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Nr. 219/222. 36. Jahrg.

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Der Borwarts" ericheint mochentäglich zweimal Sonntag einma

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Sozialdemokrat Berlin",

Abend- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

10 Pfennig

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Die achtgefbaltene Nonpareillezetle foste: 1,20 Mt. Kleine Anzeigen", das fettgedruckte Bori 50 Pig.( zulässig 2 fettgedruckte Borte), jede weitere Wort 25 Big. Stellengesuche und Schlafstellenanzeigen das erite Wort 40 Big., jedes weitere Bort 20 Bra Worte über 15 Buchitaben zählen für zwei Bortc. Teuerungszuschlag 50% Familien- Anzeigen, bolitische ume gemerfichaitliche Vereins Anzeigen 1,20 Mt. die Zeile. Anzeigen für Mic nachste Nummer müssen bis 5 g nachminags im Hauptgeschäft. Berlin  SW.68. Vindenftrage 3, abgegeben werden. Geöffnet von 9 Uhr früh biz 5 Uhr abends.

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morisplay, Nr. 15190-15197.

Mittwoch, den 30. April( 1. Mai) 1919.

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Vorwärts- Verlag G.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Moritplat, Nr. 11753-54.

Weltfeiertag der Arbeit!

Vor der Veröffentlichung des Friedens­

vertrages.

Ueberreichung Freitag oder Sonnabend.

Rotterdam  , 30. April. ,, Nieuwe Rotterdamsche Courant" meldet aus Paris  , daß der Friedensvertrag den deutschen   Bevollmächtigten im Laufe des Freitag oder am Sonnabend morgen ausgehändigt werden wird. Clemenceau   wird persönlich dem Grafen Brockdorff den Text des Vertrages übergeben. Den Blättern wird der Inhalt des vorläufigen Friedensvertrages wahrscheinlich nicht vor Freitagabend mitgeteilt werden.

Amsterdam  , 30. April. Telegraaf meldet aus Paris  , daß die Kommission, die mit der Redaktion des Friedensvertrages beauf­tragt ist, Tag und Nacht an der Aufstellung des Tertes der Präliminarien arbeitet, der nicht weniger als 120 000 Worte um­faßt. Folgende Fragen müssen noch geregelt werden:

1. Die Frage des Austritts uremburgs aus der Zoll­union;

2. Riautschou und das Gebiet von Schantung  ;

3. einige militärische und maritime Bestimmungen;

4. Die Frage bezüglich der deutschen   Gefangenen, die mit der Frage der Arbeitskräfte, die Deutschland   Frankreich   stellen muß, zusammenhängt;

5. die wirtschaftlichen Bestimmungen der Friedens­präliminarien; es werde z. B. gefordert, daß Deutschland   ohne Gegenseitigkeit die Alliierten als meistbegünstigte Nationen be­handelt;

6. die Frage bezüglich der Verfügung über die Deutschland   ab­genommenen Telegraphentabel;

7. die Verwaltung des Rieler Aanals.

Verletzung des Waffenstillstandes durch die Jugoslawen. Deutsch  - amerikanischer Protest.

Wien  , 29. April. Wie das Wiener   Korr.- Bureau meldet, über­schritten süd slawische Truppen heute die Demarkationslinie in Kärnten   und überrumpelten die von den Kärnterischen Landes­truppen gehaltenen Sicherungen. Die Demartationslinie war unter Mitwirkung der amerikanischen   Kommission festgelegt Dieser ganz unerwartete Bruch der unter Vermittlung Ameritas getroffenen Vereinbarungen hat das Land Kärnten  äußerst beunruhigt, zumal der abgeschlossene Waffenstillstand Staatsamt Aeußeren

worden.

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Chor der Versöhnung.

Zum 1. Mai.

Bruder hat haßbiffer mit dem Bruder gerungen, Bruder ift dem Bruder sprühend an die Kehle gesprungen. Bon Wut geschüttelt, von Zorn übermannt Hat feiner sich mehr im andern erkannt.

Mit würgendem Griff, mit Stoß und Hieb Zanfen und zerren sich viele im Kreis, Und hat doch jeder den andern lieb, Wenn er nur weiß:

Genossen sind wir alle im Ziel!

Brüder, wir waren des Jrrfinns Spiel. Wem der Wahn aus den Augen fiel, Kann nicht länger würgen und haffen. Bruder, laß dich jubelnd umfassen! Klopft unser Herz nicht gleichen Schlag Heute am hohen Feiertag,

Dem Wellvolk der Arbeit zur Freude beschieden? Horch! Die Sonne singt: Frieden! Frieden! Schau um dich! 2us allen Enden und Eden Fahren Hände, die sich nach uns streden.

Kein Fäusteschütteln, Kein Schulterrütteln,

Kein Würgen, Ringen, Stöhnen und Raufen: Nur liebendes In- die- Arme- Laufen!

