Schwere Ausschreitungen in Stolp. Im Anschluh an eine D«mnnstrationSversammlunF der Unabhängigen und Kommunisten in Stolp kam es. wie die.Telegraphen- Union'" meldet, gestern abend zu Gewalttätigkeiten und schweren Ausschreitungen. Verschiedene Läden wurden gestürmt und geplündert. Die Polizei, die gegen die Plünderer macht- los war, rief das hiesige Husarenregiment Nr. 6 um Hilfe an, das mehrere Patrouillen in die Stadt entsandte. Bei dem Versuch, die Plünderungen zu verhindern, kam es zu Schießereien, bei Denen eine unbeteiligt« Frau getötet und 5 weitere Personen verletzt wurden. Um Mitternacht war die Ruhe wieder hergestellt. Die Untersuchung gegen Eichhorn. Der Untersuchungsausschuß der Preußischen LandeSversamm- lung wogen der Unruhen setzte am Dienstag das Zeugenverhör fort. Kaufmann Friedrich D ö z e wuvde am Sonnabend, den 11. Ja- nuar. in der Kaiserstraße von Eichhornschen Sicherheitsmannschaften verhaftet, ins Präsidium geführt und dort seiner Brief» tasche mit 295 M. beraubt. Während seiner Festhaltung im Poti - zeipräsidium traf die Nachricht von der Erstürmung deS.Vorwärts" ein, die Niedergeschlagenheit hervorrief. Es'sielen in Brauns Zimmer Bemerkungen, man hätte gehofft, daß der.Vorwärts" sich wenigstens so lange halten werde, bis die Bolschewisten zu Hilfe kämen, die schon im Anmarsch auf Königsberg seien. Zeuge Wilhelm G r a s« n i ck war in der Leitung des Sicher- heitSdiensteS tätig. Eichhorn habe versucht, die Leute des Sicher- heitsdienstes auf die Kommandantur abzuschieben, um dafür durch Braun Zivilisten einstellen zu lassen. In einer Sitzung mit den Leuten des Sicherheitsdienstes erklärte der Unabhängige Wegmann, dies geschehe im Einverständnis mit dem Bvllzugsrat, weil diese organisierten Arbeiter in der Bekämpfung der Gegenrevolution zu- vcrlässiger sein würden als die Leute, die aus dem Felde zurück- kämen. In der Nacht vom S. zum 10. Dezember hat Eichhorn, nachdem zuvor Karl Liebknecht bei ihm gewesen war, Alarmbereitschaft gegen die einziehenden Fronttruppen proklamiert und sich der Kommandantur bemächtigt. Unter den Zivilisten, die Eichhorn an Stelle der Sicherheitswehr einstellte, waren zahlreiche Zuhälter und schwere Verbrecher. Zeuge Kaufmann Ernst Conheim war seit der Revolution in wichtigen Stellungen im Polizeipräsidium tätig, insbesondere als Leiter der dritten Abteilung des Sicherheitsdienstes. Als wegen der Anstellung der Zivilisten durch Braun die Sicherheitswehr ein- mal rebellierte, hat Eichhorn dem Zeugen, der Sicherheitsdienst im Polizeipräsidium hatte, Befehl gegeben, die Tore zu schließen und auf die demonstrierend anrückenden Sicherheitsmannschaften zu schieben. Zum gleichen Zweck hat Eichhorn einen Maschinen- gewehrzug schußfertig machen lassen und eine Kompagnie der Volks- marinedivision unter dem Grafen Metternich herbeirufen lassen. Am 24. Dezember haben Gabel und Swoboda die Arbeiter verschie- dcncr Großbetriebe telephonisch herbeigerufen. Die Waffenkammer wurde an jenem Tage glatt ausgeteilt. Waffen erhielt, wer das Stichwort Braun und Laub kannte. Der Zeuge bestreitet, ebenso wie die vorhergehenden mit aller Entscheidercheit, daß Leut- nant Fischer gegen die SicherheitSmanirschaften oder Eichhorn in- triguiert hätte. Der Sicherheitsdienst habe sich mit der Komman- dantur leicht verständigt, nur Eichhorn hätte eine persönliche Dlffe- renz mit Wels gehabt. Zeuge Martm LewandowSky hat im Auftrag von War- litzer. der sich auf einen Befehl von Eichhorn und Braun berief. vom 23. Dezember an die Waffen an Zivilisten ausgegcben. Außer- dem wurden auch aus einem Geheimdepot Waffen in großer Menge ausgeteilt. Das Zeugenverhör wird am Mittwoch fortgesetzt.
