Nr. 255 36. Jahrgang
Groß- Berlin
Die Flucht des Oberleutnants Vogel. Entführer: der Mörder Nosa Luxemburgs?
Beilage des Vorwärts
,, Vorwärts", obwohl wir nachdrücklicher als sonst je=
Dienstag, 20. Mai 1919
Heute findet die juristische Sprechstunde von 3 bis
ma'nd der ganzen Hebe entgegengetreten sind. Aber wir haben 5 Uhr statt. eine scherzhafte Notiz gebracht, daß zwei Hunde eine Ziegenwurst
nicht fressen wollten. Wir konnten wirklich nicht wissen, daß diese In der Fortsetzung der Etatsberatung in der Stadtverordnetenber Wilmersdorf. Man hätte mehr Proletarier erschießen sollen. Notiz so tragisch genommen würde, als hätten wir wie es in
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der Resolution heißt„ die Behauptung aufgestellt, daß in der ſammlung erinnerte ein Deutschnationaler mit Wehmut an die Ziegenwurst Hundefleisch enthalten sei." Das ist uns gar nicht schöne Beit vor der Revolution, wo es immer so ruhig zugegangen Am Sonntag wollte Kriegsgerichtsrat Jörns die im Zellenge- eingefallen. Für all das Zeug aber, was irgendwo in Groß- Berlin sei, weil in dem Wilmersdorfer Klassenparlament immer Einigkeit fängnis untergebrachten Verurteilten Vogel und Runge sowie Liep- verkauft werden mag und auf dessen Herstellung die organisierten bestanden habe. Den Herren Deutschnationalen wurde es nämlich mann aufsuchen, um ihnen mitzuteilen, daß bis zur Entscheidung Gehilfen vielleicht gar keinen Einfluß haben, werden sie gewiß selbst sehr unbehaglich, als der sozialdemokratische Lehrer Simson ein über ihr Schicksal noch geraume Zeit vergehen werde. Von der die Verantwortung nicht übernehmen wollen! langes Register deutschnationaler Schulpolitif in den WilmersLeitung des Zellengefängnisses erhielt Kriegsgerichtsrat Jörns jedoch dofer höheren Schulen vorführte. Danach mißbrauchen viele Schuldie Auskunft, daß der Gefangene Vogel ja bereits durch einen Offi- allen Stadtteilen. Die Vorträge werden von der Deutschen Gesell- im Sinne der Aldeutschen und Antisemiten. Ein Muſterbeispiel Männervorträge über Geschlechtskrankheiten am 21. Mai in direktoren ihr Amt auch heute noch zur Beeinflussung der Jugend zier abgeholt worden sei. Es wurden sofort die Beamten und der Bellenschließer verhört und festgestellt, daß am Sonnabendnach- chaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, der Landesver- ist auch der Direktor des Reform- Real- Gymnasiums II, Dr. Le i ch mittag ein Offizier, der sich als Leutnant Lindemann vom ſicherungsanstalt und der Allgemeinen Ortskrankenkasse veranstaltet. senring, der seine Gesinnung dadurch glaubte dokumentieren Stabe des Garde- Kavallerie- Schüßenforps bezeichnete, erschienen Vortragende sind bekannte Fachärzte. Vortragslokale: N., Luisen zu können, daß er vor versammeltem Lehrerkollegium bedauerte, war, und einen Ausweis vorlegte, der zwar nicht den Stempel des städtisches Gymnasium, Gleimstr. 58: Dr. Gebert; NO., Königstädt. daß nicht mehr Proletarier niedergeknallt wor Korps, wohl aber die sorgfältig gefälschte Unterschrift des Kriegs- Realgymnasium, Elisabethstr. 57: Dr. Holzapfel; NO., Königst. den seien, denn dann wäre nach seiner Ueber gerichtsrats Jörns aufwies. In diesem Schreiben wurde das Oberrealschule, Pasteurstr. 