Wesen sind, überall dort etnfiüjren, und zwar nach der Maß- gabc unserer zahlenmäßigen Stärke, wo wir sie wünschen. Inzwischen können wir uns auch mit der Simultanschule begnügen, zumal die Versassungsbestimmung unberührt geblieben ist, daß kein Schüler gegen den Willen der Er- zieh-ungsberechtigten, und von einem bestimmten Lebensalter an nicht gegen seinen eigenen Willen, am Religionsunterricht teilzunehmen braucht. In der frtage der P r i v a t s ch u l e ist es zwischen den Parteien zu keiner Verständigung gekommen, aber auch in diesem Punkte ist der Gegensatz nicht mehr groß, da auch in Htm Antrage L oebe sSoz.)-Gröber(Z.) die Errichtung von Privatfchulen an eine Reihe von Bedingungen geknüpft ist, die einen Mißbrauch der Zulassung von Privatschulen fast ausschließen. Das Zusammengehen der drei Parteien in der Schul- frage wurde nicht zuletzt gefordert durch den gemeinsamen Wunsch, dem deutschen Volke durch diese Verständigung ein Stück des inneren Friedens zu erobern und zu sichern, den es so dringend gebraucht. ,• • Zu dem Artikel„Gegen Preußen» Zerstückelung" sendet uns Ge- nosse Wolfgang Heine folgende Zuschrift: Der Artikel ist durch Kürzungen, die ohne meine Mitwirkung vorgenommen worden sind, an der wichtigsten Stelle in seinem Sinn entstellt worden. Der Satz„allem papierenen Unitarismus zum Trotz müßte dies Erperiment in Wirklichkeit zur inneren Zerrissenheit Deutschlands führen" folgt in dieser zusammengestrichenen Form unmittelbar auf einen Satz, worin ich die Schwierigkeiten einer Unifizierung der inneren Verwaltung des Reiches auseinander- setze. Er ist aber auf diese bezogen völlig sinnlos. Im Manu- skript stand vorher ein Satz, worin ich sagte, daß diese Schwierig- leiten allenfalls noch überwindbar seien, daß aber ganz gefährlich das populäre Verlangen einer„Neugliederung" des Reiche? wäre, die ohne innere Notwendigkeiten und au? politischer Erpen - mentiersucht vom grünen Tische auS mit dem Blaustist auf der Landkarte die Weltgeschichte zu korrigieren suchte. Von dieser „Neugliederung" habe ich gesagt, daß sie die Einheit durch Zer- störunq des bereits Einheitlichen suche und daß sie zur inneren Zerrissenheit Deutschlands führen müßte.
Ein Aufruf üer Räteregierung Ungarns . Al« Antwort ans die Erklärung der Entente, mit der ungarischen Rätercgiernng nicht z» verhandeln, hat die R S t e- regierang an alle Proletarier der Welt eine« Anfrnf gerichtet, in welchem es heißt: Die Bourgeois« regierungen der Ententemächte wollen nns. das Joch de» KapitaliSmnS neuerdings aufzwingen. Die Eutenteregicrunge« wollen mit dem Räte» Ungarn nicht verhandeln können, da die Macht deS ProletarierstanteS nicht ans dem Volkswillen ruhe. Das sagen die, die entgegen dem Bolkswillen einen Krieg eingeleitet nud Jahre hindurch geschürt haben, die Bandenhänptlinge ans exotischen Ländern zu ihre» Ver- biindeten gemacht haben und Kolonien unterjocht halten. I« Budapest allein haben bstOWO Arbeitende bei den ersten Arbeiterrats wählen abgestimmt in einer Stadt, die kanm eine Million Seeleu zählt. Doch das be- deutet in ihren Augen nicht die Offenbarung des Volkswillens, denn in ihren Aagen bedeutet bloß der Wille der Bourgeois- klaffe den Bolkswillen. Wir forder« Euch Arbeitende aller Länder, die Prolrtarierorgauisationrn der ganzen Welt auf, schickt Enre Abgesandten her und besichtigt durch sie unsere Arbeit, die dcu K a p i t a l i s m« s zertrümmert und den SozialiSmns aufbaut. Schickt Eure Abgesandten, um die Wirkung der Blockade Eurer humanen Regierungen zu sehen. Wir haben seit Ausrufung der Räterepublik keinen Hehl auS unserer ablehnenden Stellung gemacht, und auch heute verurteilen wir die Diktatur Bela KhuuS entschieden; sie ist un s o z i a l i st i s ch, weil sie dem organischen Geschehen nicht Rechnung trägt. Nichtsdestoweniger können wir dem ungarischen Proletariat, das einen heldenmütigen Kampf um sein Leben führt, unsere Sympathie nicht versagen.
