Nr.182.36.Jahrg.
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Mittwoch, den 9. April 1919.
B
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Untersuchungsausschuß der Preußischen
Landesversammlung.
Die Eichhorn- Wirtschaft.
In der gestrigen Situng des Untersuchungsausschusses der Preußischen Landesversammlung über die Berliner Unruhen wurde die Entstehung dieser Unruhen eingehend beraten. Regierungsrat Dohe machte eingehende Mitteilungen über bie Tätigkeit bes früheren Polizeipräsidenten Eichhorn.
Die von Eichhorn aufgestellte Sicherheitswehr habe in den Polizei rebieren und im Bolizeipräsidium übel gebaut. Heber biele Hunderttausende Mart fehlen Belege. Eichhorn felbft hat in einem Fall 5100 M., in einem anderen Fall 1625. für sich persönlich unterschlagen. Unter den verschwunde nen Geldern befinden fich auch 147 000 Lei rumänischen Geldes, die bei Offizieren beschlagnahmt wurden und seitdem spurlos ber schwunden sind. Eichhorn hat den revolutionäven Obleuben und anderen unabhängigen Organisationen die Wohnungslisten ber Schußmannschaft ausgeliefert, und die Schußleute, die sich der Une abhängigenpolitik nicht gefügt haben, sind seitdem nicht nur persönlich, sondern auch in ihren Familien in der brutalften Weise terrorisiert worden. Die Sammlung und Austeilung von Waffen hat Eichhorn bereits am 11. Rovember 1918 begonnen. Allein von der Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik sind Waffen im Werte von 400 000 M. expreßt worden. Eichhorn hat ferner unter Benukung eines Sauerstoffgebläses ber sucht, die Hauptkasse des Polizeipräsidiums zu berauben, der Berjuch ist ihm aber nicht geglüdt. Bom Magiftrat Berlin hat Eichhorn viele Zentner feinsten Auszugsmehls erpreßt, um davon Korten für seine Leibwache baden zu laffen. Im Polizeipräsidium wurde in den von Eichhorn und seinen Trabanten bejezt gehaltenen Räumen eine Notenpreffe gefunden, bie zur Benutzung fertig gestellt war.
Keinen Generalstreik!
Es wurde betont, daß ein derartiger Streit unser Wirtschaftsleben, besonders aber unsere Lebensmittelversorgung auf das schwerste gefährden würde. Der Streit im Stuhrrevier sei geradezu ein Verbrechen am deutschen Bolke, er sei einzig und allein deshalb ins Werk gesezt, um eine Minderheit zur Herrschaft zu bringen. Die gleiche Abficht werde mit einem in Berlin beabsichtigten Streit verfolgt. Solchen Absichten müsse sich jeder entgegensetzen, der für wahre Demokratie und gegen die Diktatur einer Minderheit sei. Die Gefahr eines Generalstreits in Berlin laffe es als wahrscheinlich erscheinen, daß die heranrollenden Rebensmitteltransporte draußen angehalten werden, damit fich nicht ein Haufen von Plünderern billige Lebensmittel beschaffe, die für die Gesamtheit der Bevölkerung bestimmt find.
Der erste Tag des Rätekongresses
Einmütige Stellungnahme der Berliner Sozialdemokratie Vorspiele, Vorgeplantel. Der Kongreß hat einer Pflicht Eine Versammlung der auf dem Boden der S. P. D. der internationalen Höflichkeit genügt, indem er ein Beund grüßungstelegramm nach Budapest richtete. Der Uebereifer, stehenden Betriebsvertrauensmänner, Arbeiterräte Funktionäre, die gestern in den Kammerfälen tagte, nahm der einen gleichen Drahtgruß nach München senden wollte, Stellung zu der Absicht der Unabhängigen, wieder einen wurde durch einen Bertagungsbeschluß gezügelt. Wenn man schon nach Bayern Depeschen schickt, so ist noch sehr die Frage, politischen Generalstreit ins Werk zu fegen. ob nach München oder nach Bamberg . Hübsch aber, sehr hübsch, daß die Unabhängigen nichts Eiligeres für den Stongreß fennen, als eine Regierung drahtlich zu bejubeln, deren erste Tat die Verhängung des Standrechts gewesen ist. Mit 119 gegen 82 Stimmen wird dann beschlossen, die Freilassung Ledebours zu fordern. Die Mehrheitsfozialisten haben sich es ist kurz vor der Mittagspausezum Teil schon aus dem Saale entfernt. Die noch Anwesenden haben zum größten Teile gegen diesen Eingriff in die Justiz gestimmt. Ja, dürften Gefühle alter Stameradschaft entscheiden- aber die Zeiten sind ernst, ernst ist die Anklage, die gegen den alten Heißsporn erhoben ist. Die Justiz muß die bestehende Rechtsordnung füßen, fie darf nicht dulden, daß jeden Tag aufs neue mit der Waffe in der Hand über die Verteilung der Gewalten im Staate entschieden wird, sie muß das tostbarste Gut des Voltes, sein Blut, schüßen. Hat der Rätekongreß das Recht, ihr dabei in den Arm zu Die Parteifunktionäre, Betriebsvertrauensleute und Ar- fallen? Und wo find die Grenzen? Durch ihren ersten beiterräte des Bezirks Groß- Berlin der S. P. D. protestieren Erfolg auf dem Kongreß ermutigt, haben die Unabhängigen mit aller Schärfe gegen die Verfuche der Unabhängigen, die auch schon die Haftentlassung ihres Freundes Brandes be Berliner Arbeiterschaft in einen neuen Generalftreit hinein- antragt. Und gestern saß noch Landsberg als Gefangener zuheben. In der gegenwärtigen Stunde, wo die Serander Unabhängigen. Würden die für seine Freilassung eingetreten sein? fchaffung von Lebensmitteln und Rohstoffen zum Wiederaufbau unserer Volkswirtschaft begonnen hat,
nachstehende Resolution einstimmig angenommen: Als Gesinnungsausdruck der Bersammlung wurde die
schädigt ein Generalftreik die Lebensintereffen der Arbeiterschaft
Ja, es ist eine elende Sache, wenn ein gesperrt wird, und dafür einzutreten, geht jedem gegen das Gefühl. Aber die Berliner Unruhen haben schon mehr als 1200 Menschen das Leben gekostet, wie in der Unterfuchungskommission der preußischen Landesversammlung gestern festgestellt worden ist. Gefangene tann man wieder freilaffen, wenn die Sicherheit wieder hergestellt ist; Tote fann man nicht wieder lebendig machen.