44: Dr. Herbert; NW. , Luisen- Gymna- zeugung die Revolution nicht so weit gediehen. Dr. Loechel; W., Mommsen- Gymnasium, Das skandalöse Verhalten dieses Direktors rief in der VersammZellengefängnis ersucht, dem„ Transportführer" Leutnant Linde- fium, Turmstr. 87: mann Vogel zu überliefern, da 2. den Befehl habe, Vogel nach dem Wormser Str. 11: Dr. Citron; S., Luisenst. Oberrealschule, Dres- lung die heftigste Kritik hervor. Unter dem Beifall der VersammTegeler Gefängnis zu bringen. Man zweifelte an der Echtheit des dener Str. 113: Dr. Schwerin; SW., Askanisches Gymnasium, lung forderte Dr. Helmke( Temokrat), daß für einen solchen SchulDokuments keinen Augenblick und so wurde Vogel vorgeführt, dem Hallesche Str. 24: Dr. Pulvermacher; D.; Andreas- Gymnasium , mann heute kein Platz mehr sein dürfte; gehe er nicht freiwillig, der angebliche Leutnant Lindemann in dienstlichem Tone mitteilte, Stoppenstr. 76: Dr. Roeschmann; C., Sophien- Gymnasium, Wein- dann mit Gewalt. Ein sozialdemokratischer Antrag, den Direktor Dr. Leichsenring aus seinem Amt zu daß er beauftragt sei, ihn nach Tegel zu überführen. Der falsche meisterstr. 15: Dr. Matthias. Transportführer fuhr mit Vogel im Auto davon, nachdem er die entfernen, wurde mit großer Mehrheit der SchulUebernahme des Gefangenen quittiert hatte. deputation als Material überwiesen. Dort soll auch untersucht werden, ob es reine Zufälligkeiten sind, daß in den Wil mersdorfer höheren Schulen nur Lehrkräfte evangelischer Konfession zu finden sind und daß ein sozialistischer Lehrer, trotzdem er auch von politischen Gegnern als tüchtiger Schulmann anerkannt ist, bei passender Gelegenheit der Aufhebung bzw. Zuſammenlegung der höheren Schulen faltgestellt worden ist.
Das Garde- Kavallerie- Schüßenforps ließ sofort die Wohnung der Eltern Vogels in Berlin durchsuchen. Es wurde jedoch nichts gefunden. Man neigt der Ansicht zu, daß der angebliche Lindemann der geheimnisvolle Fremde gewesen ist, der in der Mordnacht vom 15. zum 16. Januar sich in dem Auto befand, mit dem Frau Lugemburg fortgeschafft wurde. Bekanntlich weigerte sich Vogel in der Verhandlung, über den Fremden Auskunft zu geben und ließ durchblicken, daß dieser möglicherweise den verhängnisvollen Schuß abgegeben habe. Gegen Vogel ist ein Steckbrief erlassen worden und die Zivil- und Militärbehörden an der holländischen und der schweizerischen Grenze sind auf den Flüchtling besonders aufmerksam gemacht worden.
Räte- Vollversammlung. Mittwoch 10 Uhr, Rammeriäle, Teltower Straße. Tagesordnung: Friedensfrage, Räte- Finanzieruna, Freiwilligen- Bontott. R. Müller. Fr. Brolat.
S. P. D.-A. u. S.- Räte erscheint pünktlich und in anbetracht der wichtigen Tagesordnung vollzählig in der Vollversammlung. S. P. D.- Räte pünktlich 9 Uhr im Weißen Saal der Kammerfäle. Fraktionsvorstand. Haase.
Bericht von der Nationalversammlung in Weimar . Dienstag, 7 Uhr: Pharusfäle, Müllerstr. 142, Anhalter Resource, Mödernstr. 114; Mittwoch, 7 Uhr: Großer Saal des ebem. Herrenhauses; Aula Bochumer Str. 8. Referenten: Die Abg. Eugen Ernst , Richard Fischer, Hugo Seimann, Wilhelm Pfannkuch . Der Borstand.
Protest Resolutionen gegen das Liebknecht Luxemburg - Urteil gehen uns fortdauernd zu. Wir haben keinen Blaß fie abzudrucken. We die Sozialdemokratische Partei über das Urteil und die ganze Militärgerichtsbarkeit denkt, ist in der von uns veröffentlichten Entschließung des Bezirksvorstandes Groß- Berlin ausgesprochen.
