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Nr. 209+ 36. Jahrgang

Groß- Berlin

Pleitefrühling.

Wieder schmückt sich die Natur... Also schreiben alle Schmoden, eingehüllt im Duft der Soden. ( Nichts für ungut, meine nur...) Broddorff- Rangau gondelt los.

Deutschland  , Deutschland   über alles...?" Ueber allem ift der Talles!

( Wie? Bewahre! Dachte bloß...)

Ja, dem Himmel fei's geklagt.

Schmeißt den Blick du in die Weite:

Nichts als Pleite, nichts als Bleite.. ( Ich hab's immer schon gesagt.)

Beilage des Vorwärts

Vaulen.

Etatsberatung im Roten Hause.

Freitag, 25. April 1919 Wurst und Brotaufstrichmittel zu verarbeiten. Was der ärmeren Gastwirtschaften am 1. Mai geschlossen. Bevölkerung vor allem fehlt, ist ein Brotbelag. Der Arbeiter iſt Jm Kerkau- Palast fand am Donnerstag eine Vertrauens­in der Großstadt den ganzen Tag von der Wohnung getrennt und männerbersammlung aller gastwirtschaftlichen muß sich für diese Zeit mit Brot ausbelfen. Schleichhandelspreise Betriebe Groß- Berlin 3 statt, die den Beschluß faßte, den für Brotbelag tann die arme Bevölkerung nicht zahlen. Einen er­1. Mai als Nationalfeiertag zu feiern und an diesem Tage alle Be­heblichen Ausgleich würde da die Noßwurst bieten. triebe geschlossen zu halten.

Die Kommunen haben jezt die Möglichkeit, den Vertrieb und die Verteilung des Roßfleisches zu kommunalisieren. Auflauf und Die Lazarettinfaffen verlangen Aufhebung der Lazarett­Anlieferung würden die Viehhandelsverbände übernehmen können. Der Spesensatz derselben kann herabgesetzt werden, zumal die Löhnung an sich, da sie eine sozial nicht zu rechtfertigende Benach­Millionenüberschüsse heute nicht nur im Reicheintereffe Verwen- teiligung der Verwundeten darstellt, Gleichstellung in bezug auf dung finden. Schlachtung, Verarbeitung und Verteilung erfolgt Gebührnisse, Verpflegung und Verpflegungsgeld mit den Frei dann durch die Kommunen. Die Zentralisation der Schlachtungen willigentruppen. Damit sind ihre Wünsche schon erschöpft. Die ift eminent wichtig. Hier herrschen die tollsten Zustände. In Richtigstellung des Kriegsministeriums in Nr. 205 bedeutet eine Winkelschlachthäusern der Vororte werden heute Tag und Nacht direkte Verdrehung der Tatsachen, denn durch die Neuregelung Pferde geschlachtet, während die Räume des Berliner   Zentralbieh- wird nicht eine wesentliche Besserstellung der Bazarettinsassen er­hofs leer stehen. Es fehlt jede Kontrolle darüber, wo das Fleisch zielt, sondern nur Konfliktstoffe hineingeworfen. Wie will man überhaupt die Herabseßung der Lazarettlöhung auf den Friedens­hintommt. Desgleichen muß darauf gehalten werden, daß die Verarbei- lazarettsaß, der 5 Pf. pro Tag beträgt, begründen, wie will man tung zu Wurst und Brotaufstrich in städtischen Betrieben vor eine Differenzierung der widerruflichen Beuerungszulagen zwi genommen wird. Es ist sicher ein überaus trauriges Kapitel, daß schen Unteroffizieren und Mannschaften erklären, wodurch fühlt zum Beispiel die Wurstfabrik der Stadt Berlin   in Hobrechtsfelde   man sich berechtigt, all den Kriegsverlebten, die heute ambula­auf dem Aussterbeetat steht, während die städtische Ginheitswurst torisch behandelt werden oder bis zur Durchführung ihres Renten­noch Brivatunternehmern übertragen ist, von denen einige jogar berfahrens beurlaubt sind, den Verpflegungssatz von 2,70 M. pro noch nicht einmal die tariflichen Bedingungen anerkennen. Bisher Tag, der bisher schon völlig unzulänglich war, auf 1,20 M. pro Man muß ihn im wesentlichen so schluden, wie er ist! Das haben speziell die Groß- Berliner Gemeinden bei der Webernahme Tag herabzusehen, während man bei Beurlaubungen den frei­gestern in der Berliner   Stadtverordneten der Fleischbersorgung grundsätzlich fast nur mit den Innungs- willigen Verbänden 5 M. Verpflegungsgeld pro Tag bewilligt, fo beriammlung bei der Fortsetzung der ersten Lefung des obermeistern oder sonstigen Kleinmeistern zusammengearbeitet, die daß diesen Kameraden ein tägliches Ginkommen von 11 M. im Stadthaushaltplans der Leitgedante sämtlicher Reben. Dabei vor allem das Wohl der Produzenten und Kleinmeister Urlaub zur Verfügung steht? Man tomme nicht mit finanziellen Wünsche wurden in Menge vorgebracht. Aber jeder Redner gestand wahrgenommen haben. Ginige Gemeinden haben das bereits ein- Bedenken. Die völlige Bewilligung der Forderungen würde eine monatliche Mehrbelastung von rund ½ Million bedeuten, ein entfagungsvoll: Einstweilen feblt es an Geld! Zur Auf- fehen müſſen. Die Verteilung des Roßfleisches wird in den kleineren Vor- Betrag, der sich von Monat zu Monat bedeutend verringert bringung des Einnahmemehrs, mit dem die ganz außerordentliche ortgemeinden durch die städtischen Verkaufsstellen erfolgen können. und der bei dem Riefendefizit des Reiches gerade hier keine Rolle Ausgabefteigerung gebedt werden soll, hat die Stadt bei diesem Geeignete Verkäufer stehen aus den Reihen der 2000 arbeitslosen spielen darf. Haushaltplan feine andere Quelle, als die Steuerkraft der Ein- Fleischergesellen genügend zur Verfügung. In den größeren Ge­wohner. Reiner von den Rednern der vier Fraktionen äußerte die meinden wird man gesonderte Verkaufs- resp. Berteilungsstellen Hoffnung, daß fich von der bedeutenden Steuererhöhung errichten können. Man soll auch hier nicht Meister, sondern Ar­noch etwas werde abbandeln laffen. Gegenüber den Soziali.beitnehmer heranziehen. fierungsplänen, auf die der Unabhängige Singe und der Die Kommunen können also bei der Bewirtschaftung des Sozialdemokrat Genosse Bruns hinwiesen, glaubte der Demolrat Pferdefleisches   zeigen, ob sie Verständnis für die brennenden Cassel bor Experimenten warnen" zu sollen. Der Haushaltsplan Nahrungsmittelbewirtschaftung wieder den Privatunternehmern wie irgend möglich innerhalb der Familien zu leben? Caffel vor Experimenten warnen" au sollen. Der Haushaltsplan Fragen der Zeit besiben oder ob sie hier einen wichtigen Zweig der wurde dem Ausschuß überwiesen, der an ihm kaum etwas ändern überlassen wollen.

