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Nr.383.36.Jahrg.

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Abend- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

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Dienstag, den 29. Juli 1919.

Sowjet- Ungarns Ende.

Die Räteregierung will zurücktreten.

Aus Wien wird gemeldet: Infolge der Niederlage Angriff auf den rechten Flügel des Heeres Bela Kun getroffen der Noten Armee ist die Stellung der ungarischen Räteregie- worden seien. Der Angriff werde erfolgen, wenn Bela Stun sich rung schwer erschüttert. Heute erschien cinsungarischer nicht den Bedingungen der Alliierten fügen würde. Bolfskommissar bei den Wiener Ententeber=

Vorwärts- Verlag G.m. b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morigplas, Mr. 117 53-54.

Gegen Preußens Zerstückelung.

Von Wolfgang Heine ..

In bewegten und verworrenen Zeiten ist nichts gefähr licher als die juggestive Kraft der Wiederholung immer des. jelben Wortes, bis das Publikum glaubt, es müsse sich dabei auch etwas denken lassen. Bu solchen Schlagworten gehören die Behauptungen, daß der Berfail Preußens unabwendbar wäre, und daß, je schwächer Preußen, un: so stärker das Reich

werden würde.

tretungen und machte den Vorschlag, man möge er. Die belgischen Sozialisten für den Friedens- ter, dessen Uebelwollen gegen Preußen aus jeder Zeile her­

handlungen einleiten, die den friedlichen Rück. tritt der Räteregierung und die Einschung eines neuen Regimes zum 3wede hätten.

Dieser Vorschlag wurde von Oberst Cunningham nach Paris weitergeleitet.

vertrag!

Die Leitung der belgischen Arbeiterpartei bat be schloffen, daß die sozialistischen Senatoren und Abgeordneten für den Friedensvertrag stimmen, aber zu gleicher Zeit eine Nachdem die Hilferufe der Budapester Regierung in gemeinschaftliche Erklärung abgeben werden, in der bezüglich den letzten Wochen, das Proletariat möge schleunigst mit der gewiffer Punkte, mit denen fie fich nicht einverstanden er Weltrevolution im Sinne Bela Khuns beginnen, nicht die flären können, Vorbehalte gemacht werden. Die Leitung der geringsten Wirkungen ausgelöst haben( die Ententesozialisten Bartei hat den Friebensvertrag mit allen gegen drei Stim haben sogar ihre rein platonischen Rundgebungen aufge- men bei drei Stimmenenthaltungen gebilligt. steckt), war dieses Ende zu erwarten. Die Opfer, die Un- Diese Haltung der belgischen Sozialisten stimmt mit der garn in seinem Dreifrontenfriege gegen Serben, Tschechen, der belgischen Gewerkschaftler auf dem Amsterdamer Kongreß Rumänien und Franzosen gebracht hat, find vergeblich ge- überein. Wenn auch den Belgiern nachgefühlt werden kann, wesen. Es kann nicht gefagt werden, daß die kommunistische daß sie als Söhne eines brutal überfallenen und mißhandel. Gesinnung der Budapester Regjerer zu erhöhtem Verant- ten Bandes bittere Gefühle nicht unterdrüden fönnen, fo wortlichkeitsgefühl beigetragen hat. Sie haben vielmehr, wäre es doch flüger gewesen, sie hätten sich von ihnen nicht was die Leichtfertigkeit anlangt, ein Bolt in den Krieg zu leiten lassen. Sie binden sich mit diesem Beschluß an eine bringen, unseren Militaristen nichts nachgegeben. Politik, die ähnlich wie die deutsche entweder als Ratastrophe oder als Lächerlichkeit enden muß. Der neuen Internationale, die sich aus den Trümmern der alten zu erheben beginnt, und in der die Belgier ein erhebliches Rontingent stellen, wird damit ein schlechter Dienst erwiesen.

Vorbereiteter Angriff auf das Heer Bela Runs. Haag, 29. Juli. ( 5. N.) Neuter berichtet aus Paris , daß jämtliche Vorbereitungen für einen franzöfifch serbischen

Das Volk als Sündenbock.