Das grenzenlose Elend der Rentenempfänger Tommt in zahlreichen brieflichen und versönlichen Beschwerden an ums immer wieder zum Ausdruck. Mit Befremden müssen wir feststellen, daß trot unierer wiederholten Hinweise bisher die uns erlägliche Abhilfe nicht einmal angekündigt worden ist. Nun scheint auch bei den Arbeiterinvaliden der Gedanke der Selbsthilfe durch Organisation durchzubringen:
Ein Einbrechernest wurde Potsdamer Str. 92 ausgehoben. Dort verkehrten bei einer Italienerin Pelegrini allerlei aweifelhafte Leute. Kriminalbeamte fanden bei ihr zwei Einbrecher Balfe und Fischer und nahmen fie feft. Sie waren mit Eisenfcheeren, Lötlampen und anderen Einbruche werkzeugen wohl ausgerüstet. Bei ihnen fand man u. a. eine Schreibmaschine, die eben erst in der Neuen Winterteldistraße gestohlen worden war. Einer der Einbrecher beiaß ein Verzeichnis von allen Kinogrößen, sogar mit Lageifizzen ihrer Wohnungen. Die Ermittelungen ergaben, daß zu der Bande noch zwei Mann namens Peter Steiner und Otto Fels gehörten, die noch nicht ermittelt sind.
Ein Gauner macht sich an Leute heran. erzählt von Kartoffeln und anderen Lebensmitteln. Er faselt, daß er an der Eisenbahn beschäftigt ist und Lebensmittel billig kaufen kann. Er führt die Leute nach der Gilgutabfertigung am Lehrter Bahnhof , läßt sich das Geld geben und verschwindet. Er ist 1,62-1,65 Meter groß, blond mit winzigem gestubtem Bart, 23-25 Jahre alt, intelligentem Gesicht, feldgrauer Litewka und Hose, hellgrauen Wickelgamaschen, Militärschnürschuhen und neuer blauer weicher Gifenbahnmüße..
Städtische technische Angestellte und Beamte. Morgen Mitts woch, 7 Uhr, im Margareten - Lyzeum, Jfflandstr. 9-11: Brotestverfammlung wegen andauernder Verschleppung der Forderungen der Kriegshilfstechniker, Hinauszögerung der Tarifvertragsverhandlungen und Nichterfüßung der Forderungen der technischen Beamten. Es soll über die Amufung des Schlichtungsausschusses und die weiteren Schritte Beschluß gejagt werden. Siemensfonzerns! Ceute Dienstag, 5 Uhr: Wichtige Besprechung im Kriegsbeschädigten- Obleute und Kommisionsmitglieder des Boltshaus, Charlottenburg , Rosinenstraße( Stebbierhalle). Arbeiterräte der Kriegsorganisationen. Heute, Dienstag, bormittags 9, Ubr, im Herrenhaus, Saal 6, Sigung. Bollzähliges Erscheinen dringend erforderlich.
Die Magistratshilfskräfte erhalten vom 1. Mai ab die erhöhten Lohnsätze wie in Berlin . Mehrkosten etwa 1 Million jährlich.
Maulradikaler Krafeel. Zu unangenehmen Auftritten kam es in der am Sonnabendabend stattgehabten Sihung des kommu nalen Arbeiterrats Wilmersdorf . Seine lebte Sibung hatte sich auf Sonnabendabend zu einer ni ch töffentlichen Sizung ver= tagt. Unter Berufung auf einen Beschluß des Groß- Berliner Vollzugsrats hatte die am Orte 185 Mitglieder zählende Kommunistische Partei unter ausdrücklicher Zustimmung der Unabhängigen bereits 10 Mitglieder ihrer Organisation für die Situng delegiert. Der Verhandlungsleiter Genosse Dr. Holz machte vor Beginn der Sigung darauf aufmerksam, daß der kommunale Arbeiterrat eine nichtöffentliche Sißung abhalte. Bevor nicht vor erfolgter Aussprache die Eizung in eine öffentliche umgewandelt werde, müßten die zu unrecht Anwesenden das Lokal verlassen. Hierüber stimmten die Kommunisten im Verein mit den Unabhängigen ein wahres Indianergeheul an. Nach einem unfruchtbaren den weiteren Verlauf dieser unerfreulichen Angelegenheit, der wir Wortgeplänkel verließen unsere Genossen die gastliche Stätte. Ueber mit größter Seelenruhe entgegensehen, werden unsere Genossen zu gegebener Zeit benachrichtigt werden.
