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Mr. 184.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertels jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. frel in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags: Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuz­ band  : Deutschland   u. Desterreichs Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1894 unter Nr. 6919.

Vorwärts

11. Jahrg.

Insertions Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Erpedition abgegeben werden. Die Grpedition ist an Wochen tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Ferusprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berling

Berliner   Bolksblatt.

Bentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2. T Freitag, den 10. August 1894.

Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.

Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein boykottirtes Bier!

Antonienhüffe.

proletariern. Ach! diese oberschlesischen Berglent:, so rück­ständig dank der Jämmerlichkeit der wirthschaftlichen Zu Den Grubenarbeitern Preußens tritt die Sozialreform von stände, geistig und ökonomisch, politisch und sozial verfflavt, Oben gerne mit ihrer ultima ratio entgegen, mit dem klein- in ihrer Mehrheit heute noch ein Spielball der Kapläne und der talibrigen Gewehr. Wie lange ist es her, daß die von den Herren, ausgehungert und dem Fusel verfallen, sie haben jetzt Steuerzahlern unterhaltenen Soldaten im rheinisch- westfälischen erst fühlen gelernt, daß sie Retten tragen. Steinkohlenrevier den aufsässigen Bergarbeitern, die denn auch Und was wollten sie? Etwas Simples, Selbstverständliches, einmal gegen die schmachvollen Auswucherungskünfte des gesetzlich Gewährleistetes, fich versammeln, über ihre Lage be­Kohlenkapitals revoltirten, die altpreußische Raison beibrachten rathen, sich und ihre Kameraden aufklären. Wer aber nicht die mit schneidigem Bajonnetangriff und rasantem Pelotonfeuer? Macht, die Geschlossenheit, den Zusammenhalt der herrschenden Damals lohte der größte Ausstand, den die deutsche   Kreise fennte, denen die Stumpfheit einer schweigend frohndenden Arbeiterwelt gesehen, in hellen Flammen. Die Knappen, Masse die Lebensbedingung ihrer Gewalt, denen das Knechtsthum, die Jahrzehntelang gedrückt, durch Nullen der Wagen das nicht einmal mit den Ketten klirrt, das Fundament ihrer und Abreißen der Gedinge, durch alle denkbaren Chikanen Herrschaft däucht! geschuhriegelt und geschunden worden waren, hatten von ihrem verfassungsmäßig verbrieften Rechte Gebrauch gemacht. Was ihnen widerfuhr, lehrt die Geschichte des Ausstandes von 1890 und der Berlepschische Knappentruß, lehrt die Aufhebung der Bergwerks- Abgabe und die Berewigung der standesherrlichen Privat- Bergregale.

Feuilleton. Der Inde.

Luftdicht sei das oberschlesische Kapitalistenparadies, wo der slavische Leibeigene heute unter anderen Produktionszuständen noch so gut robotet wie vor der Revolution von 1848, gegen die modernen Gedanken der Arbeiterbewegung versperrt! Pfaffen, spreitet Eure Kutten aus, stemmt Euch gegen den Strom, Ihr verbündeten Grubenherren, Landräthe, haltet Ordnung im Kreise und auch Gendarmen, thut Eure Pflicht! Wer die ober­schlesischen Verhältnisse tennt und wir kennen sie, der weiß, wie sozialdemokratische Agitation in Oberschlesien   zu kämpfen hat. Beschlagnahme, Treibjagd, Verhaftung, alle Register des Wir sind in Hinter­geistigen Kampfes" werden aufgezogen. Rußland, und der Zar ist nah, so nah.

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Und die Sozialdemokratie schreitet vorwärts. Mit Erbitte­rung fahen's die Gegner 1893, und jedes neue Flugblatt reist fie zu neuen Rücksichtslosigkeiten. Wir haben fürzlich erst an dem harten Urtheil des Breslauer Landgerichts Kritik geübt, an einem Urtheil, das sich gegen ein in Oberschlesien   verbreitetes Flugblatt richtete. Oberschlesien   soll tabu" bleiben für die Sozialdemokratie.

Aber trotzdem geht es vorwärts.

In tiefem Elend, in grenzenloser Unwissenheit verkomme i, in Hütten hausend, worin nicht einmal der Pudel eines Geheim­raths lagern dürfte, jammervoll genährt, im Kartoffelschnaps Trost und Kraft suchend, von Kindesbeinen an geplakt und aus­gebeutet, vegetirt die Grubenarbeiter- Bevölkerung Oberschlesiens  , derweil der Fistus stattliche Gewinne, derweil die Magnaten Millionen herausschlagen.

