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Nr.190. 36. Jahrg.

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.Sozialdemokrat Berlin  ".

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

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Sonntag, den 13. April 1919.

B

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Mord und Strassenkämpfe in Dresden  .

Kriegsminifter Genoffe Neuring ermordet!

Dresden  , 12. April.  ( Eigener Drahtbericht des Vor- tiefsten Abscheu erregen. Genosse Neuring, der von Beruf Fa­wärts".) Heute früh haben Verwundete und Lazarettpersonal britarbeiter, von Gesinnung Sozialist war, hat niemals zu denen vor dem Kriegsministerium eine Demonstration veran- gehört, die man auch nur mit einem äußeren Schein von Recht staltet, in deren Verlauf es zu einem Ansturm auf das Kriegs- als Gewaltpolitiker bezeichnen fann. Sein trauriges Ende und ministerium fam. Der Kriegsminister Neuring die sich daran anknüpfenden blutigen Ereignisse sind vielmehr wurde auf die Treppe herausgeholt und sprach mit den Demon- nur eine Folge davon, daß es der fächsischen Republik seit ihrer firanten. Es kam zu heftigen Auseinandersehungen, die in einer revolutionären Entstehung an geordneten Machtmitteln Schlägerei endeten, wobei man den Kriegsminister Neuring gefehlt hat.

Der Fluch der Gewalt.

Ein Wort nach links. Von Artur 3idler.

Es foll kein Wort des Hasses und der Heze gegen euch sein, eingegeben von bürgerlichem Ordnungsfimmel, nur die Mah­nung eines Menschen und Proletariers, dem der Sozialis. mus alles und das Einzige ist, was heute noch des Kämpfens und Glaubens wert erscheint. Ich weiß: die Leidenschaftlichkeit, mit der wir uns, gleichen Ziels Verbundene, bekämpfen, ent­springt der innigen Liebe zur Idee, der Besorgnis um ihre Ge­fährdung, dem Willen, sie restlos und rein zur Tat und zur Erfüllung werden zu lassen.

auf die Friedrich- August- Brücke schleifte und von dort aus in Das Vorgehen der Dresdener   Aufrührer ist genau nach dem die Elbe   warf. Neuring, der offenbar ein guter Schwim- Plane erfolgt, der auch für Berlin   vorgesehen war und durch mer war, versuchte sich zu retten; da die Demonstran- seine rechtzeitige Aufdeckung vereitelt wurde. Die Drahtzieher ten aber mit Waffen versehen waren und viele Gewehr- haben die Kriegsbeschädigten vorgeschoben, um nach schüsse auf ihn abgaben, ist er wahrscheinlich von einem oder dem bewaffneten Zusammenstoß sagen zu können, es sei auf mehreren Schüssen getroffen untergegangen oder tot. Kriegsbeschädigte geschoffen worden. Bis nachmittags gegen 5 Uhr wurde von dem Kriegsministerium Was nun in Dresden   wird, ist zur Stunde noch ungewiß. Vor uns steht das Volf, verarnit, verelendet durch Krieg heftig geschossen mit Maschinengewehren und Würden auch dort, wie in München  , ein paar Kaffeehaus- und Ausbeutung, zum Teil verzweifelt oder mutlos, zum Teil Granaten, und zwar aus dem Kriegsministerium auf die literaten die Stegierung übernehmen, so würden sie in fürzester gleichgültig und in den geistigen Banden der Vergangenheit be­Demonstranten und umgekehrt. Bis jetzt sperren noch Regie- Beit an ihrer eigenen Unfähigkeit zugrunde geben. Niemandem fangen. Bor uns stehen noch die alten Gewalten, be­rungstruppen die Friedrich- August- Brücke, die direkt zum wäre geholfen, aber allen wäre ein ungeheurer Schaden zuge fiegt, aber nicht geschlagen, und warten auf die Stunde, da wir Kriegsministerium und Schloß führt, ab. Man erwartet am fügt. Alle die Toten, die das fostet, sterben für nichts. Und uns gegenseitig soweit aufgerieben haben, daß sie uns wieder den Abend einen Angriff auf das Schloß. Der Verkehr von der solche Aussichten eröffnen sich in einem Lande, dessen Regierung Fuß auf den Nacken jeten fönnen. Neustadt nach der Altstadt ist gesperrt. Augenblicklich hat es den man Mangel an Sozialisierungseifer und mangelndes Entgegen- Glaubt ihr es nicht? So nehmt die Deutsche Tageszeitung" Anschein, als ob die Regierungstruppen die Demonstranten, kommen an die Wünsche der radikalen Linfen   am allerwenigsten von gestern und left: denen sich eine Masse Volk angeschlossen hat, weiter in die Neu- nachsagen kann! stadt zurückgedrängt hätten.

