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hielt, entnahm der vorwitzige Schloika einen Theil des Inhalts den er in den Fingern über ein brennendes Streichholz hielt In demselben Zlugenblick erfolgte ein weithin hörbarer Knall. nnd Schloika wurde in der bereits früher geschilderten Weise ver- letzt auj gefunden und nach der Charitee gebracht. Dort sind die Wunden an de» Händen bereits geheilt, während der rechte Ober schenke!, aus dem ein größeres Stück Glas herausgeschnitten werden mußte, noch entzündet ist und längerer Zeit zu seiner Heilung bedarf. Schloika, der sich freut, daß er sich im Kranken hause ausruhen kann, hatte Furcht vor Strafe und ist äußerst erfreut, daß ihm aus dem Vorfall kein Nachspiel erwachsen wird Polizeibericht. Am 28. d. M. Vormittags fiel in der Gitschinerstraße ein Kutscher von der Deichsel, auf welcher er während der Fahrt entlang gegangen war, unter die Räder und erlitt einen Bruch des rechte» Oberschenkels. In der Chaussee- straße fuhr ein von einem Kutscher geführter Schlächterwagen gegen einen Pferdebahnwagen. Zwei beim Kutscher auf dem Bock sitzende Kinder wurden beim Anprall auf die Straße ge- schleudert, anscheinend ohne verletzt zu werden, wahrend ein auf dem Vordertheil des Pferdcbahnwageus stehender tandwerker leicht am Oberschenkel verletzt wurde.@e iittag wurde in der Elisabethkirchstraße eine Frau durch ein Stück Mauerputz, welches von dem Hause Nr. 12 abgeschlagen worden war und über das angebrachte Schutzdach hinaus au die Straße fiel, am Kopfe verletzt. In der Frankfurterstraße wurde ein Handwerker durch einen Geschäfrswagen umgestoßen und am linken Arm erheblich verletzt. Am 29. d. M. wurde Nachmittags im Nordhafen die Leiche eines seit einigen Stunden vermißten Schifferbnrschen aufgefunden. Aller Wahr- schcinlichkeit nach ist er von dem Kahn, auf dem er bedienstet war, ins Wasser gefallen und ertrunken. Abends wurde in der Wallstraße ein fünfjähriges Mädchen durch eine Droschke uberfahren und innerlich schwer verletzt. Am 28. und 29. d. M. fanden Brände statt, von denen nur einer aus dem Grundstück Steglitzerstr. 7 erheblich war. Dort war im vierten Stock in einem Badezimmer Feuer entstanden, welches eine Menge Wirlhschaftsgegenftände und Holztheile der angrenzenden Baume zerstörte. Außerdem leistete die Feuerwehr am 23. d M bn einem größeren Feuer in Reinickendorf , Lette-Allee 13, Loschhsife. Witter,ig in Deutschland am»0. Juli, 8 Uhr Morgen? Nachdem in den letzten zwei Tagen wieder erhebliche Er. wärmung eingetreten war und gestern überall heiteres Wetter ge- herrscht hatte, hat im Süden und in, nordwestlichen Binnenlande bei schwachen südlichen Winden die Bewölkung aufs neue zu­genommen. In Bayern finden heute Morgen Regenfälle statt, wobei die Temperatur zu München auf 15 Grad Celsius gesunken ist. Dagegen ist nordöstlich von der Elbe sowie längs der ganzen Küste das Wetter noch heiter, trocken und sehr warm. Berlin Swinemüude und Breslau melden 22 Grad Celsius. Wetter-Prognose für Dienstag, den 3». Juli»8V4. Etwas kühleres, zunächst ziemlich trübes, regnerisches, nachher aufklärendes Wetter mit mäßigen westlichen Winden. Berliner Wetterbureau. pttukerncliftrichkeu. Der Schriftsteller Bommeli sollte thatsächlich aus Württemberg ausgewiesen werden. DieSchwäbische Tag wacht" berichtet in ihrer Sonnabend- Nummer darüber:Am 20. Juli wurde der sich z. Z. hier aufhaltende, auch in weiteren Kreisen durch seine naturwissenschaftlichen Werke bekannte Schrift- fteller R. Bommeli, ein Schweizer Bürger, auf die Stadtdireklion Stuttgart vorgeladen, wo ihm eröffnet wurde, daß