wird.

Die öffentliche Bewirtschaftung des Roßfleisches. Uns wird geschrieben:

Durch die Stillegung der Betriebe, wodurch die Roßschlächter bie Aufhebung der Zwangswirtschaft erzwingen wollten, ist die Frage der öffentlichen Bewirtschaftung des Noßfleisches zu einer brennenden geworden. Es ist zweifellos ein offener Schwindel, daß Die Roßschlächter nur das Bestreben haben, die Bevölkerung mit preiswertem Roßfleisch zu versehen. Schon der Umstand, daß die Pferdehändler fich dem Streit angeschlossen haben, beweist, daß sie feinesfalls daran denken, ihr Pferdematerial etwa billiger zu ver­taufen, sondern daß sie vielmehr darum mitgemacht haben, um noch höhere Preise zu erzielen, andernfalls hätte die Sache für sie feinen Sinn.

Die Gehilfenorganisation hat die Roßschlächter eindringlicht gewarnt, ihnen dagegen vorgeschlagen, gemeinsam dafür einzu­treten, daß Nichtpreise für Schlachtpferde festgesetzt werden und eine andere Festsetzung des Höchstpreises vorgenommen wird, da. mit die Roßschlächter ohne behördliche Drangfalierung ihr Ge­werbe ausüben fönnen. Man fühlte sich aber fbart genug, um die fonfumentenfeindlichen Pläne durchzusehen und vermied ein Zu jammengehen mit der Arbeitnehmerorganisation. Mam nahm an, ganz Berlin   würde vor den streitenden Roßschlächtern erzittern, denn die eingebildete Macht ging sogar so weit, daß sie die Be­seitigung der Provinzialfleischstelle und der Viehhandelsverbände forderten und so lange streifen wollten, bis alle Forderungen er füllt find.

Schöpflin gegen Militärwillkür.