Brüder, wir wollen nach allen Seiten Hände breiten.

Bruder, näher an meine Brust!

Uns allen wird es heute bewußt:

Zum 1. Mai.

Von Philipp Scheidemann  .

Etwas für alle altpreußischen Gehirne Unfaßbares ge­schieht. Wir feiern den 1. Mai als gesetzlichen Feiertag. Die Ungesetzlichkeit von gestern ist die Gefeßlichkeit von heute. In den Schicksalen des 1. Mai offenbart sich das Wesen der Revolution. Der 1. Mai als gesetzlicher Feiertag, das ist ein Symbol für die gesteigerte Macht der sozialistisch denkenden Arbeiterschaft.

Seit einem halben Jahrhundert kämpft das Proletariat um die politische Macht. Das Gefeß über die Feier des 1. Mai ist ein Meilenstein auf seinem Wege.

Aber wir sind noch nicht am Ende; wir sind erst am An­fang. Wir halten ein Stück der politischen Macht, doch wir haben sie noch nicht ganz, weil noch nicht die Mehrheit des Volkes zu uns steht. Diese Mehrheit zu gewinnen, sie zu einer festen, dauernden zu machen und damit sicheren Grund zu legen für die großen wirtschaftlichen Erfolge, die die kapi­talistische Gesellschaft zu einer sozialistischen   umwandeln sollen, ist unser Ziel.

Aber selbst wenn sich die Volksmehrheit am 19. Januar für uns entschieden hätte, würden wir die politische Macht noch nicht ganz so haben, wie wir sie haben wollen, denn über ihr stände die Macht der Sieger und über dieser wieder die Macht wirtschaftlicher Tatsachen, die sich nicht im Handumdrehen beseitigen lassen.

Ein vierjähriger Krieg hat uns den Sunger ins Land gebracht, den fein Wirtschaftssystem der Welt mit einem Schlage abschaffen kann. Blidt nach Rußland  !

Der Hunger schafft Arbeitsumluft und Unruhe. Er bildet den Nährboden für phantastische Vorstellungen und reist zu unbedachten Taten, die das Leben des Volkes und den Fort­schritt der Arbeiterklasse gefährden.

Der Hunger schafft Unzufriedenheit, Unzufriedenheit mit allem und jedem, ganz besonders auch natürlich mit der Re­

In Deutschland, England, Rußland  , über Alpen   und Rhein   gierung. Wir wären nicht wert, Sozialdemokraten zu sein

Müffen alle Werfleute in einigem Bunde sein, Müffen alle Fabriken an diesem Tage stille stehn, Daß alle Schaffer in großer Wallfahrt zur Sonne ge... Karl Bröger  .

und verdinten sofort von unseren Pläßen heruntergeholt zu werden, wenn wir nicht für solche Bewegungen volles Ver­ständnis besäßen.

Aber dieses Verständnis enthebt uns nicht der Pflicht, bor Unbesonnenheiten zu warnen und politischen Methoden entgegenzutreten, die das Unglück nur bergrößern fönnen, statt es zu mildern.

Der Arzt versteht sehr gut, daß ein Fieberfranker ans Fenster eilt, um hinauszuspringen, daß ein Verivundeter, von

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nicht gekündigt worden war. Das Staaten den Die Opposition der italienischen Sozialisten. unerträglichen Schmerzen gepeinigt, seine Verbände abreißen protestierte sofort beim südslawischen Gesandten Pogacnit Lugano, 30. April  .( TK) Die von den italienischen Behörden ge. will. Wird er aber den Leidenden deshalb in seinem selbit­gegen die Ueberschreitung der Demarkationslinie, forderte die 3 u schickt inszenierte nationale Entrüftung über die Ablehnung der mörderischen Vorgehen unterstützen? Massenstreiks und Un­rudziehung der Truppen und erklärte, daß die Berweigerung italienischen Ansprüche, die in der heutigen Kammerfisung ihren ruhen was wäre in dieser Zeit verständlicher als fie! Aber dieser Forderung als feindlicher Aft angesehen werden würde. Höhepunkt erreichen soll, gelangt nicht zur vollen Auswirkung, sie sind Volkstod, und es bleibt unsere barte und undankbare - Der heutige Kabinettsrat beschäftigte sich mit der durch weil die Sozialisten der Regierung die Gefolgschaft Pflicht, die Arbeiterklasse von einem Vorgehen abzubringen, den Einbruch geschaffenen Lage und die dadurch hervorgerufene Ge- verweigern. Die sozialistische Kammerfraktion wird sogar das ihre Zukunft ruiniert. fährdung der für die Lebensmitteltransporte nötigen die von Orlando   verlangte einmütige Kundgebung des Barlaments Bahnverbindungen.

