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den sei. und es ist daran der schwere Vorwurf geknüpft worden, als ob den Mahnahmen der Behörde dem EmontS gegenüber kapi- talistische Mot-ive zugrunde lägen. Davon kann natürlich in Wirk- lichkeit gar keine Rede sein. Die Angelegenheit verhält sich vielmehr folgendermaßen: Bei der Aushebung eines kommunistischen   Bureaus war den Strafversolgungsbehönden vor einiger Zeit ein Brief in die Hände gefallen, der an ein weibliches Mitglied der Zentrale der Kam- munistischen Partei gerichtet und mitE." unterzeichnet war. Weitere Ermittlungen ergaben, daß der'Schreiber dieses Brieses ein gewisser Emonts, Berlin  , Flensburger Straße 12 wohnhaft, war. Daß, wie sich erst später ergab, dieser EmontS mit dem Bankbeamtenführer gleichen Namens personengleich war, war der mit der Angelegenheit befaßten Staatsanwaltschaft damals über- Haupt nicht bekannt. In dem erwähnten Briese schilderte der Schreiber seine umfangreiche Propagandatätigkeit im Dienste der kommunistischen   Bewegung, und eS ergab sich aus seinen Ausführungen unzweifelhaft, daß er für die Ausbreitung des Bolschewismus, für den Sturz der gegenwärtigen Regierung, die Einführung der Diktatur des Proletariats und die Aufreizung der Massen zur Weltrevolution tätig war. Ilm   seine Propagandatätigkeit«och umfangreicher zu gestalten, erbat er in dem Briefe von der Zentrale der Äommunistischen Partei die Zu- Wendung größerer Geldmittel. Da die Tätigkeit des Briefschreibers den Tatbestand verschie- dener strafbarer Handlungen erfüllte, erging darauf am 18. Juni 1313 ein« Verfügung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht I an das Polizeipräsidium, in der dieses angewiesen wurde, den Emonts sofort zu verhasten und der Staatsanwaltschaft vorzuführen. Diese Verfügung ist von der Kriminalpolizei am 33. Juni 1313 ausgeführt worden. Hieraus ergibt sich zur Genüge, daß die Verhaftung des Emonts mit feiner Tätigkeit in der Bankbeamtenbewegung nicht das Geringste zu tun hat, daß sie insbesondere in gar keiner Begiehung steht zu der von ihm kürzlich in Sachen der Bankbeamtenbewegung unternommenen Agitationsreife. Nationalversammlung   zu Weimar  �3. Sitzung. Dienstag, den 1. Juli, nachm. 3 Uhr. Am Regierungstische: D a V i d u. a. Präs. Fehrcutach eröffnet die Sitzung um 3 Uhr 20 Min. Abg. Mumm<Dnal.) fragt nnch der Verwendung von Reichs- geldern für Parteizwccke, wie sie durch Versendung von Broschüren und sonstigen Drucksachen durch den Werbedienst der deutschen Republik und die Zentrale für Heimat« dienst durck portofreie Versendung erfolgt sei Er fragt, ob die Regierung bereit sei, dieser mißbräucklichen Propaganda endlich ein Ende zu machen und mitzuteilen, wieviel Relchsgelder für solche Zwecke verbraucht seien, sowie die schuldigen Beamten zur Rechen- schasr zu ziehen und von ihnen Rückerstallung der Beträge zu der- langen. Geheimer OberregierungSrat im Reichsministerium des Innern Freiherr von Nelser: Seil Anordnung der Liquidation des Werbediensies sind nach Angabe des Leiters neue Driickaus« iröqe nicht mehr erteilt worden. Eine Reihe von Druckauiträgen konnte aber nicht mehr rückgängig gemacht werden. Soweit dieses Propagandamoterial unbedenllich erschien, wurde es vom Werbedienst noch versandt. Seit mehreren Wochen ist aber jeder Versand endgültig eingestellt worden. Die von der Zentrale für Heimatdiensl verbreitete Denkschrift.Der Geist der neuen Volksgemeinschaft* ist lediglich eine Privatarbeit, die den Entwurf eine» OrganisationS- planes entbält und zum MeinungsauStauich anregen soll. Auch aus Kreisen der politischen Richtung des Herrn Abg. Mumm sind dafür