Nach dem preußischen Staatshaushaltsetat für das Jahr vom 1. April 1894/95 wurden im Jahre 1892/93 bei der Königs­grube 1090 410 Tonnen bei einem Kohlenpreis von 5,93 M., bei der Königin- Luise- Grube 2 307 879 Tonnen bei einem Kohlen­preis von 6,50 M. erzielt. Für 1894/95 ist der Absatz bei der ersten Grube auf 1 125 000 Tonnen( Preis 5,70 M.), bei der Königin- Luise- Grube auf 2 300 000 Tonnen( Preis 6,26 M.) ver­anschlagt. Im Jahre 1892/93 betrugen die Einnahmen der Königsgrube 6 469 934 M., für die Königin- Luife- Grube 14 992 875 Mark. Es betrugen die Gehälter:

Des Direktors der Königsgrube

Der 2 Direktoren der Königin Quise- Grube Der 9 Betriebsinspektoren au beiden Gruben Der 3 Grubenmarkscheider

Der 9 Faktoren

Der 9 Schichtmeister und Sefretäre Der 12 Assistenten

Der 26 oberen Werksbeamten Der 90 mittleren Werksbeamten Der 85 unteren Werksbeamten

Zusammen:

4 800 m. 10.200

29 100

25 650

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8 550

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19 800

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1950

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62 000

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146 300" 40 950 366 550 M. 16 932

Dazu Wohnungsgeld- Zuschuß Der durchschnittliche Arbeitslohn eines oberschlesischen Gruben­arbeiters betrug 1888 nach der amtlichen Statistit 565 M.! Und diese Ziffern sind rosig gefärbt.

