Nr.233.36.Jahrg.

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.Sozialdemokrat Berlin ".

Morgen- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

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Donnerstag, den S. Mai 1919.

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Frieden der Vernichtung.

Die Friedensbedingungen find den deutschen Delegierten heute übergeben worden. Die deutsche Presse hat bis zum Ab­schluß des Blattes noch keine eigenen Berichte darüber. Aber auf dem Wege über England ist uns ein Auszug, der die wich tigsten Bedingungen für Deutschland enthält, übermittelt worden. Wir entnehmen daraus den rücksichtslosen Millen, Deutschland mit Gewalt für dauernd zu Boden zu drücken.

Einen Rechtsfrieden auf Grund der 14 Punkte Wilsons wollte man mit uns schließen. Den Völkern sollte der Stachel gegenseitigen Hasses fortgenommen, ihre Lebens­intereffen sollten gefchüßt und ihr Selbstbestimmungsrecht sollte gewahrt werden.

Die Welt, die einst gläubig aufhorchte und Hoffnung auf eine versöhnliche Zukunft schöpfte, wird nun bitter ent täuscht sein. Das deutsche Volt aber muß sehen, daß man feine augenblickliche Ohnmacht rücksichtslos und gewissenlos für die materiellen Interessen der Sieger ausnügt.

Auszug aus dem Friedensvertrag.

Amsterdam , 7. Mai. Der von Reuter veröffentlichte Auszug aus dem Friedensvertrag enthält u. a. folgende An­gaben: Deutschland tritt an Bolen den größeren Teil von Ober­ilefien, Posen und die Provinz Westpreußen auf dem Die südliche und östliche Grenze Ost­linken Weichfelufer ab. preußens gegenüber Polen wird durch Bolks abstimmungen

bestimmt.

Die friedliche Waffe der Weltdurchdringung.

Von Erwin Barth .