der Zentrale sür Heimaldienst zahlreiche AnerkennungS- schreiben zugegangen. Eine Durchführung des Organisationsplanes ist selbstverständlich nach keiner Richtung erfolgt. Irgend welche Geldmittel sind für seine Verwirklichung nicht aufgewendet worden. Beschaffung von landwirtschaftlichem Siedlungsland. Der Ausschußberichlerstatter Abg. Allckette(Z.) hat die Verord- nung zu einem Gesetzentwurf umgearbeitet, der in seinem§ 1 be- stimmt, daß dw Bundesstaaten verpflichtet sind, zur Schaf- snng neuer Ansiedlungen und zur Hebung bestehender Kleinbetriebe gemeinnützige SiedlungSunterneh- in un gen zu bilden.
schaftlichen Hilfsmitteln und großer Vorsicht heranzugehen und sie gründlich vorzunehmen', denn mit ungründlichen Antworten und Methoden, die als sofort benutzbar angepriesen werden,»st Natürlich niemandem geholfen. Für die Bearbeitung derjenigen, zuerst von mir genannten Probleme, an deren Lösung auch der kapitalistische Unternehmer interessiert ist, sind von dieser Seite her zum Teil sogar recht beträchtlich« Mittel zur Verfügung gestellt worden. Die Arbeit- nehmerfchast aber war bisher nicht in der Lage, auch ihrerseits die Mittel zur Lösung von s i e interessierenden Aufgaben oder aar für die Gesamtheit der Frage, an denen ein sozialisierender Staat interessiert ist, zu gewähren; die Generalkommission der Gewerk- fchaften Teutschlands z. B. hat nur in anderer Weise ihr Jnter- esse an diesen Fragen bekunden können. Und so ist denn z. B. das Berufs auslese verfahren(der für einen Betrieb bestgeeig- neten) schon hie und da gefördert worden, während die wissen- schaftlichen Grundlagen für eine positive psychologische Berufs- beratuug(die jedem Menschen nachweist, für welche Berufe er besonders geeignet ist) auch sehr mangelhaft sind. Jetzt, da öffentliche Mittel im Sinne der Sozialisierung verwaltet werden, kann und sollte da? anders werden; die Lösung der vielfach bereit? angeschnittenen, aber nur unvollkommen oder einseitig behandelten Fragen kann nur durch ein staatliches von privaten Unterstützungen unabhängiges Forschungsinstitut für angewanöle Psychologie gründlich gefördert werden; die Kosten eines solchen Institutes würden sich durch seine Forschungsergebnisse Wohl sehr bald mehr als bezahlt machen.
Notizen. Volksbühne. Für das nächste Spieljahr sind zu: Darstellung vorgesehen die klassischen Stücke: Sophokles  Antigone  ", Shakespears ,.Chmb»line" undDie lustigen Weiber von Windsor  ", GoetheGötz von Berlichingen  " undTorquato Tasso  ", Georg Büchner  Wozzeck  "; von neueren Verfassern: Henrik Ibsen  Die Kronprätendenten*, B. Björnson  Paul Lange und Tora Parsberg*, August Strindberg  Nach Damaskus*, Bern- hard ShawKapitän Braßbounds Bekehrung*; an deutsche  E r st a u s f ü h r u n g e n: Ernst Barlach  Der tote Tag", Georg Kaiser  Tie Bürger von Calais", Otto Zoff  Kerker und Erlö­sung", ferner Robindranath TagoreDas Postamt* undChitra*. D a s Gesetz*. Die auf gestern angekündigte Bertiner Erstaufführung des Sozialistengesetz-DramaS von Paul Bader   im Wallner-Theater wurde verschoben. Der Volksliedforscher Otto Böchel, der in Michendorf   in der Mark lebt, wird heute 63 Jahre alt. Eine Dr.- Böchel-Spende(Dresdner Bank, Friedenau  ) ist für den körperlich schwer leidenden, in Bedrängnis lebenden verdienten Forscher er- öffnet worden. Druckfehler. In der Anzeige der Feldenschen Schrift über»Kirche, Religion und Sozialdemokratie* muß es in der siebenten Zeile heißen; Albert Kalthofs.
