Große öffentliche sozialdemokratische Kundgebung
gegen den Gewaltfrieden der Entente
am Dienstag, den 13. Mai, nachmittags 5 Uhr, auf dem Königsplatz.
Es werden sozialdemokratische Abgeordnete der Nationalversammlung , der preußischen Landesversammlung und Vertreter der Regierung sprechen.
Brunhilde auf dem Kriegspfad.
Erscheint in Massen!
Der Vorstand des sozialdemokratischen Bezirksverbandes für Groß- Berlin.
Ein neues antisemitisches Schandblatt. Schon mehrfach haben wir auf die geradezu gemeingefährliche antisemitische Heze hingewiesen, die von einer Stelle, die ihren Sip in der Röthener Straße hat, unter berschiedenen Decnamen getrieben wird. Nach dem Aufruf zu Bogromen, nach der Wiedererweckung des Ritualmordmärchens, nach der Bildung antisemitischer Freikorps geht diese Stelle jegt mit einer neuen Verhezung der niedrigsten Art vor. Ein günstiger Wind weht uns folgendes Flugblatt auf den Schreibtisch:
Vertraulich!
Als Handschrift gedruckt!
Wedruf!
Flugblatt Nr. 1001 Bitte weitergeben!
Deutsche Männer und Jünglinge! Ich frage Euch vor Gott und Eurem Gewissen, vor unserem ganzen Volle, vor allen deutschen Frauen und Mädchen, bor Guren Müttern und Schwestern, vor Euren Gattinnen und
Bräuten!
Ich frage Guch bei Eurer Mannesehre: Bollt Ihr weiter batenlos zusehen, wie eine unfähige Regierung unser Land und Bolt von Tag zu Tag näher an den Abgrund bringt und verwüstet?
Wollt Ihr stumpfsinnig weiter zusehen, wie die Juden und bie ganze Echar efter Wüftlinge planmäßig unfere beften genofsinnen verseuchen, in Elend und Schande bringen?
Ehe da find?!
Gerade ein Sozialist sollte zuerst Berständnis dafür haben, daß das Ententeprogramm glatt auf die wirt. schaftliche Erdrosselung Deutschlands herausläuft. Ballod aber stellt die Theorie auf:
Für ein bürgerlich- individualistisch- kapitalistisches Deutsch Land bedeutet dieser Friede den Tod.... Ganz anders steht ein sozialistisches d. h. ein wirklich sozialistisches( tein scheinsozialistisches heutiges) Deutschland da.
Und nun entwidelt Profeffor Ballod Theorien, wonach es einem sozialistischen Deutschland geradezu spielend gelingen müßte, der Entente alles zu liefern, wonach sie begehrt und noch genug und übergenug für fich zurückzubehalten. Der Bau von zweihunderttausend Tonnen Schiffsraum für die Entente pro Jahr erscheint Ballod eine„ Bagatellfache", denn er steigert unsere Schiffserzeugung, die im Frieden noch keine fünfhunderttausend Tonnen pro Jahr betrug( in Gedanken!), bereits auf eine Million Tonnen pro Jahr. Daß es uns jetzt nicht gelingt, auch nur im bescheidensten Maße mit unserer zerstörten Bolkswirtschaft irgendwo an die Friedensproduk tion heranzukommen, darüber macht Ballod fich weiter feine Gedanken. Natürlich ist auch die Kohlenlieferung an Frank reich von sieben Millionen Tonnen pro Jahr, die wir trot Verlustes des Saargebietes und Oberschlesiens noch zu leisten haben, für Ballod spielend zu bewältigen, denn er mobilisiert Bolts- im Handumdrehen zwei bis drei Millionen Pferdeftärken aus den Wafferkräften Deutschlands . Daß die Mobilisation dieser Wafferkräfte im besten Falle erst das Produkt mehrjähriger Arbeit sein könnte, und wie wir uns bis dahin helfen sollen, darüber erfahren wir von Balled nichts. Die Geldentschädigungsforderung der Entente bezeichnet Ballod zwar selber als„ baren Unfinn", aber schließlich wird er auch mit ihr fertig. Freilich läßt er umuntersucht, aus welchen Mitteln wir inzwischen die Kosten der öffentlichen Verwaltung, Bolfs. bildung, der Kriegsbeschädigtenunterstübimg usw. decken sollen. Die Landwirtschaft bringt Ballod( in Gedanken) z so fabelhafter Produktivität, daß wir kein Körnchen Getreide mehr einzuführen brauchen, wobei ihn die Abgabe riefiger Landwirtschaftsflächen im Osten an Bolen und die Auslieferung eines großen Teils unseres Viehbestandes an die Entente feinerlei Stopfschmerzen verursacht. Der Sozialismus wird eben alles machen. Aber wie wird uns? Genau vierundzwanzig Stunden vor dem Ballodschen Artikel haben wir in derselben Freiheit" wörtlich folgendes gelesen:
Seib Ihrs zufrieden, daß Eure Schwestern von Juden und fonftigem nichtenusigem Gezücht Tag für Tag geschändet und entjungfert werden, so daß für Euch als Gattinnen schließlich nur noch feile Straßendirnen und gefchändete Weibsbilder zur Wollt Ihr Bolscheroiften, Spartafiften und Stommunisten weiter mit unerhörtem Terror unter Judenleitung wühlen laffen? Wollt Ihr landfremdem Gefindel, Verbrechern und dem Auswurf der Menschheit weiter durch Eure Bauheit und Feigheit Borschub beisten. Zur Begründung und Aufrichtung der fommunistisch- bolichemistischen Republif, die sich immer mehr entpuppt als eine raffinierte jüdische Organisation zur Ausrottung aller felbständig dentenden Deutschen ? Wollt Ihr hinein in den Abgrund? Wollt Ihr es tatenlos bahin tommen lassen, daß wir Frauen und Mädchen allesamt zum Staatseigentum für diese vertierten Wüstlinge erklärt werden sollen, so wie es unter der jüdischen Zeitung und Bolschewisten herrschaft der RevoJution bereits in Rußland geschehen ist, gleich als wenn wir Frauen dem willenlosen Bieh gleich zu achten wären, wie die aus dem finstersten Mittelalter von den Juden heute noch befolgte Ta! mut und Nabbinermoral lehrt? Dann Fluch über Euch!
Wehe Euch Unholden! Ihr werdet uns beutsche Frauen kennen lernen!
Und ebenso wie mit ber Regelung der Gebietsfragen steht es mit den ungeheuren Lasten, die die Sieger dem deutschen Volte auferlegen wollen... Werden Sie uns aufgezwungen, fo ist die wirtschaftliche Entwidlung Deutschlands auf Jahrzehnte gehemmt und damit der Boben zertrümmert, auf dem allein die sozialistische Umgestaltung Deutschlands vor sich gehen kann. Es folgt dann in demselben Stil noch ein ganzes Schock Die Freiheit" bestätigt hier mit unserer vollen ZuVerwünschungen, unter anderem wird gedroht, daß die deutstimmung dem Profeffor Ballod, daß gerade durch schen Frauen gleich unferen germanischen Ahn- die Friedensbedingungen unserer Gegner die frauen, die ihren Männern in die tosende Grundlage für den Sozialismus zertrümmert wird. Sie Schlacht folgten, selbst zu den Waffen greifen werden!". Daran schließt sich eine ebenso schwungvolle Aufforderung an Frauen und Mädchen, dem unterzeichneten Walkürenbunde beizutreten, und das Ganze schließt mit folgenden Worten:
Fort mit den landfremden Eindringlingen! Fort mit den bluts- und raffe fremben Betrügern!
Nommt zu uns! Wir führen Euch! Wir beschirmen Euch! Mitglieder zahlen 6 M. Jahresmindest Abschriften und Geldspenden zum Kompf- und Wehrschatz erbeten an:
beitrag.
Großer Frauenschuh- und Trubbund Brünhild. Barden. Beleda Berlin W. 9, Köthener Straße 45, Hof I. Diese Flugblätter find gegen Erstattung der Selbstkosten zu beziehen durch Druckerei und Verlag der Volksstimme", Berlin W. 9, Köthener Str. 19 I.
fennzeichnet selber damit treffend die Unfinnigkeit Ballodschen Optimismus. Denn es geht doch wohl nicht an, die Ententeforderungen durch den Sozialismus zu erfüllen, wenn durch eben diese Forderungen seine Einführung in Deutschland unmöglich gemacht wird.
Der Memoirenschreiber auf dem Kriegspfade.
War alles Lüge?