diese Behörde seine Ausweisung aus dem Königreich Württemberg beschlossen und Bommeli das Land binnen 43 Stunden zu verlassen habe. Veranlassung zu der Ausweisung bot der Behörde ein von Bom- meli am 13. Juli im sozialdemokratische» Bezirksverein Heslach gehaltener Vortrag überDie Steinkohle", der angeblich einen politischen Charakter gehabt haben soll, sowie die polizeiliche Meldung: Bommeli sei Anarchist. Bommeli protestirte ausS Energischste dagegen, daß er Anarchist sei, wohl aber sei er Sozial- demokrat. Aus sein Gesuch verlängerte die Stadtdirektiou die Dauer des Aufenthaltes aus acht Tage. Eine beim Ministerium des Innern eingereichte motivirte Beschwerde gegen die verfügte Ausweisung halte den Erfolg, daß das Ministerium nach ein- gehender Prüfung der Akten die erlassene Ausweisung Bommeli's aufhob und dieser sonach auch fernerhin in Württemberg seinen naturwissenschaftlichen Studien obliegen kann * Eine Parteikonferenz sür den Wahlkreis Gießen- Grünberg-Nidda wurde am 22. Juli in Ortenberg abgehalten. Aus den Verhandlungen ist von weiterem Interesse, daß durch die Entstehung derMitteldeutschen Sonntagszeitung" der Grund zu einer regeren Agitation gelegt worden ist, daß man sich sür die Errichtung einer einheitlichen Landesorganisation aussprach, die sich den Landtagswahlkrcisen anpassen soll, daß die nächste Krciskonserenz in Watzcuborn-Sleinberg abgehalten wird und daß zum Frankfurter Parteitag, wofür als Delegirter O r b i g aus Gießen gewählt ist. folgende von Katzenstein und Genosse» verfaßte Anträge gestellt werden sollen: I. Zur Landagitation. Es ist eine Kommission einzusetze», die das Material über die Lage der landwirthschast- lichen Bevölkerung in den einzelnen Theilen Teutschlands, sowie über die Wirkungen der verschiedenen Arten der Grundbesitz- Vertheilnng und Betriebstechnik zu sammeln und zu prüfen hat. Diese Kommission hat dem nächsten Parteitag Vorschläge zur Aufstellung eines agrarpoliltfchen Pro- g r a m m s sowie zur zweckmäßigsten Betreibung der Land- agitation zu machen. Die Kommission hält ihre Sitzungen nach Bedarf; wenn nöthig, in verschiedenen Theilen Deutschlands . Sie kann Unterkommissionen nach sachlichen oder örtlichen Ge- sichtspunkten eniennen und diesen besondere Berichte übertragen. Sie ist berechtigt, auch außerhalb der Partei stehende Fachleute gutachtlich zu hören. II. Zur Thätigkeit der Fraktion. Die Fraktion wird beauftragt, dem Reichstag einen Gesetzentwurf vor- zulegen, betreflend einheitliche Gestaltung der ge- sammten Arbeiterversicherung auf Grundlage der organisirten Orts-Krankenkassen. Von der Agitation. Daß beim deutschen Bauern von wirklichem Rassenhaß gegen die Juden keine Rede ist, sondern ihn nur schlimme wirthschaftliche Erfahrungen, die er mit jüdischen Spekulanten gemacht hat, zum Anschluß an die Antt semiten bestimmen, was um so näher liegt, als er den jüdischen Stamm gewöhnlich nur in der Person des Wucherers kennen lernt und nach diesen, Blutsauger alle anderen Juden beurlheilt, das zeigt sich sofort, wenn ein Jude, der an der Ausbeutung des Volkes nicht theilnimmt, in einer Bauernversammlung den Anti- semiten entgegentritt. Hierfür ist der Verlauf einer in Langen- selbold bei Hanau abgehaltenen antisemitischen Volksversamm- lung sehr lehrreich. Unser Genosse Hoch, Redakteur der Frank- furterVolksstimme", ging hin. Als man angefragt hatte, ob auch ein Gegner des Antisemitismus das Wort erhalten werde, wurde dies von den Bauern bereitwilligst zugesagt. Diese Zu- sage wurde sowohl von dem Vorsitzenden, Herrn Wilh. Betz aus Langenselbold , wie auch von