Schlußtagung ües Deutsch -üemokratilchen Parteitages. Einberufung eines neuen Parteitages vor den Wahlen. Im weiteren Verlauf der Tocmng bei-bäsligte sick der Parteitag zunächst mit der Wahl deS Vorsitzenden für den Parteiausschuß Naumann wird mit 235 gegen 254. die auf Petersen entfallen, zum ersten Borsttzcndcn gewählt. Dann wurden die volkswirtschaftlichen Besprechungen fortgesetzt. In dreien nahmen u. a. das Wort: der Adg. Hartmann, der Vorsitzende des Verbandes der deutschen Gewerkvereiae. Er unter- stützt eine Sniichlreßung Erkelenz und Genossen, die späterhin ein- stimmig angenommen wird. I» dieser Entschließung wird die Beseitigung deS unseligen Klassenkampfe« ge- forden. Parteisekretär F i s ch e r» Stuttgart glaubt durch das Hinzuziehen der Ardeilerräte und Betriebsräte, dies« zu der Ueberzeugung zu bringen, daß eine Teilung von Leitung und Arbeit vorgenommen werden muß. Paß-Köln verlangt A r b e i t s z w a n g für alle und Schutz der Arbeits- w i l i i g e n. Es erfolgt nun die Aussprache über die kulturellen Fragen. Staalsminister Strecker-Heisen erklärt, daß die Demokraten schon mit Rücksicht auf das Schul- komvromiß so schnell wie möglich wieder in die Regierung eintreten müsse. Baden und Hessen werden sich der Einführung des Schulkompromtises aufs schärfste widersetzen. Professor Lieb- mann- Kiel spricht gegen dle Todesstrafe. � Der Parteitag gehl dann zu einer Besprechung deS Gerland- schen ReserateS über das Verhältnis jzum Staat über. Ein Delegierter spricht dabei eindringlich gegen da« bedenkliche Aus. wanderungsfieber, das im Volt Platz gegriffen hat, und fordert Fraktion und Regierung auf. entschiedene Schritte dagegen zu unternehmen. Auf den«ntiag des Stadtrats Dr. König-Chornlk wird ein Antrag angennmmen. in dem die preußi'che Fraklio» auf- gefordert wtrd, sofort dafür zu sorgen, daß das Siede lung»- g e i e y umgehend durch ein N o l g e s e tz in Kraft tritt. Em Antrag, nach welchem zur Schassung eines WahlfondS. von jedem organisierten Mitglied ein einmaliger Beitog von 8 M. er hoben werden ioll, wird dem nächsten Parteitag überwiesen, nach- dem vorher beschlossen woiden war, noch vor den Wahlen»och einen neuen Parteitag einzuberufen. Der Ort der Tagung soll von der Parteileitung bestimmt werden. Es wurde dann der ProgrammauSschuß gewählt, der au« 21 Personen bestebr. Dann wurde der Parteitag geschlossen. Genosse Hclmann Borfihender der Ludgetkommisfiv«. Weimar , 22. In U. i Eigener Drahlbericht des.Vorwärts".) In dem Vorsitz der Budgetkommüfion ist durch das Ausscheiden von Hermann Müller als Minister de« Auswärltgen«in Wechsel vollzogen worden. An seine Stelle ist zum Vorsitzenden Hugo Hetmann, Abgeordneter der so<ialdemokraiiichen Partei, gewählt worden. Amerikaner über den Frieden. In Basel wurde einer a m e- r i k a n i s ch e n I o u r n a l i st e n a o o r d n u n g, die die Schweiz b°suw!.«>n Bankett gegeben. Auf diesem äußerte der Sprecher der Delegtion, Lincoln S.t« f f e n, in seiner DankeSrcoe, der in Paris geschlossene Friede sei ein schlechter Fried«. Der wahre Friede müsse erst noch kommen. Alle Länder, auch Amerika und die Schweiz , hätten ihr« Selbständigkeit verloren. Der Redner brachte ein Hoch aus auf die g r« u n d s ch a f t a I l e r N a t l o n e n, e u t s ch la n d inbegriffen. Die Ansprache fand ungeteilten Beifall.