Die fittlichen Grundlagen der Rätediktatur. In dem Augenblick, in dem in Bayern die Rätediktatur an dem Verfuch gescheitert ist, die Demokratie aus dem Felde zu schlagen, ist es vielleicht von Interesse, etwas über das grundsägliche Verhältnis der Kommunisten zur Demofratie zu erfahren. In einer von der russischen Sowjetregierung herausgegebenen Schrift ,, Das Programm der Kommunisten- unternimmt es M. Burcharin, dieses Verhältnis näher auseinanderzusetzen. Bucharin läßt einen fingierten Gegner( auf Seite 30) den Einwand stellen:
Warum reteten die Bolscherviti früher nicht von Verrichtung der völligen Freiheit für die Bourgeoisie? Warum waren fie früher selbst für eine bürgerlich.demotratische Republit? Warum waren fie früher selbst für die Konstituante und redeten nicht davon, der Bourgeoisie das Wahlrecht zu entziehen? Mit einem Wort: warum haben sie jest in diesen Fragen ihr Programm geändert?" Auf diese Einwände antwortet Bucharin mit einem berblüffenden Synismus:
„ Sehr einfach, warum. Die Arbeiberklaffe batte früher noch feine Kraft, um auf direkten Sturm der bürgerlichen Festung Loszugehen."
Bucharin führt das dann näher aus: Hätten z. B. die Rommunisten früher von den Kapitalisten verlangt, daß fie anstatt bürgerlicher Zeitungen nur noch Arbeiterzeitungen drucken, so hätte man fie ausgelacht.
Deshalb fagte die Arbeiterklaffe( und unsere Breffe fägte es auch): E3 lebe die Preßfreiheit( der ganzen Presse, auch der bürgerlichen)!"
nehmerverbände fonnte man früher nicht abschaffen und an Noch ein zweites Beispiel gibt Bucharin . Die Unterihre Stelle einfach die Arbeiterverbände jeten.
,, Dazu fehlte es an Kräften. Daher jagte unsere Partei: wir fordern Freiheit der Verbände( überhaupt, nicht nur der Arbeiter). Run aber haben sich die Zeiten geändert!"
völlig Neues in der Arbeiterbewegung. Diese Moral steht Dieser Tiefstand der Moral ist allerdings etwas etme auf einer Höhe mit der unferer II deutschen, die für das Selbstbestimmungsrecht der Völker nur Spott und Hohn hatten, solange fie fich Sieger glaubten, die jetzt aber, wo es Deutschland an den Kragen geht, sich 24mal am Tage auf dieses Selbstbestimmungsrecht berufen, die jetzt den Eid auf die 14 Punkte Wilsons leisten, über die sie vordem Gift und Galle gefpien haben.
So wäre wirklich das Eintreten der Arbeiterschaft für Freiheit und Recht nur politische Heuchelei, nur einschlauer Geschäftstrid gewesen? Die Arbeiterschaft hätte das Ideal der Freiheit und des Rechts nur solange auf ihre Fahne geschrieben, als sie selber schutzbedürf tig war und davon Nugen hatte? Wenn das der Fall ist, dann ist jeder Gesinnungslump in der Poli tik gerechtfertigt. Dann sind die Leute die vernünftigften, die pazifistische Nebensarten führen, solange fie schwach find und Eroberungspolitiker werden, sobald fie genügend Macht in Händen haben. Dann ist der Gauner als Chrenmann zu preisen, der mit salbungsvollen christlichen Phrasen seinen Gläubiger veranlaßt, ihm seine Schulden zu erlassen, der aber selber hohnlachend feine Angestellten abweist, wenn sie ihr Gehalt von ihm fordern. Gegen die Unterscheidung solcher Gesinnungslumpe. rei wird die gesamte deutsche Arbeiterschaft mit Entrüstung protestieren.
Berlin , 9. Mai. Das Kriegsministerium teilt mit: In der im Einberufung der preußischen National
Verlag von August Scherl erschienenen Schrift des Obersten Bauer, der im Kriege der Obersten Heeresleitung angehört hat: " Konnten wir den Krieg vermeiden, gewinnen oder abbrechen?" wird über die Tätigkeit der militärischen ei matsbehörden in einer Weise geurteilt, die scharfe 8urüdweisung ver. dient. Die Zeit ist zu Breßfebben über bergangenes Unglück dent. Soffentlich finden unsere Unterhändler in Versailles bar schlecht geeignet. Um jo mehr muß es aber bedauert werden, einen Weg, die Köthener Straße mit„ Brünhild " und daß ein höherer Offizier auf dem unfesten Grunde von Teilkennt Veleda" zur beliebigen Verwendung an die Entente nissen absprechende Urteile über Arbeitsgebiete ausspricht, Ioszuwerden. Aber wir fürchten, man wird sie auch dort auf denen seine Stameraden mit der äußersten Hingabe im nicht aufnehmen, obwohl man bei unseren Gegnern für alle Strieg tätig waren. Berrücktheiten gegen das deutsche Boik sonst das beste Verstandnis hat.
Gefährliche Illusionen.
Profeffor Ballods Phantasien.