Der Minister des Innern eine wies in einer allgemeinen politischen Uebersicht nach, daß die Unruhen vom 5. Januar planmäßig organisiert waren und daß nach einem einheitlichen auf das schwerste und bringt uns wirtschaftlichen Tod. Die Plan an verschiedenen Stellen der Stadt gleichzeitig losgeschlagen Erfahrungen zeigen, daß die Führer der Generalftreit wurde. Er gab einen lleberblid über die befesten Gebäude, über propaganda diese Streits zum gewaltsamen Stura bie ungeheuren bort verübten Plünderungen und über die Notmag- der gegenwäritgen vom Vertrauen der Volksmehrheit getraDie Debatte über den Bericht des Zentralrats nahmen, welche die Regierung zur Unterbrüdung der Unruhen er genen Regierung und zur Aufrichtung ihrer Minder. greifen mußte, da ihr bamals zuverlässige Truppen in ausreichenderheitsgewaltherrschaft benußen wollen. Unter den hat dann die ganze Schärfe der Gegensäge gezeigt. WesentBahl nicht zur Verfügung standen. An der Verteidigung der von heutigen Verhältnissen bringt ein solcher Streik die Herrschaft lich Neues hat sie nicht gebracht, fonnte sie nicht bringen, Den Unabhängigen befetten Gebäude haben Russen und Frauen in des lichtschenen Gesindels mit Plünderungen und Lebens. Die gespannte Lage im ganzen Reich nötigt den Vorsitzenden hervorragendem Maße mitgewirkt. So hat eine mitverhaftete Frau bedrohung der friedlichen Bevölkerung. des Bentralrats, den Genoffen Beinert, sich mit erhöhter Steinbrind aus Neukölln im Grier des Borwärtsgebäudes ein Ma- Die Konferenz fordert die Arbeiterschaft auf, das Schärfe zu dem Grundjaß zu bekennen, daß keine Regierung schinengewehr bedient, durch dessen Rugeln mehrere Regierungs- Boltsintereffe über das Interesse einzelner Barteien ohne Machtmittel auskommen kann. Daß auf einem deutschen joldaten gefallen find. Nach der Rüderoberung wurden im Bor- und machtlüfterner Führer zu stellen und den Streit Rätekongreß gefagt werden und mit Beifall aufgenommen werden kann, was Leinert ausgeführt hat, zeigt, wie viel wärtsgebäude u. a. gefunden die Ausrüstung einer Feldkirche und nicht nur abzulehnen, sondern ihn ruhiges Urteil und gesunde Kraft in der deutschen Arbeiterjilbernes Tischgeschirr sowie andere Raubbeute. Elasse noch stedt.
Abg. Leid( 1. Soz.) gab zu, daß die Zustände unter Eichhorn ganz unerträglich geworben waren, fündigte für die nächste Sibung aber eine Reihe von Beweisanträgen an. Ein Vertreter bes Kriegsminifteriums gab Aufschluß über die Bildung der Freiwilligenformationen, die erst lange nach dem 5. Januar mit größter Beschleunigung nach Berlin gebracht worden sind.
Auf eine Anfrage teilte Regierungsrat Dr. Doyé mit, daß bei den Januarunruhen 196 Personen und bei den Unruhen im März 1175 Personen getötet worden find, darunter etwa ein Sehntel
Soldaten.
Einstellung des Straßenbahnverkehrs. Magdeburg , 8. April. In allen großen Industrie. betrieben ruht heute die Arbeit. Die Straßen. bahn wurde neuerdings gezwungen, den Verkehr einzu Rellen.