Truppen nach Dresden   unterwegs. Berlin  , 12. April. Von zuständiger Stelle wird uns mitgeteilt: Die scheufliche Ermordung des sächsischen Kriegs­ministers Neuring   wurde dem Reichswehrminister Noske  im Laufe des Sonnabendnachmittag aus Dresden   mitgeteilt. Es find sofort die erforderlichen Anordnungen getroffen worden, um der sächsischen Regierung verstärkten Rückhalt die Bedeutung dieser weltgeschichtlichen Entscheidung allmählich zu geben. Man hat so zahlreiche Truppen nach Dresden   in Be­wegung gesetzt, daß es bestimmt rasch gelingen wird, die erforder­liche Ordnung und Sicherheit in Dresden   wie Russische   Einflüsse in Dresden  .

der herzustellen.

Da eure tönenden Worte zum Orfus gespült, Harret, es kommt die Zeit, da jeder es fühlt, Da das Bolt erwacht und vergangener Tage gebenft, Da es den Kaiser ruft, den ihr sonöde verjagt. Die ihm Ordnung und Zucht, ihm Stärke und Blüte gescheuft. und da die Stimme der Wahrheit. zum Lichte fich wagt! Bittert vor der Erkenntnis, vor dem Gericht!

| Die Tragödie von Dresden   zeigt aufs neue, daß die ganze Zukunft der Sozialdemokratie davon abhängt, ob sie im Reiche ihr eines Tages andere diese Arbeit aus der Hand nehmen, und Ordnung schaffen kann. Gelingt ihr das nicht, so werden wir werden eine Aera des Schreckens erleben, so daß mancher, der jetzt auf Nose schimpft, die Wiederkehr der Aera Noste auf den Knien herbeisehnen wird. Von den Genossen im Lande aber erwarten wir, daß fie Golde Verbrechen vergibt ein Volf den Schulbigen nicht! Sie wagen zu hoffen! Freilich, auf die Narrheit und Ge­begreifen lernen. Die Sicherung alles dessen, was die Revolu- dankenlosigkeit derer, die vergessen, daß das Elend der Gegen­tion gebracht hat und durch Ausbau ihrer Errungenschaften noch wart nur ihnen zuzuschreiben ist, die die Welt in das vierjährige bringen kann, ist nur möglich im Stampfe gegen jene Elemente, Gemezel hineingeführt haben. Sie müßten ihre Hoffnungen die in wahnsinnigem Fanatismus all das zertrümmern, was fie begraben, wenn fie ein geschlossenes Proletariat angeblich zu erreichen bestrebt find. Wenn die Regierung nicht gegen fich hätten. Diese Geschlossenheit herbeizuführen, hieße mit fester Entschlossenheit vorgeht und wenn sich die Massen der den Sozialismus in der deutschen   Zukunft verankern. arbeitenden Bevölkerung nicht mit gleicher Entschlossenheit hinter fie stellen, dann geht alles verloren!