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Wenn die Kriegsbeschädigten auch nichts vom Dank des Vaterlandes erwarten, so können sie doch verlangen, daß fie der Staat nicht mit Bettelpfennigen abspeist. Das Kriegsministerium jagt: Wer mit dem zustehenden Betrag nicht auszukommen ver­mag, hann bis zur Beendigung des Entlassungsverfahrens bei der Truppe verbleiben." Haben die Herren nicht die Ginsicht, daß nach fünf Jahren der Abwesenheit das Bedürfnis besteht, soviel

Wohnlauben in Groß- Berlin. Nach einer neuen Verordnung des Regierungspräsidenten find Wohnlauben auf unbebauten Grundstücken als Wohnhäuser nicht anzusehen, wenn sie höchstens bom 15. April bis zum 15. Oftober zum Aufenthalte von Menschen dienen und die Bewohner anderwärts eine feste Wohnung haben. Solche Wohnlauben bedürfen nur der Bauerlaubnis und der Ge­brauchsabnahme. Die Ortspolizei fann Erleichterungen gewähren. Die Wohnlauben dürfen eine Grundfläche bis zu 30 Quadratmeter und außerdem eine Veranda von höchstens 10 Quadratmeter er­halten. Die Mindestentfernung von den Nachbargrenzen muß fünf Meter betragen, andernfalls müssen sie auf der Grenze oder zwi­schen sich eine Brandmauer erhalten. Sie dürfen nur ein Geschoß haben. Jedoch ist die Anlage eines Vorratskellers zulässig. Aerzte heraus!

Die Freiheit" veröffentlicht ein Rundschreiben des Gouverneurs von Berlin  , Gen. Schöpflin. Danach sind durch die Unterbringung von Freiforps ganz bedeutende Kosten, mehrere Millionen Mart, entstanden. Die Höhe dieser Summe ist hauptsächlich auf Be ichädigungen fahrläffiger, aber auch vorsätzlicher Art und sogar auf Diebstahl zurückzuführen. Mehrfach haben Truppen teile, die fich eigenmätig einquartiert hatten, fich ge­weigert, in der Nähe gelegene andere Quartiere zu beziehen. nicht nur die Mannschaften, auch die Führer, find den Eigen soweit es sich um Schulen und tümern der Duartiere und den Rektoren und Bes andere städtische Anstalten handelte amten auf das foroffite gegenübergetreten. Privats Die Aerzteftreits brohen wie eine anstedende Strankheit fich perfonen, Beamte und Behörden haben sich in zahlreichen Eingaben über ganz Deutschland   zu verbreiten. Es liegen Nachrichten vor, wiederholt geäußert, daß das Benehmen einzelner Truppenteile, und daß in Bremen   fogar die Aerzte der Krankenhäuser streifen. nicht zuletzt das jüngerer Offiziere, völlig wie in Feindesland ge- Diefem Aerztestreiffieber muß auf das schärfste entgegengetreten wesen sei. werden. Wenn ein Arzt sich weigert, Kranten Hilfe zu leisten, so Bei Truppen und Stäben, die längere Zeit hier liegen follen schlägt er der wahren Auffajiung des ärztlichen Berufs ins Gesicht. insbesondere auch Werbebureaus wird von seiten der Stadt- Der wahre Arzt muß es sich als eine Ehre anrechnen, daß er seine verwaltungen über unnötige Raumberfchwendung ge- Selbstfucht soweit überwindet, daß er fogar seinem schlimmsten flagt, wodurch die Wohnungsnot verschärft würde. Bielleicht ist Feind die ärztliche Hilfe nicht verfsagt und ihn ebenso gewissenhaft diese Raumberschwendung in mehreren Fällen darauf zurückzuführen, versorgt wie feinen Freund. Die ärztliche Tätigkeit hat daher mit daß einzelnen Formationen pp. Privatgeld zur Verfügung steht, und der Politik nichts zu tun. fie deshalb glauben, daß es nicht darauf anfäme. Schöpflin schließt mit der Aufforderung, im Hinblick auf die gegen die Regierungstruppen systematisch betriebene eze alles zu tun, um für die Folge llebergriffe der geschilderten Art nach Möglichkeit zu vermeiden.

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Die ausgesperrten Roßschlächtergesellen forderten auf Grund dieser Verhältnisse die öffentliche Bewirtschaftung des Roßfleisches. Dieses Rundschreiben zeigt wieder einmal, daß die Geiftesver­Diese Forderung scheint nunmehr ihrer Erfüllung entgegenzugehen. wüstung durch den Krieg auf beiden Seiten, bei den Spartakiften Es ist jest Aufgabe der Kommunalverbände, die Bewirtschaftung wie bei den Truppen, die wegen der Spartatusegaeffe leider aufge des Roßfleisches auch wirklich im Interesse der Konsumenten vorstellt werden mußten, nachwirkt. Es zeigt aber auch, wie zunehmen. G8 tann sich nicht allein darum handeln, das ange- nieberträchtig die Beschuldigung ist, die Mehrheitssozialisten lieferte Pferdefleisch auf besondere Fleischkarten zu verteilen, son- billigten Unrecht auf Seiten der Freikorps   oder fie veranlaßten es dern noch vielmehr darum, den größeren Teil des Fleisches zu gar mit.

