Nr. 209. 36.Jahrg.
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Freitag, den 25. April 1919.
B
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Die Krife der Friedenskonferenz.
Vermittlungsversuche.
Lloyd George besucht Orlando . Amsterdam , 24. April. Reuter meldet aus Paris : Orlando rechnet damit, von Paris um 2 Uhr nachmittags abzureisen. Es kann aber im Laufe des Vormittags noch ein Ereignis eintreten, das ihn zur Aenderung seiner Absichten veranlaßt. Lloyd George besuchte vormittags Orlando .
Haag, 24. April. ( Hollandsch Nieuwsbureau.) Aus Paris wird gemeldet: Orlando sagte in dem Brief an Lloyd George und Clemenceau , worin er seine Abreise ankündigte, er bes Dauere es, daß Wilson interventert habe in dem Augenblid, als die Italiener ihre äußersten Versuche unternahmen, um zu einer Versöhnung zu gelangen. Orlando macht Wilson ausschließlich verantwortlich und schreibt, daß das amerikanische Volt nicht mitverantwortlich gemacht werden kann für die Entscheidung, die Wilson durch die Veröffentlichung seines Manifestes der italienischen Delegation aufgedrängt hat.
Nach einer Reutermeldung aus Paris hat Orlando ertlärt, daß seine Kollegen vielleicht noch einige Tage in Paris blei ben werden. Orlando fügte hinzu: ich verlasse Baris nicht, um mit unseren Alliierten zu brechen, sondern wir werden sie nur ersuchen, die Wahrung unserer Interessen zu übernehmen.
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Die Times" erfährt, daß Lloyd George und Clemenceau bereit sind, sich an den Londoner Vertrag zu halten, wenn Italien darauf besteht. Sie haben aber Italien geraten, auf einen Teil des ihm versprochenen Gebiets zu verzichten, wenn Italien daber bleiben molle, seine Forderungen aufrecht zu erhalten, so werden sie die strikte Ausführung des Vertrages verlangen. Dann würde Italien Fiume nicht erhalten. Orlando erklärte, er werde seinen Standpunkt in einer Bot. schaft, die Donnerstag der Oeffentlichkeit zugehen soll, vertreten.
Die Drohungen der Jingos.
Amsterdam , 24. April. Der Pariser Korrespondent der Daily Mail" bemerkt, daß die Alliierten ihren letten Trumpf in den Händen haben, auf den Italien es nicht ankommen laffen wird. Italien lebt von amerikanischem Geld und Getreide, englischen Schiffen und englischen und franzöfi fchen Kohlen. Ein Druck auf diesem Gebiete würde aber nur im äußersten Notfalle angewandt werden.
Italienische Pressestimmen.
Nom, 23. April. Nach einer Stefanimeldung besprechen die
Baris, 24. April. Havas. Man hofft in Paris , daß der fest= gefeßte Tag für die Verhandlungen mit den deutschen Delegierten durch das Berwürfnis mit der italienischen Delegation, nicht beeinflußt wird und daß keine Verzögerung eintritt.
Man hat wochenlang hüben und drüben debattiert, ob Deutschland den Friedensvertrag, den man ihm in Versailles vorlegen will, unterzeichnen wird oder nicht. Aber noch bevor diese Entscheidung gefallen ist, zeigt sich plötzlich, daß ein anderer nicht unterzeichnen will, an den man viel weniger gedacht hat: Italien ! Italien , die dritte der drei Großmächte im Kampfe gegen Deutschland , Italien , dessen Vertreter noch gestern im allmächtigen Rat der Vier thronten, verläßt den Boden der Pariser Verhandlungen, und seine Bresse lobt gegen die treulosen Verbündeten.