Nach einer anderen Melbung haben sich die Arbeiter der größeren Betriebe mit Dreiviertelmajorität in geheimer Abstimmung
gegen den Streit erklärt.
mit aller Schärfe zu bekämpfen.
Auf Antrag der Eisenbahnarbeiterräte ber S. P. D. wurde beschlossen:
Die Parteileitung und Regierung möge sofort einen Aufruf
an die Eisenbahnarbeiter und Beamtenschaft richten, welcher die felben aufforbert, fich an fommenden politischen Streits nicht au beteiligen.
Unter Bezugnahme auf die in der Dienstag- Morgennummer des„ Borwärts" veröffentlichte Erklärung der Megierung au einem etroaigen Eisenbahnerstreit wurde folgenDer Antrag der Eisenbahner angenommen:
Wir Genoffen, die wir bei der Eisenbahn Dienst tun, ver Tangen das gleiche Koalitionsrecht wie alle anderen Staatsbürger. Bon unseren Genossen in der Regierung erwarten wir mit Bestimmtheit, daß sie ihr gegebenes Wort halten und nicht zugeben, baß wir wieder zu Staatsbürgern zweiter Klaffe herabgewürdigt werden.
Ferner wurde noch beschlossen, die Regierung aufaufordern, daß sie gegen einen Gewaltfrieden, den die Entente uns aufzwingen will, energisch Front mache.
Hier ist die Hoffnung des Bandes und nicht bei den Unabhängigen, deren Sache Richard Müller mit nervöser Gereiztheit verficht. Die alte Klage, daß an allem Blutvergießen nur die Regierung schuld sein soll, die alte Unehrlichkeit! Is ob nicht anch Richard Müller, er noch besser als mancher andere, wüßte, daß es nicht die Regierung war, die den Bürgerkrieg im Namen der arbeiten Revolution" berfündete. Wäre es nicht hundertmal ehrlicher und am Ende auch geschicier, wenn die Binke ruhig erklärte:„ Ja, mir fämpfen mit Euch um die Macht, wir fämpfen um sie mit dem Mittel des Generalstreiks und der offenen Gewalt. Wir sind Gegner der Demokratie und wollen eine Minderheitsherrschaft durch Diftatur!" Welchen Sinn hat es, etwas zu bertecken, was doch offen vor aller Augen liegt? Wer bisher noch blind gewesen wäre, dem müßten doch die Münchner Borgänge die Augen gründlich geöffnet haben.
Eine Rede von sachlicher Schärfe, die in die Debatte neue Zöne und neue Gedanken brachte, hielt dann Genosse Kafiski, der die eigene Partei mit fritischen Spiken nicht verschonte, aber darum doch den Unabhängigen desto weniger etwas schenkte. Ralisfis Grundgedanke ist der, daß in einer weitgehenden Umstellung der bereitstehenden Arbeitskräfte
Schwere Bedrohung der Lebensmittelzufuhr von der Industrie auf die Landwirtschaft die einzige Rettung
Aus Magdeburg wird den... am Dienstag abenb gebrahtet: Hier finden große Bersammlungen statt. Die Mehr. liege, und er flagt die Sozialdemokratie wie die Unabhänheitsfozialisten treten gegen die Pläne der Kommunisten Die P. P. N." melden: Die erften in Dentschland ein- gigen in gleicher Weise an, das hierzu Erforderliche nicht geund Unabhängigen auf. Es dürfte aber notwendig sein, daß der getroffenen Lebensmittelschiffe der Entente haben mit tan zu haben. Er enthüllt die Unfruchtbarkeit der unabhänWiderstand noch etwas schärfer atzentuiert wird. In der Nacht Ballast wieder ausfahren müssen, weil in Deutschland nicht gigen Opposition, der jede schöpferische Kraft fehlt. In der haben verschiedene Blünderungen stattgefunden; weitere einmal soviel Waren zur Ausfuhr zusammenzubringen waren, entscheidenden Frage dieser Zeit findet er ein überzeugtes find in der kommenden Nacht zu erwarten. Von der Ausrufung der daß die paar Lebensmittelschiffe damit hätten befrachtet und überzeugendes Bekenntnis für den Sozialismus durch Räterepublik ist bis jetzt noch nicht die Rede gewesen. Estreift werden können. Wir konnten für die Lebensmittelschiffe der die Demokratie, und damit hat er zweifellos die genur die Hälfte der Arbeiter. Unter den geplünderten Entente nicht einmal genügend Kohlen zum Wiederauffüllen waltige Mehrheit des Kongresses hinter sich. Lebensmitteldepots befindet sich unter anderen auch das Proviant der Bunker zur Stelle schaffen. Wie lange unter einer solchen depot des amerikanischen Noten Kreuzes. Man fürchtet davon auch Wirtschaft die Entente Lebensmittel zu liefern bereit sein wird, ungünstige Wirkungen auf die Lebensmitelversorgung Magdeburgs. muß natürlich ganz angewiß erscheinen.
Das war im großen Ganzen der erste Tag, der froß mancher erregter Auseinandersetzungen die Aussicht auf eine gedeihliche Arbeit des Kongreffes nicht verfchittet hat. Er