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Nr.104. 36. Jahrg.

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Sozialdemokrat Berlin  .

Morgen- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

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Mittwoch, den 26. Februar 1919.

Vorwärts- Verlag G.m. b. H., GW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morigplatz, Nr. 11753-54.

Notfchrei nach Brot und Arbeit.

Dringende Erklärung an die Alliierten.

Berlin  , 25. Februar. Nachdem die deutschen   Kommissionen für fon war dafür, daß der Entwurf abgelehnt werde. Er die Schiffahrts, Finanz- und Lebensmittelfrage bereits am 23. Fe-, warnte die Regierung, den Entwurf im Unterhause zu schnell durch­bruar in Spaa eingetroffen waren, teilte General Nudant im zupeitschen. Als Richardson das Ergebnis der Abstimmung unter Auftrage Fochs in der Vollfizung vom 24. Februar mit, daß die den Bergarbeitern bekanntgab, sagte Lloyd George  , er könne nicht für diesen Tag angesezten Berhandlungen über die mit der Ber  - annehmen, daß die Bergarbeiter, die beschlossen haben, am 15. März jorgung Deutschlands   zusammenhängenden Fragen nicht aufgenom men werden können. Die Zusammenkunft könne nicht vor dem in den. Ausstand zu treten, nicht noch auf den Bericht der Kom­4. März stattfinden, da die alliierten Delegierten noch nicht im Besitz mission hin bis zum 31. März warten werden und daß sie der genügenden Unterlagen für die in Betracht kommenden eine nationale katastrophe wegen einer Verschiebung von Finanzfragen feien und darüber in Paris   berieten. Die wenigen Tagen heraufbeschwören werden. berbündeten Regierungen ließen jedoch erklären, daß sie bereit seien, die

Frachtüberschüsse,

die aus der Verwendung der deutschen   Schiffe im Dienste der Ulliierten entstehen, für die Bezahlung der Lebensmittel anzuer: tennen. Damit fei die wichtigste der ungelöst gebliebenen Fragen erledigt. Deutscherseits müsse man sich klar darüber sein, daß feine Bebensmitteleinfuhr nach Deutschland   möglich sei, ehe nicht entscheidende Fortschritte hinsichtlich der 3urverfügung­stellung sowohl der deutschen   Frachtschiffe als auch der Passagierdampfer gemacht worden seien. Deutschland  müsse ferner cinsehen, daß die baldige Lieferung der Lebensmittel namentlich von dem Zeitpunkt abhänge, zu dem der deutsche  Schiffsraum für den 2ebensmitteltransport berfüg­bar werde Im deutschen   Interesse liege es also, wenn die Schiffe so bald und in so großem Umfange als möglio den Alliierten zur Verfügung gestellt würden.

General v. Hammerstein erwiderte auf Nudants Ausführun­gen: Es sei höchst unangenehm, jekt die plösliche Verschiebung der Zusammenkunft auf den 4.: zu erfahren, nachdem die Alliier ten selbst mitgeteilt hätten, daß die Verhandlungen am 24. Februar beginnen tönnten. Die gesamten deutschen   Kommissionen seien daraufhin am 23. Februar in Spaa eingetroffen. Nudant erklärte: Er bedauere die Verzögerung der Zusam­mentunft, er fenne aber ihre: fache nicht, abgesehen von dem vorhin erwähnten Punkte bezüglich der finanziellen Fragen. Der Vertreter der deutschen   Regierung teilte im Anschluß Hicran mit, daß ihm von städtischen und Kreisbehörden des

niederrheinischen Kohlenbezirks mehrere Telegramme zugegangen jeien, die in engem 3u sammenhang mit den leider verschobenen Verhandlungen ständen. Algesehen von ihrer allgemeinen Bedeutung dürften sie auch die interalliierten Kommissionen interessieren wegen der Wichtigkeit, welche die Kohlen- und Koislieferung aus dem rheinisch­vestfälischen Koblenrevier für die beseßten Gebiete habe. Er ber­las sodann Auszüge aus den Telegrammen.

