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oder weniger begrenzte Zeit verhängt, Giebt der Unter- nehmer nach, so ist der Boykott erledigt. Durch die schwarzen Listen der Unternehmer dagegen wird der Arbeiter dauernd in seiner Existenz geschmälert, und das in der Regel wegen seiner politischen Ueberzeugnng oder wegen der Zugehörigkeit zu einer Arbeiterorganisation, was alles mit dem Arbeitsverhältniß an sich nichts zu thun hat, oder weil er sein und seiner Kameraden Arbeitsverhältniß zu verbessern suchte, was nach Z 152 der Gewerbeordnung sein gutes Recht ist. Außerdem prüft die Arbeiterschaft erst die Sachlage, bevor sie dem Antrag aus Boykott- Erklärung oder auf Verhängung der Sperre zustimmt. Nicht ein oder zwei, sondern mehrere Leute entscheiden darüber. Nicht so bei den Unternehmern. Soll ein Arbeiter zun, Hungern verurtheilt werden, so theilt sein sogenannter Arbeitgeber" der Geschäftsführung des Verbandes einfach die Personalien des mißliebig gewordenen Arbeiters mit und ersucht um dessen Aufnahme in die schwarze Liste, ohne daß der Arbeiter von der Sache in Kenntniß gesetzt ist. Die schwarze Liste wird geheim gehalten, und so kann es vorkommen, daß der Arbeiter nie erfährt, warum er nirgends wieder Beschäftigung bekommt. Daß bei diesem geheimen Verfahren der niedrigsten Denunziation Thür und Thor offen steht, bedarf keines Beweises. Angesichts dieses schändlichen Gebahrens der Unternehmer bringen es die herrschenden Klassen noch fertig, vor sittlicher Entrüstung über- zuschäumen, wenn die Arbeiter einmal zum Boykott greifen, was gegenüber den fortgesetzten Provokationen verhältnißmäßig selten genug vorkommt. Die Heuchelei der herrschenden Klassen über- steigt wirklich alle Begriffe. Soldaten als Streikbrecher. Ans Vingst   bei Kalk wurde derRheinischen Zeitung" gemeldet:Daß man es hier wie anderwärts versteht, den freien Arbeitern durch Angehörige des Militärstandes Konkurrenz zu machen, ist auf dem Bauernhofe der Geschwister Wolf hier zu sehen. Die Arbeiter waren nicht mehr mit dem ihnen gereichten Essen zufrieden, und da sie kein besseres bekamen, stellten sie die Arbeit ein. Um Aushülfe wandten sich die Eigenthümer an die Militärbehörde und von einem der umliegenden Forts wurden ihnen auch vier Soldaten zur Verfügung gestellt. Diese besorgen jetzt an Stelle der Arbeiter deren Thätigkeit, vielleicht noch etwas billiger, und die Allmacht der Besitzer ist noch einmal gewahrt." Es ist bekannt, daß die Kommandeure von Truppentheilen schon öfter derartige Verlangen der Unternehmer abgewiesen haben. Kommt es dennoch vor, daß Soldaten zu Streikbrecher- diensten zur Verfügung gestellt werde», so läßt das darauf schließen, daß das Kriegsministerium in dieser Angelegenheit noch immer keine Verfügung getroffen hat, die dem Uebelstand ab- Hilst. Eine solche ist aber, wie das Beispiel aus Vingst   zeigt, höchst nöthig. Hoffentlich wird sie nun endlich erlassen. Die Einführnng der Slrbeitslosen-Bersichernng für ihre Mitglieder hatten die evangelischen Arbeitervereine auf ihrem diesjährigen Delegirtentage in Frankfurt   a. M. ins Auge gefaßt. Jeder Verein sollte, wenn er Lust dazu hatte, entsprechend für seine arbeitslosen Mitglieder sorgen. Jetzt ist im Moniteur dieser Frömmlervereine ein