Nr. 177.
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Vorwärts
11. Jahrg.
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Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Donnerstag, den 2. August 1894.
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Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein boykottirtes Bier!
Ein neues Rezept. mann a. D. eine Broschüre verfaßt, über welche die Kreuz- Dem gegenüber möchten wir aus bester Kenntniß auch der Beitung", gewiß eine dem Autor freundlich gesinnte einen Beamtenfamilien folgendes erwägen: der Unteroffizier, der Die Weltgeschichte wiederholt sich nicht; und wenn es Autorität, in einem: Wiederbevölkerung des jeht weiß, daß er nach Ablegung seiner Dienstzeit die Beamteneinmal so scheint, dann ist es auch nur Schein, und bei andes" überschriebenen Artikel, wie folgt sich aus- laufbahn einschlägt, ficht sich unwillkürlich nach einer Frau um, der augenfälligsten äußeren Aehnlichkeit wird sich dem spricht: die dort ihre Stelle ausfüllt. Das tann jedenfalls ein Mädchen forschenden Blick nach genauerem Zusehen stets eine wesent- Schweder bringt einige positive Borschläge zur Wiederbevölkerung deplazirt fühlen würde. Weiß der Kapitulant aber, daß sein Eine recht lefenswerthe Schrift des Hauptmanns a. D. tleiden versteht, als ein Mädchen vom Lande, das sich dort besser, das die Verhältnisse der Stadt fennt, auch sich städtisch zu liche Verschiedenheit und ein anderer Juhalt darbieten. des Landes, von denen wir einen wesentlichen hervorheben und späteres Wohl und Wehe auf das engste mit der Wahl seiner Und selbst wenn die Menschen gefliffentlich ein Plagiat der Diskussion werth erachten möchten. Er meint, daß die Armee Frau verknüpft ist, tapitulirt überhaupt ferner der Mann von begehen wollen, wie das z. B. sehr häufig das Bestreben nicht ganz ohne Antheil an der beklagenswerthen Ueberfiebelung vornherein nur mit der Absicht, sich ein Gütchen zu erdienen, so Napoleons III. und seines Schülers Bismarck war, so sorgt der Landleute in die Stadt sei. Er weist dieses nach, indem er werden sie instinktiv sich mehr für landwirthschaftliche Interessen die Logik der Thatsachen und der Geist der Geschichte doch ausführt, daß dreierlei Anziehungsgründe vorhanden seien, die erwärmen, auf Manövern sich die Töchter des Landes ansehen und stets dafür, daß der neuen Aufführung ein anderer, ein den Soldaten an die Städte fesseln. Vor allem die Kapitulation, sich vor denen in der Stadt in Acht nehmen. Anderseits werden neuer Text untergelegt wird. Freilich manchmal ist die au der natürlich nur die Besten des Standes herangezogen die Töchter des Landes und deren Eltern den Unteroffizier, der Aehnlichkeit so frappant, daß man unwillkürlich doch sich eine solche Fülle von zum Theil recht guten Beamtenftellen, Augen ansehen als bisher, und vielfach verschlossene und darum werden. Den aus diesen hervorgehenden Unteroffizieren bietet ihnen eine lebenslängliche Existenz bietet, mit ganz anderen an eine Wiederholung glaubt, und zu Ver- daß sie die soziale Stellung und das mit Pension verknüpfte feste gute Bauernhäuser werden sich ihnen öffnen. gleichen geradezu herausgefordert wird. Solche frappante Gehalt der unsicheren und theilweise mühseligen Existenz auf Aehnlichkeiten finden sich namentlich in den großen Verfall- dem Lande vorziehen. Ferner blieben die Burschen meist als die Sache wohl werth zu sein, weshalb wir hier die Idee Einer Erwägung und vielleicht eines Versuches scheint uns perioden der Geschichte. Man halte nur nebeneinander: Diener in den größeren Städten, und endlich lernten die Sol- Schweders des breiteren erörtert haben. die Verfallperiode des römischen Weltreichs, das die ganze daten das ungezwungene und ziemlich einträgliche Leben der antile Sklaverei- Bivilisation umfaßte, und die Verfall- Fabriken kennen und suchten sich theils als Arbeiter, theils als oder die ländlichen Schönen den Vorzug verdienen, wollen Bei der schwierigen Frage, ob die städtischen Mädchen periode der modernen tapitalistischen Gesellschaft, deren Gehilfen in und an denselben unterzubringen. Bivilisation ebenfalls die Sklaverei bedeutet- nur in etwas anderer Form. Welche Aehnlichkeit!
