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Nr. 224+ 36. Jahrgang

Groß- Berlin

Der ewige Teutone.

Weißt du, Haenisch, was ich träumte? Ich ging zur Kultusministrei,

wo ich in Ehrfurcht mich verbäumte da stand statt Wilhelms Konterfei

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auf deinem Bult ein hübsches Bildchen es ward mein Geist in Staunen still dran pendelte ein fleines Schildchen: " Ja tu und lasse, wat id will!" Nicht Adolf wars, der Radikale, wie milde lächelnd du gedacht, der sich mit solcherlei Geprahle in deinem Reiche maufig macht.

Der Adolf ist ja längst von hinnen zur Zunft, die dich nicht heftig liebt und zwischen Mannheim und Gumbinnen die Milch der frommen Denkung trübt.

Das Ganze war ein Briefbeschwerer:

Die Republik als voller Topf,

drauf saß ein teutscher, Oberlehrer

mit Batel und mit Totenkopf.

Die neusten deiner Schulerlasse

hielt er zur Würdigung bereit...

Ein Traum. Es schreit ja doch die Gasse platatbekleistert: Neue Zeit!

1. Beilage des Vorwärts

Baulchen.

Der Mai- Jugendtag des Vereins Arbeiter- Jugend" soll eine Massenfundgebung der gesamten arbeitenden Jugend wer­den. Treffpunkte sind aus dem heutigen Inserat zu ersehen. Die erwachsene Arbeiterschaft ist zu dieser Veranstaltung berz­lichst eingeladen.

Sonnabend, 3. Mai 1919

Tätigkeit des Angestelltenausschusses in Gemeinbetrieben der Stadt noch nicht eine Mark für die Stunde. Der Stundenlohn für Rein­Berlin and neuen Verhandlungen vorbehalten.

2. Urlaub. Nach zweijähriger Dienstzeit 2 Wochen; nach dreijähriger Dienstzeit 3 Wochen. Für Kriegsteilnehmer gilt das in der Vereinbarung vom heutigen Tage gesagte. 3. Gehalt.

a) Ledige weibliche unter 18 Jahren erhalten ein Monatsgehalt von 225 M.

b) Die sonstigen Gehälter werden wie folgt festgesetzt: 1. Einfache Hilfskräfte: a) Ledige, Anfangsgehalt 335 M., nach 1 Jahre 355 M., nach 2 Jahren 375 M. b) Verheiratete, An­fangsgehalt 385 M., 410 M., 435 M.

2. Qualifizierte Hilfskräfte( Regiftratoren): a) Ledige, An­fangsgehalt 365 M., 385 m., 405 M. b) Verheiratete, Anfangs. gehalt 415 M., 435 M., 460 M.

3. Expedienten und Hilfsbuchhalter in der Stadthauptkasse: a) Ledige, Anfangsgehalt 365 M., 400 m., 420 m. b) Verheiratete, Anfangsgehalt 415 M., 450 M., 475 M.

4. Einfache weibliche Hilfskräfte: a) Ledige, Anfangsgehalt 280 M., 280 M., 295 M. b) Verheiratete und Witwen mit eige­nem Haushalt, Anfangsgehalt 335 M., 355 M., 375 M.

5. Qualifizierte weibliche Hilfskräfte einschl. Stenotypistinnen: a) Ledige, Anfangsgehalt 335 W., 355 M., 375 M. b) Verheiratete und Witten mit eigenem Haushalt, Anfangsgehalt 385 M., 410 M.,

425 M.

c) Hilfskräfte mit Sondervergütungsfäßen erhalten bei einem Monatseinfommen bis zu 400 M. eine Aufbesserung von 20 Pro, über 400 M. 15 Proz., soweit nicht nach obiger Tabelle höhere Gehälter gezahlt werden.

d) Diese Gehaltsfestsetzungen und Gehaltsveränderungen treten am 1. Mai 1919 in Kraft.