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Diesmal frachten die Achtmillimetrigen im Osten des Königreichs, in dem schwärzesten Winkel des oberschlesischen Kohlenbeckens, dort wo dieselben Feudalherren, die als Groß­grundbesitzer Zehntausende ländlicher Höriger außnüßen, zugleich Die Gerechtsame allgewaltiger Grubenherren ausüben, freund nachbarlich gefellt zum preußischen Fiskus, dessen staatliche Musterbetriebe" nicht blos im Saarrevier, sondern auch im Be­zirk von Babrze das Entzücken aller Gesinnungstüchtigen er wecken. Ter preußische Staat, dessen Bergwerte der unmittel baren Leitung des Handelsministers unterstehen, ist einer der größten Grubenbefizer in jenem Revier Man weiß, daß früher die Bergwerke zu dem Ressort des Eisenbahnministeriums gehörten, daß sie aber seit dem Amtsantritt des Herrn v. Berlepsch, des berufenen Ministers für Sozialpolitik", das heißt seit dem Neben dem Fistus erscheinen als Erste die v. Tiele- Winkler­31. Januar 1890 dem Ministerium für Handel und Gewerbe zu- Ein Todter, und das ein Weib, sechs schwer Verwundete fchen Erben. Diese Erben, mit die Hauptnuznießer jenes Privat­getheilt worden sind. Herr v. Berlepsch als Schwiegersohn eines und darunter ein Kind, diese Blutzeugen stehen auf, Bergregals  , das Regierung und Landtag weislich erhalten der größten Grubenbesitzer Deutschlands  , des bekannten, vor Zeugniß abzulegen gegen die Mißwirthschaft in Oberschlesien  . haben sie empfangen als Abgabe durchschnittlic) 366 119 M. Man treibt in schamloser Weise den Arbeitern ihr Ver: im Jahr, 1891 gar 698 319 M. verfügen über einen Regal­einiger Zeit verstorbenen von Thiele- Winkler hat als solcher sogar auch Gelegenheit, die Zustände im oberschlesischen Bergbau auf sammlungslokal ab, man reizt dadurch die leidenschaftlichen, un bezirt, der ein Gebiet von mehr als zwei Quadratmeilen Er schließt einen beträchtlichen Theil des ober­das allergenaueste aus eigener Anschauung bis in die intimsten gebändigten, durch den Sozialismus noch nicht geschulten und umfaßt. Fragen hinein fennen zu lernen. gefesteten Leute temperamentvollen Protest. Das schlesischen Steinkohlenbeckens in sich und ist mit verliehenen Indeß hat Herr v. Berlepsch kein Glück als Bergwerksminister. Naturell der Oberschlesier   ist doch der Regierung be- und von den Regalberechtigten für den eigenen Bergbau vor­Von dem rheinisch- westfälischen Streit bis zum Knappentrutz der kannt. Warum schicken die Behörden nicht nicht Beamte, behaltenen Steinkohlengruben- Feldern überdeckt. Im Jahre 1891 Bergwerksnovelle, dieser riesenhaften Karrikatur eines Bergarbeiter die mit dem Volke umzugehen und es zu behandeln wissen? hat die Förderung 2 846 718 Tonnen im Werthe von 14 665 255 schußgefeßes, von da bis zur Tragikomödie der Steuerreform Gin geschicktes Auftreten, eine verständige Haltung und es hätte Mart betragen. Das Gebiet der von Tiele Winkler, die Herr= Antonienhütte liegt im Kreise und von dem verkrachten Kalimonopolplan weiter bis zur Füfillade fein Blutvergießen gegeben. Warum hat man beim zweiten zu schaft Wysłowitz- Kattowit von Autonienhütte ein Mißerfolg, ein Fehlschlag, eine Niedersammenstoß sich mit der flachen Klinge genügen lassen! Mußte Stattowitz umfaßt auch noch die Dominien Zalenze, Echlupna, lage nach der anderen. Mit Blut und Thränen ist die Ge- geschossen werden? So aber liegen acht Menschen in ihrem Brzezinka. Dziedzkowitz und Brussowa. schichte der Bergarbeiter Preußens von 1890 bis 1894 ge- Blute, und die ganze Ordnungspresse heult nach Ausnahme- Kommt ein anderer mächtiger Regalherr und Grubensürst, schrieben. maßregeln. Die Reptilien und ihre Hintermänner lechzen ja der Chef der Bismarckischen Fronde, Graf Henckel zu Donners Diesmal handelte es sich nicht um einen Lohnkampf, nicht nach schäßbarem Material". Sollte Antonienhütte es etwa mart, der in der Standesherrschaft Beuthen- Tarnowiß das Recht" um eine Auseinandersetzung zwischen Grubenbaronen und Gruben- liefern? auf den Zwanzigsten vom Blei- und Silbererzbergbau hat und allein, wo wir alle nicht recht im Stande gewesen wären, unsere Der Knabe sah ihn fragend an. Wer verließ Dich zu Ei, die schwarze Väter und Mütter zu erkennen, geschweige unsere Brüder, Worms  ?" fügte der Oberstrichter bei."- Daß der Jude den Buben erkannte, am folgenden Tag Mutter!" antwortete das Kind: sie hat mich erbärmlich ge­nämlich, das glaube ich recht geru; er war be- schlagen und dann auf der Gasse liegen lassen, da ich schlief. 109 troffen; aber die Hoffnung, Gewinn zu ziehen, machte ihn Der Mann hier hat mich darauf zu sich genommen. schweigen, damit ich ihm nicht etwa zuvorkäme; ich be-" Ganz recht, Kuabe;" versetzte Reinhold; wer ist aber die, greife das." die Du eine schwarze Mutter nennst?"