Statutenentwurf erschienen, der ihnen als Grundlage der Bestimmungen über die Arbeitslosenversiche- rung dienen soll. Danach hofft man, bei Zuschüssen der Stadt- lassen und der sogenanntenArbeitgeber" und bei obligatorischer Versicherung der Mitglieder mit einem Mitgliedsbeitrag von 10 Pf. auszukommen, um den arbeitslosen Mitgliedern wöchentlich 3 M. Unterstützung zu zahlen. Daß diese Unterstützlmg zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig ist. wird höchstens ein Geistlicher bestreiten, der, im Genuß einer fetten Pfründe, nicht weiß, wie kostspielig der Lebensunterhalt ist. Indessen ist es Sache der Mitglieder der Frömmler-Vereine selbst, über die Höhe der Unterstützung zu befinden. Die Gemeinden aber haben nicht die geringste Veran- lassung, dieGründung derEvangelischen" zu fördern. Gemeinde- gelder sind für allgemeine Zwecke, nicht für solche von Privat- gesellschaften da, und wenn die Gemeinden etwas für die Arbeits- 'osen thun wollen, so hat das so zu geschehe», daß alle Arbeits- losen davon Nutzen haben. Unterstiihtttig der Barbier- und Friseurgehilfen in Be­ziehung aus Verkürzung ihrer überlangen Arbeitszeit beschlossen die Arbeiter Kiels und Gaardens in einer Volksversamm- lung am 24. Juli. Die Barbierläden sollen danach Wochentags um 9 Uhr Abends, Sonntags um 4 Uhr Nachmittags geschlossen werden. Bisher betrug die Arbeitszeit der Gehilfen täglich wenigstens 15 Stunden, Freitags, Sonnabends und Sonntags 16 bis 17 Stunden. Eine beträchtliche Zahl von Barbierläden- Inhabern hat die Forderungen bereits bewilligt, die Mehrzahl jedoch leider noch nicht. Für die unaeheuere Berthenernng der Slrzneicn dnrch die Äpotheken bringt diePharmazeutische Zeitung" ein paar interessante Beispiele. Danach kostet z. B. je ein Kilo nach der Arzneitaxe Einkaufspreis dagegen Indischen Hanfextrakts 500 M. 12. M. Cubebenextrakts 350 29, Farnextrakts 200 9,50 Mutterkornextrakts 300 23, Das sind Preise für R o h Produkte. Sind diese erst in die Hände des Kranken gekommen, so ist inzwischen der Preis durch Ver­rechnung der ausgewandten Arbeit verdoppelt und verdreifacht. Gegen den MaximnlarbeitStag hat der nationalliberale Reichstags-Abgeordnete Siegle, Mitglied der Kommission für Arbeiterstatistik, dieser Körperschaft ein Sondcrgutachten ein- gereicht, weil er deren Verhandlungen über die Arbeitszeit in Bäckereien, Konditoreien u. f. w., wobei die Frage des Maximal- Arbeitstages aufs Tapet kam, nicht beiwohnte. Siegle meint, was man den Bäckern oder Konditoren gegenüber verordne, könne man später den Handlungsgehilfen, Müllern, Kellnern u. s. w. nicht verweigern; die Einschränkung der übermäßigen Arbeitszeiten sei unzweifelhaft wünschenswerth, aber es frage sich, ob eine gesetzlich gleichförmige Einschränkung nicht Folgen nach sich ziehe, die für die Arbeiter schlimmer seien als der jetzige Zustand. Nachdem er angeführt hat, daß auf dem Lande die Bäckereien andere Verhältnisse haben als in der Stadt, indem auf dem Lande nicht sieben, sondern ein- bis fünfmal wöchentlich gebacken wird, sagt er:In den größten Städten hält sich eine Anzahl von Betrieben lediglich durch die individuelle Elastizität des Inhabers und seiner Arbeitskräfte, namentlich auch die der Arbeitszeit. Für die Stadt Stuttgart   bei- spielsweise