Es wird in ihnen übereinstimmend erklärt, daß die Lebens­mittelnot aufs höchste gestiegen und der größte Teil der unter­ernährten Arbeiter am Ende feiner förperlichen Leistungsfähigkeit angelangt ist. Tauerstreits und Hungertrawalle feien überall zu befürchten, wenn nicht rasch und ausreichend Lebensmittel beschafft

würden.

Der Vertreter der deutschen   Regierung bemerfte hierzu: Er habe diese Telegramme lediglich zu dem Zweck verlesen, damit die alliierten Kommiffionen an diesen Beispielen sehen, wie hoch die Lebensmittelnot in Deutschland   gestiegen sei und zu welchen Zu­ständen sie führen. Die inner politische Lage in Deutschland   sei niemals so dro he n d gewesen, wie jetzt. Nicht nur im Ruhr­revier, aus dem diese Telegramme stammmen, sondern auch m den hauptsächlichsten Städten Süddeutschlands   hätten die extremen Glemente die Oberhand gewonnen oder ständen im Begriffe, sie zu gewinnen.

Die bolfchewistische Gefahr sei größer denn je. Die deutsche Regierung tue alles, um diese Gefahr zu bekämpfen, aber die ein­aigen dauernd wirksamen Waffen feien Brot und Arbeit. Die Lieferung dieser Waffen hänge allein von den alliierten und assoziierten Regierungen ab. Er hege die feste Ueberzeugung, daß die bevorstehenden jezt berzögerten Verhandlungen von den allierten und assoziierten Regierungen in großzügiger Weise geleitet und nicht mit Bedingungen verknüpft würden, bie Deutsch  Land die Annahme unmöglich machen oder außerordentlich er­schweren müßten.

Die Regierung zur Wirtschaftslage. Der Wille zu fozialisieren.

Der Aufbau der

neuen Gesellschaftsverfassung.

Von Dr. Alfred Nossig.

Aufbau der neuen Gesetzgebung gewählt wurden, die richtig Man kann darüber streiten, ob die Wege, die für den ften find. Eines aber dürfte allen klar sein: die außerordent­Die Abstimmung über den Bergarbeiterstreik. liche Bedeutung, welche der Schaffung einer neuen Gesell­Amsterdam, 25 Februar.( Meldung der Telegraphenkompag- schaftsordnung im Rahmen des Deutschen Reiches zufällt. nie.) Wie englische Zeitungen berichten, machte der Arbeitsmi- Dieser legislatorische Aft ist feineswegs bloß ein nationales nifter im Unterhause Mitteilung über das Stimmenverhältnis bei Ereignis; es ist eine Weltangelegenheit, deren der Abstimmung der Bergarbeiter über den General Wirkungen der Kreis der Kulturnationen sich ebensowenig streit. Danach haben 612 993 Mann für und 104 997 Mann wird entziehen können, wie einst jenen der großen Revolu gegen den Streik gestimmt. tion. Die Ideen des russischen Bolschewismus fonnten in­folge ihres extremen Charakters kaum auf Weltverbreitung und dauernde Verwirklichung rechnen. Ganz anders steht es um die durch die deutsche Sozialdemokratie vor­bereitete Neuordnung. Seit jeher hat man die Entwicklung Berlin  , 25. Februar. Das Kabinett hat in seiner heutigen der sozialen Gefeßgebung in Deutschland   mit besonderem Sizung sich mit der gesamten Wirtschaftslage befaßt. Entereffe verfolgt. Der Wissenschaftlichkeit, dem Organi­berrichte Uebereinstimmung darüber, daß alle Mittel auf- fations- und Stabilitätsfinn der Deutschen   wird man nun­geboten werden müssen, um die Unruhe, durch die sowohl mehr die Schaffung der geeignetsten Formen des neuen Ge­seitens der Arbeitnehmer wie der Arbeitgeber die meinlebens sowie der besten Ueberführungsmethoden zu­gesunde Abwickelung des Wirtschaftslebens während der legten trauen. Die deutschen   Gesekgeber müssen sich also zum Be Zeit empfindlich gestört worden ist, abzustellen, und daß an- wußtsein bringen, daß das von ihnen aufzubauende Werk dererseits alle Kräfte darangesezt werden müssen, das deutsche nicht nur den Markstein einer neuen Aera darstellt, sondern Wirtschaftsleben wieder möglichst reibungslos in Gang zu ihnen zugleich die ebenso feltene wie wertvolle Gelegenheit bringen. Im besonderen wurde beschlossen, für die Neu- an die Hand gibt, durch Einführung vorbildlicher Institu belebung des Transportwesens und die Wieder- tionen den sozialen und kulturellen Fortschritt der ganzen instandsetzung der Transportmittel Sorge zu tragen. Menschheit zu beschleunigen. Dies. legt ihnen eine doppelte Pflicht auf: ihre Aufgabe in tiefster Weise zu erfassen und alle Sorgfalt auf möglichst vollendete Lösung derselben zu verwenden.