Von der Macht des Verkehrswesens in seinem ganzen

Umfange haben die meisten Menschen kaum eine Vorstellung. Die Ententemächte allen voran Amerika , das beson. Straßen, Eisenbahnen, Post und Telegraph umspannen den ders salbungsvoll durch den Mund Wilsons die schönen Danzig wird mit seiner unmittelbaren Umgebung Freistadt . ganzen Erdball, haben die fleinsten Zellen in der Familie Phrasen von Gerechtigkeit, Stechtsfrieden, Dauerfrieden, Belgien erhält das strittige Gebiet von Mores net und einen Teil der Völker miteinander verbunden und sie den gegenseitigen Bölferversöhnung usw. verkündet hat- haben nun auch von preußisch moresnet. Deutschland verzichtet auch auf alle Einflüssen zugängig gemacht. Das Verkehrswesen, in feinen offiziell die Maske vom Gesicht geriffen. Mit fecker Bose Rechte über Eupen und Malmedy, deren Einwohner das Recht letzten Auswirkungen vervollständigt durch die Presse, ist zu stehen sie zu ihrer Heuchelei, mit der sie uns im Herbst vorigen haben sollen binnen 6 Monaten gegen diese Aenderung im ganzen einer internationalen Notwendigkeit geworden. Millionen Jahres die Waffen aus der Hand gewunden haben. oder teilweise zu protestieren, worauf der Bölkerbund end- großer und kleinster Stanäle bermitteln die innige Berbindung gültig entscheidet. In einer 50- Kilometer- Zone östlich des Rheins der Völferschaften, der Staaten, der politischen und der wirt darf Deutschland keine Befestigungen oder Streitkräfte schaftlichen Interessen. Im Rahmen eines Artikels ist ein Das Saarbeden, auf das sich die bereits bekannte näheres Eingehen darauf nicht möglich. halten. An dieser Stelle soll der Versuch gemacht werden, in Regelung bezicht, erstreckt sich von der Grenze Lothringens nach Norden bis St. Wendel , schließt im Westen das Saargebiet bis großen Linien die Bedeutung des internationalen Saarhoelzbach, im Osten die Stadt Homburg ein. Die Bolks- Nachrichtenverkehrs aufzuzeigen. abstimmungen im Osten sollen stattfinden: im Regierungsbezirk II en ft ein zuzüglich der Kreise Angerburg und Oleko, ferner die damit verbundene Notwendigkeit, Informationen aus allen Die Intensivierung der Weltwirtschaft, des Handels und in einem Teil Westpreußens , bestehend aus den Kreisen Stuhn und Weltteilen zu sammeln und überallhin zu geben und politische Rosenberg, sowie aus Zeilen der Kreise Marienburg und Einflüsse überall hin ausstrahlen zu lassen, erzwang sich eine Marienwerder . Ostpreußen foll freien Zugang zur Weichfel Organisation, die mit fabelhafter Raschheit alle Ansprüche er­Große Teile des deutschen Volkes sollen unter fremde und die volle Benutzung des Stromes erhalten. Die Nordostede füllen konnte. Das Auftreten des elektrischen Telegraphen Herrschaft gezwungen werden. Die für die Wirtschafts- von. Ostpreußen soll an die affoziierten Mächte abgetreten werden. bildete den Anfang zu der modernen Entwicklung des fraft Deutschlands wertvollsten Gebiete links des von der holländischen Regierung wird die Auslieferung Nachrichtenverkehrs. Nach und nach sind find in allen Rheins, in Oberschlesien , in Posen will man aifer Wilhelms verlangt. Grundfäßlich foll Deutschland Vändern telegraphische Zentralen für den Nachrichten­uns entreißen. Die deutschen Kolonien fallen in die zur Bergütung aller Schäden, die durch den Krieg entstanden sind, verkehr entstanden, die in engster Verbindung zunächst Hände der Gegner und außerdem sollen uns finanzielle verpflichtet werden, soll aber jedenfalls die Vergütung aller den mit dem Handel und dann aber mit der Presse und Lasten, neben den Materiallieferungen und neben den Kosten zivilpersonen zugefügten Schäden übernehmen. Die Gesamtfumme der Industrie das ganze Gebiet des Nachrichtenmarktes mono­für die Besetzungen, in unmöglicher Höhe auferlegt werden. der Schadenvergütung wird spätestens bis Mai 1921 feftgefest. polisiert haben. Die oberste Qualität einer Rach­Zunächst will man zwanzig Milliarden in Gold oder anderen Jnnerhalb der nächsten zwei Jahre foll Deutschland Werten haben. Außerdem sollen wir grundsätzlich zur Ver gütung aller Schäden" verpflichtet sein. Was heißt das: Vergütung aller Schäden? Will man uns die gesam ten Versorgungslasten für Kriegshinterbliebene und Kriegs beschädigte in fremden Ländern aufbürden? Will man uns alles, was an materiellen Verlusten bei unseren Gegnern entstanden ist, bezahlen lassen?

In den Ententeländern muß man gegenüber der Wirt­schaftskraft des deutschen Volkes völlig blind sein, oder man muß toll geworden sein!

20 Milliarden in Gold, in Waren, Schiffen

richt besteht in ihrer Neuheit, und ihr Wert wächst mit der Raschheit ihrer Verbreitung. und dergleichen bezahlen. Bezüglich der Handelsschiffe foll Deutsch­Vor uns liegt ein Buch von Friedrich Fuchs: land die Erfatpflicht Tonne für Zonne und Klaffe für Klaffe Telegraphische Nachrichtenbureaus. Verlag Dietrich Reimer, anerkennen und den Alliierten alle deutschen Handelsschiffe von Berlin , in dem mit feltener Sorgfalt alles geschichtliche 1600 Tonnen und darüber, die Hälfte seiner Schiffe zwischen 1000 Material für die Entwicklung des Nachrichtenverkehrs zu­und 1600 Tonnen und ein Biertel seiner Fischbampfer und andere sammengetragen ist und das mit seiner klugen Würdigung Fischereifahrzeuge ausliefern, sowie für Rechnung der Alliier. dieses ganzen Apparates zu einer unentbehrlichen Infor ten während der nächsten fünf Jahre jährlich Handelsschiffe von mations- und Belehrungsquelle für alle die wird, die den 200 000 Tonnen bauen. Zur Sicherung der Durchführung des Fric. Wert dieses Gegenstandes erkennen wollen. bensvertrages soll das