Als Ausgleich für die von den Angestellten geforderte Nachzah lung der Gehaltsdifferenzen ab 1. Januar 1919 irird eine einmalige Entschuldungssumme in der Höhe des ab 1. Mai 1919 festgesetzten Monatsgehalts gewährt und möglichst bis 15. Mai ausgezahlt. Bezüglich der Kündigungsfristen, des Urlaubs bis zweijähriger Dienstzeit sowie einiger untvesentlicher Bestimmungen bezüglich der Gehaltszahlung war vorher zwischen den Parteien eine Verein­barung dem Wunsche der Angestellten gemäß erfolgt.

Der Gesehentwurf über Groß- Berlin. Der Gesezentwurf dürfte in etwa 14 Tagen den Gemeinden Groß- Berlins zur Besprechung zugehen, so daß mit einer Vorlage an die Landesversammlung frühestens Anfang Juni zu rechnen ist. Der Gesetzentwurf fieht eine Einheitsgemeinde Groß- Berlin ob sie dem Schiedsspruch zustimmen. unter weitgehender Auseinanderlegung der örtlichen Verwaltung in Verwaltungsbezirken vor. Er soll am 1. April 1920 in Kraft treten.

Der Schlichtungsausschuß seßt sich zusammen aus den Herren Landgerichtsrat Wulff als Vorfißendem, Fabrikant Baer , Direktor Bolle und Direktor Schraud als Arbeitgeberbeifiber; Ingenieur Schmidt vom Bund der technisch- industriellen Beamten, Emonts vom Allg. Bankbeamtenverein und Silbermann vom Zentralver­band der Handlungsgehilfen. Die Parteien haben fich innerhalb von 3 Tagen zu erklären,

allen

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Die Hilfskräfte des Magiftrats Berlin werden vom Zehner- Ausschuß für morgen, Sonntag, vormittags 10 Uhr zu einer Massenversammlung im Sportpalaft eingeladen. Tagesordnung: Bericht über die Verhand­lungen beim Schlichtungsausschuß und Entscheidung.

Forderungen der Feuerwehrmänner.

Schiedsspruch betreffend Magiftratshilfskräfte. Der heftige Kampf, der zwischen den Magistratehilfskräften, vertreten durch den Verband der Bureauangestellten und dem Ma­gistrat Berlin seit langer Zeit bezüglich ihrer Gehalts- und An- Freitag vormittag bagbe im Sophiensaal eine Versammlung der stellungsverhältnisse geführt wurde, ist vom Schlichtungsausschuß Berufsfeuerwehren Groß- Berlins , welche sich mit der Forderung nunmehr zugunsten der Angestellten entschieden worden. einer Gehaltserhöhung beschäftigte. Nach einer lebhaften Auseinandersehung zirischen dem Stadtrat Der Referent Müller schilderte die traurige wirtschaftliche Dr. Franz und dem Gewerkschaftssekretär Bauer wurde am Mitt- Lage der Berufsfeuerwehrmänner. Die Gehälter stehen in einem woch durch den Vorsitzenden des Schlichtungsausschusses Landschreienden Mizverhältnis zu den Preisen der Lebensmittel. Die gerichtsrat Wulff der folgende einstimmig gefaßte Schieds- Feuerwehrmänner stehen vor dem wirtschaftlichen Ruin. In der spruch verkündet: Hoffnung, daß die sozialistische Regierung für den Abbau der Lebens 1. Den Bureau( Kanzlei-) Hilfskräften und den Hilfskräften mittelpreise sorgen werde, find die Feuerwehren nur mit geringen im Unterbeamtendienst wird das Mitbestimmungsrecht in Lohnforderungen an die Magistrate herangetreten. Sie sehen fich wirtschaftlichen und das Arbeitsverhältnis berührenden aber in dieser Hoffnung getäuscht. Während des Krieges, wo Bein Fragen zuerfannt; insbesondere bei Einstellingen, Kündigungen Mangel an Arbeitskräften bestand, haben die Feuerwehrmänner in und Entlassungen, Festsetzung von Gebältern, Urlaubsbewilligun- ihrer dienstfreien Zeit Nebenbeschäftigung verrichtet, um wenigstens gen und Beförderungen. den notwendigsten Lebensunterhalt zu erwerben, denn das Gehalt Das Mitbestimmungsrecht wird von dem Angestelltenausschuß reicht dazu nicht aus. Mit Rücksicht auf die jetzt herrschende allge­ausgeübt. meine Arbeitslosigkeit sind die Feuerwehrmänner nicht mehr ge­willt, Nebenarbeiten auszuführen. Sie verlangen deshalb eine Be­soldung, die ihnen ihr Auskommen auch ohne Nebenbeschäftigung gewährleistet. Die Feuerwehrmänner verlangen nicht mehr, als ihre wirtschaftliche Gleichstellung mit den Arbeitern. Der gesetzliche Achtstundentag besteht für die Feuerwehr nicht. Sie haben jeden Atveiten Tag 24 Stunden Dienst. Das ergibt eine wöchentliche Ar­beitszeit von 84 Stunden. Bei der Einstellung erhalten die Feuer­wehrmänner, die meist Familienväter sind, wöchentlich 82 M., alto nicht an den Tod!" antwortete John, und seine Stimme bebte; aber er ist immer bei uns; stred nur den Finger aus, so fommt er schon!"