Von heute in vier Tagen sollen wir in Versailles das Schriftstück empfangen, das uns unser Schicksal verkündet. Man hat uns gesagt, daß es ein Dokument der Weisheit und Gerung nur geschädigt werden könnte, und man hat uns in der rechtigkeit sein merde, dessen Vollkommenheit durch AendeEntentepreffe freundlichst zu verstehen gegeben: wenn wir in unserer Verstocktheit den Vorzügen jenes Entwurfs vorbehaltlose Anerkennung verweigern sollten, so habe man Mittel an der Sand, uns zu besserer Einsicht zu nötigen. Dies alles klang sehr moralisch, aber auch sehr bestimmt.
Eine Unterredung mit Scheidemann. Haag, 24, April. ( HN) Aus London wird gemeldet: Der Berliner Korrespondent der„ Daily Chronicle", George Renwid, meint, daß nach seinen Informationen in deutschen Regierungskreisen die deutsche Regierung feinen Frieden ohne Verhandlungen unterzeichnen wird. Es sei in höchstem Grade wahrscheinlich, daß der Vertrag auch nach Unterhandlungen und Erörterungen nicht unterzeichnet werden wird, da die deutsche Regierung davon überzeugt ist, daß eine vernünftige Unterlage für den Frieden nicht erreicht werden wird. Der Korre fpondent hatte eine längere Unterredung mit Scheidemann, der auf die Zweifel bezüglich der Abfichten der Entente hinwies, aber sagte, im allgemeinen herrsche die Ansicht vor, daß dasjenige, was die Entente durch ihre Einladung wünschte, lediglich die EntNun aber diese Wendung! Der Verbündeten einer, und sendung einer kleinen Delegation war, welche die Friedens nicht der geringste, hat sich von der Vollkommenheit des in präliminarien nach Berlin bringen sollte. Der Korrespondent Paris geschaffenen Friedensdokuments so wenig überzeugen fragte darauf, was dann geschehen werde. Scheidemann ant- lassen, daß er es seinen Verbündeten vor die Füße wirft und wortete:" Sobald das Dokument fich in unseren zornvoll nach Hause gehen will. Die italienische Preffe verHänden befindet, wird es unsere Pflicht sein, sichert uns auf einmal, daß alles, was in Paris von internatiozu untersuchen, ob wir die Bedingungen annaler Gerechtigkeit geredet werde, Schein und Lüge sei, daß sich nehmen können, fo wie sie da stehen. Wenn das unter der Decke der Moral die imperialistischen Instinkte ausnicht möglich ist, haben wir uns darüber su tobten, daß sich alles auf Kosten Deutschlands schantlos bereichern einigen, was wir zu antworten haben." und wird wolle und nur einer zurückgesetzt worden sei: das arme die Nationalbersammlung befragt werden, oder haben Sie die Ab- Italien! sicht, eine Boltsabstimmung stattfinden zu lassen?" fragte der Ms Italien 1915 in den Strieg eintrat, hat es sich von der Korrespondent. Scheidemann antwortete: Die National Entente nicht wenig versprechen lassen: Tirol bis zum versammlung muß ganz bestimmt befragt wer- Brenner, Triest , Görz und Gradisca, Jitrien und Dalmatien . den. Ob eine Boltsabstimmung abgehalten wird, ist eine Nur der zwischen Istrien und Dalmatien liegende Küstenstrich zweite Frage. Wir betrachten die Nationalversammlung als eine einschließlich Fiumes sollte den Südslaben verbleiben. Jetzt repräsentative Körperschaft, die in demokratischem Sinne dem will Italien das damals vertragsmäßig Bedungene und Fiume willen und den Ansichten des Volfes entspricht. Rur im Falle, daß dazu, während die übrige Entente nicht nur Fiume den Südbas Urteil der Nationalversammlung über die Friedensbedingungen slaben belassen will, sondern auch von Italien den Verzicht auf derart sein sollte, daß unsere Antwort an die Entente fich nur auf vertragsmäßig Bedungenes fordert. Stalien zeigt sich nun durcheine Kleine Mehrheit stüzen könnte, würden wir an die Ge- aus nicht bereit, die ihm von Wilson zugeschobene Opferrolle samtheit des Volkes appellieren. zu übernehmen, es will nicht zusehen, wie die andern essen, will sich auch nicht mit einer geringeren Portion beteiligt sehen, als fie den andern zugebilligt ist.