Wir alten Sozialdemokraten, die wir imfer Siel fest im Auge behalten und uns nicht von Stimmungen herüber und hinüber treiben lassen, mögen aus den Reiben unserer Zeit­genoffen oft unfreundlich betrachtet werden. Aber wir sehen mit voller Zuversicht dem Urteil der Geschichte entgegen, wir bertrauen auf die reife Urteilskraft unserer erfahrenen Ge­wechseln und unser Schiff ist fest.

dadurch hintertreiben, daß sie der Regierung das im Anschluß an die Rede Orlandos beanspruchte Vertrauensvotum ver­ Die Arbeitszeit   in den Bergwerken Belgiens   weigert. Der Sozialistenführer Turati erklärte dem Avanti zufolge, daß die offiziellen Sozialisten ihre Stimme gegen Or­ lando   abgeben müßten und sich mit einer einfachen Stimmen­zeit im Bergwerten sprach sich für die Einführung des 82 Sozialisten fein Vertrauen und könnten es auch nicht haben. fommission für die Frage der Berkürzung der Arbeitsenthaltung nicht begnügen fönnten. Zu der Regierung hätten die nossen   und ertragen gern jede Kritik. Wind und Wetter

Brüssel, 29. April  .( avas- Reuter.) Die Studiens

stündigen Arbeitstages ab 1. Juni und des Acht. stundentage& ab 1. Dezember dieses Jahres aus. Die Arbeits­zeit der Bergleute über Tag darf vom 1. Juli dieses Jahres ab neun Stunden nicht überschreiten.

Sitzung des Wirtschaftsrates in Paris  .

Befriedigung der deutschen   Fischereirechte. Baris, 30. April  .( Sava s.) Der oberste Wirtschafts­rat hielt unter dem Vorsitz von 2 ord Cecil seine 15. Situng ab. Der Hat beschloß, Schritte zu unternehmen, um das Verlangen der Deutschen   bezüglich der Fischereirechte im Kattegat  und Stagerrat zu befriedigen.

Unruhen in Zürich  .

Barrikaderkämpfe.

Die Forderung der italienischen Sozialisten. daß die Preſſe der Rechten im Herbst 1918 jeden Tag ver­

Wenn uns jetzt von links gesagt wird, wir hätten den Boden unter den Füßen verloren, so erinnern wir uns daran, sicherte, die Sozialdemokratie habe nichts mehr hinter sich. Ein paar Wochen darauf entpuppte die Sozialdemokratie sich als die weitaus stärkste Macht im Lande. Die Totsagerei im­

Lugano, 30. April  .( TK) Die italienischen sozialistischen  Parteien veröffentlichen dem Avanti" zufolge zum ersten Mai eine Rundgebung, in der folgende Forderungen aufgestellt ponit uns nicht mehr! werden: Bollständige Abrüstung, volle Bürger- und Preß. freiheit, allgemeine Amnestie für alle politischen und militäri­schen Vergehen, zurückziehung der italienischen Trup­pen aus Rußland  .

Vordringen der Regierungstruppen in Bayern  .

Einschließung Münchens  .

Bern  , 30. April. In Zürich   fam es am Montag im Laufe Ueber die Lage in München   wird berichtet: Starnbera. einer Protestveriammlung des Verbandes des Bantpersonals zu Schongau   und Ampfing   find von den Regierungstruppen Unruhen. Das Militär mußte gegen die Demonstranten blant eingenommen. Es wurde eine Anzahl Spartafiften gefangen, auch ziehen, die darauf eine Barrita de errichteten, welche von gab es einige Tote. Der Ring um München   schließt sich, alle Militärautomobilen gesprengt wurde. Es gab einige Ber- Anzeichen deneten darauf hin, daß die Rote Armee vor dem Berfall wundete. steht.

Darum will ich auch in diesem Zusammenhange bein Wort mehr zu unserer Verteidigung fagen; die wir in dieser furchtbar schweren Zeit zur Verwaltung der Reichsgeschäfte berufen sind. Aber in keinem Augenblick dürfen wir aufhören, unsere Ideen zu verteidigen, die auf den Wegen einer ge­ordneten Demokratie zum Sozialismus streben und die sozialdemokratischen Methoden der Politik, die die Arbeiter­Klasse in Deutschland   zu einer stärkeren Macht gemacht haben als in irgendeinem anderen Lande der Welt.

Nach innen und außen steht die Sozialdemokratie heute in einem titanischen Kampf; ringt sie im Innern gegen rechts und links um ihre Geltung, so fämpft sie nach außen nicht minder um die Anerkennung der Grundsäge über das Zu­sammenleben der Völker, die den Leitstern ihres Handelns bilden. Wir kämpfen um die Möglichkeit, Deutschland   aus Trümmern zu einem Reiche der Freiheit und des Wohlstandes