deutsche Gebiet westlich des Rheins und die Brüdenköpfe 15 Jahre lang besett

Man verkündet, daß die Alliierten unter diesen Bedin­gungen allein mit Deutschland Frieden schließen werden, und im dritten Abschnitt des Bölkerbundentwurfs werden wir noch besonders verpflichtet, die durch den Frieden in Europa her- bleiben. Bei getreuer Ausführung der Bedingungen sollen bestimmte beigeführten politischen Veränderungen anzunehmen. Unter Gebietsteile, darunter auch der Brückenkopf von Göln, nach fünf Andere Gebietsteile, darunter der onderen Bedingungen will man mit uns nicht Frieden haben. Jahren geräumt werden. Man verhindert uns aber durch schwere Drohungen, diesen Brüdenkopf von Koblenz nach 10 Jahren, wieder andere, Frieden abzulehnen. darunter der Brüdenkopf von Mainz nach 15 Jahren. Bei frühe­Wir wissen zur Stunde noch nicht, ob diese ungerer Erfüllung fämtlicher Friedensbedingungen werden die Befahun heuerliche Vergewaltigung unseres BoIfes gen sofort zurückgenommen. von uns unterschrieben werden wird. Die großen Ernäh rungsschwierigkeiten Deutschlands legen uns besondere Bflich­ten auf. Sobiel aber sei gefagt, wenn wir diesen Frieden unterzeichnen, dann geschieht es nur, dem Gebot der Gewalt folgend. Innerlich lehnen wir diesen Frieden entschieden ab! Und in diesem Gefühle wissen wir uns eins mit dem internationalen Proletariat, das jüngst erst in Amsterdam erklärt hat, gegen einen Gewalt­frieden den Kampf aufzunehmen.

Vororientiert.

Das„ 8 Uhr Abendblatt" glaubt bereits mitteilen zu fönnen, wie die Reichsregierung fich gegenüber den Friedensbebin: verhalten wird. Die Reichsregierung pflegt keine Ent­hebungen zu treffen, bevor ihr nicht die erforderlichen Unterlagen gegeben sind. Auch das„ 8- Uhr- Abendblatt" hätte wiffen tön nen, baß der Text des Friedenstraktats am Mittwochabend noch nicht im Befihe der Reichsregierung war und daß andererseits die Reichsregierung Beschlüsse, wie die, um die es sich hier handelt, nicht auf unverbirgte Zeitungsnachrichten hin trifft.

Falls wir nicht unterzeichnen...

Ursprünglich waren es lediglich kaufmännische und finan zielle Interessen, die auf eine rasche, zuverlässige Nachrichten­neben den übermittlung hindrängten, später traten dazu militärischen natürlich- insbesondere auch die politischen und die publizistischen Interessen. Heute haben wir faft fein Land in der Welt, in dem nicht das ganze Nachrichten­verkehrswesen durch Spezialbureaus zusammengefaßt wäre, und unter sich find alle die Telegraphenbureaus zum gegen­feitigen Nachrichtenaustausch und zur Vervollständigung und Berengerung des um die ganze Welt gelegten Nekes ver­

bunden.

Wenn auch der Nachrichtendienst im allgemeinen fach. lich und un persönlich ist, und wenn er auch namentlich in Handels- und Finanzfragen ohne ein Höchstmaß von Zu­verlässigkeit und Objektivität gar nicht denkbar ist, so wirkt er doch im politischen Leben sehr stark als Förderer der be­sonderen politischen Absichten der einzelnen Staaten.