ist die technische Ueberlegenheit der größten Bäckerei, derjenigen des Konsumvereins mit ihren Verkaufsstellen, jetzt schon eine unbestreitbare Thatfache, obwohl sie die geringste Ar- beitszeit hat. In demselben Augenblicke, wo die Schranke der wöchentlichen, täglichen oder schichtmäßigen Maximal-Arbeitszeit für die länger arbeitenden Geschäfte errichtet wird, kann der technischen Ueberlegenheit des größeren Betriebes die individuelle Ausgleichung der übrigen nicht mehr nachkommen; mit anderen Worten: die Bäckerei als Handwerksbetrieb wird sozusagen gesetz- geberisch erschwert und auf die Errichtung von Brotfabriken und Großbäckereien eine Art Prämie gesetzt, und zwar eine um so größere, je kleiner die Arbeitszeit bemessen wird. Dabei ist zu betonen, daß nicht blos back- und ofentechnische Fragen herein- spielen, sondern ganz besonders auch die allgemeine Ueberlegenheit der Großbetriebsform, sobald die Arbeitsbedingungen gleichförmig gestaltet iverden." Wieso die Verdrängung der Zwergbäckereien durch Groß- betriebe den Arbeitern schaden soll, ist nicht einzusehen. Eine wohlverdiente Niederlage haben die Jnnungs- apostel in K ö l n erlitten. Trotzdem die kölnische Orls-Kranken- lasse sehr leistungsfähig ist. hat die Bäckerinnung die Errichtung einer Jnnungs-Krankenkaffe ins Auge gefaßt Dagegen erhob eine gut besuchte Versammlung von Bäckermeistern und Bäckergesellen energisch Widerspruch. Verantwortlicher Redakteur: i Gctvet.lt sicktttfklilhev. 'An die Schneider und Schneiderinnen k Da in letzter Zeit vielfach Klagen über Lohnabzüge bei der Agitations- kommission lgeführt wurden, wurde in der letzten Sitzung be- schloffen, am Mittwoch, den 1. Augutt, Abends SVs Uhr, bei Freygang, Schützenstr. 18/19, eine Werkstatt- und Geschäfts- Delegirten-Sitzung abzuhalten. Um das Nähere feststellen zu können, sind alle in der Maaßschneiderci beschästtgten Kollege» und Kolleginnen eingeladen. Donnerstag, den 2. August, Abends SVs Uhr, findet eine diesbezügliche Sitzung bei Augustin, Kastanien-Allee 11, statt, wozu die Schneider und Schneiderinnen der Herren-, Damen- und Knaben-Konfektion, Mäntelnäherinnen, Bügler, Stepperu. s.w. besonders eingeladen sind. Kollegen und Kolleginnen, es ist Pflicht dafür Sorge zu tragen, daß die Sitzungen recht gut besucht werden und von allen Werkstellen Personen erscheinen, um einen genauen Bericht der Verhältnisse zu geben. Die Agitationskommission der Schneider und Schneiderinnen Berlins  . In München   gaben die Bierbrauer-Gehilfen bekannt, daß ihre an die Brauereien gestellten Forderungen bis jetzt von der Löwen-, Spaten-, Augustiner  -, Kochel- und Z a cherl-Brauerei bewilligt sind. Ferner wurde eine Schäfflerversammlung mit der Mittheilung überrascht, daß die große Pschorrbrauerei die Forderungen in den wichtigsten Punkten genehmigt habe. Die Schäffler(Küfer) ver- langten 1. wöchentlich 29 M. einschließlich 5 M. Wohnungsgcld- Zuschuß, 2. 