Bei Unstimmigkeiten zwischen Magiftrat und Angestelltenaus schuß ist inerhalb dreier Tage ein Schlichtungsausschuß anzurufen. Bei Kündigungen und Entlassungen hat der Widerspruch des Ange­stelltenausschusses aufschiebende Wirkung

Der Schlichtungsausschuß besteht aus 6 Stadtverordneten und einem unparteiischen Vorfißenden. Wird über das Mitbestimmungsrecht der Angestellten ein Reichsgesetz erlassen, so bleibt die Aufstellung neuer Regeln für die

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Ein Doppelgänger.

Die Kleine drückte angstvoll das Köpfchen an seine Bruft. Rein, nein," sagte er, so ist's doch nicht! Du kannst schon deine beiden ganzen Händchen ausstrecken! Der liebe Gott ist doch über ihm; der hat auch versprochen, daß wir die Toten alle wieder fehen sollen; so lange mußt du warten."

Ja, Bater," sagte das Kind, und der fleine Mund drückte sich auf den seinen, aber du mußt bei mir bleiben." ,, Wie Gott will."

--War bei ihrer Nachhausekunft Alt- Mariken noch mach, oder hatte die Haustürschelle sie wieder aufgeschreckt, dann schalt fie John, die Nacht sei nicht für Kinder, er trage sie noch in Er aber sagte dann wohl halb für sich selber: Besser früher Tod,

den Tod.

Als spät die Not."

