Nr.260.36.Jahrg.
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Sozialbemotrat Berlin".
Abend- Ausgabe.
MA
Vorwärts
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Souss
Donnerstag, den 22. Mai 1919.
Vorwärts- Verlag G.m. b. H., GW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morigplas, Nr. 117 53-54.
Fristverlängerung bis 29. Mai.
Berjailles, 21. Mai. Dem Vorsitzenden der deut- dem unterzeichneten Vertrag als Begleitschreiben beigeheftet schen Friedensdelegation in Versailles Reichsminister Grafen Broddorff- Rantau ist heute folgende weitere Note Clemenceaus zugegangen: Paris , den 21. Mai 1919. Herr Präsident!
Ich habe die Ehre, Ihnen den Empfang Ihres Briefes bom 20. Mai zu bestätigen. Sie hatten die Güte, mich darauf
würde, könnte sehr wenig nüßen. Ein Protest der leeren Worte macht keinen Eindruck, als echt empfunden wird nur Amerikas Verpflichtung auf Wilsons Programm. ein Protest durch die Tat. Die Welt würde es nicht verstehen, wenn wir in sich selbst überſtürzender Dienstfertig- ciated Berlin , 21. Mai. Die Berliner Vertretung der„ Assofeit unter die Ungeheuerlichkeiten dieses Vertrages unsere ciated Preß" gab am gestrigen Dienstag die nachstehende, ihr Unterschriften setten, während wir leere Protestformeln von berufener Seite erteilte Information nach Amerika : dazu murmelten. Deutschland lehnt es ab, die ihm vorgelegten FriedensbeBleibt es bei dem ursprünglichen Programm der Endingungen zu unterzeichnen, weil sie die wirtschaftliche Bernichtung, hinzuweisen, die Fragen, über welche die deutsche Delegation tente, das heißt, werden alle unsere Einwendungen in den die politische Entehrung und die moralische Degradierung für die Bemerkungen vorzulegen wünsche, seien so verwidelt, daß die Denkschriften der deutschen Delegation, in der Ihnen Wind geschlagen, wird von uns binnen kurzer Frist unter ganze deutsche Nation wie für jeden einzelnen Deutschen bedeuten, daß die Denkschriften der deutschen Delegation, in der Ihnen Androhung von Zwangsmaßregeln die Unterzeichnung ge- und zwar nicht nur für das gegenwärtig lebende Geschlecht, sondern dann bleibt uns gar nichts anderes übrig, als sein könnten. Sie fordern infolgedessen eine Verlängerung darauf ankommen zu lassen. Nur so kann vor aller Welt der Annahme der Friedensbedingungen Logijch eintreten müffen.
dieser Frist.
In Erwiderung hierauf habe ich die Ehre, Guerer Grzellenz mitzuteilen, daß die allierten und assoziierten Regierungen einverstanden sind, die Frist bis Donnerstag, den 29. d. Mts. zu verlängern. Genehmigen Sie, Herr Präsident, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung, gez. Clemenceau.
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hältnis zwischen Deutschland und seinen Gegnern ein bloßes die Wahrheit festgestellt werden, daß das neugeschaffene BerGewaltverhältnis ist, fein Rechtsverhältnis, das das deutsche Volk in irgend einer Weise bindet. Die Entente hat heute herzustellen, aber an ihr und ihren Völkern liegt es jetzt zu zweifellos die Macht, ein solches Gewaltverhältnis überlegen, ob diesem Gewaltverhältnis, das das nicht dauernd sein kann, ein wirkliches, auf echte Verträge gegründetes Rechtsverhältnis nicht vorzuziehen ist.
