sie Arbeit vermitteln, Auskunft zu geben.

statteten uns Geldunterstützungen in jedem Umfange. Bu der große allgemeine Reichtum gerade in jenen Zeiten ge­dem hat die Intensivierung unserer Wirtschaft auf fort­gesetzten Ausbau unseres Verkehrswesens gedrängt, und die Bereitstellung von Notstandsarbeiten erschien als durchaus nüßliche und notwendige Korrektur des Mißverhältnisses zwischen Beschäftigungslosigkeit und Arbeitsangebot.

Die

entstanden, sondern ist eine Folge der ungeheuerlichen Ber­Die heutige Arbeitslosigkeit ist aber nicht aus Ueberfluß armung und Erschöpftheit unseres Wirt­fchaftslebens. Vor allem mangeln die Nohstoffe. Produktion im Kohlenbergbau ist so stark gesunken, daß selbst bei Vorhandensein aller industriellen Rohstoffe ein sehr großer Teil der Fabriken arbeitsunfähig wäre. Dazu kommt noch die Verkehrsnot, die die Situation verschlimmert.

Es besteht leider auch gar keine Aussicht auf völlige Ge fundung des Arbeitsmarktes. Denn was wir während der vierjährigen Abschnürung Deutschlands vom Weltmarkt und dadurch, daß im Ausland Industrien großgefommen und pro­duktionsfähig geworden sind, in denen wir früher ein Mono­pol für die ganze Welt hatten, an ausländischer Kundschaft verloren haben, wird niemals restlos wiedergewonnen werden fönnen. Wir müssen also dauernd mit industrieller

Jest handelt es sich um die Rationalversammlung, die zur Erfüllung ganz bestimmter Aufgaben gewählt ist: zur Schaffung einer Verfassung, zur Erledigung der dringendsten Steuergesete, viclleicht noch des Friedensschlusses. Es ist nicht ein. Der Staatssekretär erkannte diese Forderung als durchaus be­zusehen, warum eine sozialistische Regierung vor Durchführung rechtigt an und versprach alles zu ihrer Erfüllung zu tun. 5. Eine Kommiffion vom Nat der Arbeitslosen soll sich in den Produktionsverminderung gegenüber dem Fris dieser Aufgaben das Mandat, das sie von der Revolution erhalten einzelnen Oertlichkeiten, wo Notstandsarbeiten bereitgestellt sind, densstand rechnen. Sind wir nicht mehr in der Lage, indu­hat, einfach wegwerfen sollte. Die genannten Fragen fönnen in an Ort und Etelle ein Bild über die Verhältnisse machen, um hier striellen Produktionsüberschuß in früherem Umfange an das ber. Nationalversammlung durch Majoritätsbeschlüsse gelöst werden, in Berlin darüber Auskunft geben zu können. Ausland abzugeben, so können wir auch nicht damit rechnen, bie die Demokratie anerkennen muß. Aber über die Zusammen- Der Staatssekretär stimmte zu unter der Voraussetzung, daß daß uns das Ausland den früheren Gegenwert in Lebens­legung der Regierung fann erst das ordentliche die Kommission paritätisch aus Vertretern der Arbeitslosen und des mitteln zuführt. Unsere gegenwärtige landwirtschaftliche Pro­Barlament entscheiden, das auf Grund der neuen Verfassung zu Demobilmachungsamts zusammengesetzt werde. Er begrüßte eine duftionsfläche reicht aber nicht aus, ein Siebzig- Millionenvoll sammenberufen werden muß. Bis dahin müßte eine fozialistische folche Regelung als zwedmäßig. Regierung und der Zentralrat im Amt bleiben. zu ernähren. Der gegenwärtige Umfang der in Deutschland erzeugbaren Landwirtschaftsprodukte muß zu den übelsten Sungererscheinungen und zur Zerstörung großer Teile unserer Bolfskraft führen.

Der Unterschied, den die Freiheit" zwischen der National­beriammlung und dem ordentlichen Barlament" macht, ist ge­fünftelt. Die Revolution hat dem Bolf das Selbstbestimmungs­recht gebracht; in dem Augenblick, in dem eine vom Volf ge­wählte Vertretung da ist, geht die höchste Gewalt im Staate ohne weiteres auf sie über. Reine Regierung fann sich ihr entgegenstellen, ohne damit den Grundfaß der Demokratie selbst preiszugeben. Die Erhaltung einer rein fozialistischen Regierung wäre nur möglich im Einvernehmen mit den Demo­fraten, falls dieie bereit wären, die Regierung zu unterstüßen. ohne fich direkt an ihr zu beteiligen. Um die Tatiache einer parlamentarischen Roalition fämen wir damit nicht herum, ebensowenig um den Umstand, daß die Regierung genötigt ist, bei einer parlamentarischen Mehrheit Deckung zu suchen. in dem die Freiheit" diefe fimplen, jedem praktischen Bolitiker felbstverständlichen Tatiachen verdreht, bleibt fie nur ihrer Auf­gabe treu, eine beillose Ronfusion in Arbeiterföpfen anzu­richien.

6. Die Frauenarbeit soll insbesondere bei den Verkehrsbetrieben schneller als bisher abgebaut werden. Nur Frauen, die schon vor dem Kriege im Berufe tätig waren, oder die jetzt die Familie zu ernähren haben, sollen von diesem Abban nid betroffen werden. Der Staatssekretär stellte fest, daß diese Forderung durchaus in der Linie des vom Amte selbst Angestrebten liepe. 7. Für die Notstandsarbeiten im Freien soll ausreichend Be leibung und insbesondere Schuhwerk beschafft werden. umfange bereit; indes hätten die Revolutionsverhältniffe au einer Der Staatssekretär erklärte sich hierzu grundsätzlich in weiteftem gang außerordentlichen Verminderung der verfügbaren Vorräte der Beeresverwaltung und der Bekleidungsstellen geführt. Insbesondere mangele es jetzt an Schubzeug. Es werde versucht werden, Abhilfe durch Lieferung von Holzichuhen zu schaffen.

8. Dertliche Kommiffionen von Arbeitslofen follen fich überall von der Lage der Arbeitsbeschaffung überzeugen fönnen. diese Stommissionen in Verbindung mit den, Demobilmachungsaus Der Staatssekretär war damit einverstanden und erklärte, daß schüllen gebildet werden fönnten.

Endlich verlangten die Arbeitslosen, daß einer ihrer Vertreter tändig bie Verbindung zwischen dem Demobilmachungsamt und ihnen aufrecht erhalte. Auch dies wurde ihnen zugesagt.

Es gibt nur zwei Wege, diefem Elend auszuweichen: vor dem Kriege haben wir durch die großartige industrielle Entfaltung Deutschlands die Auswandererziffern auf gans mehr Menschen, sondern die Produkte der Hände dieser Men­unerhebliche Größe herabdrücken können. Wir haben nicht ichen ins Ausland geführt. Die Auswanderung von Industrie­arbeitern wäre also der eine Weg, aber der schlechtere und schlimmere. Der andere Weg ist: den Ueberfluß an Ar­beitskräften, der in der Industrie nicht wieder untergebracht werden kann, mit dem llcberfluß an wild- und brachliegenden Ländereien, die kulturfähig gemacht werden können, in Ver­lands durch Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion wett­bindung zu bringen und so die industrielle Verarmung Deutſch zumachen. Man darf die Augen nicht vor der leider fertigen Tatsache verschließen, daß eine gewisse Rückentwicklung Deutsch lands in der Nichtung auf den Agrarstaat unausbleiblich wird.