Für politische Nachrichten kommen als erste und zuber­lässigste Quellen die Regierungsstellen selbst in Frage, und obwohl die Nachrichtenbureaus nichts anderes tun, als fachlich Wir können nicht annehmen, daß unter den Westbölfern und ohne Tendenz die politischen Mitteilungen weiterzu­fich auch nur ein Mann mit fünf gesunden Sinnen befindet, leiten, wirken sie damit als ein Instrument für die Verteidi­der daran glaubt, daß dieser Frieden von Dauer sein kann. gung, Stärkung und Vertiefung der politischen Absichten Ein solcher Friede ist nichts anderes als latenter Ber. Paris , 7. Mai. ( Havas.) Der oberste Wirtschaftsrat hielt einer Regierung. Die Regierungsinformationen, störungsfrieg, der Ausrottungsversuch eines Volkes gestern eine Sisung ab, die von Lord Cecil präsidiert wurde. Er die nach den besonderen politischen Bedürfnissen abgestimmt nicht mit offener Waffengewalt, mit den Mitteln brutalster prüfte die Maßnahmen der wirtschaftlichen Abschließung Deutschlands find und meist einen gewissen Eindruck und Einfluß erzielen wirtschaftlicher Sklaverei. - für den Fall, daß die deutschen Delegierten sich wollen, bilden das Propagandamaterial, und die Tele­Wir vertrauen auf die starken Volfskräfte, die gegen weigern würden, die Friedenspräliminarien zu graphenbureaus wirken als technische Verbreitungsapparate. wärtig in der Welt lebendig sind, und die man nicht durch unterzeichnen. Auf Empfehlung der Finanzkommission hat der Die Bedeutung dieser politischen Waffe, die somit diese wahnsinnige Versuche, vom grünen Tisch aus ein berzerrtes. Rat beschlossen, folgende Erleichterungen eintreten zu lassen: Nachrichtenbureaus darstellen, hat wohl feine Regierung unnatürliches Weltbild zu gestalten, im Banne halten kann. Die schwarzen Listen werden, so weit sie nicht heute schon schärfer erkannt als die englische. England hat durch eine Mag man jezt in Versailles den Frieden schließen, man wird verschwunden sind, aufgehoben. Die Neutralen sollen die äußerst kluge Förderung des bedeutendsten der internationalen doch nichts tun, als der Welt ein papiernes Dokument Freiheit haben, Deutschland alle kredite zu gewähren, Nachrichtenbureaus, des Reuterschen, seinen Einfluß über die die deutschen Guthaben sollen zur Bezahlung der Einfuhr frei- ganze Welt hingestrahlt. Es hat sich Reuters nicht allein zur Der wahre Frieden, der einen gerechten Ausgleich gegeben werden Der Ertrag der deutschen Ausfuhr fann zur technischen Nachrichtenverbreitung bedient, sondern es hat ihn unter den Völkern und auf die Dauer eine versöhnliche Stim- Bezahlung der deutschen Einfuhr Berwendung finden. Es kann die auch durch die Unterstüßung der von ihm verlangten Kon­mung schafft, ist durch dieses papierne Hemmnis nicht auf- Erlaubnis der Goldausfuhr zur Bezahlung erteilt werden. Diese zeifionen in Gebieten, deren Beeinflussung für England ganz zuhalten. Er wird auch diesen Friedens- Putschis- Beschlüsse sollen den einschlägigen Finanzkommiffionen zugestellt werden. besonders wertvoll war, geradezu zu einem politischen Propa­mus, diese Sabotierung der Rechtsidee überwin- Der Rat prüfte barauf nochmals die Frage der Donauschiff- gandainstrument emporwachsen lassen. den, und ihm allein, nicht aber den Gewalttätern von Paris fahrt. Die Schiffahrt foll unter seine Oberhoheit gestellt Als einziges Beispiel mögen die angestrebten und nur und Versailles wird das deutsche Bolt sich beugen. teilweise verwirklichten Reuter- Sonseffionen in Perfien

schenken.

werden.