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Erzählung von Theodor Storm . Wenn aber am Feierabend der Vater da war, wenn sie mit aller Wichtigkeit ihm erst gezeigt hatte, wie weit sie heute auf der Tafel oder im Fibelbuch gekommen sei, und wenn sie dann miteinander ihr kleines Mahl verzehrt hatten, so ging er wohl noch einmal mit ihr hinaus unter den Sternenhimmel, auf die Straßen oder, war es dort zu laut noch, in das Gärtchen und weiter in die Wege, die in das Feld hinausliefen. Dann hob er oft sein Kind auf beide Arme, und was er tags erfahren hatte, oder was nur an Gedanken bei der Arbeit ihm gekommen war, was sie verstand oder nicht verstand, das flüsterte er in die kleinen Ohren; er hatte feinen anderen Vertrauten, und ein ewig Schweigen soll fein Mensch ertragen fönnen. Wohl bog das Kind bisweilen das Köpfchen zu dem seinen auf und lächelte ihm nidend zu; manchmal aber erschrat es und bat: Nicht so! O, jag das nicht, mein Vater!" Er wußte nicht, war diese Tochter ihm ein neues Glück, war sie ihm nur ein Trost für ein Da kam jener furchtbare Winter in den vierziger Jahren, berlorenes; denn immer wieder nach dem toten Weibe in Reu und Sehnsucht wollte ihm das Herz zerbrechen; noch im Traum wo die Vögel tot aus der Luft fielen und die Rehe erfroren im betörte ihn der Reiz des längst vergangenen Leibes, daß er, Walde zwischen den von Schnee gebeugten Bäumen lagen, wo vom Schlafe auffahrend, ihren Namen durch die dunkle Kammer die armen Leute mit ihrem leeren Magen, um nicht gleichfalls schrie, bis er endlich faßte, was unrettbar der Vergangenheit zu erfrieren, in ihre fargen Betten frochen, die in ungeheizten gehöre. Manchmal in der Nacht hatte auch das Kind nach der Mutter gerufen und die Aermchen weinend nach ihr ausgestreckt; wenn er dann am Abend darauf sie durch die Einsamkeit der Gassen auf seinen Armen trug, erzählte er ihr, wie Süßes oft im Traume ihm geschehen, wie schrecklich sein Erwachen ge­wesen sei. Dann frug das Kind wohl zitternd:" War denn Mutter bei dir in der Nacht?" Nein, Christine; es war ja nur ein Traum." Und das Kind frug weiter: War denn Mutter so schön?" Dann drückte er fie heftig an sich:" Für mich das Schönste auf der Erde! Weißt du das nicht mehr? Du warst schon drei Sahre alt, als fie starb!" Als er das letzte Wort gesprochen hatte, stodte ihm die Rede plöglich; ein Frösteln rann durch feine Glieder. Konnte er so einfach von ihrem Sterben sprechen? Er wollte sein liebes Kind doch nicht betrügen. Die Kleine aber, die eine Weile geschwiegen hatte, sagte jest traurig: Mein Bater, ich weiß gar nicht mehr, wie Mutter ausfah!"

Wir hatten nimmer Geld zu einem Bilde; wir dachten auch

machefceauen beträgt gegenwärtig 1,10 M. Es ist beschämend, daß der Feuerwehrlohn noch hinter dem Lohn der Reinmachefrauen zurücksteht. Mit Rücksicht auf ihre verantwortungsvolle Tätigkeit im Interesse des Allgemeinwohls haben die Feuerwehrleute noch nicht von der den Arbeitern zustehenden Waffe des wirtschaftlichen Kampfes Gebrauch gemacht. Sie erwarten auch jetzt noch, daß ihre berechtigten Forderungen erfüllt werden.

Im Laufe der Diskussion wurde ein Antrag gestellt, der mit der Arbeitsniederlegung droht für den Fall, daß die Forderungen nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen bewilligt werden. Mitgeteilt wurde noch, daß ein Jahresgehalt von 4800-6800 m. gefordert wird und eine monatliche Zulage von 50 M. für jedes Kind

Nach lebhafter Diskussion wurde der mit der Arbeitsnieder­legung drohende Antrag, gegen den sich außer anderen Rednern auch Stadtverordneter Genosse Dittmer wandte, zurückgezogen und einstimmig beschlossen:

die Magistrate von Groß- Berlin aufzufordern, an amten der Feuerwehren von Groß- Berlin die von ihnen geforderte einmalige Teuerungszulage auszuzahlen und sofort eine Regelung der Gehälter in der beontragten Höhe vorzunehmen. Sollte unsern berechtigten Wünschen nicht stattgegeben wer­den, so lehnen wir die Beraantwortung für die sich aus der Nicht­berücksichtigung ergebenden Folgen ab.

Die Versammelten erwarten, daß ihre berechtigten Forderun gen alsbald erfüllt werden. Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Groß- Berlin wird beauftragt, innerhalb zwei Wochen Bericht über diese Angelegenheit zu erstatten, um evtl. weiter Stellung zu

nehmen."