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Blätter die diplomatische Lage auf der Pariser Konferens Deutschösterreichische Nationalversammlung
und betonen einmütig, daß das italienische Programm das Mindest maß deffen darstelle, was mit der Würde und Sicherheit Italiens bereinbar sei.
Italiens Standpunkt ist offen imperialistisch. An der Ostfüste der Adria gibt es zwar italienische Ansiedelungen, aber Wien , 24. April. ( Eigene: Drahtbericht des Bor - die Stamm- und Hinterlandsbevölkerung ist süd slavisch Tribuna" schreibt: In dieser größten Krise des Krieges wärts".) In der heutigen Sigung der Nationalversammlung wurde talien wiederholt den Fehler Desterreichs, das Serbien den und Bündnisses werden wir uns ruhig und start und vor allem einig eine zuschrift der deutschen Reichsregierung zur Adria eine Politik, die wir letzten Endes nicht als den italienizeigen. Als die Alliierten unter dem Knie Deutschlands den Abem Kenntnis gebracht, worin die Nationalversammlung eingeladen verloren und uns um Hilfe baten, haben wir getan, was wir für wird, Mitglieder zu den Beratungen des deutschen Ver- schen Interessen zuträglich erachten. Aber Italien sagt geradezu unsere Pflicht hielten, und werden es nicht bereuen.„ Tribuna" be fassungsausschusses zu entfenben. Diese Abordnung hätte heraus, was es will, es verhüllt seine Ausdehnungsbestrebuntont, daß die Vereinigten Staaten ohne ein Eingreifen Italiens die Aufgabe, an den Verhandlungen des Ausschusses init beratender gen nicht mit moralischen Segenssprüchen. Wir Deutschen haben den sehnlichen Wunsch, daß man auch nicht Zeit gehabt haben würden, in den Krieg einzutreten, und mit Stimme teilzunehmen. mit uns die Sprache der Aufrichtigkeit sprechen möge. Staatskanzler Dr. Renner bemerkte dazu:" Die deutsche Man mag uns aufrichtig fagen: Ihr seid die Geschlagenen, also den Deutschen als Siegern hätten rechnen müssen, die sie von Meriko bis Japan bedrängt haben würden. Europa wäre ihnen dann ver- Nation, deren integrierender Bestandteil die Deutschösterreicher sind, habt ihr nach altem Kriegsbrauch Land und Geld herzugeben!" schlossen gewesen. Präsident Wilson, der an die italienische Front gründet sich heute in Not und Drang ein neues Haus. Wie auch Oder man mag, einer neuen besseren Weltanschauung folgend, die Würfel bei dme nächsten geschichtlichen Wurf fallen mögen, wir mit uns aufrichtig beraten, wie für das kranke Europa ein genur ein Regiment geschickt habe, dagegen zwei Millionen Mann an andere Fronten, könne nicht verlangen, daß Italien auf seine Anwerden dieses Haus mitbewohnen, wir haben das Interesse, unsere funder haltbarer Friedenszustand zu schaffen sei. Was in der sprüche in Dalmatien verzichte. künftige Stellung in der Gemeinschaft aller deutschen Stämme zu wahren. Ich bitte deshalb im Namen der Staatsregierung, die Wahl der Gutachter vorzunehmen und damit zu befunden, daß die Gemeinschaft der Sprache, des Blutes und der Kultur stärker ist als der vorübergehende zufällige Wellenschlag der Tagesereignisse!"( Stürmischer Beifall.)