(Fortsetzung aus der Tbenidausgabe.) Zu Art. 64 beantragen die unabhängigen Sozialdemokraten Frau Agnes u. Gen., daß die preußischen Stimmen nicht von den Provinzialverwaltungen, sondern von den Provinziallandtagen, und zwar auf Grund des Reichstagsivahlrechts zu bestellen sind. Die Abgg. Dr. H e i n z e(D. Vp.) u. Gen. beantragen den Zusatz, daß die Stimmen einheitlich für jedes Land abzugeben find. Abg. Sollmann(Soz.): Wir stimmen dem Kompro- mißantrag zu und lehnen den Antrag der Deutschnationalen ab. Wir hätten allerdings das Erfordernis eines verfassungs- ändernden ReichsgcsetzeS gewünscht, mußten aber die Berechtigung der Gründe des Zentrums dagegen anerkennen. Die Gebiets- änderungen sind durch den Kompromi antrag wesentlich erleichtert, dagegen sind die Bedingungen für die Volksabstimmung wesentlich erschwert, denn nicht nur die einfache Mehrheit, sondern drei Fünftel der Stimmen sollen den Willen der Bevölkerung zum Ausdruck bringen. Die Vorschriften über Gebietsänderungen ohne Zustimmung der unmittelbar beteiligten Länder sollen erst zwei Jahre nach Verkündung der Reichsverfassung in Kraft treten. Diese Sperrfrist ist in der Hauptsache im Hinblick auf die Verhält- nisse im Westen unseres Vaterlandes eingeführt worden. Ich glaube ohne Widerspruch feststellen zu können, daß alle Vertreter der Rheinlande einig sind in der Auffassung, daß jetzt irgeriidwelche Loslösungsexperimente im Rheinland nicht vorgenommen werden dürfen. Daß es vielmehr für alle Parteien ohne Ausnahme gilt, eine Einhettsfront gegen die Franzosen herzustellen. Hoffentlich wird diese Absicht in den Landes- teilen, in denen Loslösungsbestrebungen sich geltend machen, nicht mißverstanden und nicht mißdeutet werden; es handelt sich lediglich darum, so lange die Regierung innerhalb Deutschlands nicht zu einem gewissen Abschluß gekommen ist, neue ZerfallSerscheinungen und Zerfallsmöglichkeiten hintanzuhalten.(Beifall bei den Soz.) Abg. KaaS(Zentr.): Nehmen Sie den Antrag an, er dient zur Stärkung der Widerstandskraft der Westmark gegenüber Vergel. tungSbestrebungen im Interesse deS gesamten Vaterlandes.(Leb- hafter Beifall.) Abg. Falk(Dem.): Der Artikel 18 hat eine besondere Bödeu- tung für-das ganze Verfassungswerk;«r ist die Krönung deS Ge- bäudes. Die Revolution hat wohl Throne gestürzt, aber die Zersplitterung Deutschlands hat sich als eine Macht erwiesen, an der auch die Revolution zerschellte. Heute marschiert aber bereit« der Gedanke des Ein- heitsstaateS. Außerhalb der Welt der Ideen zwingt uns aber auch die rauhe Wirklichkeit auf den verschiedensten Gebieten zum Uni- t a r i S m u s. Abg. Dr. Philipp(Dnat. Vp.): Den Streit, der hier zum Aus- trag gebracht werden soll, hat das alte Reich Bismarcks besser ge- löst, als es dem vorgeschlagenen Artikel IL der neuen Reichsder- fassung möglich sein wird. Preußischer Minister Heine: Preußen ist weit entfernt von jedem preußischen Partikularis- mns. Wir in Preußen verstehen auch die Gründe, die leider zu einer gewissen Abneigung gegen Preußen, leider auch bei einem Teil der preußischen Bevölkerung selbst, geführt haben. Aber da» Preußen, das wir aufbauen wollen, ist nicht da? alte Preußen, und wenn wir Preußen stark erhalten wollen, so tun wir eS. um es stark und kräfrig zu machen für die Aufgaben des Reiches. Preußen ist nicht abgeneigt, im Interesse der Vereinheitlichung auch preußische Gebietsteile herzugeben, und eS verhandelt über solche Absichten