Einstimmig war auch das Kabinett der Ansicht, daß der Sozialisierungsparagraph im Aktionsprogramm nicht Papier bleiben dürfe, daß vielmehr alle zuständigen Stellen mit voller Entschiedenheit und unverzüglich damit beginnen müssen die Sozialisierungsabsichten der Reichsregierung zu verwirklichen.

Ein Abkommen der Arbeiterparteien in Mannheim  .

Zwei Auffassungen stehen hinsichtlich der Berufung der Gesetzgebung einander gegenüber. Beide sollten in diesem welthistorischen Augenblick ohne alle doktrinäre Voreingenom­menheit gleich reiflich erwogen werden.

Weit verbreitet ist die Ueberzeugung, daß es dem heute überall sich durchsetzenden demokratischen Geiste am ehesten entspräche, gewissermaßen nur elastische Rahmengeseße zu schaffen, denen die Majoritäten nach Maßgabe der historischen Entwicklung den eigentlichen Inhalt verleihen würden. Die fonkrete, ins Detail gehende legislatorische Arbeit soll nady derselben Auffassung im wesentlichen nur das historische Tagewerk erledigen, d. i. die flar übersehbaren Verhältnisse der allernächsten Zeit im Geiste der herrschenden Majorität gesetzlich regeln.

Ueber die Lage in Mannheim   wird den P. P. N." von dort gebrahtet: Die Lage ist im allgemeinen ruhig. so daß der Verkehr wieder freigegeben werden konnte. Der Belagerungs­zustand ist einstweilen noch in Kraft, dürfte aber heute mittag schon aufgehoben werden. Ueberall macht die Entwaffnung gute Fortschritte. Man kann nunmehr sagen, daß die Mehrheits­sozialdemokratie die Lage wieder fest in der Hand hat. Zwischen den drei sozialistischen   Parteien in Mannheim   ist verantwortungsreichere und höhere Aufgabe zu. Danach soll Eine andere Anschauung weist dem Gesetzgeber eine viel folgendes Abkommen getroffen worden: 1. Die von der Unabhängigen sozialdemokortischen Partei und tung, sondern der Vordenker der Nation sein. Er er nicht das ausführende Organ der souveränen Volksvertre­Kommunistischen Bartei erklärte Räterepublik wird als nicht besoll die durch Kultur und Natur gesetzten, entfernteren Ent­stehend erklärt. Die Parteien anerkennen die badische wicklungsziele ergründen und durch seine Gefeße die aufein­drücklich hun, finden sie sich mit ihr ab. vorläufige Volksregierung. Soweit sie dies nicht aus anderfolgenden Geschlechter ihnen entgegenführen. So wird tionäre Arbe: terrat tritt zurüd. Das von ihm erklärte Stand- schauende Erkenntnis und leidenschaftslose Vernunft ver­Der sogenannte revolu- das unpersönliche Gesez, das die weit über den Tag hinaus­recht und die von ihm getroffenen Verfügungen sind hinfällig. Der förpert, zum eigentlichen Lenker und Erzieher der Nation. frühere Arbeiterrat besteht in der unten bezeichneten Art weiter Die Volfsvertretung kann ihre Souveränität nicht nur durch die Annahme oder Verwerfung, fondern auch durch gewiffe Abänderungen des ihr vorgelegten Gesetzblockes betätigen. Diese Auffassung scheint mir der ersten, heute populäreren, so weit überlegen zu sein, daß ich nicht anstehe, fie hier anzu­8. Sämtliche Waffen und Munition find ffort an Berführen, obwohl sie kaum Aussichten hat, sich gegenwärtig trauensleute abzuliefern, die vom Vollzugsausschusse zu durchzusehen. Es genügt, wenn die Geister zum Nachdenken in dieser Richtung angeregt werden.