-Schwester Wall­ Der Herr weiß, wie wir handeln!" fügte Ben David rade ist's," entgegnete Hans nach kurzem Besinnen: Da schlau lächelnd bei. Mich ergößt es ungemein," hob sie wieder kam und mich küssen wollte, hatte sie ein roth Welche Widersprüche!" rief der Schultheiß  . Mit Er- hier der Predigermönch Johannes an, der bis jetzt teine Röcklein an; ich habe sie aber doch wiedererkannt." Wer ist Dein Vater, Kuabe?"-fragte der Schult laubniß, hochwürdiger Herr; allein wie mag's geschehen, daß Silbe zu dem Gespräch gegeben hatte, daß durch des der Jude geschwiegen bis jetzt?"" Das möge er selbst Junkers Aussage mein guter Dagobert von jeder Mit- heiß plößlich und scharf. Der Knabe stuzte ob der heftigen verantworten"; versette Reinhold mit scharfem Seitenblick wissenschaft an dem dunklen Gewebe dieses seltenen Aurede; aber ein ermunternder Händedruck des Paters an auf Ben David. Der Letztere nahm auch alsobald das Menschenkaufs freigesprochen wird. Mich hat es tief be- seiner Seite gab ihm Muth, und er deutete schen und ver -Also ist die Gewalt eines liebevollen Wort: Ich habe gehandelt recht, da ich den Buben zurück- trübt, da ich hörte, daß auch in dieser greulichen Juden- zagt auf Diether. gab der Mutter, und das Recht ist ein gut Kopftiffen im sache meines Böglings Name vorgekommen. Ein teuflischer Herzens, das gleichsam wider Willen von Groll umsponnen Thurme sogar. Ich habe auch immer gehofft, wir würden Unhold scheint sich seit kurzer Frist Mühe gegeben zu haben, wurde, daß der geringste Anlaß den Geist der Liebe wieder Diether erfuhr es in diesem sein gerettet durch der ehrsamen Frau Margarethe Beistand, alles Unheil über dem Haupte Dagobert's, des Schuld- darinnen mächtig weckt. sklavische und nicht verlassen hätte mich diese Zuversicht bis zum Ende. losesten aller Menschen, zusammenzublasen, und sein eigener Augenblicke. Die scheue, man möchte sagen Darum habe ich nicht genannt ihren Namen vor dem Gericht, Vater sogar hat an die Lügen der Leidenschaft und des Geberde des Kleinen gewann ihm plöglich die Zärtlich keit weil ein edler Name nicht gehört davor." Schurke!" Bufalls geglaubt. Deshalb habe ich mich aufgemacht von des Alten, weil es demselben schmeichelte, dadurch vor der murmelte Gerhard zwischen den Zähnen: ich wollte, mein meiner Belle, um hier ein Wort der Sühne für den 3ög- Welt sein Recht, das er selbst beinahe in Argwohn auf­Name wäre auch hier nicht genannt worden."- Ihr ling zu sprechen, der- abwesend nicht selbst seine gegeben, behauptet zu sehen. Er zog den Buben an seine ich Brust, füßte ihn, und rief:" Ja, ja, Du armer Kleiner habt freilich nicht am Vortheilhaftesten Euch ausgezeichnet", Sache zu führen vermag; denn ich kenne sein Herz, meinte der Oberstrichter; allein ohne Euer Zeugniß wäre habe es gebildet; ich darf ich fann ich muß mich Hans! Du sollst den Vater nicht länger missen. Bitte nur das Ganze nicht enthüllt worden, denn niemand, auch Frau für ihn verbürgen."-Reinhold schaute, während Diether den Himmel, daß er völliges Licht in diese Wildniß von Das ist Dein Vater also;, fiel der Margarethe nicht, tonute ahnen, daß von diesem Knaben vor der Hoheit des beredten Priesters die Augen nieder- Zweifeln sende." gerade die Rede sei, in der Anklage gegen die Juden. schlug, den Mann eines verhaßten Ordens, scharf von der Schultheiß   ein, welcher gar zu gerne den Knaben auf einem Aber, erklärt uns lieber, Junker von Hülshofen, wie es Seite an und sprach:" Das mögt Ihr allerdings, gelehrter Fehlwort ertappt hätte: Wer aber ist Dagobert?" wohl geschehen sein mag, daß der Sohn des ehrsamen Herr; allein laßt uns im Geleise bleiben. Dagobert findet" Mein lieber Bruder!" erwiderte Hans vergnügt und Uud Frau Margarethe?..." fuhr der Ver­Schöffen, der junge Dagobert, den kleinen Stiefbruder seinen Richter in und außer sich. Hier handelt sich's jedoch munter. Mein liebes, liebes Mütterlein!" hieß die nicht erkannte, da er doch bei dem Funde gegenwärtig ge- um andere Dinge: um dieses Knaben Wohlfahrt, um die sucher fort. Rede, Hans!" hob nun mit unbefangene Antwort, und der Schultheiß   sprang auf mit wesen, wie Ihr behauptet habt." Ei Herr", antwortete Unschuld seiner Mutter." Gerhard, begierig, sich so schnell als möglich aus dem einem tiefen Athemzuge Diether an und nahm den Buben den Worten:" In Gottes Namen denn! Selig sind, die Handel zu wickeln, der einen überraschend guten Ausgang freundlich bei der Hand:" Sage uns selbst, mit eigenem da glauben, und nicht sehen!" Diether sah gehässig auf I für ihn darzubieten schien: das geschah am Martinsabend, Munde, wer Dich davon geführt hat von Willhild."- den Unmuthigen, der zum Fenster trat, und wandte fich

Dentiches Sittengemälde

aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Von C. Spindler.

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