Dresden  , 12. April. Wolffs sächsischer Landesdienst schreibt amtlich: Nach dem heute vormittag auf das Ministerium für Mili­tärwesen ausgeführten Butsche drangen drei Leute in Uniform in das Gebäude des Generalfommandos 12 cin. Sie gaben sich als Nach dem Fall Auer zeigt der Fall Neuring, daß auch wir Mitglieder des Roten Soldatenbundes aus. Einer Sozialdemokraten jederzeit bereit fein müssen, für imfere bon ihnen beherrschte die deutsche Sprache nur ganz mangelhaft, Ueberzeugung unser Leben hinzugeben. Aber auch von ein Beweis dafür, daß entschieden der ganze Vorgang unter dem Mordwahnsinn umbroht, dürfen wir feinen Augenblick zögern, Einfluß russischer Agenten gestanden hat. das zu tun, was zur Rettung des arbeitenden Volkes aus dem Dresden  , 12. April.  ( Eigenex Drahtbericht des Bortväris".) drohenden Untergang notwendig ist. Wir sehen für die Ar­Der Kriegsminister Neuring ist noch nicht gefunden. Ob er in beiterklasse unser Leben ein, aber wir erwarten von den Ge­die Elbe   geworfen worden ist, ist nicht genau festzustellen. Dagegen noffen jahrzehntelanger Kämpfe, daß sie unseren Absichten ge­ist ziemlich sicher, daß er von den brutalen Maffen totgerecht werden und fordern Treue um Treue! schlagen worden ist. Die Kommunisten beabsichtigen in Dresden  die Rätere publit auszurufen. Die Truppenmacht der Re­gierung ist wenig zahlreich. Um 8 Uhr abends herrschte Ruhe in der Stadt.

Dresden  , 12. April. Wolffs sächsischer Landesdienst meldet amtlich: Heute kurz nach Mittag bersammelten sich vor dem Ministe­rium für Militärwesen einige Hundert Kriegsbeschädigte. Ihre Ab. ordnung wurde vom Minifter Neuring empfangen, ihre Wünsche angehört und ihre Erfüllung im allgemeinen zugesagt. Im Laufe der Zeit gefellten sich zu den Kriegsbeschädigten eine Anzahl zum Teil bewaffneter anderer Soldaten, die den Ein- und Ausgang zum Blockhause hinderten. Gegen zwei Uhr nachmittags drangen einige bewaffnete Soldaten in das Innere des Mi. nifteriums ein. Ein im Ministerium als Ordonnans angestellter unbedachter junger Soloat warf in seiner Verwirrung in diesem Augenblicke zwei Uebungshandgranaten in den Lichtschacht, die nie mand verlegen konnten. Es ist durch Augenschein bewiesen, daß es sich um lebungshandgranaten und nicht um scharfe Hand­granaten handelte. Auf der Straße vor dem Blockhause entstand daraufhin das Gerücht, der Minister Neuring   habe den Befehl zum Werfen von Handgranaten gegeben. Dieses Gerücht ist eine absolute Untoahrheit. Der Minister und seine Umgebung wurden vielmehr durch den Stnall ebenso überrascht wie alle anderen und mußten erst durch Nachforschung die Ursache feststellen. Niemand hat dem Soldaten den Befehl zum Werfen der Uebungshand­granaten gegeben. Der Soldat hat auf eigenen Entschluß unbe­bachtsam gehandelt. Auf dieses falsche Gerücht hin ist der Minifter Neuring   auf bestialische Weise ermordet worden.

Dresden  , 12. April. Auch der Sekretär des Kriegsministers, Ibert  , soll getötet worden sein.

Die vichische Mordtat, die an dem sächsischen Striegsminister Genoffen Neuring berübt wurde, wird in der ganzen Welt

Polentransporte durch Deutschland  .

Berlin  , 11. April. Wie bekannt, hatten unsere Feinde ver langt, daß die unter Führung des Generals Haller in Frankreich  stehenden polnischen Truppen in Danzig   gelandet und von dort nach Polen   zurückgebracht werden. In mühevollen Verhand­Jungen haben unsere Unterhändler erreicht, daß dieser für das Deutschtum in der Provina Westpreußen   verhängnisvolle Plan aufgegeben würde.