Lichtenberg . Stadtverordnetenversammlung. Genosse John ist als besoldeter Stadtrat von der Regierung bestätigt und bereits in sein Amt eingeführt worden. Zur Verlängerung der ZubringerZu der in Nr. 250 abgedruckten zuschrift eines Arbeiters wird bahn hat sich die Hochbahngesellschaft bereit ectlärt, wenn Lichtenuns geschrieben: berg Binsgarantie und Ausbau der Straße 15 übernimmt. BeEs wurde schon lange vor der Revolution geschrieben und ge- lastung für die Stadt 16 000 M. pro Monat. Bezüglich des Abbaues sprochen, daß ein jeder an seiner Arbeitsstelle gehen sollte, welche der Vorschulklassen ist der Magistrat dem Beschluß nicht beigetreten er am 1. August 1914 besetzt hatte. Hauptsächlich waren es Ber- und er ersucht in einer neuen Vorlage, ihn aufzuheben. Dies wird liner, die sagten, wenn bloß erst der verfluchte, Krieg zu Ende wäre, abgelehnt, nachdem Gen. John darauf hingewiesen hatte, daß der daß ich aus dieser Klamottenbude raus wäre! Auch haben wir in Magistrat bei rechtzeitiger Stellungnahme in der Lage gewesen Berliner Fabriken sehr viele, welche schon 20 und noch mehr Jahre wäre, die sch- technischen Schwierigkeiten zu überwinden. Ebenso in einer Fabrit arbeiten. Schiebungen bei Reklamationen sind wird die Genehmigung zu der erneut beantragten Neuerrichtung auch in Berlin reichlich vorgekommen, z. B. mit Leuten, die Lebens- einer dritten 8. Klasse an der Knabenmittelschule verlangt. Für mittel verschaffen konnten, also bon außerhalb zugezogene. Ich den auf von Kleidin, stücken in bester Qualität werden einstimselbst bin eingezogen worden, weil ich beim Direttor vorstellig ge- mig 85 000 M. bewilligt. Eine Vorlage auf Gleichstellung der mittivorden war wegen einer Lohnerhöhung, welche die jungen Leute leren und Unterbeamten sowie der dauernd auf Privatdienstvertrag bon 20-30 Jahre schon bekommen hatten, nachdem ich schon 22 Beschäftigten mit den Berliner Beamten wird an eine Kommission Jahre hier beschäftigt war und so ist es noch vielen hundert Span - verwiesen, während der Gewährung einer pensionsfähigen GehaltsSauern ergangen. zulage en die dauernd auf Privatdienst Beschäftigten zugestimmt wird. Der Gaspreis wird auf 35 Pf. erhöht. Turm( U. Soz.) erhebt schwere Vorwürfe gegen den für die Lebensmittelverteilung verantwortlichen Beamten Dr. Inze, den er beschuldigt, für sich und seine Freunde nicht unerhebliche Mengen von Waren der allgemeinen Verteilung entzogen zu haben. Die Behandlung der Be
Ein Bund der Arbeiterin vàliden und sonstiger Erwerbsunfähigen wurde gegründet. Anmeldungen und Zuschristen an die Geschäftsstelle Frankfurt a. M., Einhorngasse 2. Zur Ziegenwurst- Ritualmordhese haben die in den Ziegen- Munitionsfabrik Spandau . Sämtliche Vertrauensleute der wurstfabriken beschäftigt gewesenen Fleischergesellen eine Ent- S. P. D. find heute nachmittag pünktlich 3 Uhr in Spandau im schließung angenommen, in der sie das Verbot des Schmutzblattes Hohenzollern - Kasino, Württembergstraße, Ecke Gothastraße, bei Murra. " Freie Presse" fordern. Sie wenden sich dann auch gegen den
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Die Verbreitung des Wortes.