Ein Schreiben Renners an Seit. Etaatsfangler Renner richtete von St. Germain aus an ben Präsidenten Seiß ein Schreiben, in dem er u. a. aus­führt:

Eine Mauer von Vor- und Fehlurteilen ist gegen unser Bolt im Ausland aufgerichtet. Man fennt dort nicht die staatsrechtlichen Verhältnisse, unter denen es zu leben gezwungen war, und ahnt nicht den Grad seiner Einflußlosigkeit auf die Geschicke des Reiches. Man macht es für das Unheil des Krieges ver= antwortlich. Man belastet es mit der Schuld an einem Ariege, Hof- und Militärkamarilla

der von der

im Dienste der magharischen Oligarchen, im Dienste der Wieder­herstellung Bolens und im Dienste der flerifalen Richtung der Südflamen unternommen wurde, und der mit unserm Gut und Blut geführt wurde.

Aus einem Opfer des Krieges ist der Schuldige gemacht worden.

Jm ,, Borwärts" vom 24. Juli bespricht ein Ungenann­bortritt, das ,, linksrheinische Problem", wobei er auch von diesen beiden Agiomen ausgeht. Wenn der Verfasser der jozialdemokratischen Preußischen Regierung vorwirft, sic fennte die Stimmungen im Westen nicht und ließe sich darin von der französischen Besagung übertreffen, jo ist der erste Teil davon nicht richtig und der zweite enthält feinen Vor­murf. Wir fennen sehr gut nicht nur die Stimmungen, sondern auch ihre Gründe, aber wir wissen, weshalb wir nicht über alles reden. Wir wollen weder Del ins Feuer gießen, noch den auf der Lauer liegenden Gegnern des deutschen Boltes zu Hilfe kommen. Das ist der Punkt, an welchem die ihrer Verantwortlichkeit bewußten Politiker stets im Nach­teil sind gegenüber denen, die sich weder um ihr Reden und Handeln, noch um dessen Folgen für das große Ganze des Volkes und seine Zukunft Gedanken zu machen pflegen, son­dern nur einem Schlagwort, einem Ziele, einem momentanen Wunsche folgen. Wenn wir aber von gewissen Vorgängen später unterrichtet werden, als die daran mehr oder weniger beteiligten ausländischen Besaßungsoffiziere, so versteht sich dies eigentlich von selbst. Herr General Mangin mußte der Natur der Sache nach früher die Vorschläge der Herren U- rich und v. Brentano fennen, als wir sie in Berlin erfahren konnten, ebenso wie die Antwort, die Herr Clemenceau den Befürwortern der Groß- Hessischen Republik darauf gegeben hat.

werden, wenn der Völkerbund an sich versagt oder wenn er uns die Anerkennung unseres Rechtes auf Eristeng berweigert. Solange Ich bin weit davon entfernt, zu verkennen, daß die Miß­diese verzweifelie Lage noch nicht gegeben ist, müssen wir mit Ent- stimmung der westlichen Gebiete gegenüber Preußen auf schlossenheit den geschilderten Weg gehen.

"

Tatsachen beruht. Sollte die Rheinprovinz ein Teil des preußischen Staates werden, so waren gewisse Verwaltungs­Der englische Bergarbeiterstreik geht weiter. maßregeln unvermeidlich, die von der Bevölkerung hart ( Eigener Drahtbericht des Vorwärts".) empfunden werden mußten. Man schickte rheinische Beamte Trok des Abkommens zwischen der englischen Regierung nach dem alten Preußen, Ostelbier nach der Rheinproving. und dem Bergarbeiterverband vom Freitag geht der Streit Man nahm auf die fonfeffionellen Unterschiede, die allerdings weiter. 200 000 bis 300 000 Bergarbeiter sind arbeitslos und damals noch nicht die Rolle spielten, wie es dank den glo außerdem tausende Industriearbeiter wegen des Rohlenman reichen Fortschritten der Kultur heute der Fall ist, wenig gels; besonders die Ausständigen in Dorfshire berweigerten Rüdsicht. Was den ersten Jahrzehnten verständlich und, den Beitritt zum Abkommen. Ihr Führer, Herbert Smith, wie gesagt, nicht ganz entbehrlich war, hat man ein Jahr­erklärte, es feien noch andere Dinge abzumachen, bevor der Weg hundert lang fortgesetzt und den Eindruck hervorgerufen, offen liege. Er werde nichts unternehmen, solange die Bergwerks- als wäre die Rheinprovinz ein erobertes Land. befizer ihn nicht zur Beratung einladen. Außerdem steht immer noch die Abstimmung des sogenannten Dreibundes wegen einer direkten Aktion gegen die chrpflicht und die russische Intervention bevor.

