Gerichtszeitung.

Das unbezahlte ärztliche Attest.

Die Angestellte einer Berliner   Nährmittelfabrik erfrankte an Grippe und entschuldigte sich auch fofort nach Ausbruch der Krant­heit schriftlich beim Bangipal. Als dieser von der Angestellten ein ärztliches Attest verlangte, schrieb ihm die Gehilfin zurück, der Arzt verlange dafür fünf Mark. Der Chef möge ihr das Geld einfenden, dann werde sie auch das Attest beschaffen fönnen. Statt das Geld einzusenden, sprach der Fabrikant die sofortige Entlassung des jungen Mädchens aus. Vor dem Berliner   Kaufmannsgericht, das diesen Rechtsstreit zu entscheiden hatte, wandte der Beklagte ein, er habe fich nicht geweigert, den Betrag des ärztlichen Attestes zu zahlen, sondern im Gegenteil erklärt, die Atteftierung folle auf seine Stosten geschehen. Die Klägerin hätte ja ruhig das Geld auslegen fönnen. Sie brauchte ja nicht besorgt zu sein, daß sie es von ihm nicht wieder bekomme. Wenn sie im übrigen dem Arzt gesagt hätte, die Firma bezahle das Attest, dann hätte auch der Arzt nicht den Betrag fofort

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beclangt. Bei dem guten Ruf der Firma hätte der Arzt ohne weiteres von sofortiger Bezahlung abgesehen. Damit, daß Klägerin das Fehlen eines ärztlichen Attestes verschuldet habe, sei ihre fo­fortige Entlassung genügend gerechtfertigt.

Das Kaufmannsgericht trat den Ausführungen des beklagten Fabrikanten nicht bei, sondern kam zu seiner Verurteilung in Höhe des eingeklagten Betrages von 175 W Weder die Angestellte noch der behandelnde Arzt hatten nötig, der Firma die Attestkosten aus­zulegen. Wenn die Beklagte einen solchen Wert auf ein ärztliches Attest legte und sich mit der Bescheinigung der Strantentasse nicht begnügen wollte, dann hätte sie entweder der Klägerin das Geld zugleich mit der Aufforderung zustellen oder die 5 m. direkt an den Arzt ge­langen lassen müssen. Der Arzt lehnte as ab, der Gehilfin für be­fagten Rived ein Attest ohne fofortige Bezahlung auszustellen, und bas entspricht auch der Gepflegenheit der meisten Aerzte, wenn es sich um ihnen unbekannte Patienten handelt. Unter dieser Weige­rung dürfe die nach dem Krankenkassenausweis tatsächlich krank ge­wejene Klägerin nicht leiden. Ihre Entlassung erscheine völlig un­gerechtfertigt.

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