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glauben, ohne uns den eingehenderen Berechnungen des Ver- Freiersfüßen Wandelnden und wünschen nur, daß Jeder von Wir beschäftigen uns nur mit der ersten Kategorie und wir uns jetzt nicht aufhalten wir überlassen das den auf faffers anzuschließen, daß der Gedanke wohl der Erwägung ihnen nach seiner Façon selig werde. In der Hauptsache ist der Damals um an eine der brennendsten Fragen der werth sei, den Unteroffizieren, die gesinnt find, nach zwölf- Plan unseres Hauptmanns a. D. außerordentlich klar und Gegenwart anzuknüpfen damals dieselben Klagen wie jähriger tadelloser Dienstzeit sich anzusiedeln, zu Hilfe zu fommen, cinfach, eine Eigenschaft, die er mit allen genialen Gedanken jezt über Entvölkerung des Landes, über die Wanderung vielleicht dadurch, daß man ihnen statt Prämien ein Stück Land gemein hat allerdings auch mit entgegengesetzten. Wir", der Landbewohner in die Städte( oder in die Stadt" mit den nöthigsten Gebäuden, Geräthen 2c. zur Verfügung stellte, D. h. unsere Junker haben zu wenig Bolt auf dem Lande; d. bie gewaltige urbs Roma), über den Niedergang der Land- auf dem der Staat eine zinsbillige Hypothet hätte, um bei etwaiger der Militäranwärter sind in den Städten zu viele- was wirthschaft. liederlicher Wirthschaft u. a. nichts zu verlieren. Scholle und eigenem Heim viele Söhne vom Lande, und gerade Das bischen Grund und Boden, auf das sie gesezt werden Schweder meint, daß der Trieb des Deutschen nach eigener natürlicher, als die Militäranwärter auf's Land schicken? die tüchtigsten, antreiben würde, nicht nur diese Gelegenheit zu sollen, spielt keine Rolle, sie bringen den richtigen„ milis benutzen, sich selbständig zu machen, sondern auch zu fapituliven, tärischen Geist" mit, der auch auf dem Lande zu ent wodurch zugleich der Armee ein angemessener Zuwachs tüchtiger schwinden droht; sie sind Soldaten im Falle des Krieges, Elemente gesichert würde. - kurz:
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Und auch dieselben Pfusch- Heilmittel". Wenn Herr v. Plötz Latein fennte, dann würde er bei einer Musterung seiner wunderthätigen Rezepte wehmüthig ausrufen müssen: Alles schon dagewesen! Und nicht glücklicher find die Plötz'schen Adjutanten und Trabanten, die sich auf's Erfinden agrarischer Lebens- Elixire verlegt haben. Besonders sympathisch möchte diese Lösung der Bevölke- Landwirthe im Frieden, billige Lohn Arbeiter in Bermeinte da neulich einer der sinnreichen Herren, ein rungsfrage den Behörden sein, welche dadurch von dem oft be- der Erntezeit( denn das ist das wichtigste Jtem) Militär- Anwärtern Hauptmann außer Dienst( was ihm, gleich dem berühmten lagten Andrange von Militär Anwärtern wesentlich Herz, was verlangst Du? Eine glattere Lösung der Landentlastet würden. und Landwirthschafts- Frage kann nicht gedacht werden, und Ritter von der traurigen Gestalt, Junker Don Quixote von der Macha die Muße verlich zum Grübeln) vermeinte und der Behörden zu wünschen, daß es möglich sei, die Frage der schönen Rolle des Gesellschaftsretters auf mirth: Somit wäre im Intereffe der Landwirthschaft, der Armee der viel verleumdete Militarismus präsentirt sich uns in der Herr da neulich Sch weder ist sein Name, er in erwähnter Form zum Austrage zu bringen. schaftlichem