Von Ludwig Barta.
Der Obmann.
wenn nicht in diesem, so im nächsten! Wozu ist eine solche Welt! Eine andere müßte kommen! Eine bessere!" Der Viehtreiber spricht:
,, Schade, daß in der Welt so große Stille herricht. Nichts ist von irgendeiner Rebellion zu hören... und da muß man dann so krepieren... seit drei Tagen treib ich achtzehn Stück Vieh, bekomm fünf Sechserln für den Tag, hab jetzt noch einen zu gehen, und dann bleiben mir acht Kreuzer... Der alte Soldat spricht:
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Nicht einmal dies wißt Ihr?! So muß man das rufen" und der alte Soldat stellt sich auf die Bank:„ Nechte dem Volk! Rechte dem Volk! Es regnet, der Himmel dröhnt, die Stürme heulen, die Blize zucken und die ganze Welt rumort und erbebt. Gr. schrocken dreinblickende Kleinbauern fizen aneinander geschmiegt am Ende eines langen, braunen Tisches und lauschen dem sonderbaren Gespräch, gleichsam wie die Tiere mit geweiteten Nüstern den Geruch der Erde und der Gräser einatmen. Sie sißen dort; schwarz, wie in ferner Weite in Erwartung des Frühlings ein geheimnisvoller Waldfleck... der Wald steht dort im prächtigen Spiel der Dämpfe, unbefümmert der Zeiten, denn er weiß, daß aus ihm der Früh
Aus dem Ungarischen von. Stefan J. Klein. " Jawohl! Wissen Sie, diesen Winter war es so, aber so entsetzlich falt, daß ich schon dachte, jetzt legst dich hin und stehst nimmer auf... die Rellerwohnung ist eisig wie der Friedhof, und fein Stück Holz, fein Stück Reisig, nicht ein" Da seid Ihr schlecht unterrichtet, denn es wird dies mal ein trockener Maiskolben, fein Bissen Brot, und dazu ist nicht mehr lange so sein! Ich bin einmal mit einem Annoch das Weib... fast sind uns schon die Augen aus dem archisten gewandert!.. nun, alle Könige werden vertrieben, Kopf gesprungen, wir haben nicht mehr gesehen, denn alles so viele es ihrer nur gibt, alle; dann wird der Wille des ringsum hat geflimmert. die vielen Schäße werden allen gehören! ling erblühe... ... da breche ich in den Keller des Volkes herrschen.. Richters ein, nehme einen Mezzen Weizen, verkaufe ihn dem Jeder wird so viel Geld haben, daß er davon ohne zu arJuden..." beiten bis an seinen Tod wird leben können... Dies möchte ich noch gerne erleben."
Bitte, Herr Geschworener, noch ein Glas... denn mein Herz.
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Und dann noch einen Mezen und noch einen. Ich wurde dafür eingesperrt. Doch war auch ein Maurer eingesperrt, der hat immer gesagt: die Pfaffen sind an allem schuld! Wir haben nichts, denn sie haben alles Land... Da fag ich ihm: bei uns gibt's feine Pfaffen, denn wir sind Pro: testanten... da sagt er: dann gibt es bei Euch vielleicht reiche Gutsbejizer! die gibt es jag ich daß sie doch alle der Teufel... wohin ich schau, überall nur herrschaftlicher Besiz... so ist das, hol doch der Teufel das Ganze!..." " Ihr seid vielleicht Sozialist?- fragt der Soldat.
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Nein, wir wissen hier noch gar nicht, was das ist; hab auch nur so davon gehört; bin ein gewöhnlicher, armer Teufel, arbeite bis ich auf die Nase falle, dann ist Schluß..." Kreischend spricht der gnomköpfige, bucklige, barfüßige
Bettler:
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Eisenbahnbau.