Bei der Abrechnung über die Kriegsfolgen begeht man zum Teil unwissentlich das Ünrecht, uns als alleinige Rechts na ch folger der Habsburger Monarchie zu behandeln und droht, ein paar arme Gebirgsprovinzen unter dem Bergsturze der Kriegsschulden des ganzen Reiches zu begraben. Wohl dämmert einigen Völkern schon die Ahnung, daß uns furchtbares Un­recht geschieht, aber vielfach sind diese Völker durch Verträge ge­bunden, die sie selbst im Drange der kriegerischen Greignisse ge­schlossen haben und welche sie jest ich wer widerrufen ausgefragt. fönnen. Daber besteht die Gefahr, daß unser Volt, durch die erfte Instanz, durch den bevorstehenden Friedensvertrag in St. Germain, fchuldig gesprochen wird. Man muß sich mit dem Gedanken ver­traut machen, daß dieser Friedensvertrag noch

tein Instrument des Rechtzs,

Die Schuld der bureaufratischen und militärischen Ueber­hebung und Verständnislosigkeit für die Volksseele an dem fürchterlichen Schicksal, das unser ganzes Vaterland betroffen bat, ist so augenfällig, daß wir es verstehen, wenn nach der Niederlage die Stimmung sich gegen Berlin als den Ribot und Painlevé zu den Enthüllungen. alten Sitz der preußischen Herrschaft wendet, wobei freilich nicht vergessen werden darf, daß die ärgsten Kriegshezer am ( Eigener Drahtbericht des Vorwärts".) Echo be Paris" hat sowohl Herrn Painlevé als auch thein oder in seiner Nähe gefeffen haben, und daß die ,, Köl­Ribot, weldje im September 1917 Ministerpräsident nische Volkszeitung" sich bei der Obersten Heeresleitung ber bzw. Außenminister waren, über Erzbergers Enthüllungen Herren Ludendorff und Nicolai der größten Bevorzugung Die Antworten bestätigen zunächst ermann erfreut hat. Wenn endlich das Treiben der spartakistischen müllers Mitteilung, daß es sich nicht eigentlich um eine en sund ,, unabhängigen" Unrubestifter als Grund für das 203 fifche Initiative gehandelt habe, sondern um die Beant- von Berlin" angeführt wird, so wollen wir auch diese Re­wortung einer päpstlichen Frage an alle triegführenden gung verstehen und nur darauf hinweisen, daß es kein Ver­Mächte. Ribot fagt, es habe England aus reinen öfliteitsdienst der Rheinländer ist, wenn in den besezten Gebieten rücksichten die päpstliche Rundfrage beantwortet, jedoch hinzu­fandern eine Schöpfung des Krieges sein wird, der bekanntlich gefügt, bak ber vorliegende Vorschlag nicht genügend an Zahl überlegene Truppen der Entente die Ordnung auf­recht erhalten. Endlich alle Fehler der preußischen Ver­immer mehr Unrecht schafft, als er tilgt. Deshalb allein wird sicherheiten bezüglich Belgiens biete. gangenheit zugegeben sind doch auch die Motive anderer unser Tolf noch nicht verzweifeln, solange es die Berufung an Art nicht zu verkennen, die den Abreißungsbestrebungen zu­eine höhere Instanz offen sieht. Diese höhere Instanz kann der Polnischer Abstimmungsterrorismus. Völkerbund werden, wenn er sich tatsächlich zu einer fried Wie uns vom Arbeiterrat Marienwerder mitgeteilt grunde liegen, der Ehrgeiz von Parteien und Führern, die lichen Vereinigung aller abendländischen Kulturvölfer auf der Grundlage der Freiheit und Gleichheit weiter entwidelt. Deutsch wird, suchen in den Abstimmungsbezirfen bes Ditens die Bolen Boffnung, durch die Gunst der Feinde von gestern Vorteile terreich kann in der Lace, in der es sich befindet, a um Leben. durch unglaubliche Drohungen das Abstimmungsresultat für morgen herauszuschlagen, der Wankelmut, der in den kann nicht anders, als sich vertrauensvoll dem Völkerbund und zu beeinflussen. Im Kreise Marienwerder hatten die politischen Zeiten der Not Gemeingut schwacher Seelen wird. feinen Entscheidungen überantworten. Es wird nicht Großmachts, Parteien Arbeitsgemeinschaften gebildet, um die Bevölkerung über tarismus", fein Bekenntnis alltäglicher und billiger als das Kein Schlagwort ist heute abgenutter, als das des ,, Uni­noch auch Nachbarschaftspolitik machen, sondern das Für und Wider des Anschlufies an Polen aufzuklären. Sofort für das einige Reich im Gegensatz zu Preußen. Alle, die jetzt gab der polnische Volterat ein Flugblatt heraus, in dem gedroht von Preußen wegstreben, tun dies mit der lauten Ankündi­wird, die Führer der politischen Partei der Ententekommiffion zur gung, daß sie auf diese Art das Reich stärken wollen. Ein­Ausweisung vorzuschlagen. Die Einsender fragen, welche Schritte heit, Einigkeit, wahrlich, sie allein könnten uns retten! Nach die Regierung gegen solchen Terrorismus au unter der Ratastrophe, die Deutschland betroffen bat, gäbe es nur nehmen gedenkt.