bereit? mit dem Freistaat Hamburg und mit den thürin- gischen Staaten. Aber es ist selbstverständlich, daß dann auch die' Staaten, denen wir mit Gebietsabtretungen helfen, dem Wunsche nach Vereinheitlichung der Verwaltung Rechnung tragen. Aber so elwas macht man nicht vom grünen Tisch aus. sondern von unten her, aus den Bsdürfnissen, die aus den einzelnen Ländern und Gebieten von selbst herauswachsen. Abg. Dr. Heinz«(D. Vp.): Wenn Preußen»erschlagen wird, so zerfallt es in ein Dutzend Mittel stallten, denen vor allem das Wichtigste, daS gesunde Staatsgcfühl fehlt.(Sehr richtig.) Hesstscher Justizminister v. Brentano dt Tremezzo : Der Abg. Dr. Philipp ist gänzlich unorientiert über die Dephältnisse im Süden, wie es seiner Partei oft passiert und wie eS für die Psyche der Norddeutschen charakteristisch ist. Uns gegenüber wird man direkt beleidigend, es wird von einem landesverräterischen System gesprochen und sogar der kulturkämpferische abgetrieben« Gaul wieder hervorgezogen. Der Staat, wie wir ihn etwa projektieren, würde ein besseres Bollwerk für die deutsche Sache sein, als cj andere Staaten mit hakotistischer Färbung gewesen sind. Der Redner wird schließlich durch lebhafte Schlußrufe aus allen Teilen des Hauses unterbrochen. Abg. Haas«(U. Soz.): Der Kompromiß weicht einer klaren Entscheidung aus. Nach Annahme einiger von den Abgg. Luppe und Ludewig (Dem.) beantragten geringen Aenderungen wird der Kompromiß- antrag Loebe-Trimborn-Heile zu Art. 18 in namentlicher Ab- stimmung mit 189 gegen 71 Stimmen bei 16 Stimmenthaltungen angenommen. Artikel 82 wird in der Ausschuhfassung mit einem ton dem Abg. Luppe(Dem.) beantragten Zusatz angenommen, wonach daS Stimmverhältnis im Reichsrat jeweils entsprechend der Volks- zählung neu geregelt werden soll. Artikel 84 wird unter Ablehnung aller Anträge unverändert in der Auischußfaflung angenommen. Ebenso wird der Artikel 184» genehmigt. DaS Haus nimmt nunmehr die gestern ausgesetzte Abstim- mung über den Artikel 182(Räteartikel) vor, in der sämtliche AbänderungSanträge abg«. lehnt werden bis auf den Antrag D e l i u s, der im Reichswirt. schaftsrat und in den Bezirkswirtschaftsräten nicht.die wichtigsten BerufSgruppen", sondern.alle wichtigen BerüfSgruppen" vertreten fehen will. Mit dieser Aenderung wird der Artikel 182 in der Ausschußfassung angenommen. Zu dem gestern erledigten Artikel 152(Bodennutzung) ist noch rückständig die namentliche Abstim- mung über den Antrag Auer(Soz.), der die Aufhebung der Pri» vatcn Regale und Mutungsrechtc verlangt; sie ergibt die An- nähme des Antrages mit 132 gegen IIS Stimmen. Die Sitzung wird abgebrochen. Weiterberatung 4 Uhr: Ueber» gang«, und Schluhbestimmungen. Schluß 1% Uhr.. Abeudsitzung. Nach Wiedereröffnung der Sitzung wird zunächst Artikel 164 beraten, wo; ach in den nächsten 15 Jahren Mitglieder der Familien von Landesherren, die 1018 in Deutschland regwrt haben, nicht zum} Rcichspräsidcntcn gewählt werden können. Anträge Arnstadt (Dnat.) und Dr. Heinz(D. Vp.) fordern die Streichung dieser Be- stimmung, während ein Antrag der Unabhängigen»er. längt, daß die Mitglieder solcher Familien, die in Deutschland re- giert haben, überhaupt nicht zum Reichspräsidenten gewählt werden können. Der Antrag der Unabhängigen wird durch Auszählung mit 123 gegen 1l7 Stimmen angenommen. Nach Artikel 187 sollen die Post, und Telegraphenvvrwaltungen Bayern» und Württemberg « im Wege der Verständigung bis zum 1. April 1021 auf daS Reich übergehen Ist bis zum 1. Oktober 1920 keine Verständigung erfolgt, so soll durch Reichsgesetz über dl« Uebernahmebedingungen und durch ein Schiedsgerichr über die Höhe der Entschädigung entschieden werde». Gleiche Bestimmungen trifft