Zur Vermittlung von Arbeitskräften.

Zu der hierüber in der Sonntagnummer enthaltenen Notiz, die vom Nachrichtenamt der Stadt Berlin veröffentlicht wurde, wird uns aus Gewerkschaftstreisen geschrieben:

Die Notiz, welche von der Verpflichtung der Arbeitgeber han­delt, ihren Bedarf von 5 und mehr Arbeitskräften innerhalb 24 Stunden dem zuständigen Arbeitsnachweis anzumelden, ist, so abgefaßt, unrichtig und steht im Widerspruch mit der Ver­ordnung des Demobilmachungsamtes vom 27. 11. 18, welche besagt: ... Alle Arbeitgeber sind daher verpflichtet, ihren Bedarf an Ar­beitskräften jeweils auf dem schnellsten Wege bei einem nicht ge­werbsmäßigen Arbeitsnachweis zur Anmeldung zu bringen. Diese Pflicht haben nicht nur die privaten Unternehmer, sondern auch alle Reichs, Staats- und Kommunalbehörden, bei denen ein Bedarf an Arbeitskräften vorhanden ist, ganz besonders Post und Eisen­ bahn .

Die Verordnung des Demobilmachungsamts Nr. 117 vom 17. 2. 19, nach welchem offenbar die in Frage stehende Notiz abgefaßt ist, spricht allerdings im§ 1 von 5 und mehr Arbeitskräften in dieser Hinsicht. Im§ 6 heißt es dann:

Bereits ergangene weitergehende Verordnungen der Demobil­mechungsbehörden über Meldevorschriften im Sinne dieser Ver­ordmung bleiben in Kraft." Somit ist ohne weiteres die Rechts­gültigkeit der Verordnung des Demobilmachungsamtes mit ihrer weitergehenden Anwendung vom 27. 11. 18 gegeben. Es wäre ja auch geradezu eine Verkennung der Umstände, das ganze Klein­meistertum und größere Gewerbebetriebe von der auferlegten Ver­pflichtung der Benutzung des Arbeitsnachweises zu entbinden. Denn praktisch genommen läuft die ganze Sache zum Schaden der be= treffenden Arbeiter darauf hinaus. Wir haben auch in letter Zeit gesehen, so z. B. erst wieder in der Sonntagsnummer der Boltszeitung", daß ein Arbeitgeber unseres Berufes nach 4 Ar­beitskräften annoncierte. Also auch die größeren Unternehmer haben es vollständig in der Hand, das Gesetz zu umgehen, um in furzen Abständen nacheinander 4 Arbeitskräfte einzustellen. Dieses fann doch nicht in der Absicht des Gesetzgebers gelegen haben. Der Magistrat macht die Arbeitgeber des Gaft- und Schank­wirbgewerbes im Anschluß an die Verordnung des Demobil­machungsausschusses vom 24. April 1919 aufmerksam, daß die Mel­dung der offenen Stellen für weibliches Personal in der weiblichen Gastwirtsabteilung des Arbeitsnachweises der Stadt Berlin , Rüderstr. 9, geöffnet von 9-6, zu erfolgen hat, dagegen für männliches Personal in der Abteilung Jägerstr. 11.

Weg mit den Spielklubs! Der Gouverneur von Berlin hat das Polizeipräsidium ersucht, sofort mit aller Energie gegen die zahl reichen wilden Spielflubs vorzugehen, in die jedermann Gintritt hat ohne besondere Förmlichkeiten, und ebenso auch gegen die Be­wucherung, die von einem Teil der Berliner Droschkentutscher hatte die letzten drei Torf so vorsichtig in den kleinen Ofen ge­heizt, aber es war doch zu falt geblieben. Da schellte die Haus­türglocke, und Alt- Mariken trat nach einer Weile in die Kammer. Sie deckte ihre kleinen Augen mit der Hand, denn das graue Zwielicht dadrinnen hatte sie geblendet; dann nidte sie den beiden zu. Das glaub ich," sagte sie, ihr könnt euch aneinander wärmen! So gut hat's unsereiner nicht; denn sieh, John, das Rinderkriegen hab ich nicht verstanden. Nur einmal war's ein totes, aber das zählt ja nicht."