Gebiete, während er sie sonst blos auf habe den Stein der Weisen entdeckt, und mit einem Mit Recht fönnte diesen Vorschlägen entgegengehalten werden, politischem Gebiete spielte. Schlag zwei Fliegen getroffen oder vielmehr„ gerettet" daß die Unteroffiziere in den meisten Fällen, statt förperlich und In unserer Erinnerung tauchen die Zeiten empor, da den„ Nährstand" und den„ Wehrstand". Der„ Nährstand" geistig gesunde Mädchen vom Lande zu Frauen zu nehmen, sich die Soldaten des alten Nom mit dem. Schwerte die Welt das ist das Junkerthum und der Wehrstand" das leider mit Puhmacherinnen, Nähmädchen oder sonstigen Töchtern eroberten und mit Pflug und Maurertelle das wüste Land der Stadt verbinden, die zum großen Theile den Staub der Man muß den Dingen Tanzsäle der Luit in Wald und Feld vorziehen, und glauben, urbar machten und jene gewaltigen Bauwerke errichteten, nur den richtigen Namen geben. Unter dem Titel: Warum daß die Bellfartoffeln von den Bäumen geschüttelt werden. Mit die wir noch heute anstaunen. leidet unser Nährstand? Was bedroht unseren Wehrstand? solchen Frauen ein Landleben beginnen zu wollen, wäre natürlich Und wie ist beiden zu helfen?" hat besagter Haupt- ein wirthschaftlicher Selbstmord. Aber auch andere Erinnerungen tauchen zugleich mit diesen empor.
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ist der Militarismus.
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Feuilleton. Der Jude.
Deutsches Sittengemälde
aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts.
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in Thränen zerfloß, und das Kind jammerte, während Lebens Daner uns kund thut." Behutsam löschte er die die Häscher Stricke und Riemen hervorsuchten, um nicht Leuchte aus; packte Esthers rechte Hand fest in die seinige, nur allein die muthmaßliche Esther, sondern auch die Schaff- und stieg vorsichtig mit ihr die Treppe herab. Noch dauerte nerin und ihr Hausgesinde zu binden, hatte Zodick, seinen das Getöse in der Stube des ersten Stockwerks; da der 102 Vortheil ersehend, einem gaffenden Knechte die Leuchte aus Bösewicht dieses hörte, zwang er auf einmal seine Beute, der Hand gerissen, und war damit unter dem allgemeinen geschwinder zu entlaufen, stülpte ihr seine weite Müze Getöse verschwunden, um den oberen Theil des Hauses zu über Kopf und Augen, und entführte sie also hinaus ins durchsuchen. Wild klopfte sein Herz, als er die Stufen Weite, trotz den heulenden Hunden. Der Regen floß rieselig zum Giebelstübchen erstieg, denn er dachte an die Möglich- und kalt hernieder. Esther schauderte am Arm ihres gräßkeit, daß Esther bereits seiner Wuth entgangen sein möchte; lichen Führers, und ließ sich eine gute Weile durch Sand Das ist sie!" rief Zodick dem Häscheranführer ins Dhr. aber so wie er die Kammer öffuete, und mit gierigem und Moor mit fortziehen im schweigenden Dunkel, bis sie Das ist fie!" donnerte der ganze Haufe und zwanzig Auge in das Dunkel leuchtete, so machte sein ahuender endlich so viel Besinnung gewann, die lederne Müze Hände streckten sich nach der Dirne aus, die ersehend, Born hohnlachender Freude Platz. Die arme Esther hatte vom Haupte zu reißen, plötzlich stille zu stehen, und mit daß es auf sie gemünzt sei, mit jämmerlichem Geschrei: in ihrer Unruhe, gequält von banger Furcht, nicht