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Freitag, den 27. Juni 1919.
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Einmarsch der Regierungstruppen.
Menschenmenge, in der Hauptsache Frauen und Kindern, beleb!| Hamburg , 27. Juni. ( Eigener Bericht des Vor- waren. Nach wiederhoiter Aufforderung zum Auseinandergehen, wärts".) Der Einmarsch der Regierungstrup- die mit Johlen und Geschrei aufgenommen wurde, pen ist erfolgt. Die Linie Lohmühlenstraße- Berliner gab das Militär zunächst einige Schüsse in die Luft ab und dann Tor wurde erreicht, Bisher ist den Truppen keinerlei erfolgte der militärisch wohl zwar vorschriftsmäßige, der Situation Widerstand geleistet worden. Von See aus ist die aber nicht entsprechende Befehl zum Scharfschießen. Die Opfer be eiserne Torpedo boots- Flotille eingelaufen. Die liefen sich bis zum Abend auf etwa 15 Tote und zahlreiche BerZwölfer- Kommission hat Anweisung gegeben, daß die wundete. Unter dem Eindrud der sofort bligartig verbreiteten Waffenabgabe in ruhiger Weise durchgeführt wird. Nachricht des Blutvergießens beschlossen die Eisenbahnarbeiter, beim Das geschieht ohne jeglichen Widerstand. Volkswehr und Garnisonfommando den Antrag auf unverzügliche Entfernung des organisierte Arbeiterschaft haben erklärt, dem Vordringen Militärs aus der Stadt zu stellen und bei Ablehnung desselben der Truppen keinen bewaffneten Widerstand sofort in den Streit zu treten. Sie verpflichteten. sich ferner, durch eine von ihnen in Gemeinschaft mit der organifterten entgegenzusehen. Arbeiterschaft sofort in Funktion tretende Einwohnerwehr den Schutz der Stadt zu überehmen. Die am Nachmittag tagende Versammlung von Vertrauensleuten der Partei und der Gewerf ichaften trat diesem Vorschlag bei und ließ durch eine Kommission mit der Stadtverwaltung und dem Garnisontommande verhandeln, mit dem Erfolg des folgenden Kompromisses:
Streik und Wiederaufbau.
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Mit allen Mitteln schürt man bereits wieder den neuen Streit. Man mag noch so sehr die wirtschaftliche Notlage des einzelnen verstehen, man mag noch so sehr über die Entwertung des Geldes klagen: das alles sind Binsenwahrbeiten, deren bittere Tragweite Hunderttausende an ihrem eigenen Leibe erfahren, ohne deshalb gleich streifen zu wollen. Zu dieser Stunde aber und das gilt noch fü: einige Monate, ist der Streit im Namen des Sozialismus nichts anderes als der Kampf für den Rapitalismus, so widerfinnig es flingen mag. Wir stehen vor einer Wende in der Gestaltung unserer Wirtschaft. Durch den Friedensvertrag, dem wir Vertragstreue au halten bestrebt sein müssen, selbst wenn wir seine Erfüllung für unmöglic halten, sind wir für Jahrzehnte in der Schuld des Auslandes. Hunderte von Milliarden hat Deutschland zu zahlen. Wir sind also vom Ausland abhängig. Aber unsere Aufgabe muß es sein, diese Abhängigkeit so bald als möglich zu mindern, wenn wir nicht die Sklaverei für alle Ewigkeit festlegen wollen und wenn wir verhüten wollen, daß der Sozialismus in Deutschland für Menschenalter undurchführbar wird, weil jede unserer Wirtschaftsmaßnahmen dem u= 3wangsgebot westlichen Kapitalismus unterworfen ist.
Das Militär wird aus den öffentlichen Gebäuden und den Straßen entfernt, soweit die Eisenbahner und Vertrauenspersonen der Arbeiter den Schutz der Stadt garantieren Eine völlige Entfernung aus der Stad: erscheint vorläufig nicht ratsa m.
Gegen 8 Uhr abends erfolgte dem Kompromiß gemäß die 3 rückziehung der Truppen in die Quartiere.
Freilassung der verhaften Vollzugsratsmitglieder.
Proteft der S. P. D.- Fraktion.