Präs. Fehrenbach stellt fest, daß eine Beratung in drei Lesungen erforderlich ist. Abg. Blum(Z.): Die Frage, ob der Großbesitz oder der Klein- besitz vorzuziehen sei, ist dahin zu beantworten, daß vollswirtschaft- lich eine gesunde Mischung beider das richtige und zweckmäßige ist. Die Statistik beweist, daß im allgemeinen in den unteren Stufen des Gesetzes der Eigenbetrieb, in den größeren dagegen die Pacht- fläche gestiegen ist. Das ist eine durchaus ungesunde Entwicklung. Zunächst muß die Beschaffung von Bauerngütern mittlerer Größe das Ziel sein. Auch die Landarbeiterfrage muß vor allen Dingen durch die SiedlungStätigkeit gelöst werden. Abg. SchmidthalS(Dem.): In der Landwirtschaft müßten mehr Kleinbetriebe geschaffen werden. Wenn wir die Ar- beiterbevölkerung nicht wieder aus dai Land hinausbringen, muß sie auswandern. Unser einziges Aktivum ist untere Arbeitskraft. Aber es muß auch wieder die nötige Arbeits- lust hineinkommen. Wir brauchen eine gesunde Mischung von großen und kleinen Betrieben. In der Geldsrage sollte man nicht zu ängstlich sein. Abg. Lobe(Soz.): Wir begrüßen diese? Gesetz, weil es endlich ein den Kriegsteilnehmern gegebenes Versprechen erfüllt. Als eine wesentliche Verbesserung betrachten wir, daß das Gesetz ausdrück­lich die Vergrößerung kleiner Stellen vorsieht, was insbesondere für Oberschlesieu eine besondere Rolle spielt. Als Vorteil beträchten wir es auch, daß kleine Bauern, mittlere Bauern und Lehrer bei der Ausführung des Gesetzes mitwirken und die Entscheidungen nicht mehr der Bureaukratie überlassen bleiben. (Beifall.) Abg. Dr. Rösicke(Dnai Vp.): Wir haben uns immer für das Siedlungswesen lebhaft interessiert. Redner tadelt, daß aus den Regierungsbänken nur ein einziger Kommissar sitze. Regierungskommissar für das Wohnungswrfen Scheidt  : Die SchnnevigkeÄen die einer Vollziehung de? Gesetzes ent- gegenstehen, bestehen in der Hauptsache in dem Magel an Bau- swffen. Für die Bauwirtschoft fehlt: eigentlich alles, namentlich Ziegel und Kalk. Von insgesamt 18 333 Ziegeleien in Deutschland   haben zeitweise über 17 333 st i l l g e- legen. Gegenwärtig siegen noch 16S33 still', so daß nur 1533 arbeiten. Und auch diese sind nur zum Teil imstande, ihre WirtschaftSmöglichkeiten auszunutzen, so daß sie vielfach ihre Lieferungen nicht einhalten können. Dr. Roesicke wies darauf hin, daß namentlich bei landwirtschaftlichen Bauten auf Ersatzstoffe zurückgegriffen werden könne. Er sprach von Lehm als brauchbaren Ersatzstoff für Ziegel. Wir haben Versuche gemacht und sie hatten ein verhältnismäßig günstiges ErgebruS. teilweise durchaus befriedigend. Auch die Baukosten ermäßigten sich. Die größte Schwieoigkeft liegt vielleicht in der Bauko sten'ver- teuerung. Das Reich hat b33 Millionen für Wohnungsbau ten zur Verfügung gestellt. Auf die Frage, ob diese Mittel ausreichen werden, kann ich nur sagen, sie werden es bestimmt nicht tun.(Hört, hört!) Voc-dem Kriege sind in Deutschland   etwa 233 333 Wohnungen mit einem Kostenaufwand von st- Milliarden gebaut worden. Heute haben sich die Baupreise um das vierfach« erhöht, an einzelnen Stellen noch mehr. Wir würden also rund 3 Milliarden brauchen. Das wäre der Jahresbetrag, der nötig wäre. Aus R-eichSnmtteln stehen aber nur S33 Millionen zur Ver- fügung Wenn erst BaustoEe wieder in größeren Mengen vorhan­den sind, dann werden wir mit den 533 Millionen bald zu Ende fein. Als Staatskommissar für das Wohnungswesen konnte ich noch die Beobachtung machen, daß die bisher eingegangenen Anträge auf Zuschüsse fast ausschließlich aus den Städten stammen, von dem Land'e aber fast keine. Das ist ein« große Gefahr für die Ansiedlung. Nachher wird für das Land nichts mehr übrig sein. Ich möchte daher warnen, daß die Landwirte, wie es heute wohl dielfach der Fall ist, mit ihren Bauten»arten,_ bis wieder Ziegel