9V» Stunden Arbeitszeit, zwischen denen 2�/4 Stunden Pause liegen, 3. doppelte Zahlung für Sonntagsarbeit, 4. Frei- trunk von gesundem Bier, 5. halbtägige Arbeitszeit am Oktober- fest- und Kirchweihmontag und am Faftnachtsdienstag. Die polizeiliche Auflösung der Zahlstelle des Verbandes derMaurer Deutschlands in Crimmitschau   ist erfolgt, nach­dem erst vor Kurzem die Zahlstelle desselben Verbandes in Chemnitz   ausgelöst wurde. AuS Oldenburg   wird derFrankfurter Zeitung  " geschrieben! Der hiesige Glasarbeiterstreik hat einen cigenthümlichen Rechtsstreit im Gefolge gehabt. Die streikenden Arbeiter, die der Glashütte gehörige Wohnungen innehaben, weigern sich, diese zu räumen. Die Arbeiter stützen sich darauf, daß ihnen die Woh­nungen nicht gekündigt seien, während die Direktion sich auf den Standpunkt stellt, daß die Arbeiter mit der Kündigung ihrer Stellen in der Hütte auch auf die Wohnungen verzichtet hätten. Demgegenüber hob der Anwalt der Arbeiter hervor, daß die- sung des Arbeitsverhältnisses gar nicht von den Arbeitern ausge- gangen sei, sondern von der Direktion der Glashütte, indem diese die Reduktion der Löhne beschloß. Nachdem drei Verhandlungs- termine in dieser Sache stattgefunden, hat das Gericht jetzt zu Ungunsten der Arbeiter entschieden. Diese werden also die Wohnungen räumen müssen. Im Uebrigen verläuft der Streik in voller Ruhe. Die Streikenden erhalten viele Unterstützungen, während die Hütte die Oefen bis aus einen aus- geblasen hat. Der Gemeinderath der Vorstadt Ofternburg wird sich jetzt mit der Frage der Unterbringung der obdachlosen Arbeiter beschäftigen. Hoffentlich schafft das in Aussicht stehende bürgerliche Ge- setzbuch das jetzige Recht des Unternehmers aus d«r Welt, seine Arbeiter aus den Wohnungen, die er ihnen vermiethet, saus fagon auf die Straße zu setzen. VerlÄtttmlungen. Der Verband der in Buchbindereien, der Papier  - und Ledergalanteriewaaren- Industrie beschäftigten Arbeiter und Arbeilerinnen(Mitgliedschaft Berlin  ) hielt am 23. Juli seine ordentliche Generalversammlung ab. Zuerst wurde die Ab- rechnung der Sammlung vom 1. Mai gegeben, die eine Einnahme von 261,70 M. aufweist. Der Vorfitzendc Kollege Schmidt erstattete hierauf den Geschäftsbericht vom 2. Quartal, der von rühriger Thätigkeit Kunde giebt. Die Zahl der männlichen Mitglieder stieg von 553 auf 580, während die weiblichen Mit- glieder sich um 8 verringerten(74 8), sodaß die Mitgliedschaft insgesammt 646 Mitglieder zählt. Der Rückgang in der Zahl der weiblichen Mitglieder gab Anlaß, dieVersammelten anzuspornen, fleißiger für die Gewinnung auch der Arbeilerinnen, die im Beruf ja viel zahlreicher vertreten sind als die Männer, zu agitiren. Nach dem Berichte des Arbeitsnachweises waren im verflossenen Quartal als arbeitslos gemeldet 300 Kollegen und 99 Kolleginnen, 51 resp. 46 waren Nichtmitglieder. Vakanzen wurden gemeldet 163 für Arbeiter und 62 für Arbeiterinnen; von elfteren wurden 126, von letzteren 29 besetzt. Die Bibliothek besteht aus 237 Bänden. Der Kassenbericht, von Kollege Christian gegeben, weist auf: Für die Zentralkaffe Einnahme 1586,35 M., Ausgabe 436,68 M., an die Hauptkaffe abgeliefert 1149,67 M. Die Lokalkaffe hatte eine Einnahme von 811,81 M., Ausgabe 422,54 M., bleibt Bestand 389,27 M. Bemerkens- werth ist. daß die von weiblichen Mitgliedern geleisteten Wochenbeiträge sich erheblich vermehrt haben, obgleich die Zahl der Arbeilerinnen sich verringerte. Die nöthig gewordenen Ersatz- wählen fielen wie folgt aus: Alex Sailer, Fruchtstr.73. Hofll.l., 1. Vorsitzender; E. W i l h e l m, 2. Vorsitzender; H. R i ch