den anderen Bauern auf's beste gehalten. Nachdem der antisemitische Reichstags-Abgeordnete Hirsche! seinen Vortrag gehalten hatte, bekam Hoch das Wort. Die Bauern hörten ihm aufmerksam zu, niemand von ihnen störte ihn. im Gegentheil war der Eindruck der Situation der, daß wenn auch die Bauern natürlich noch keineswegs für die Sozial­demokratie gewonnen waren, ihr Verhalten doch zeigte, daß die Aktien des Antisemitismus heute in dieser Gegend nicht mehr so hoch stehen wie vor vier Jahren, wo man von unserer Partei noch niemand dort sprechen ließ. Dieser Verlauf der Ver- sammlung war dem antisemitischen Reichstags-Abgeordnete» nichts weniger als angenehm. Er unterbrach öfter den Redner unserer Partei und beleidigte ihn in einer Weise, daß ihn dieser als einen Verleumder bezeichnen mußte. Schließlich wurde die Ver- sammlung aufgelöst. Selbst jetzt blieben die Bauern und ganz besonders auch der Vorsitzende Betz vollständig ruhig. Der ein- zige, der den Skandal verursachte, war der genannte antisemitische Reichstags-Abgeordnete, der schließlich in den Saal hineinrief, mit einempolnischen Juden" rede er überhaupt nicht. Das sagte der Herr, nachdem er 3 Stunden lang mit unserem Genossen de- battirt hatte! Gegen dieses Verhalten stach wohlthätig ab das der Bauern, die sich uns gegenüber anständig, selbst freundlich verhielten, ja vielfach sogar ausdrücklich ihr Bedauern über die Störung aussprachen-! An Stelle der Frau Zetkin , die ihre Agitationstour in Rheinland erst im Herbst unternehmen kann, wird in nächster Zeit der Reichstags-Abgeordnete Schumacher auf dem rechten und Dr. L ü t g e n a u aus Dortmund ,-"'k»>-n> linken Rheinuser agitatorisch thälig sein. AnS Hagen wird uns geschrieben: Um Ihnen ein Bild davon zu geben, wie sich in Hagen , derHochburg" Eugen Richter's , die Arbeiter für unsere Parteibewegung interessiren, theile ich Ihnen mit, daß als dieHagener Zeitung" die irr- thümliche Meldung gemacht hatte, Liebknecht wolle hier einen Vortrag halten, die Straße vor dem betressenden Versammlungs- lokal förmlich von Arbeitern belagert war, bis den Leuten klar gemacht wurde, daß sich dieHagener Zeitung" geirrt habe.. ** In Stettin erklärte sich eine Volksversammlung, wo Reichs- tagsabgeordneter H e r b e r l über die verflossene Reichstagssession Bericht erstattet hatte, mit der Thätigkeit Herbert's und der Fraktion einverstanden und nahm dann eine Itesolution an, worin gegen den Beschluß des Magistrats protestirt wird, der die von den Arbeitern Stettin's beantragt gewesene Erweiterung des Gemeinde-Wahlrechts ablehnte, wodurch eine große Zahl von Gemeindeangehörigen nach wie vor rechtlos bleibt. Das Bureau der Versammlung wurde beauftragt, alle gesetzlich zulässigen Mittel zu ergreifen, um den Arbeitern die Rechte zu verschaffen, die ihnen der feindselige Beschluß des Magistrats verweigert. »* Wurst wider Wurst. In F l e n s b n r g hat die Militär- behörde den Soldaten den Besuch des Tivolis aus bekannten Gründen verboten. Die Arbeiterschaft Flensburgs hat darauf in einer Versammlung beschlossen, alle Lokale zu meiden, wo Militär- musiker spielen, und die von der Militärbehörde boykoltirten Lokale in jeder Hinsicht zu unterstützen. » m Der Sommerfeldzua der Sozialdemokratie." Unter diesem Titel macht in den Kreisblättern ein Artikel die Runde, worin unter Benutzung einiger Stellen eines die Landagitation behandelnden Artikels desVorwärts" vorn seelenverguügt festgestellt wird, daß unsere Partei keine Aussicht habe, die Landbevölkerung zu gewinnen, während einige Zeilen weiter hinten diese Siegeszuversicht bereits der