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Ihr wollt den Sozialismus durch Gewalt erzwingen, Ihr von der äußersten Linfen, und nennt das obendrein die Diftatur des Proletariats, obwohl ihr nur einen leinen Teil des Proletariats hinter cuch habt darum seid ihr die schlech testen Schüler unseres Großmeisters Marg, darum habt ihr die Revolution mißverstanden und verpfuscht, die ein Aufbäumen mar gegen Minderheitsgewalt, darum habt ihr der De­mokratie die Waffe in die Hand gezwungen, und wenn ihr euch nicht abfehrt von dem Wahn, daß Hand­granaten Argumente sind, so werdet ihr noch die Steaktion heraufbeschwören, die wir nicht minder hassen wie ihr. Dem Dornenstrauch der Weltgeschichte ist das Nosenreis des Sozialis­mus entsprungen, nun fönnt ihr nicht warten, bis die Früh­lingswärme des Friedens die Knospe zur Blüte öffnet, ihr wollt fie mit Gewalt aufbrechen und müßtet doch wissen, daß sie daran stirbt.

Eure unerbittliche Ablehnung des Krieges hat euch selbst von Gegnern das Zugeständnis eingetragen, daß unbegrenzte Verachtung der Gewalt Triebfraft dazu war. Jetzt wollt ihr diejenigen sein, die an der Tragfähigkeit der Geschosse die Bann weite der dee ermessen? Galt es nicht als die Stärke der sozialistischen   Idee, daß sie ihre Beweiskraft aus den Erfahrun­Die polnischen Truppen sollen nun in den nächsten Wochen gen der Geschichte zog? Kennt ihr nicht den Fluch der Ge­zum Teil mit der Eisenbahn durch Mitteldeutschland  , walt, und wißt ihr nicht, daß jede Gewalt sich selbstberrlich zum Teil auf dem Seeweg bis Stettin   oder Billau erhebt und den Geift der Führer zu ihrem Gefangenen macht? und von dort mit der Bahn nach Polen   befördert werden. Die Die edlen Ziele der Lenin und Tropfi in allen Ehren, abc­deutsche Regierung hat die vollkommene Sicherheit dieser Trans- ihr reiner Wille scheiterte an dieser harten Zogit. bortvege gewährleisten müssen. Für den Fall, daß bei der Be­förderung ernste Echevierigkeiten entstehen, haben sich unsere Feinde borbehalten, die weiteren Transporte doch über Danzig   nach Polen   zu bringen.

Baterländische Pflicht jedes Deutschen   ist es darum, alles & u unterlassen, was die Reise der polnischen Truppen durch beutiches Gebiet irgendwie stören könnte. Jede Stundgebung, jebe Annäherung muß unterbleiben. Wer die Absperrungen zu durch brechen oder sich an die Bolen heranzudrängen sucht, handelt würde los; wer die Transporte zu hindern oder ihre rafthe und regel mäßige Durchführung zu erschweren oder unmöglich zu machen sucht, beschwört neue schwere Gefahren für unsere Ostmarken und damit für unser ganzes Vaterland herauf.

Darum, Beamte, Angestellte, Arbeiter, die Ihr mit der Aus führung der Transporte zu tun habt, tut alles, was sie rasch und ficher gestaltet, jeder andere aber halte sich von den Polenzügen fern!

Die Novemberrevolution brachte den Sturz der politischen Autokratie, ihr weiterer Verlauf muß auch die wirtschaftliche des Stapitalismus beseitigen. Dann ist die Bahn frei für die ein­zige Möglichkeit sozialistischen Sieges: im heißen Werben um die Seele des Volkes.

Das Volk muß entscheiden. Und wir können getrost sein: die Erfahrungen der Vergangenheit, die Freiheit des Wortes und der Entscheidung und vor allem die Tatsache, daß nur ein winziger Bruchteil des Volfes an der Erhaltung oder Wieder­einführung alten Unrechts interessiert ist, geben uns die Zu­versicht, daß die Entscheidung im sozialistischen   Sinne fällt.

Wir brauchen die Vergeistigung der Revolu­tion. Die ist aber nur möglich auf dem Wege der Demo­fratie, der wirtschaftlichen und politischen. So auch ist die Revo Tution nur menschenwürdig und wahrhaft revolutionär, als eine Abkehr von dem alten Evangelium der Gewalt und den barba­rischen Mitteln der Auseinandersetzung durch Waffen, in