zur Verfügung stehen. Von Seiten der beteiligten Stellen wird alles geschehen, un; die Schwierigkeiten zu beseitigen oder wenigstens zu mildern, die sich der Schaffung neuer Ansied- Hungen entgegenstellen. AbA. Busche(Dnat. Vp.): Ich halte es für das Wichtigste, möglichst viele neue Siedlungen zu schaffen. Da- bei sollte man möglichst auch die Kriegsbeschädigten und diejenigen berücksichtigen, die aus den uns jetzt verloren gehenden Gebieten in das verkleinerte Deutschland   zurückwandern._ Abg.Hcrz(U. Soz.): Meine Fraktion wird nicht für das Gesetz stimmen, weil es nicht praktische Arbeit leistet, sondern trügerische Hoffnungen erweckt, sie nicht erfüllt werden können. Kein Augenblick ist für neue Siedlungen ungünstiger als der gegen- wärtige. Unsere landwirtschaftlichen Verhältnisse� können nur da- durch gesunden, daß an die Stelle der Privatbetriebe die Gemein- Wirtschaft tritt. Regierungskommissar Professor Gering: In allen Kulturländern der Erde vollzieht sich die Entwick- lung des landwirtschaftlichen Betriebes nicht in der Richtung zu den großen Arbeitsgemeinschaften, sondern ist gekennzeichnet durch das unausgesetzte starke Vordringen der auf die Arbeitskraft der Familie des Eigentümers ge- gründeten Betriebe. In der Landirtschaft liegt das Prin- zip des Fortschritts nicht wie bei der' Industrie in der Schemati- sicrung und Mechanisierung, sondern in der Jndividuali- sierung der Produktion. Es kann sich nicht darum handeln, der Kleinwirtschaft den modernsten Fortschritt zugänglich zu machen. Kein Schema, sondern eine gesunde Mischung von Groß- und Kleinbetrieb! Abg. Dr. Heim(Z.): Das Gesetz ist ein hervorragend konser- vatives Gesetz, ausgegangen von der heutigen Regierung. Sie wird noch häufiger solche konservative Politik machen müssen. Die Schaffung kleiner Existenzen ist ein konservativer Gedanke. Er läßt sich nur genossenschaftlich verwirklichen. Der Kleinbetrieb kann nur schwache Ueberschüsse auf den Markt bringen. Die we- sentlichen Unterschiede zwischen dem größeren Grundbesitz und dem kleineren Grundbesitz bestehen darin, daß der erste uns mit Bodenprodukten, der andere mit Stallprodukten versorgt. Bei der Durckführung de» Siedelungsgedankens muß mehr Wert auf die Praxis gelegt werden, als es bisher geschieht. Ohne Zweifel werden wir nicht wieder das Industrieland von ehemals, sondern müssen uns darauf einstellen, daß wir mehr Agrarland werden. Präsident Fehrenbach: Es Legen keine weitere« Wortmel« düngen vor. Es folgt�die zweite Beratung. Der Präsident bringt die einzelnen Paragraphen zur Ab- stimmung. Die 88 1 28 werden mit einige» Abänderungen nach unerheblicher Debatte angenommen. Bei§ 24, wonach auch die LandeZzentralbehörden AuSfüh. rungsvorschrrften zum Gesetz erlassen können, ergibt sich eine längere juristische Auseinandersetzung. Die Entscheidung über diese Frage wird bis zur dritten Lesung ausgesetzt und der 8 24 vorbehaltlich der Aenderung in der dritten Lesung vorläufig un- verändert angenommen. Der Rest des Gesetzes gelangt ohne De- batte zur Annahme. Schließlich werden die vom Ausschuß beantragten Entschlie- ßungen angenommen, tvorin die Reichsregierung ersucht wird, von Reichs wegen eine Stelle zu schaffen, von der aus das Siedlungs- Wesen kontrolliert wird sowie dahin zu wirken, daß Baumaseria- lien in ausreichender Menge zu Ansiedlungszwecken zur Verfügung gestellt werden, und die Bildung von Genossenschaften zu fördern, welche durcb zunächst pachtweise Ueberlassung von Ansiedlungsland die allmähliche Durchführung der Ansiedlung ihrer Ritglieder her- beiführen. Die dritte Lesung wird wegen der erwähnten Streitfrage ver- tagt. Schluß Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch 2 Uhr.(Interpellationen. Zweite Lesung des Verfassungsentwurfes.)