Artikel 168 für die Uebernahme der Staatseisenbahnen und der Wasserstraßen auf das Reich. Beide Artikel werden an- genommen mit einem gemeinsamen Antrage des Zentrums, der Deutschnationalen, der Demokraten und der Sozialdemokraten, wonach beim Mangel der Verständigung die sämtlichen Uebernahme- t>edingungen durch den Staatsgerichtshof zu entscheiden sind. Berichterstatter Haußmann hatte mitgeteilt, daß nach den ge- pflogenen Verhandlungen Bayern und Württemberg mit dreier Lösung der Frage einverstanden feien. In folg: dessen erklärte sich auch Reichökommissar Dr. Preuß damit einverstanden. Er sprach noch der preußischen Regierung und dem preußischen Eisenbahn- minister den besonderen Dank der Reichsregierung für die Füh- rung der Verhandlungen aus.— Entsprechend einem Antrag des' Abg. Koch-Kassel(Dein.) wurde dem Reiche auch die Verwaltung aller Seezeichen übertragen Auf Antrag Dr. Düringer(Dnat.) wird«in Artikel 169» ein- gefügt, wonach eine Eidesleistung rechtswirksam auch in der Weise erfolgen kann, daß unter Wcglassung der religiösen Eidesform einfach erklärt wird:„Ich schwöre". Artikel 172 bestimmt, daß bis zum Zusammentritt des ersten Reichstags die ittationalversammlung als Reichstag gilt und der bisherige Reichspräsident bis zur gültigen Wahl ein!« Nachfolgers Reichspräsident bleibt. Abg. Dr. von Delbrück(Dnat. Vp.): Nach dem Wortlaut deS Artikels ist das Mandat der Mitglieder der Nationalversammlung und deS Reichspräsidenten und ihre Aufgabe uneingeschränkt ver- längert. Wir haben die Pflicht, selbst die Ausgabe der Nationalver- sammlung zu bestimmen und die Termine festzusetzen, wo ihre Tätigkeit und die des jetzigen Reichspräsidenten ihr Ende finden. Reichskommissar Dr. Preuß: Ein bestimmter Termin braucht nicht in dieser Uebergangsbestimmung zu stehen. Dazu wäre nötig, die Zeit festzustellen, die die Nationalversammlung für notwendige Aufgaben noch braucht. Aber alle Berechnungen sind seit Monaten immer wieder enttäuscht worden. Abg. Haußmann(Dem.): Ursprünglich war vom Ausschuß beabsichtigt, Termine anzusetzen. Das erwies sich als nicht möglich und außerdem häuft sich die Arbeit unausgesetzt, wie wir in diesem Augenblick die größten Steuergesetze, die eS überhaupt gibt, zu be- raten haben. Abg. Haase(U. Soz.): In denn Augenblick, wo der frieden?- vertrag ratifiziert und die notwendigsten Gesetze erlassen sind, hört die Nationalversammlung auf zu existieren, und es mutz der neue Reichstag gewählt werden. Abg. Heile(Dem.): Wir müssen mindestens noch so lange zu- sinnmen bleiben, bis Gesetze beschlossen sind, die ihrem Charakter nach Ausführungsgesetze der Verfassung sind. Abg. Quarck(Soz.): Wir sind darüber einig, daß der Schein vermieden werden mutz, als blieben wirjder Mandatsverlängerung wegen zusammen. Ferner sind wir darüber einig, daß alles, was zur Perfassung gehört, erledigt werden muß; daraus ergibt sich von selbst der Maßstab für die Dauer der Nationalversammlung . Abg. Haußmann(Dem.) stellt die Einmütiflkeit de? Hauses dar- über fest, daß niemand einen festen Endtermin der Nationalver. sammlung festsetzen will, da ein solcher Termin bisher nicht in Vor- schlaa aebracht worden ist. Abg. Eofiu fit. Soz.) widerspricht dem Vorredner und verlangt die Wahl des ersten Reichstnos spätesten« zum 