8]

Ein Doppelgänger.

Erzählung von Theodor Storm  .

Eine ältliche, unverheiratete Schwester der Hausfrau stand neben ihm. Nun sehen Sie," flüsterte die Dame und zeigte mit dem Finger nach dem Baare ,,, bor   zehn Monaten noch am Wollspinnen im Zuchthaus, und nun tanzt er mit

dem Glück im Arm!"

Der Bürgermeister nidte: Ja, ja Sie haben recht ... aber er selbst ist doch nicht glücklich und wird es nimmer

werden."

Die alte Jungfer fah ihn an. Das versteh ich doch nicht ganz," sagte sie, solche Leute fühlen anders als unsereins. Aber freilich, Sie sind ein unverbesserlicher Junggesell!"

Ich scherze nicht, liebes Fräulein," erwiderte der Bür­germeister; es tut mir leid um diesen Menschen: das Glück in seinem Arm mag echt genug sein, ihm wird es nichts nügen; denn in seinem tiefsten Innern brütet er über einem Rätsel. zu dessen Lösung ihm weder sein Glück, wie Sie das junge Rind in feinen Armen zu nennen belieben, noch irgendein anderer Mensch auf Erden verhelfen kann."

Das alte Fräulein sah recht dumm zu dem Redenden auf. So möge er das Brüten laffen!" fagte sie endlich. ,, Das kann er nicht."

,, Weshalb nicht? Er sieht doch herrisch genug aus." ,, Das tut er," entgegnete der Bürgermeister nachdenk lich, er fönnte jogar wohl toll darüber werden, vielleicht noch einmal ein Verbrecher; denn das Rätsel heißt: Wie find' ich meine verspielte Ehre wieder?. Er wird es niemals lösen." m!" meinte die Dame ,,, Herr Bürgermeister, Sie haben allzeit so besondere Gedanken; aber ich denke, wir haben jetzt genug davon; die Laubkränze verbreiten so stren gen Duft und die Lampen qualmen auch, man trägt's noch tagelang in Haar und Kleidern."

Sie gingen alle und überließen die Armen ihrer Luft­barkeit; nur der Bürgermeister zögerte noch ein paar Mi­nuten, da wieder das junge Paar vorübertanzte. Das fieb. zehnjährige Weib hing mit lachenden Augen an denen ihres Mannes, die sich, wie um alles zu vergessen, in die ihren zu bohren schienen.

,, Wie lange noch wird's dauern?" murmelte der Bürger­meister, dann folgte er den anderen.

Es dauerte doch noch ziemlich lange; denn das Weib war, obgleich in Lumpen aufgewachsen, jung und unschuldig. Sie wohnten in der Kate am Ende der ins Feld hinaus laufenden Norderstraße; das Kämmerlein vorn war das ihre, die Mutter hatte sich ein Lager in der engen Küche einzu­richten verstanden. Sein alter Arbeitgeber wußte nun schon, daß John ein halbmal mehr als andere arbeite, und des­halb, und da auch der Bürgermeister ihm zusprach, hielt er den Mann fest, so oft ihm auch geraten wurde, den Bucht­häusler vor die Tür zu sehen. So war allzeit Arbeit da, für ihn und oftmals auch für die Frau, und die Nahrungs­sorge klopfte nicht an die kleine Tür. Ein Gärtlein war auch am Hause, und darin, hinten nach dem Weg hinaus, eine dichte Ligusterlaube. Hier faß die Frau meist an den Sommerabenden und harrte seiner, bis er von der Arbeit kam; dann flog sie auf ihn zu und zwang ihn, sich auf die Bant zu sehen; er aber litt fie nicht neben sich, er setzte sie auf seinen Schoß und hielt sie wie ein Kind an seiner Brust. Komm nur," sagte er, so müde bin ich nicht; ich hab' nicht viel, ich muß es alles in meinen Armen haben." So sprach er eines Abends; da sah sie ihn an und strich ihm, als wollte sie etwas fortwischen, mit ihren Fingern über die Stirn. ,, Das da wird immer tiefer!" sagte fie.

,, Was denn, Hanna?"