preußische ianöesversammlung. 37. Sitzung vom 1. Juli, 12 Uhr. Am Ministertisch: Haenisch. Aus der Tagesordnung stehen zunächst kleine Anfragen. Auf Anftage des Abg. Riedel- Charlottenburg(Dem.) über d e Einsetzung eines ungesetzlichen Arbeiterausschusses im Eisenbahn- direktionsbezirk Altona erwidert ein Vertreter des Eisen- bahnmini st er i ums, es handle sich nur um eine p r o v i- sorische Auerken nung bis zur definitiven gesetzlichen Regelung. Auf Anfrage Dr. Rosen selb(U. Soz.) wegen eines Mord- ansckflagS auf den Unter suchungSgefangenen Radek er- widert ein Vertreter des Kriegs Ministeriums: Der Regierung ist bekannt, daß am 13. Juni, als Radek auf einem Spaziergang war, Schüsse gefallen sind. Ob Absicht oder Fah!> lässigkeit vorlag, muß die sofort eingeleitete, aber noch nicht abge- schlossene Untersuchung ergeben. UebungS schießen mit scharfer Munition innerhalb der Stadt ist streng ver- boten. Die Truppen sind erneut auf diese Bestimmung hinge­wiesen worden. Weitere Matznahmen läßt der geschilderte Vor- gang nicht geboten erscheinen.(Hört, hört! und große Unruhe bei den U. Soz.) Auf eine Anfrage de? Abg. T e g e n e r(Dnat. Vp.) wegen Entfernung von Bildnissen der kaiserlichen F a- m i I i e aus den Schulen in Bochum   durch den Arbeiterrat erwidert Kultusminister Harnisch: Zu meinem Bedauern ist die Wen- dung23 i l d e r st ü r m e r e i* in meinem Erlaß vom 29. März so aufgefaßt worden, als verurteile die Staatsregierun« jede Eni- fernung solcher Bilder. Die Arbeiterräte in Bochum   haben aller- dingS ihre Befugnisse überschritten, was von der Regierung ent­schieden mißbilligt wird. Ich erkläre ausdrücklich, daß zwar jeder- mann in seiner Privatwohnung so viel Kaiserbilder anbringen kann wie möglich, aber in den öffentlichen Schulen hat kein Wahrzeichen des alten kaiserlichen Deutschlands   mehr Platz. (Große Unruhe rechts, Zustimmung links.) Sie können dort eben- sowenig geduldet werden, wie das frühere kaiserliche Deutschland  republikanische Abzeichen in seinen Schulen geduldet hätte.(Seh: richtig! links.) Darum habe ich raeinen Erlaß dahin erweitert, daß mit selbsttierständlicher Ausnahme von Kunstwerken, wie der Tar­stellung des Alten Fritz von Menzel und Bismarcks von Lenbach die Kaiserbilder durch die Schulaufsichtsbehörden aus d Schulen entfernt werden sollen, aber nicht demonstrativ, sondern möglichst unauffällig, am besten. während der ganzen Ferien.(Große Unruhe rechts.) Eine Anfrage der Abgg. Degcnhardt und Gen.(Dem.) ersucht um Auskunft über die Vorgänge im Eisenbahn  - direktionsbezirk Erfurt   am Sonntag, den 15. Juni, und über deren Veranlassung. Ein Regierungskommissar gibt eine kurze Dar- stellung der Vorgänge. Es sei von einer Versammlung von Eisen- bohnern die Absetzung des Dircktionspräsideirten verlangt worden und es habe sich ein Demonstrattonszug daran geschlossen. Diesem seien Tafeln vorangetragen worden mit der Inschrift:ES lebe die Diktatur des Proletariats!* undNieder mit der Regierung!" Daraus allein schon ergebe sich, daß poli. tische Momente der Demonstration zugrunde gelegen hätten. Die Regierung habe einen Kommissar zur Untersuchung an Ort und Stelle abgeordnet. Der Antrag der Demokraten auf Annahme eines Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit und Straf milde- rung bei ehrengerichtlichen Strafen und ehren- gerichtlichen Verfahren gegen Aerzte wird in zweiter Lesung ohne Erörterung unverändert angenommen. Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs über weitere Beihilfen zu KricgSwohlfahrtsaüsgabcn der Gemeinden und Gc- meindeverl'ändc. Der Gesetzentwurf wird nach kurzer Erörte- rung c i n st i m m i g angenommen, die 153 Millionen werden aber von den Rednern der Linken und des Zentrums nur als Aoschlagc- zahlung bezeichnet. Eine baldige Erhöhung des Betrages wird ge- fordert. Die Vorlage wird einstimmig angekommen. Es folgt die Beratung der Vorlage auf Vcrstadtlichung der Charlottenburger Wasserwerke. Abg. Dr. Hagen(Z.): Die, Beschaffung des Wassers bat einen monopolartigen Charakter und eignet sich zur Soziali sicrung.?lber diese Vorlage ist so schnell gekommen. daß eine gründliche Prüfung erst im Ausschuß möglich ist. Abg. Cassel(Dem.): Es wäre doch viel richtiger, den ganzen Besitz als solchen zu enteignen, statt den einzelnen Aktienbesitzern eine CiilschMiaung zu gewähren.' Abg. Leidig(D. Vp.): Die Vorlage ist ein Ausnahmegesetz, denn sie greift ein einzelnes Werk heraus und läßt große private Wasserwerke, wie das von©elfenkirchen, nach wie vor bestehen. Das Interesse Schäncbergs ist kein Grund sür eine vorzeitige Sozialisierung. Abg. Bruns(Soz.): Wir begrüßen eS, wenn dieser gemein­nützige Betrieb der privaten Ausbeutung entzogen wird. Die Bor  - läge ist notwendig, sie mache endlich den Anfang mit prak- tischer Soziall sicrung. Abg. Hammer(Dnat. Vp.): Volle Entschädigung muß ge- chährt werden. Abg. Dr. Rosenfclb(II Soz.): Das ist ein kläglicher Ansang der Sozialisicrung. Wir stimmen nur ungern zu. Die Vorlage wird an einen besonderen Ausschuß von 21 Mst- gliedern verwiesen und'darauf die Aussprache über den Etat der Justizverwaltung fortgesetzt Justizminister Am Zehnhoff: ES ist der feste Wille der Ver« waltung, daß die tSeamtenausschüsse nicht bloß auf dem Papier stehen bleiben. Der Gedanke, Rechtsanwälte als Richter zu nehmen, ist mir durchaus sympathisch, aber praktisch nicht durchführbar. Abg. Deerberg(D. Nat.): Was bedeuten alle unsere Erörte- rungen hier gegenüber den furchtbaren Schicksalen draußen! Die Organe der Rechtspflege haben in dieser Zeit der Verwirrung keinen Augenblick versagt. In Preußen und Deutschland   herrscht keine Klassenjustiz.(Lebhafter Widerspruch bei den Soz.) Die Klassen- justiz betreiben Sie(zu den Soz. Große Unruhe links.) Das Wahl- richtertum würde die Justiz zum Kriegsschauplatz politischer Gegen- sätze machen. Der Staat muß die mittleren und unteren Justiz- bemnten besser stellen. Wir mißbilligen die Knebelung der Preß- frciheit. Wo sich nationaler Stolz gegen die Schmach des Versailler Friedens regt, wird mit einem Verbot eingeschritten. Das ist die Freiheit des 9. November,(ibeifall rechts.) Abg. Stendcl(D. Vp.): Wir wünschen kein«- allgemeine Zu- ziehung von Frauen zum Schöffen» und Geschworenenamt. Wie kann man behaupten, daß die Revolution ein Segen für unser Volk gewesen ist? Die Mehrheit des Volkes sieht in der Revolution ei« Verbrechen. (Große Unruhe links.) Wenn ein Antrag deS Berliner   Vollzugs-rats auf Haftentlassung nicht beachtet wurde, so sagen wir: Gott sei Dank, daß es noch Richter in Berlin   gibt, die sich in ihren Kram nicht hineinreden lassen. Nunmehr schlägt der Präsident Vertagung auf Mittwoch, 1 Uhr, vor, mit der Tagesordnung: Kleine Vorlagen und Fortsetzung der EtaiSberatung. Hebet einen Antrag auf Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung muß durch Auszählung abgestimmt werden. Diese ergibt Beschlußunfähigkeit. Der Präsident erklärt. daß er die'Tagesordnung der nächsten Sitzung den Mitgliedern schriftlich zustellen wird. �Schluß 6 Uhr.) Abgeordneter Professor Dr. Preuß ist zu den weiteren Arbeiten am Verfassungswerke mit der Vertretung des ReichsmiuisterlutnS be­traut wurden.