2. Die von der 1 S. P. und Kommunistischen Partei besetzten privaten und öffentlichen Gebäude werden, soweit das noch nicht geschehen ist sofort freigegeben. Der Presse wird volle Frei heit gewährleistet.

Beschleunigung der Friedensverhandlungen bestimmen find. Abschluß der Kommissionsberichte bis 8. März. 4. In dem Arbeiterrat tritt die U. S. P. von ihren bisherigen Eine derartige Gesezgebung erfordert naturgemäß viel Rotterdam  , 25. Februar. Laut Nieuwe Rotter- Sizzen an die Kommunistische Partei   fünf Site ab. Der Voll- tiefere und längere Studien, ein viel höheres Maß von Kon­damiche Courant" meldet Times", daß alle Kommissionen der zugsausschuß besteht von jetzt ab aus fünf Vertretern der Mehrzentration und eine viel größere Einheitlichkeit, als sie bei Friedenskonferenz mit Ausnahme der erst seit Mitte Februar heitspartei, drei Vertretern der Unabhängigen Sozialdemokratie der heute beliebten Methode möglich find, wo verschiedene Or­gebildeten, ihre Berichte bis zum 8. März abzu- und einem Vertreter der Kommunistischen Partei. gane in furz gesezten Fristen die ihnen zugewiesenen Ar schließen haben. beiten zu erledigen haben. Ein neuer Rätekongreß für Deutschland  . Die Arbeitsnöte in England. Ein Beschluß des Zentralrats. Lloyd George   befürchtet eine nationale Katastrophe. In der Dienstagssigung beiprach der Zentralrat die Frage der Haag, 25 Februar.( Meldung des Hollandsch Nieuwsbureau.) Einberufunta eines neuen Rätefongreffes und befchloß nach ein­Aus London   wird berichtet: Der durch Lloyd George   eingegebender Beratung. ibn für Ende März einzuberufen Es wurde reichte Entwurf in der Angelegenheit der Bergarbeiter wurde eine Kommission ernannt, die jofort mit den nötigen Vorbereitungen fofort in zweiter Lesung verhandelt. Das Arbeitermitglied Richard- beginnen soll.

Was heute mit einiger Aussicht auf Erfolg angestrebt werden kann, ist nur die tunlichste Verringerung der der ersten Methode notwendigerweise anhaftenden Unzulänglich­feiten und die Sicherung einiger Vorzüge jener vollkomme­neren Art der Gefeßgebung. Und da müßte vor allem ver­langt werden, daß die verschiedenen Instanzen, welche mit der Ausarbeitung von Gefeßen betraut werden, sich hinsichtlich gewisser oberster Grundsäße der Gesellschaftsordnung ver­