31. Dezember. Abg. Delbrück (Dnat. Vp.) findet diesen Termin wegen der Weihnachtszeit unzweckmäßig, tritt aber ebenfalls für die Festlegung eine? Datums ein. Abg. Loebe(Soz.): Auch wir sind der Meinung, daß die Nationalversammlung so rasch wie möglich durch den Reichstag ersetzt werden muß, da sich in den letzten Wahlen erhebliche Verschiebungen in der politischen Stimmunig der Bevölkerung vollzogen haben. Wir sind aber Gegner der Festsetzung eines Datums, weil wir dadurch die Obstruktionsbestrebungen, die wir schon bei den Steuerberatungen feststellen konnten, ausstchtS- veich unterstützen würden.(Bewegung.) Abg. Rießer(D. Vp): Wir wollen keine Obstruktion treiben, webren uns aber gegen eine Durchpeitschung der Steuergesetze. (Lebbalie Aha-Rufe.) Abg. Haußmann(Dem.) stellt fest, daß selbst die mißtrauischste Partei de« Hause? noch mindestens ein halbes Jahr als Beratungszeit für die Nationalversammlung als notwendig ansieht. Abg. Eohn(U. Soz.) widerivricht. Wir haben jetzt einen An- trag eingebracht, nach dem spätestens am 15. Januar der neue Reichstag gewählt fei« muß. deutfchnatlonale und Unabhängige �rm in Mm. Abg. Delbrück(Dnat.): Auch wir wollen nicht obstruieren; da die Regierung keinen bestimmten Termin vorgeschlagen hat. stimmen wir dem Antrage der Unabhängigen zu. Der Antrag der Unabhängigen, der nochmals dahin geändert ist, daß der erste Reichstag am 18. Januar 1920 gewählt sein mutz, wird gegen die Stimmen der Unabhängige« und der Deutschuatio- nalen abgelehnt.(Große Heiterkeit.) Artikel 172 wird in der Ausschußfassung angenommen. Der Schlußartikel 173 gelangt ohne Aussprache zur Annahme. Nach Ausführungen der Abgg. Heile(Dem.) und Dr. Luppe (Dem.) werden die vom Ausschusse beantragten Enffchließungen. die Regierung möge eine Reichsvermittlungsstelle ein- richten, ferner die Frage prüfen, ob und wieweit die Klein- staaten unter 1 Million Einwohner beseitigt wer- den können, und endlich ein Gesetz über die Aufhebung der M i l i- t ä r j u st i z mit der größten Beschleunigung einbringen, sämtlich angenommen. Präsident Fehrenbach schließt die Sitzung mit Worten deS Dankes. Schluß 714, Uhr. Morgen, vormittag 10 Uhr, Entgegennahme einer Erklärung der Reichsregierung.
Einzelftaaten und Sozwlksierung der Elektrizitätswirtschast. Dem Grundgedanken der geplanten Sozialisierung der Elek- trtzitätSwirtschaft stehen die bundcsstaatlichen Regierungen ein- schließlich Preußens nicht feindlich gegenüber; bei den verschiedenen einzelstaatlichen Regierungen wird aber bemängelt, daß der Gesetz- entwurf noch zuviel Unklarheiten zeigt und noch abänderungS- bedürftig ist, um in schnellem Tempo durchgepeitscht zu werden. Die ewzelstaarlichen Regierungen legen besonders Gewicht auf folgende Punkte: Auf die Festlegung einesTarifs für die Leistun- gen. auf die nähere Umschreibung des Umfang« derEoziali- s i e r u n g. auf daS Verhältnis der sozialisierten elektrischen Er- zeugung zu den Bvaunkohlenlagern und den Wasserkräften und schließlich auf die Zuführung der Elektrizität an die VerbrauchSorte. Bis zu einer Klärung dieser Punkts muß der Gesetzentwurf vertagt werden. Die Einzelstaaten wünschen an der Beratung der verschiedenen geplanten Sozialisierungen durch Schaffung eine? Betrats beteiligt zu sein. Sie verlangen im besonderen, daß die Enteignungen nicht durch das Reich unmittelbar, sondern durch die Gliedstaaten für das Reich durchgeführt werden, um eine sachgemäße Behandlung her komplizierten Problem« zu sichern.