schwarzen Ahnung gewichen ist, daß dereinst auch auf dem platten Lande so ziemlich überall das rothe Banner wehen werde. Der konfuse Artikel schließt mit der Mahnung, daß bei der im mecklenburgischen Kreise Rostock erforderlichen Ersatzwahl wegen der jüngsten Erfahrungen in Sachsen und Schleswig- Holstein die bürger- lichen Parteien bei Zeiten auf der Hut und von vornherein ein- müthig sein möchten. Unter anderen Blättern hat den Artikel auch das Ueckermünder Kreis- und Tageblatt gebracht. Dort steht es um die ewige Herrschaft der Konservativen auch man soso. Der sozialdemowatische Wahlverein ist 200 Mann stark nnd alle drei bis vier Wochen werden von unseren Parteigenossen Volks- Versammlungen abgehalten, die Bresche um Bresche in das Boll- werk konservativer Volksbelämmerei schießen. Natürlich bleibt das auch auf den Gedankenkreis der Landbevölkerung jener Gegend nicht ohne Einwirkung. Der Landbewohner, der eine dieser Volksversammlungen besucht hat, trägt die dort empfangene Erkenntniß wie ein heiliges Feuer der Urzeit wohlbehütet in das beimathliche Dorf und dort erhellt dann die Flamme einer neuen Weltanschauung die Hirne der von den herrschenden Klassen in jeder Beziehung vernachlässigten arbeitenden Bevölkerung. Der katholische Geistliche Dr. Winterstein, von dessen Kampfesführung gegen uns neulich dieUnterfränkische Volks- tribüne" eine humorvolle Schildernna entwarf, treibt das Metier der Sozialistenvernichtung nicht in Bamberg , wie wir neulich irrthümlich meldeten, sondern in Würz bürg. In sozial- deniokratische Versammlungen zu gehen getraut sich der Herr übrigens nicht. DaSHamburger Echo"'schreibt:DerSozialist", Organaller gievolutionäre" lin Schlafrock und Pantoffeln" könnte man getrost hinzufügen), läßt sich den Bären aufbinden, eine hier abgehaltene sozialdemokratische Versammlung habe be- zlossen, die Redaktion desEcho" solle keine Annoncen und erichte der Anarchisten mehr ausnehmen. Das Gegentheil ist der Fall, wie die Gewährsleute desSozialist" sehr gut wissen könnten. Ein diesbezüglicher Antrag wurde von der erwähnten Versammlung abgelehnt.'' Daö Krasser'sche Gedicht'Anti-Tt>llab»s" ist auch im freien" Ungarn konsiszirt worden, und zwar in Budapest . In demselben Lande also, dessen liberale Regierung jetzt mit der Kirche im Kampfe liegt, um wie sie mit vollen Backen verkündet dieGewissensfreiheit" zu schützen. Wie windig es um diese liberaleGewissensfreiheit" bestellt ist, zeigt die Konfis» katio» des Anti-Syllabus. Polizeiliche». Gerichtliches ,e. Die Lorbeeren des Mittweida 'schen Bürgermeisters haben das stellvertretende Stadtobcrhaupt R i e s a.' s, den Stadtrath Schwarzenberg, nicht schlafen lassen. Verbot jener das west- ächsische Sängersest, so schleuderte dieser sein Anathema gegen daS m i t t e l s ä ch s i s ch e Sängerfest, das am 29. Juli in Riesa abgehalten werden sollte. Dabei ist der Veranstalter des ' festes» der Risaer Männer-Gesangverein«Alpenglühen" seit 8. Juli im Besitze eines vom Bürgermerster Klötzer ausgefertigten Erlaubnißscheins, wofür 8 M. S0 Pf. bezahlt wurden, Außerdem hat Herr Schwarzenberg durch einen Ukas im Amt?