t e r, 1. Schriftführer; als Beisitzerin Frau Grauer; in die Arbeits- nachweis-Kommisston wurden die Kollegen Conrad, Faust, Görke und Wein schild gewählt. Aus der Neuwahl der Rechts- schutzkommission gingen hervor die Kollegen G. Bäseler, Christian, E i s e n h a r d t, B. I o st und T i l g n e r. Aus Antrag des Vorstandes wurden für die Brauerei- arbeiter 100 Mark und für die Gewerkschaftskommission 50 M. bewilligt. Scharf tadelnd äußerten sich die Versammelten sodann über den Kassenboten der Buchbinder-Ortskrankenkasse, Herrn Meier. Derselbe kolportirt die Unwahrheit, die Ver- emigung habe ihr Sommerfest in einem gesperrten Lokale abge- halten. Es steht diesem Herrn, wie dem Rendanten und Vor- sitzenden der Ortskrankenkaff e wohl an, sich als Hüter der Arbeiter- Prinzipien aufzuspielen, tagt doch die Kasse feit Jahren trotz Protestes der Mitglieder in einem boykottirten Lokal. Die Mit- glieder mögen daraus die Lehre ziehen, daß die Verwaltung der Krankenkasse in ihre Hände übergehen muß, damit der traurige Zustand, daß Beamte der Arbeiter gegen die Organisation wirken, endlich aushört. Für die Dachdecker und verwandten Berufsgenofsen war Sonntag Vormittag eine öffentliche Versammlung einberufen. Der Vorsitzende Rackwitz   führte aus, daß die Innung, ob sie dazu autorisirt sei. müsse noch sestgestellt werden, allen Arbeit- geben« aufgegeben habe, die bei ihnen Beschäftigten bei der Jnnungskasse anzumelden. Dies sei, soweit es die Mit- glieder der freien Hilfskaffe betrifft, ungesetzlich; man solle gegen diesen Uebergriff energisch Protest einlegen und beim Oberprästdente» Beschwerde führen. Man pflichtete dem Redner in der Diskussion vollkommen bei und wählte die Kol- legen Rackwitz. Mehrlein und P e t r i, durch welche die drei hierorts bestehenden Kassen: Hilfskasse, Ortskasse und Jnnungskasse vertreten sind, mit demZAuftrage. beschwerde- führend gegen die Innung vorzugehe». Der folgende Punkt der Tagesordnung betraf die mangelhaften Schutzvorrichtungen, welche sich trotz vielfacher Unglücksfälle immer wieder vorfinden. Althans berichtete, daß auf eine dahinzielende Beschwerde an das Polizeipräsidium bis jetzt noch kein Bescheid er- gangen sei. Das Subniissionsunwesen wurde ebenfalls lebhaft diskutirt und ein gemeinsames Vorgehen sämmtlicher Bauhand- werker dagegen in Aussicht gestellt. Die Stellung des Delegirten Utgo Pötzsch in Berlin  . Druck und Verlag von Max Bading i: zur GewerkschaftZkommission Lange. der verabsäumt hatte. Schritte zu thun, damit die Gewerkschaft Stellung zum Bier- boykott nehmen konnte, wurde von verschiedenen Rednern ge- tadelt. Der Delegirte legte sein Amt nieder, an seiner Stelle wurde Kollege Kühn gewählt. Es wurde noch beschlossen. Plakate zu den öffentlichen Versammlungen nicht mehr drucken zu lassen, sondern dieselben durch Handzettel und Inserat imVor- wärts" bekannt zu geben. Köpenick  . Der hiesige sozialdemokratische Arbeiterverein gab in seiner letzten Versammlung am 27. Juli den Mitgliedern eine ausführliche Uebersicht der Vereinsthätigkeit im verflossenen Ge- schäftsjahre. Derselben ist zu entnehmen, daß der Verein neun Versammlungen einberufen hatte, in denen sieben Vorträge ge- halten wurden. Vom November 1893 bis Februar 1894 wurde in der Schulabtheilung