Erfundene Interviews. Schwindel der Neuen Berliner".
versammlung.
Berlin , 10. Mai. ( TH) Der Aeltestenausschuß der Breußischen Nationalversammlung toat heute nachmittag zu einer Besprechung zusammen und befchloß, die nächste Bollfitung am Dienstag, den 18. Mai, nachmittags 1 1hr, abzuhalten. Auf der Tagesordnung steht: 1. Besprechung der vom Ministerpräsi denten in der Sitzung am 8. Mai abgegebenen Erklärung über die Friedensbedingungen. 2. Bericht des Wahlprüfungsaus schuffes. 8. Erste Beratung eines Nachtragsetats betreffenb Ministerium für Bolfswohlfahrt. Im Anschluß an den legien Gegenstand der Tagesordnung foll eine weitere Fortsabung ber General debatte über den Giat zulässig sein. Zu der Friebensfrage werden die Parteien eingeln Erklärungen abe geben.
Die Neue Berliner Zeitung" hat ein Interview der Reichs. Die fosialdemokratische Fraktion der Nationalverfammlung Eine sehr gefährliche Theorie entwickelt Profeffor minister 2 andsberg und Giesberts und des Professors hielt am Sonnabendnachmittag gemeinsam mit dem Bariciausschuß T. Ballod in der Sonnabend- Ausgabe der Freiheit". Wir hiding aus Berfailles gebracht, die nicht geringes Aufieben unter Sinzugichung von Bartei- Redakteuren und Mitgliedern ber hatten bisher die Barole der„ Freiheit":„ Wir müssen unter- erregt haben. Nach dem Bericht des Interviewers hatte z. B. Preußischen Landesversammlung eine Sibung im alten Bibliothels schreiben!" dabin verstanden daß uns in unserer jebigen ver- Giesberts in dieser Meinungsäußerung über die Fredensbedingungen Gebäude ab. Nach einem furgen einleitenden Referat des Genossen zweifelten Lage nichts anderes übrig bliebe, als uns gegen mit einer auf deutsche Verhältnisse übertragenen Art von Bol- Hermann Müller ( Parteivorstand) über unsere Stellung zu den unsere Ueberzeugung der Gewalt zu fügen. Das läßt sich ber- e wis mus fofettiert. Wie dem Auswärtigen Aint aus Ver- Friedensfragen fand eine lebhafte Aussprache statt, die am Montagmorgen noch fortgeseht werden soll. Zum Fraktionsredner für die stehen, darüber kann man diskutieren. Für gefährlich aber, failles auf telegraphische Anfrage von den betreffenden Herren er Montagsfisung der Nationalversammlung wurde Genosse er. ja berwerflich halten wir es, wenn man versucht, diese lärt wird, haben die genannten Reichsminister fowohl als Bro- mann Müller bestimmt. Barole in der Weise zu begründen, daß man Volk und Ar- feffor Schüding niemals ein berartiges Jaterview gehabt und die Ginen Aufruf, in dem er mit gleicher Leidenschaft für die beiterichaft über die Schwere der uns auferleg. Serren haben ihr tiefstes Bebauern darüber ausgesprochen, daß initiatur des Broletariats wie gegen jebe Gewalt ten Bedingungen hinwegtäuscht. Das tut Pro- biefer ernſten Seit ein deutscher Breffebertreter sich zu Dertätigkeit zu ihrer Erringung eintritt, verbreitet der bekannte feffor Ballod. Wie das alte System noch in feiner Sterbe- artigem bergegeben hat. stunde an die Preffe die Parole ausgab, sie solle schreiben, es
fei alles nur halb so schlimm", so taucht auch Profeffor Großreinemeden im Neidstagsgebäude nicht nur die Bäufe, sonUm fo besser. Die Post" äußert große Sorgen, daß bei dem Ballod seine Feder in rofarote Tinte und die drüdendsten bern auch die Hohenzollernbilder entfernt werden sollen. Warum Forderungen der Entente verwandeln sich für ihn in nicht? Im Reichstag der Republit haben weber Hohenzollern noch Bagatellen", Läufe etwas zu suchen.
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Hauptmann von Beerfeld e. Er appelliert an die Menschenfiebe, die Seele alles Sozialismus". v. Beerfelde ist ein schwärmefeine völlige eftfrembheit und Unfenntnis der wichtigsten rischer Idealist, aber seine phrafenreiche Sprache fann nicht über Tatsachen hinwegtäuschen. Selbst das übersieht er, daß Dittatar ja auf deutsch Gewaltherrschaft heißt. Trogden glaubt er an Diktatur ohne Gewalt.