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Hamburg , 26. Juni. Auf Befehl des kommandieren den Generals, Generalleutnant Mengelbier, wird über das Gebiet von Groß- Hamburg und Umgebung der Belage rungszustand verhängt. Die vollziehende Gewalt geht damit auf die militärischen Befehlshaber über. Kein bewaffneter Widerstand gegen Regierungstruppen. Die Hamburg , 27. Juni. ( Eigener Drahtbericht.) Zwölferkommission der Betriebsräte und die Volkswehr haben beschlossen, der Arbeiterschaft dringend zu raten, im Falle des Einrückens der Regierungstruppen in den Betrieben Im Reichsernährungsministerium arbeitet ein Mann, zu bleiben und feinerlei bewaffneten Widerstand zu leisten. der früher selbst Sandarbeiter gewesen ist, fieberhaft, um die Um dies durchzuführen, ist ferner beschlossen worden, daß Nahrungsmitteleinfuhr dem deutschen Proletariat sicherzuDie Boltswehr gemeinsam mit der Polizei den stellen. Inzwischen zerbricht man sich im ReichswirtschaftsSchutz der Stadt sichern und die Entwaffnung aller irgendwie unberechtigt Bewaffneten durchführen soll. Unbewaffnete ministerium, geleitet von einem Mann des Proletarierstandes, den Kopf, um die Zahlungsmittel für die Einfuhr organisierte Arbeiter sollen ihnen dabei helfen. Niemand zu beschaffen. Mit rasender Geschwindigkeit tost und foll weiter bewaffnet werden. Die Volkswehr Erst im Laufe des heutigen Vormittags, nicht, wie irrtümlich| stampft die Staatsmaschine, um den Aufgaben der nächsten hat beschlossen, im Falle des Einrückens von Regierungs- gemeldet wurde, schen heute nacht, find die verhafteten unabhängigen Beit gerecht zu werden. Und in diesem entscheidenden Mo| truppen ihnen nicht bewaffnet entgegenzutreten. Es find Regierungstruppen von Wandsbek und Mitglieder des Vollzugsrats auf freien Fuß gesezt worden. Die ment droht die Arbeiterschaft, die Arbeit, die Mitglieder der sozialdemokratischen Mehrheits- um ihrer selbst willen geleistet wird, zu= verschiedenen anderen anliegenden preußischen Ortschaften fraktion begaben sich heute morgen zum Reichswehrminister nichte zu machen, indem sie die Räder der Wirtschaftseingetroffen, außerdem werden zurzeit Regie: Roste und erklärten diesem, daß die Verhaftung der Vollzugsrats- maschine zum Stillstand bringt. rungstruppen ausgeladen in Hamburg selbst auf Man verlangt billige Lebensmittel. Vielleicht wären dem Bahnhof Berliner Tor. Die Zwölferfommission mitglieder eine ungeheure Erregung in der Berliner Arist unter Hinweis auf den oben mitgeteilten Beschluß, der in beiterschaft hervorgerufen habe, und daß die Großbetriebe mit sofie durch eine sofortige vollständige Freigabe der Einfuhe fortiger Arbeitsniederlegung drohen, falls nicht die zu erreichen. Profitgierige Händler und Wucherer, die im vielen Tausenden von Exemplaren in ganz Hamburg ver- Freilassung der Festgenommenen erfolge. Der Reichswehrminister Kriege sich Millionenvermögen gemacht haben, gaufeln im breitet wurde, dem kommandierenden General der Regie- sprach sein Bedauern darüber aus, daß auch die sozial Verein mit Kreisen der anständigen Kaufmannschaft den rungstruppen entgegengefahren, um ihn zu ersuchen, nicht demokratischen Mitglieder des Vollzugsrates von der Ver: Arbeitern vor, daß nur die Zwangswirtschaft" an der weiter vorzurüden. Teuerung und dem Schleichhandel schuld sei. Sirenenflänge! Und doch fallen Tausende von Arbeitern auf diese Nedensart hinein, die von dem Geldsackinteresse gerade derjenigen Leute am meisten getragen ist, die die Arbeiterfchaft Jahrhunderte lang aussogen.
Um 10 Uhr vormittags ist der Senat einberufen. Gestern haben in einigen Vororten Plünderungen von Villen stattgefunden. Eine Anzahl öffentlicher Gebäude sind noch immer von den Aufrührern besetzt.
Ein Aufruf des Senats.
haftung betroffen worden seien. Es war jedoch notwendig, den Vollzugerat zu besetzen, um festzustellen, wer in der Nacht zum Donnerstag das Telephongespräch mit Samburg ge führt habe. Es wurde dem Reichswehrminister versichert, daß kein Mitglied des Vollzugsrates in der Nacht vom 25. zum 26. Juni in dem Geschäftshaus In den Zelten anwesend war. Es fönne Wir brauchen nach den Berechnungen des ReichswirtHamburg, 26. Juni. ( W. T. B.) Der Senat veröffentlicht Hamburg , 26. Juni. ( W. T. B.) Der Senat veröffentlicht lediglich ein Angestellter in Frage kommen, doch sei der Voll- schaftsministeriums für Sicherstellung unserer Ernährung eine Bekanntmachung, in der er zur Ruhe und Einsicht auffordert, augsrat selbstverständlich nicht verpflichtet, eine solche Untersuchung und der Rohstoffbeschaffung für 40-50 Milliarden zu führen. Das sei vielmehr Sache der Behörde. Mark Auslandsware. Dies ist die Summe, die bei um die Ernährung Hamburgs , die weitere 8 ufuhr von Le= Der Vollzugsrat trat mittags zu einer Vollsigung au- planmäßiger Beschränkung der Einfuhr notwendig ist, um sammen, um zu den Vorgängen am Donnerstagnachmittag erträgliche Dofeinsbedingungen zu schaffen. Wenn alle BeStellung zu nehmen. Das Ergebnis wird der nächsten Vollver- schränkungen fallen, so erhöht sich der Bedarf auf ein Vielsammlung der Arbeiterräte bekanntgegeben werden. faches. Denn der Handel hat kein Interesse an der Frage, ob die Waren, die er einführt, auch wirtschaftlich wertvoll find. Bei dem ungeheuren Lebensmittel und Warenhunger Deutschlands werden dann alle unnüßen Dinge importiert, Apfelfinen und Kaviar, Seide und Brillanten. Dadurch aber wird die unnüße Verschuldung an das Ausland ins Ungemesiene erhöht, unsere Valuta ist auf Jahrzehnte hinaus von den Auslandsmächten, unseren Gläubigern abhängig und es bleibt uns nicht einmal das letzte Mittel, der Staatsbankrott, denn auch er ist nur mit Wissen und Willen unserer Gläu bigerstaaten durchführbar.