Die Notwendigkeit, eine Fristverlängerung zu beantragen, ergab sich, wie wir hören, insbesondere auch durch den Wunsch der Barole der Unabhängigen folgend, sehr große Menschen Im Lustgarten und Unter den Linden haben gestern, der gegnerischen Regierungen, Antwort und Noten nicht nur in massen demonstriert. Auch sie sind mit dem Gewaltfrieden deutscher Abfaffung, sondern auch in französischer und englischer der Entente nicht einverstanden, sondern in seiner sachlichen Uebersetzung zu überreichen, wozu die Friedensdelegation. zwar Berurteilung mit dem übrigen deutschen Volke einig. Wie nach bem internationalen Brauch nicht verpflichtet war, mas meit sie mit der Politik der Unabhängigen, die schleunigste aber tatsächlich wegen der Zuverlässigkeit der Uebersetzungen Bereitwilligkeit zur Unterzeichnung fordert, innerlich einverauch im deutschen Interesse liegt. standen sind, ist sehr schwer festzustellen. Wahrscheinlich Nach der ganzen politischen Lage war aber die Fertigstellung würde ein sehr großer Teil von ihnen bei einer Volksab der deutschen Antwort für die Gegner gar nicht so dringlich, da stimmung gegen die Unterzeichnung stimmen. Wilson nötig hat, die öffentliche Meinung seines Landes zu Troßdem bedeutet die gestrige Demonstration der Unberüdsichtigen: diefe aber ist zurzeit durchaus nicht geflärt. In Amerifa wehrt man fich vor allem gegen den Ausschluß abhängigen es ist schmerzlich zu sagen, aber es muß offen Deutschlands aus dem Völkerbund. Die Stimmung, einen Gewinn. Alle drüben, die etwa so denfen wie bei ausgesprochen werden. für den Ententeimperialismus die Wilson für den Völferbund erzeugt hat, wirft jest gegen uns einst der General Hoffmann( die Sieger sind wir!), ihn. Der Rüdtritt von neun durchaus wichtigen alle Säbelraßler, die auf das Evangelium der brutalen GeMitgliedern der amerikanischen Friedens walt schwören, alle Annerionisten, denen die Beute nie groß delegation wird die amerikanische Oeffentlichkeit erheblich genug sein fann, alle Finanzspekulanten, die ihre Ernte beeinflussen. Die austretenden Amerikaner sind der Ansicht, nicht schnell genug in die Scheuer bringen können, werden daß der vorliegende Friedensvertrag der Entente die Reime sich auf die Demonstration der Unabhängigen berufen und eines fünftigen Arieges in sich birgt.
Nicht neuen Krieg!
Ehrlichen Frieden!
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unter Berufung auf sie jede Politik der Besinnung, der Milderung und des Entgegenkommens bekämpfen. Sie werden sagen, das deutsche Volk sei innerlich schon so zermürbt, daß ein ernster moralischer Widerstand von ihm gar nicht mehr zu erwarten fei, man brauche ihm nur eine entschlossene Miene zeigen, dann krieche es eilends zufreuze, alle NachDie Alliierten haben die Frist zur Einreichung der deut- giebigkeit sei als unangebrachte Weichlichkeit und Schwächschen Gegenvorschläge um eine Woche verlängert. lichkeit zu verwerfen. Sachlich läuft also die Kundgebung Ein sehr großes Entgegenkommen wird man darin nicht er- der Unabhängigen auf eine Unterstübung der enblicken dürfen, denn nachdem sie selber ein halbes Jahr lang tentistischen Festedruff Politiker hinaus, mag über ihre Friedensbedingungen beraten haben, bleiben auch sie von ihren Urhebern und Mitläufern auch ganz anders drei Wochen zur Beantwortung eine kurze Zeit. Auch läßt diese fleine Milderung der formalen Behandlung noch keine Rückschlüsse darüber zu, ob bei der fachlichen Behandlung der deutschen Gegenvorschläge vom ursprünglichen Programm abgewichen werden soll. Dieses lief darauf hinaus, daß die deutschen Einwendungen kurzer Sand beiseite geschoben werden sollten und daß man Deutschland eine kurze Frist - von etwa acht Tagen stellen wollte, innerhalb derer es sich erfiären mußte, ob es die unveränderten Bedingungen der Entente annehme oder nicht. Mit dem Ablauf dieses Termins sollten im Falle der Nichtunterzeichnung die Zwangsmaßnahmen des Einmarsches und der verschärften Blockade sofort einsehen.