John blickte nicht auf. Da braucht Sie heute auch nur für sich allein zu frieren," sagte er und nahm die kalten Füßchen seines Kindes in seine großen Hände.

,, Nun, nun," erwiderte die Alte; ich weiß mir schon zu helfen; sorg nicht um mich, John! Die alte Senatorn hört gar zu gern die Geschichten von Anno damals, vom Rosakenwinter; und da kann ich aushelfen, John! Die haben mir heut drei Tassen heißen Kaffee eingebracht; da kann man's dann schon wieder aushalten, wo nur der Winter einheizt!" Sie lachte: hr beiden solltet einmal tanzen! Das hat mir früher oft geholfen; die Tanzbein find mir nur abhanden gekommen." Da hob das Kind sein Köpfchen aus den Umhüllungen und sagte: Vater, morgen ist doch Weihnachten; darf es hier dann, nicht ein wenig wärmer sein?"

John sah nur finster auf sie hin; die Alte aber huckte sich neben ihm und der Kleinen zu Boden: Kind, Gottes Engel!" Kammern standen; denn auch die Arbeit war mit eingefroren. und fühlte nach den Schillingen , von denen sie nicht geredet, die John hatte sein Kind auf dem Schoß; er sann wohl darüber rief fie und streichelte mit ihrer warmen Hand Stirn und Wan nach, warum in solcher Zeit das Mitleid nicht den Armen Arbeit gen der Kleinen; dabei griff sie mit der anderen in ihre Taschy schaffe; er wußte nicht, daß es an ihm vorbeigegangen war. Die und fühlte nach den Schillingen , von denen sie nicht geredet, lange nicht gestußten Haare hingen über seine eingefallenen die sie aber neben dem Kaffee von der Senatorin als Fest­Wangen; die Arme hielt er um sein Kind geschlungen. Der sie aber neben dem Kaffee von der Frau Senatorin als Fest­Mittag war vorüber, wie die zwei leeren irdenen Teller aus- geschenk erhalten hatte. Ja, ja, Christinchen, sorg nur nicht! wiesen, die mit Kartoffelschale bedeckt neben einem Salafaß auf Unser Herr Christus hat dazumal auch warm in seinem Kripp­dem Tische standen. Ein faltes graues Zwielicht war in der lein gelegen!" John schwieg noch immer; das Wort seines Kammer; denn das Tageslicht konnte durch die did mit Eis­blumen überzogenen Scheiben nur kaum hineindringen. Schlaf ein wenig, Christine!" sagte John. Schlaf ist gut; es gibt nichts Besseres; es wird auch wieder Sommer werden!"

,, a!" hauchte das Kind.

Wart nur!" Und er nahm ein Wollentuch, das Hanna einst getragen hatte, und bedeckte sie damit. Das ist Mutters Tuch," sagte er, deine kleinen Füße sind so falt."

"

Sie ließ fich das gefallen und schmiegte sich an den Bater, der bergebens hoffte, daß der Schlaf ihr tommen werde. Er

Kindes war ihm wie ein Schwert durchs Herz gegangen. Aber vor seinem inneren Auge stand jetzt plöglich jener einsame Brunnen draußen auf dem Felde; er sah den Bretterzaun im Froste flimmern. Sein alter Arbeitgeber, von dem er ihn einst selbst erbeten hatte, war jahrelang tot; auch sie, um derentwillen es geschah wen kümmerte das pon damals noch? Hatteit die Bretter einst sein Weib geschüßt, sie fonnten nun sein Kind erwärmen! Das Blut stieg ihm zu Häupten; sein Herz hämmerte heftig.

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( Forts. folgt.)