unentgeltlich Unterricht ertheilt. Die Vereinsbibliothek umfaßt gegenwärtig 178 Bände und 54 Bro- schüren. Die Gesammteinnahme betrug im Jahre 667,25 M., der eine Ausgabe von 694,35 M. gegenübersteht. Bei den Ausgaben sind hervorzuheben: Für Vorträge 43,40 M., Bibliothek 86,80 M,, Schulabtheilung 70,40 M., Agitation 170 M,. Unterstützung 82,85 M. Die Mitgliederzahl ist von 113 auf 223 gestiegen. Die hierauf erfolgte Neuwahl des Vorstandes ergab folgenves Resultat: H i l l i g e s erster, H ä m e r l i n g zweiter Vorsitzender; Nieke Kassirer; Grothe Schriftführer; S t r eichhan, Beisitzer; Günther, L i et s ch e und O l m Revisoren. Die diesjährige Lassallefeier soll in Paulsborn bei Müggelschloß abgehalten werden. Detrelrhen. (Wolff'S Telegraphen-Burean.) Essen a. d. Ruhr, 30. Juli. Wie dieRheinisch- Westfälische Zeitung" mittheilt, tagten heute in Essen   die Ver- treter der bedeutendsten am Dortmund  - Rheinkanal interessirten Städte, Bezirke und wirthschaftlichen Körperschaften. Einstimmig wurde beschlossen, nach wie vor an der Südemscher-Linie(Pro- jekt 4) festzuhalten und in einer Denkschrift der Eingabe von Dortmund  , welche sich für die Lippe-Linie ausspricht, entgegen- zutreten. Paris  , 30. Juli. Die radikal-sozialistische Gruppe der Kammer veröffentlicht ein Manifest, in welchem die Radikalen sich gegen den Vorwurf verwahren, das Jnterpellationsrecht miß- braucht zu haben. Alle von ihnen vorgebrachten Interpellationen seien nothwendig gewesen. Die Kammer habe nichts zustande gebracht, da die Majorität über nichts eine bestimmte Meinung gehabt habe. In dem Manifest wird ferner das Bedauern aus- gesprochen, daß nicht einer der ältesten Diener der Demokratie der Nachfolger des Präsidenten Carnot geworden sei. Dadurch scheine sich die Lage verschlimmert zu haben. Brünn  , 30. Juli. Eine in der Frage des Wahlrechts von Arbeitern einberufene und von 6000 Personen besuchte Volks- Versammlung verlief vollkommen ruhig. Eine Resolution war nicht in Aussicht genommen. Palermo  » 30. Juli. Zwischen einer Brigantenbande und einer Abtheilung Landgendarmcn kam es zu einem Znsammenstoß, bei welchem sechs Briganten getödtet wurden. Mailand  , 30. Juli. Als ein Bataillon Bersaglieri   heute durch den Wald zwischen Gallarate und Biesto-Arsizio marschirte, schoß ein Trompeter auf drei Soldaten und einen Lieutenant und verwundete sie leicht. Sodann schoß er auf einen anderen Soldaten, den er schwer verletzte, und tödtete schließlich sich selbst mittels eines Gewehrschusses. Die That war wahrscheinlich die Folge eines Anfalls von Irrsinn. Sofia  , 30. Juli. Nach den letzten Nachrichten über den Brand in Kotel sind nur 200 Häuser und eine Schule unversehrt geblieben. Verluste an Menschenleben sind nicht zu beklagen. Gestern fanden in mehreren Städten Munizipalwahlcn statt; überall wurden die Kandidaten der Nationalpartei gewählt. Livorno  , 30. Juli. Der Anarchist Lucchest, welcher der Er- mordung des Redakteurs Bandi verdächtig ist, traf heute Abend an Bord derPalestina" hier ein und wurde alsbald in das Gesängniß gebracht und dort vor den Untersuchungsrichter ge- sührt. London  , 31. Juli. Unterhaus. Der Parlamentssekretär des Auswärtigen Grey erklärte, daß die Unterhandlungen mit Rußland   betreffend