Jedes Jahr erdröhnten in den hundertjährigen Forsten die Jagdgewehre. Die Hirsche und Rebe fielen von den Es ist nicht möglich, daß man ohne Arbeit leben kann" Rugeln der Königlichen und prinzlichen Jäger. Ihr rotes Blut floß auf die Dammerde, sickerte in den Schlamm ein. meint der Tagelöhner. der alte Soldat. Dazu seid Ihr zu jung! Könnt nur aller Boden ringsum gehörte dem Erzherzog, einem Erzherzog ,, Was wißt denn Ihr, mein Freund?" erwidert zornig Tausende von Morgen umfaßte der erzherzogliche Wald und Zigarren lutschen. Die haben soviel Bomben, daß sie die aus jenem Stamme der Habsburger , der einst mit Ottokar ganze Welt in die Luft sprengen fönnten, wenn sie wollen... gefämpft... In dem flachen Boden ruhen längst zerstaubte haben sie neben dem Schwarzen Meer in einer großen Höhle Fronbauernknochen, oben aber, über den braunen Schollen, sicher verwahrt..." wogt das Gold der gelben Aehren. Viele tausend Joch ge„ Ein Fleischhacker hat die achtzehn Kühe auf dem Markt ruhsam liegenden Bodens; mit lächelnder, fruchtbarer Seitergekauft, ich treibe sie ihm jest nach Hause... er verdient feit den Himmel betrachtend, glückselig das Brot gebärend, ohne zu fragen, wer heimst es ein? Gegen Norden, gegen zwei-, dreihundert Gulden, mir bleiben acht Kreuzer" " Ich hab" so der Tagelöhner- borigen Sommer Westen, gegen Osten: überall fremder Prinzen, kleiner deutfünfzig och Weizen abgemäht und mußte im Winter denn- scher Fürsten weitausgebreitete Besitztümer; lauter fönigliche noch zum Einbrecher werden..." Schenkungen aus der Zeit der Raubzüge und Plünderungen. Viele Ochsen im och, viel stattliche Pferde vor Wagen find dort zu sehen: alle ziehen sie die Gefährte fremder, gefrönter Herren; der Beamten weiße Häuser dehnen sich inmitten der weiten Ländereien, im Sonnenschein, mit breiter Bornehmheit, muten wie üppige Kurtisanen großer Herren fie ewige Knechtschaft, Hoffnungslosigkeit mit dem eigenen an; die roten Knechtshäuser erwecken den Eindruck, als hätte Blute rot getüncht... geweißte Stangen stehen allerorten längs der breiten Straßen und Lakaien verharren immerfort mit demütiger Steifheit in Erwartung dessen, daß auf dem fiesigen Pfad jemand vorfahre. Doch pflegen diese Befizer, wenn die Jagdzeit vorbei, nie herzukommen. ( Forts. folgt)
,, Warum seid Ihr nicht Sozialiſt?" und steht auf.
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jagt der Soldat
nichts.
,, Auf das versteh ich mich nicht." " Für einen armen Mann gibt es bloß zweierlei: er hat entweder Anarchist oder Sozialist zu sein." Ich will feine Bomben werfen. Das fruchtet kommen einem bloß die Gendarmen holen... Ihr müßt Euch ja nicht mit Bomben abgeben. Braucht bloß bei jedem Anlaß aufzustehen und zu rufen: Rechte dem So Volk! Rechte dem Bolf!"
Da
So ist diese Welt. So ist's auf dieser Welt! Hier werde ich geboren, hier lerne ich auch denn ich bin Reiter und Bürstenbindermeister eröffne dann ein Geschäft, halt mir einen Gesellen, fahr auf die Märkte... so ist's auf dieser Welt... ich geh zugrunde, es wird mir alles verlizitiert, ich hab niemand, jetzt wird mir die Zuständigkeit abgesprochen, man will mich nicht erhalten, obschon ich hier geboren bin, mein Vater hier Steuer gezahlt hat ist's auf dieser Welt... barfuß und solche franke Beine; im ,, Wie sagt Ihr das?"-- fragt den Soldaten der buckWinter jag ich jeden Tag: na, jezt bleib ich in diesem Graben, lige Bettler.