ausschließlich Wölferbundspolitik.

Es braucht Ruhe und wünscht in feine der Affären Europas ver­widelt zu werden, ám allerwenigsten aber einbezogen zu werden

in einen

erweiterten Balkan,

zu dem sich der europäische Südosten zu entwickeln droht. Indem fich Deutschösterreich auf diese Weise jeder auswärtigen Entwicklung Vertrauensvotum für die Regierung. fernbält, wird es versuchen müssen, seine Volfswirtschaft wieder aufzubauen und jene neue foziale Ordnung zu schaffen, die das Weimar, 29. Juli, 1,30 Uhr nachmittags. Erzberger Shwergewicht des wirtschaftlichen wie politischen Lebens in die spricht eben und wendet sich gegen Geheimrat Richer. Neber das breiten Maijen bez merttätigen Voltes verlegt. Bertrauensvotum für die Regierung wird in einer So werden wir auch nach außen unfern guten Ramen wiederher halben Stunde abgestimmt werden. Es ist keine Frage, bat es stellen und jenes Mak an Achtung und Einfluß gewinnen, das not­tut, um unsere Staatsbürger mie uniere Erzeugnisse im Ausland angenommen wird. Rachmittag beginnt die dritte 2efuna zur Geltung zu bringen. Diese Hoffnung würde nur dann eitel der Berfassung.

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eine gesunde und fruchtbare Politik, daß nämlich alle Glieder des Volkes ohne Unterschied der Parteien und der Lands­mannschaften sich fest zusammenschlössen, um in gemeinsamem Fühlen einen neuen Geist, in gemeinsamer Arbeit einen neuen Staat aufzubauen. Wo aber ist dieses einheitliche Wollen und Wirken? Man kann ja zugeben, daß die schmählichen Bänfereien, in denen fich die Deutschen von heute die Schuld an dem Zusammenbruch gegenseitig zu­werfen, daß die zerstörende Selbstsucht der Einzelnen wie ber

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