bensmitteln aus dem Ausland und das gesamte Wirtschaftsleben nicht in Unordnung zu bringen und sich gegen die von der Zwölferkommission aufgestellte Behauptung wendet, daß die politische Gewalt auf die Betriebsräte und Volkswehr übergegangen sei. Bürgerschaft und Senat feien bie gefeßmäßige Regierung. Heute mittag berjuchten sogenannte Jung sozialisten in das Rathaus einzubringen, um eine Anzahl höherer Beamten als Geiseln festzunehmen, was ihnen jedoch mißlang.
Wie die B. 3." meldet, ist heute eine größere Zahl von rebo= Iutionären Obleuten und Agitatoren, die sich in der Agitation für den Generalstreik, besonders für den Eisenbahnerstreit, hervorgetan, durch Morinaten im Muttrane des Gardes Mavallerie- Schübenkorps verhaftet und nach Moabit gebracht worden.
Bildung von Einwohnerwehren. Landsberg a. W., 27. Juni. Nachdem gestern gegen Mittag den Plünderungen im Proviantamt durch Einschreiten einer Genf , 27. Juni. Aus Paris wird gemeldet, daß die verschiebe.. So liegen die Dinge. Darum ist es ein töricht Gerede, Abteilung des Feldartillerie- Regiments 54 ein Ende gemacht nen Gruppen der französischen Kammer Vertreter für eine Kom- wenn man sagt, man würde mit billigeren Lebensworden war, dauerte die Erregung im Laufe des Tages an. Es mission ernannt haben, die die Ratifizierung des Friedensvertrages mittelpreisen aufrieden sein. Glaubt ein einziger 63 wurde eine Einwohnerwehr gebildet, an der sich die organi- prüfen sollen. Die Sozialisten haben zu ihren Vertretern daß Wissell, Robert Schmidt oder sonst irgend jemand jich fierte Arbeiterschaft, Mehrheitssozialisten und Unab- Sembat, Thomas, Laffont, sowie einige weniger bekannten Barla- zu ihrem Privatvergnügen Mühe geben, die Preise hochz hängige, beteiligten. Im Laufe des Abends tam es zu Tumut mentarier entsandt. Die sozialistische Sammergruppe hat ihren halten? Merft niemand, daß das Wohl und Wehe des deutien auf dem Marktplaß, die in Schießereien ausarteten. Ein Vertretern den Auftrag gegeben, einen Artikel in den Vertrag aufchen Proletariats für alle Zukunft auf dem Spiele steht? Mitglied der Einwohnerwehr wurde ericoijen, andere verlegt. zunehmen, der ausdrücklich bestimmt, daß in den Friedensvertrag Weiß feiner, daß er sich mitichuldig an dem AusSpäter wurde ein großes Konfektionsgeschäft, die Filiale der Ber - ein besonderer Artikel aufgenommen wird, der eine Ents verkauf unseres gesamten Nationalgutes macht genau liner Firma Vandsburger, vollständig ausgeplündert schädigung für die Verjentung der deutschen Flotte in der Bucht von so wie die Kriegsgewinnler, die ihr Vermögen in das AusScapa Flow und feine Sühnen für die Verbrennung der franzöfi lond verschoben haben, wenn er die kurze Spanne Reit, und die Ladeneinrichtung demoliert. schen Fahnen in Berlin fordert. die uns noch vor einer endgültigen Regelung unserer Ginund Ausfuhr trennt, sich nicht Maß und Biel in feinen Forderungen auferlegt und sein Leptes daran setzt, um den endgültigen Verfall unserer Wirtschaft aufaubalten? d
Aus Frankfurt a. D. wird uns berichtet: In Frankfurt a. D. wurde Donnerstagnachmittag der Belagerungszustand erflärt. Sofort nach Verkündung desjelben und noch ehe die Einmohnerschaft überall von der Maßnahme unterrichtet war, versuchte das eingerückte Militär, den Marftplaß und die an grenzenden Straßen zu räumen, die von einer dichten
Feindliche Besetzungen im Osten.
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Bern , 26. Juni. Nach dem Daily Telegraaf" werden englische Truppen Danzig und amerikanische Truppen Oberschlesien besegen.
Will man, daß alle Kreise sich den steigenden Forderungen anschließen und so binnen kurzem den Gewinn,