" Corriere d'Italia" hebt hervor, daß die von italienischen Barlamentariern an Ministerpräsident Orlando abgesandte Depesche die Unterschriften von Politikern aller Parteien trage. Diese Einmütigkeit entspreche der einmütigen Auffassung des Landes, das die Verwirklichung eines Mindestmaßes der italienischen Ansprüche berlange.
„ Giornale d'Italia" sagt: Die Freundschaft Italiens ist nicht etwas, was man vernachlässigen fann, so wie es diejenigen au glauben scheinen, die Italien mit dem Gespenst der Isolierung erschrecken möchten, wobei sie zu schnell vergessen, daß die Ereignisse der letzten fünf Jahre ohne diese Freundschaft tatsächlich einen ganz anders gearteten Verlauf genommen hätten.
Deutschnationaler.
Mitte zwischen diesen beiden Methoden liegt, kann doch nur ein
faules Kompromiß sein.
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Wilson beruft sich in seiner Erklärung über das adriatische Problem den Italienern gegenüber auf die„ Neuordnung nach Recht und Gerechtigkeit", die im Frieden mit Deutschland zum Ausdruck kommen soll. Aus derselben Erklärung erfahren Es wurden hierauf gewählt die beiden Sozialdemokraten wir aber auch wenn wir sie recht verstehen, daß ganz Abram und Sillebrand, zver Christlichsoziale und ein Deutsch- Südtirol bis zum Brenner an Italien gegeben werden soll. Ein Geschenk, das Hierauf legte Staatssekretär Dr. Otto Bauer die vier Sozia- viele Staliener selbst nicht wollen, weil sie einsehen, daß daraus lisierungsgesetze vor und begründete fie in ausführlicher Darlegung. dem Verhältnis zwischen Deutschland und Italien dauernde VerDann brachte Staatssekretär ansch das Gesetz über die Entgiftung droht. Der„ Corriere della Sera " plaudert aber weiter eignung der ehemals taiserlichen Schlösser au aus der Schule, wenn er schreibt:„ Wir forderten weder Ko- Zwecken der Volksgesundheit ein und begründete es. Die Chriftlich- Ionialreiche noch fabelhafte Sohlenbergwerke, fozialen beantragten, das Gesetz nicht sofort dem Ausschuß zu über- müffen aber zusehen, wie drei Millionen Deutsche weisen, sondern eine erste Lesung vorzunehmen. Dieser Antrag dem Tichechenstaote, fast ebenso viele Polen einber murde gegen die Stimmen der Thriftlichsozialen und eines Teils leibt, die Ungarn nach rechts und links verteilt, Bulgarien ber Deutschnationalen abgelehnt. Dann wurde das Invaliden- an Serbien und die Türken an Griechenland verschenkt werden." Popolo d'talia" schreibt: Wenn die Anglo- Amerikaner gesetz beraten. Wenn das in Versailles fertiggestellte Friedensinstrument uns mit der Verweigerung von Brotkorn und Kohlen erwürgen Der Verfassungsausschuß nahm das Gesetz über die aus dem Lager der Verbündeten selbst heraus so beurteilt wird, wollen, so haben wir auch noch andere Trümpfe in der Hand. Wir Festlegung des 12. November und des 1. Mai als gefeßliche Feier- so fann man es uns Deutschen doch, weiß Gott , nicht übelstehen in Verbindung mit dem englischen Kolonialreich tage an. Die christlichsozialen hatten sich dagegen ausgesprochen, nehmen, wenn wir uns erst genau ansehen wollen, was man und halten den Weg von Aegypten bis nach Indien . stimmten aber schließlich au. uns da zur Unterzeichnung vorlegen wird. Wir fordern, daß
Idea Nazionale" erklärt, die Italiener drängten sich um ihre Delegation. König, Volt und Parteien bildeten einen einzigen Leib und eine einzige Seele. Man müsse voll Disziplin warten, mit Festigkeit handeln und, wenn die Stunde gekommen sei, mit at fraftwagen.