- blatt säm m t li che Versammlungen und Vergnügungen, nämlich ein Militärkonzert zu gemeinnützigen Zwecken. den Stiftungsball des Gesellen Vereins und eine öffentliche Ball musik verboten. Daß diese schneidige Auslegerei des Vereinsgesetzes selbst vom Philisterthum nicht gebilligt wird, bedarf keines Beweises. Die bittere Stimmung, die das Vorgehen der Polizei unter der Bevölkerung hervorrief, wird voraussichtlich unserer Partei zu gute konimen. p GettrerkfÄtsfklirhev. Die Berliner GewerkschaftSkommisston hat über ihre Thätigkeit in der Zeit von Anfang Januar bis Ende Juni dieses Jahres einen Rechenschaftsbericht gegeben, woraus folgende An- gaben von allgemeinem Interesse sein werden. Das G e w e r k» fchaftsbureau, für dessen Errichtung 72 Gewerbe stimmten, wahrend sich 4 dagegen erklärten und 3 der Stimme enthielten, hatte mit dem früheren Bestand eine Einnahme von 4104,77 M.. die Ausgabe betrug 2536,61 M., demnach blieb ein Bestand von 1533,61 M. Unter den Ausgaben befinden sich 487,10 M. Streik- Unterstützung. Zur Deckung der Unkosten des Bureaus sind 34 Gewerbe mit zusammen 3160 M. Jahresbeitrag veranschlagt. Das Bureau erlheilte insgesammt 2233 Arbeitern Auskunst; darunter befanden sich 191 Frauen. Die Auskunft betraf in 740 Fällen Kündigung, in 647 Fällen Restlohn, in 131 Fällen Unfallsachen, in 103 Fällen Krankenkassen -Angelegenheiten, in den übrigen Fällen andere Sachen. 1683 Personen wurde zur Klage gerathen, 393 von der Klage abgerathen. Mit der Klage wurden 1203 Personen an das Gewerbegericht, 174 an die Land- und Amtsgerichte, die übrigen an andere Behörden gewiesen. In den 151 Gcschäftstagen wurde das Bureau täglich im Durchschnitt von 15 Personen benutzt, am meisten am 3. Januar(von 54), am wenigsten am 12. Mai(von 1 Person). Nach der von dem Bureau aufgenommenen Statistik waren anBerlinerStreiks oder Aussperrungen betheiligt 750 Brauereiarbeiter, 538 Droschkenkutscher, 520 Arbeiter der Fabrik von Kunheim in Niederschönweide. 440 Schuhfabrik-Arbeiter. 55 Glasschleifer 22 Bildhauer, 9 Zinkgießer, insgesanimt 2324 Personen. Der Droschkenkutscher-Streik dauerte vom 1. bis 24. Ja- nuar und mußte dann, da sich ein großer Theil Streikbrecher gefunden hatte, sür beendet erklärt werden, ohne daß die Strei- kenden ihre Forderung durchgefochten hätten. Diese betraf, wie bekannt, Aufhebung der Polizeiverordnung, wonach sich die Kutscher der Taxameter-Droschken trotz ihres geringen Lohnes weißlnckirte Hüte anschaffen müssen. Da alle Instanzen, auch das Ministerium des Innern, den Kutschern nicht halfen, griffen sie zum Streik. Unterstützungsgclder gingen für sie 8300 M. ein, unterstützt wurden sie mit zirka 3100 M. Ein Streik der in fünf mechanischen Schuh - waarensabriken beschäftigten Personale, an Zahl 224 Köpfe. wurde vornehmlich durch überaus schlechte Behandlung der Arbeiter durch die Unternehmer hervorgerufen. Nach neun- wöchentlichem Ausstande errangen die Arbeiter in allen fünf Fabriken eine im Einverständniß mit ihnen hergestellte Arbeits- ordnung und die Einrichtung besonderer Umkleideräume und Klosetts für beide Geschlechter. Die daneben geforderte Lohn- erhöhung von 1525 pCt. wurde vollständig nur in zwei Fabriken, theilweise in einer Fabrik durchgesetzt. Die 22 Bild- Hauer setzten ihre Forderung, Einführung des Zeitlohns an Stelle des Akkordlohns nnd Mindestlohn von 6 M. täglich, nach zwölswöchentlichem Ausstand durch. Sie nahmen die materielle Hilfe der Gewerkschafls-Kommission nicht in Anspruch, da sie von ihrer eigenen Gewerkschaft genügend unterstützt wurden. Die 9 Zinkgießer wurden wegen ihrer Betheiligung an der Mai- feier entlassen. Dieser Streik ist noch nicht beendet. Die 570 Arbeiter der K u n h e i m' f ch e n Fabrik in Nieder» schönweide legten die Arbeil nieder, um eine 10 20prozentige Erhöhung ihres zwischen 2,50 und 3 M. schwankenden Tages- Verdienstes und eine Verbesserung der in der Fabrik befindlichen Bade- nnd Wascheinrichtung zu erreichen. Nach einwöchigem Ausstände nahm das Personal infolge der vielen Streikbrecher die Arbeit zu den alten