Die Faltenein, sprich nicht, John; ich kann's schon denken, die Brückenarbeiter haben heut' ihr Fest; die an­beren sind da, sie haben dich nicht eingeladen."

Es soll eine Arbeitsgemeinschaft der Aerate. streit Gegner gegründet werden. Mitglieder dieser Arbeits­gemeinschaft sollen die Aerzte sein, die bereit sind, mit ihrem Namen ihre Gegnerschaft gegenüber der zu Streits fich organisierenden anderen Aerzteschaft in der Deffentlichkeit zu vertreten und im Falle eines Aerztestreits fich zur ärztlichen Versorgung der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen.

Beitrittserklärungen sind zu richten an: Dr. Hauser, W. 62, Raldreuthstraße 15. Telephon  : Lützow 5038.

Die Arbeitslosenverfammlungen am Donnerstag waren sehr start besucht. Im Gewerkschaftshause sprach Sunze, der u. a. mit­

John hatte in dumpfem Sinnen gesessen. Nur wenige Augenblicke noch, dann sollte er Vater werden; ihn schau­derte; er sah sich plötzlich wieder in der Züchtlingsjacke. ,, Ja, ja," rief er, ich bin gleich wieder da!"

Es war am Morgen, und die Hebamme wohnte in der selben Straße; er lief und riß die Haustür auf, und als er in die kleine Stube trat, saß die dice Alte an ihrem Morgen­taffee. Na, Er ist's!" rief fie unwirsch, ich dacht' zum mindesten, es sei der Amtmann!"

in

ch hab' nicht weniger ein Weib als der!" ,, Was ist mit seinem Weibe?" frug die Alte.

Frag Sie nicht! Komm Sie mit mir; mein Weib liegt Kindesnöten; wir bedürfen Ihrer Hilfe."

Die Alte musterte den erregten Mann, als zähle sie im Geist die wenigen Schillinge, die dieser Dienst ihr abwerfen werde, wenn sie nicht gar verloren gingen. Geh Er nur vorab!" sagte sie. Ich muß erst meinen Kaffee trinken."

John stand wie unentschlossen an der Stubentür. ,, Geh Er nur!" wiederholte sie ,,, Sein Kind kommt früh genug!" Er hätte das Weib erdrosseln mögen; aber er biß nur die Zähne aufeinander; fein Weib bedurfte ihrer. So bitt' ich nur, Frau Grieten, trintet nicht zu langsam!"

Ja, ja," sagte die Alte ,,, ich trinke, wie ich Lust hab'." Er ging; er fab, daß jedes seiner Worte sie nur noch widerwilliger machte. Sein Weib fand er wimmernd auf dem heißen Bette. ,, Bist du es, John? Hast du sie bei dir?"

,, Noch nicht, sie kommt wohl gleich."

Das gleich" wurde zu einer halben Stunde, während John reglos neben der jammernden Wöchnerin saß und die Die Falte wurde noch tiefer. Laß das!" sagte er. Alte draußen noch einmal Kaffee für Mutter Grieten kochte. Sprich nicht davon; ich wär' ja doch nicht hingegangen." Die können allzeit Staffee trinken," sprach sie zu sich selber, und er flammerte die Arme fester um sein Weib. Amman   muß sie sich zu Freunden halten!" besten," ſagte er ,,, nur wir zwei allein."

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John!" rief in der Kammer das junge Weib ,,, sie tommt noch immer nicht!"

Nach einigen Monaten sollte ein Kind geboren werden. Die gutmütige Alte lief mit mirrem Stopf umber:..Nein," sagte er, fie muß erft Raffee trinken." Er bald stellte sie ein Töpfchen für die Wöchnerin ans Feuer, Inirichte mit den Zähnen, und seine düsteren Brauen zogen bald wieder wickelte sie die dürftigen Hemdchen auseinander, sich zusammen. Du hättest nur des Amtmanns Weib sein die sie für ihr erwartetes Enfelfind aus alter Leinwand in follen!" vielen Wochen genäht hatte. Das junge Weib war im Bette John, ach John, ich sterbe!" schrie fie plöglich. liegengeblieben: der Mann saß bei ihr; er hatte Arbeit Ar- Da sprang er auf und rannte aus dem Hause. Auf der beit sein lassen und hörte nur auf das Stöhnen seines Wei- Straße begnete er der dicken Hebamme. Run," rief fie ,,, ist bes, die feit ihre Hand um seine preßte. John!" rief fie, das Kind schon da? Wohin will Er denn?" John! Geschwind, du mußt zur Mutter Grieten laufen, Zu Ihr, Frau Grieten, damit mir meine Frau nicht aber fomm gleich wieder, bleib nicht fort!" fterbe." Forts. folgt)