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gemeint gewesen sein. Sie ist geeignet, von innen her den Druck zu verstärken, den jene von außen üben, um das deutsche Volk in die Stlaverei zu stoßen.
Die Unabhängigen sollten die gewährte Wochenfrist zu der Ueberlegung benützen, ob es nicht in dieser Zeit noch ernstere Aufgaben gibt als die, den verhaßten Mehrheitssozialisten ein Bein zu stellen. Vielleicht ist der Ententeimperialismus dem deutschen Volk doch ein gefährlicherer Feind als„ Ebert- Scheidemann", und vielleicht ist es doch nicht die Aufgabe internationaler Sozialisten deutscher Volkszugehörigkeit, ihm die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Vielleicht ist es auch leichter, heute billige agitatorische Erfolge zu erringen als später die Berantwortung für den angerichteten Schaden zu tragen.
Der Gewinn eine Woche bedeutet noch keine Erschütte rung dieses Programms, er bedeutet aber die Vermehrung Unser Verlangen geht dahin, daß die deutschen der Möglichkeit, ein besseres, menschlicheres an seine Stelle Gegenvorschläge, die nun bis zum. 29. Mai vollständig zu fezen. Das Ziel der deutschen Politik ist nicht, wie die eingereicht sein müffen, feiner geheimen diplomatischen Beunabhängige Propaganda in fariatischer Verblendung gröhlt, handlung unterzogen und nicht leichtfertig in die Ede geworfen, ein neuer Arieg, sondern ihr Biel ist die Anbahnung sondern daß fie den Völkern der Gegenseite bekanntgegeben wirklicher Friedensverhandlungen, die uns und unter der Kontrolle der Oeffentlichkeit einer ernsten sach unsere Gegner bisher verweigert haben. Ihr Ziel ist ein lichen Prüfung unterzogen werden. Würde das geschehen, so Friedensvertrag, den man nicht nur unter dem Drud eines wäre es unmöglich, dem deutschen Volk Verhandlungen zu borgehaltenen Revolvers unterschreibt, sondern den man verweigern, und der Weg wäre geöffnet, der Europa zu einem unterschreibt in der Absicht, ihn auch ehrlich zu halten. Ihr dauernden Frieden führen Fann. Geschieht das nicht, dann Biel ist die ausgleichende Gerechtigkeit, die wohl dem deut- tragen die Gegner die Verantwortung für eine fommende fchen Bolf bittere Opfer und schmere Lasten auferlegt, aber Entw'dlung, die nicht nur für uns schwere Leiden, sondern ihm doch die Möglichkeit läßt, als gleichberechtigtes Volk auch für fie ernste Gefahren birgt. neben anderen Völkern zu eristieren und in harter Arbeit zu neuem Wohlstand aufzusteigen.
Das sind die klaren Richtlinien unserer Bolitif, die auch von der großen Mehrheit des Bolfs verstanden und gebilligt Wer das Ziel will, muß auch die Mittel wollen. Die werden. Wir wollen das Letzte versuchen, um der Vernunft glatte Unterwerfung unter die Bedingungen der Gegner ist und dem Recht zum Sieg zu verhelfen, wir wollen nicht willen ein solches Mittel nicht. Auch eine Protesterklärung, die los hineinrutschen in die Knechtschaft.