Löhnen wieder auf: der 34fache Millionär Kommerzienrath Kunheim be» willigte nur die Verbesserung der Bade- und Wascheinrichtung. Die 55 Glasschleifer streikten. weil der vereinbarte Lohntaris nicht mehr bezahlt werden sollte. Die Fabrikanten weigerten sich, mit der Kommission der Arbeiter zu verhandeln. Dieser Streik schwebt noch. Der Streik der S ch u h w a a r e n- A r b e i t e r von F ü r st e n h e i m und Morösse, dessen Ursache die Entlassung eines Theils der Ar- beiter war, ist ebenfalls noch nicht entschieden. Zum Streik an sich nimmt der Bericht der Gewerkschaftskommission wie folgt Stellung:... Die Unternehmer versuchen in fast allen Gewerben die jetzige schlechte Geschäftskonjunktur durch Herabsetzung der Löhne und Zerstörung der Arbeiterorganisationen auszunützen. Die Arbeiter sind nur zu leicht bereit, diesem Vorhaben der Unternehmer zuvor- zukommen, und es ist ihnen auch garnicht zu verdenken, wenn ihnen durch die immerwährenden Drangsalirungen, Maßregelungen und Lohnkürzungen die Galle überläuft und sie den Unternehmern den Krieg erklären, d. h. in die Lohnbewegung eintreten. Es giebt jedoch Zeiten, wo es Selbstmord an der Arbeiterorganisation verüben heißt, wenn die ZIrbeiter eines Berufs in die vom Unter- nehmer durch Maßregelungen und Löhnkürzungen provozirte Arbeitseinstellung eintreten. Ist eine genügend starke Organisa- tion vorhanden, so mag es ja sein, daß die Arbeiter die Lohn- kürzungcn abwehren können und daß sich Streikbrecher nicht finden. Aber allein durch das Fehlen der Streikbrecher ist in der schlechten Geschäftszeit wohl selten eine Lohnbewegung zu gunsten der Arbeiter beendigt worden. Soll eine Lohnbewegung günstig ausfallen, so ist die erste Bedingung, daß der größte Theil der Berusskollegen der Organisation angehört. Zweitens kommt in Betracht, daß die Saison im Gewerbe gewählt wird. Nichts ist verkehrter, als in einer schlechten Zeit in eine Lohn- bewegung einzutreten ohne den Rückhalt einer guten Organisation nnd wenn es auch nur zu Abwehrzwecken wäre; denn der Unternehmer braucht die Ar- beiter in einer solchen Zeit garnicht. Er hat ja g e n ü g e n d Maaren auf Lager, hat in der Saison überproduzirt und kann in der schlechten Zeit zum Theil ohne Arbeiter fertig werden. Wenn ihm die Arbeiter nun infolge der Lohnreduktwnen den Gefallen thun und streiken, so spart er überhaupt die Arbeitslöhne. Gerade für die Schuhwaarenfabrikation kommt das zuletzt Gesagte in Betracht; denn mit den wenigen Streikbrechern sind die Unser- nehmer dieses Gewerbes in der schlechten Zeit immer, in ocr Lage, die größte Zahl ihrer Arbeiter entbehren zu können. Die vielen kleinen Werkstättenstreiks in diesem Gewerbe beweisen das. Eine beachtenswerthe Arbeiterorganisation im Schuhmacher- gewerbe hat das Unternehmcrthum hier auch nicht zu fürchten, da die Arbeiter, statt daß sie die Organisation kräftigen, sich lieber um die besteOrganisationsform" herumstreiten und dabei dann denAnschluß" verpassen. Nebenbei gesagt, trifft das auch für verschiedene andere Berufe zu. Zur Zeit wird in Berlin für sechs verschiedene Lohn- bewegungcn gesammelt, und es ist klar, daß an das Solidaritäts- gefühl der Arbeiter nicht geringe Anforderungen in pekuniärer Beziehung gestellt werden. Wenn die Opferwilligkeit der Arbeiter in den Fällen, wo es sich um die Wahrung der Rechte des Ar­beiters handelt, keine Grenzen kennt, so ist es doch taktisch un- klug, den Unternehmern gerade in dieser Zeit den Gefallen einer Lohnbewegung zu thun. weil wir damit erstens das thun, was die Unternehmer wollen, zwe�ens, weil infolge Mangels au