an die der Stimme der Verzweiflung zu fragen:" Was ist das, „ Mein Kind! mein Kind! Hilfe! Hilfe!" zurücksprang, Flucht gedacht und sich wie ein Opferlamm in das gräß- Bodick? Warum rissest Du mich denn weg aus dem Hause? und eine schwere Thüre hinter sich ins Schloß warf. liche Schicksal ergeben. Nicht die Thüre hatte sie verriegelt, warum hast Du mich nicht übergeben den tobenden Häschern, „ Siehst Du, alte Vettel!" donnerte der bestürzten Schaff- und lag betend, aber ohne zu wissen, was die Lippen beteten, daß sie mich bänden und fortschleppten? Und wohin führst nerin, die vergebens eine Erklärung versuchte, der An- in dem Winkel auf ihren Knien. Hier ergriff sie die Faust Du mich? Nicht gen Frankfurt ? Was soll ich in diesem führer zu, und gab ihr einen groben Rippenstoß:" Da ist des fiegenden Feindes; hier raunte ihr seine entsegliche Gestrüpp oder in den Furchen des Feldes? Wohin schleppst das Geschöpf, das wir suchen. Nicht die Dirne, noch ihr Stimme in die Ohren:" Du bist mein Estherchen! Gedenkst Du mich, unsauberer Geist?"" Nach der Hochzeitskammer, Junges foll uns entkommen, und brennen sollen sie beide! Du meiner Worte? Der Vollmond ist da, und ich komme, Liebchen!" antwortete grinsend der Schurke.„ Nach dem Sperr' auf die Thüre."- Crescenz, von tödtlichem Schreck Dich zu holen heim. Bögere nicht, zaudere nicht, kleine Hochzeitbette, und von dannen ins Paradics." Ach!" ertältet, suchte zähneklappernd einen Schlüssel nach dem Spinne! Komm, daß ich Dich führe vom Berge Seir!" schrie Esther, Du willst mich tödten in Schmach?" andern in das Schlüsselloch zu passen; da jedoch die Angst Abscheulicher!" versetzte Esther, mit verachtender Würde" Nicht doch, Schickfelchen," versetzte Bodick kalt,„ Du wirst den rechten sie nicht sinden ließ, so machten die Be- sich erhebend: Hier sind meine Hände, feßle fie, aber höre leben im Ueberfluß, so Du thust meinen Willen." Doch ist waffneten türzere Wirthschaft, und rannten die Thüre ein. auf zu mißhandeln die Frau, die mich hat gepflegt wie der nicht hier der Ort, wo zu reden ist von der Zukunft. Wie ein Kuaul von Wahnsinnigen stürzte der helle Haufe Rabe der Wüste. Ihr Geschrei dringt herauf zu mir, Un- Komm, fomm, Estherchen?' s ist nimmer weit."- Die in das Gemach, und erwischte die schreiende Dirne, da sie hold. Laß es verstummen."„ Alles verstummt unter Ueberzeugung, ohne Rettung verloren zu sein, giebt dem eben, besinnungslos vor Entsetzen, mit einem Kinde im den Füßen des Herrn!" entgegnete Zodick höhnisch. Auch Menschen öfters übermenschlichen Muth und ungewöhnliche Arme, zum hohen Fenster hinausspringen wollte. Während Deine Schmähung wird verstummen, Weib. Mag ich Dir Kräfte. Esther empfand tief, daß der Augenblick gekommen nun Crescenz in der Mitte des Getümmels umsonst ihre sein wie Gabriel, der Fürst der Barmherzigkeit, oder wie sei, diese Kräfte zu wecken mit dem verzweifelnden Willen. Lunge anstrengte, um zu beweisen, daß die Gefangene nicht Sammael, der Fürst der finsteren Wildniß; gleichviel. Folge Mit einer Heftigkeit, die nur dem aus brennender Zone diejenige sei, die man suchte, während die Gefangene selbst| mir, und schweige wie in der Neumondnacht, die unseres stammendem Blute eigen ist, warf sie sich wild und trei
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