Paniir einem befriedigenden Abschluß nahe und daß mit Japan   innerhalb der letzten 14 Tage ein Handelsvertrag unterzeichnet sei. Die Unterhandlungen mit Frankreich   bezüglich des englischen Vertrages mit dem Kongo  - staate hätten noch nicht das Stadium erreicht, in dem eine Er- klärung möglich sei, doch habe die Regierung nie gezögert, auf irgend etwas, das innerhalb der von Lord Salisbury   gezogenen Einflußsphäre liege, Anspruch zu erheben. Der Akoutokredit wurde darauf ohne Abstimmung bewilligt. London  , 30. Juli. Der Parlamentsuntersekretär des Aus- wältigen Grey erklärte im Unterhause, daß die englische Rc- gierung eine Vermittelung zwischen China   und Japan   nicht an» geboten habe, sie habe nur in Uebereinstimmung mit anderen Mächten in Peking   und Tokio   im Interesse des Friedens freund- lichen Rath ertheilt. Der Schatzkanzler Harconrt kündigte an. er werde morgen eine Resolution zur Beschleunigung der Be- rathung des Gesetztentwurfs betreffend die ausgesetzten irischen Pächter beantragen. Warschau  , 31. Juli. Das Zollamt Nieszawa   ist vom Finanzminister angewiesen wordeu, bis zum 1. September d. I. neuen Stils Schiffe gegen Revers ohne besondere Sicherheus- leistung einzulassen. Stockholm  , 31. Juli. Das Kommerzkollegium hat unter dem 30. d. M. Dänemark als von der Maul- und Klauenseuche befreit erklärt. Maastricht  , 31. Juli. Bis gestern Abend kamen hier 13 Chvlerasälle vor, von denen 6 einen tödtlichen Ausgang hatten. (Depeschen des Bureau Herold.) Belgrad  , 31. Juli. Die Untersuchung gegen Cebinac ist nunmehr beendet. Gegen denselben, sowie gegen den früheren Präsidenten des radikalen Klubs der Skuptschina, Djakovic, und den Schullehrer Zujovic wird seitens des Staatsanwalts Anklage wegen Hochverralhs erhoben werden. Sofia  , 31. Juli. Die macedonischen Bulgaren   beabsichti- gen den Vertretern der auswärtigen Mächte em Memorandum zu überreichen, in welchem zum letzten Male um die Durch- sührung der im Berliner   Vertrage stipulirten Reformen ersucht werden soll. Warschau  , 31. Juli. Die Stadt Zakroczyn ist nieder» gebrannt. Fünf Personen sind dabei ums Leben gekommen; 800 Familien sind obdachlos. Das Feuer entstand in einem Naphtalager. Rom  , 31. Juli. Der Eindruck, den das im Banca Romana- Prozeß gefällte Urtheil unter der Bevölkerung hervorgerufen hat, ist sehr zu Ungunsten der früheren Minister ausgefallen. Man ist überzeugt, daß Giolitti und Genossen, wenn sie vor Gericht gestellt werden würden, keinesfalls eine Freisprechung erfahren dürften. Rom  , 31. Juli. Gestern Abend reiste ein Inspektor aus dem Ministerium des Innern nach Maffaua ab, wo derselbe eine als Deportationsort sür italienische Anarchisten geeignete Ortschaft aussuchen will. London  , 31. Juli. Briefe von mehreren, am Nordrande des Nyassa  -Sees ansässigen Missionaren bestätigen die Meldungen, daß die Deutschen   den Transport von Munition und Waffen, welche für Sklavenjäger am Tanganykasee bestimmt sind, über den Nyassa  -See zulassen und unterstützen. Am 10. Mai sei eine mit Flinten und Munition ausgerüstete, etwa 300 Mann starke Karawane in der Nähe einer Missionarstation vorbeimarschirt, ohne daß sie von deutschen   Beamten behelligt worden sei. l Berlin   SW Beuthstraße 2. Hierzu eine Beilage."'