gegenüber stellt sich Deutschland auf den Standpunkt, daß man von hat die amerikanische Presse selbst vorbehaltlos anerkannt. Demihm überhaupt nicht die Annahme derartiger Bedingungen fordern darf und daß die Entente nicht berechtigt war, solche Forderungen bern direkt eine nach den Grundregeln des Völkerrechts festbezu stellen. Deutschland hat vielmehr nicht nur einen moralischen Anspruch aus den ihm gemachten allgemeinen Bresprechungen, sonEntentemächte und an die Vereinigten Staaten im besonderen. Die gründete, bestimmte und klar umschriebene Forderung an alle schen Volkes auf einen ausdrückliche Anerkennung des Rechtes Deutschlands und des deut
Frieden des Rechts, der Gerechtigkeit und der Berföhnung anstatt des paragraphierten Haßgesanges, den man in Bersailles geschrieben hat, ist enthalten in der Note des Staatssekretärs & ansing vom 5. November 1918. Darin teilt der amerikanische Staatsjetretär des Auswärtigen dem Schweizerischen Gesandten in Washington vorbehaltlos mit, daß die vom Präsidenten Wilson in feinen 14 Punkten festgestellten Grundfäge für die Gestaltung der Friedensbedingungen maßgebend sein sollen. Staatssekretär Bausing teilt dabei weiter mit, daß die Ententeregierungen nach sorgfältigen Erwägungen ebenfalls bereit sind, die vom PräsiGrundlage des Friedensschlusses anzuerkennen. denten Wilson aufgestellten Bedingungen als
Ententemächte und der Vereinigten Staaten bilden das einzige Die Rechte aus diesen ganz bestimmten Erklärungen jämtlicher Altivum Deutschlands in dem allgemeinen
moralischen Zusammenbruch der ganzen internationalen Bolitit, der feinen nicht zu überbietenden Ausdruck in den Bedingungen von Bersailles gefunden hat. Demgegenüber meldet Deutschland seine flaren juristischen Ansprüche nach dem internationalen Rechte an. Gegenüber der politisch- moralischen Banterottmasse von Versailles steht die deutsche Nation als Gläubigerin mit unbestreitbaren Rechten, und sie ist nicht in der Lage, in diesem Hauptpunkt nachzugeben. Deutschland hat Frieden geschlossen auf Grund der 14 Punkte Wilsons, die sich ganz Amerika zu eigen gemacht hatte, und ganz Amerika wie jeder einzelne Amerikaner ist für die Erfüllung dieses Anspruches haftbar. Es ist nicht Sache des deutschen Volkes, anzugeben, wie seine Rechte aus den 14 Punkten und besonders aus der Note des Staatssekretärs Lansing vom 5. November in die Wirklichkeit umgesetzt werden sollen. Das ist vielmehr Sache derer, die die 14 Punfte aufgestellt und zur Annahme gebracht und daraufhin Deutschland veranlaßt haben, die Waffen niederzulegen. Wir glauben auch nicht, daß Präsident Wilson, Staatssekretär Lansing und das amerikanische Bolt sich auf einen anderen als auf den hier dargelegten deutschen Standpunkt stellen können, wenn sie nicht bas tun wollen, was Präsident Wilson in seiner Botschaft vom 4. Desember 1917 weit von sich wies, als er sagte:
,, Wir würden unsere eigene Sache entehren, wenn wir Deutsch land anders als gerecht und unparteiisch und mit dem leiden schaftlichen Berlangen nach Gerechtigkeit gegen alle behandelten, einerlei, wie der Krieg ende. Wir verlangen nichts, was wir selber zuzugestehen nicht bereit sind."
Wir
das, was Präsident Wilson in dieser Erklärung verkündet hat. Wir Und wir, das deutsche Volk, verlangen auch weiter nichts, als verlangen auch weiter nichts, als daß die Amerikaner die 14 Punkte und die Friedensbedingungen einander gegenüberstellen. glauben nicht, daß irgend jemand in den Bereinigten Staaten bann den Mut haben wird zu behaupten, in den Friedensbedingungen von Versailles habe man auch nur eine Spur von Wilsons programm übrig gelassen. Und hier beginnt die bestimmte
aum Einschreiten. Amerika muß entweder seine 14 Bunfte durchsehen oder es muß erklären, daß es dazu nicht imstande ist, oder daß. es das nicht will. Auf keinen Fall barf es die Welt glauben laffen, daß es die Friedensbedingungen von Versailles als den wahren Ausdrud der 14 Punkte Wilsons gelten laffen will. Das ist unsere Forderung, an der wir festhalten, und wir wüßten nicht. welche Argumente man von amerikanischer Seite dagegen geltend machen könnte.