Kein Mittel ist ungeeigneter, die Rätediktatur in ihrer Hilf- l o s i g k e i t bloßzustellen, als die Blockade, die sie um das Mitleid der Welt erregt. Hätte die ungarische Regierung das Pflichtgefühl und die Liebe zum Proletariat, von der sie oft genug spricht, so müßte sie freiwillig zurück- treten, bevor das ausgehungerte Volk gänzlich zugrunde geht._
Internationaler Gewerkschaftskongreß. Die Vertretungen. Amsterdam , 30. Juli. Auf dem hier tagenden Internationalen Gewerkschaftskongreß sind folgende Länder vertreten: Amerika mit 8 Delegierten in Vertretung von 3 600 000 Mitgliedern, Bel gien 4 Delegierte 450 000 Mitglieder, Böhmen 2 Delegierte 230 000 Mitglieder, Dänemark 6 Delegierte 255 000 Mitglieder, Deutschland , Deutscher Gewerkschastslbund 10 Delegierte 5 400 000 Mitglieder, die syndikalistischen deutschen Organisationen 1 Delegierter s Mitgliederzahl ist nicht angegeben), England 3 Delegierte 4 750 000 Mitglieder, Frankreich 14 Delegierte 1500 000 Mitglieder, Holland , Niederländischer Gewerkschafts- bund, 10 Delegierte 220 000 Mitglieder, Holländisches nationales Arbeitersekretawiat, 10 Delegierte 45 000 Mitglieder, Oesterreich 8 Delegierte 500 000 Mitglieder, Luxemburg 3 Delegierte 21000 Mitglieder, Norwegen 3 Delegierte 122 000 Mitglieder, Spanien 2 Delegierte 150 000 Mitglieder, Schweden 5 Delegierte 235 000 Mitglieder, Schweiz 8 Delegierte 200 000 Mitglieder. Auf dem Kongreß haben Amerika 4, Deutschland 6, Englands, Frankreich 2 und die übrigen Delegationen, desgleichen die deut- schcn Syndikalisten und das holländische Arbeitersekretariat je eine Stimme.
Zürich für Sie dritte Internationale�. Zürich, 30. Juli. (Schweizerische Depeschenagentur .)' Die sozialdemokratische Partei der Stadt Zürich beschloß nach einer Dis- kussion, die drei Abende in Anspruch nahm, mit 657 gegen 5 Stim- men, für den Beitritt zur dritten Internationale einzutreten.
die Erfüllung öer Zrieöensbeöingungen. Von den deutsch -franzöfischen Verhandlungen. Die wirtschaftliche Kommission für die Ausführung der Friedensbedingungen, die zurzeit in Versailles mit den alliierten und assoziierten Regierungen über die Lieferung von Kohlen, Chemikalien, über den Wiederaufbau und anderes mehr unterhandelt, hat in Weimar der Reichsregierung Bericht erstattet. Es besteht bei allen beteiligten Stellen volle Klarheit darüber, daß die Ausführungen des Friedensbetrages, insbesondere die Lieferung von Kohlen, Deutschland im nächsten Winter die schwer st en Opfer auferlegen wird, daß jedoch gleich- wohl seitens der deutschen Stellen energisch durchgegriffen werden muß, um die in den Friedensbedingungen uns auf- gezwungenen Lieferungen, so weit dies objektiv möglich ist. zu erfüllen. Die Kommission ist am 28. Juli abends nach Versailles zurück gereist, um die Verhand- lungen mit den alliierten und asioziierten Regierungen fort- zusetzen._
Frankreichs Sicherungen. Versailles , 30. Juli. Vor dem FriedonSauSschuß der Kammer erschien gestern nachmittag Ministerpräsident Clemenceau , begleitet von Andre Tardieu . Sie überreichten dem Ausschuß ein Memo- randum als Antwort auf den zweiten Fragebogen betreffend das linke Rheinufer. Der Inhalt rief eine äußerst lange und lebhaste Debatte hervor, in deren Verlauf Elemenceau und Tardieu wiederholt da? Wort ergriffen. Ministerpräsident Elemenceau sagte, am 27. Februar habe die fwnzösische Regierung dem Fünserrat eine Denkschrift übervoicht, in der die Notwendigkeit,
Deutfthe zuelnanöer. Indiskretionen aus rumänischer Gefangenschaft. Von Alwin Rath. Nachts im Eiswalde von Cernica. Grüne Aeste und tauend- nasse Holzkloben schachteln sich über der roten Bodenglut des Feuers zusammen. Kleine Rauchfontänen, explosiv sich entzündende Stich- flammen zischen und knattern, qualmen und glühen überall um die flackernde Brandsäule, die mitten über dem kochenden und brodeln- den Holze emporflattert und rötlich Gespensterzncken durch die blaue Schneefinsternis des MitiernachtswaldcS huschen läßt. Dicht um das Feuer liegt rings, als würfe die Flamme ein Dutzend schwere Schatten nach allen Seiten, eine düstere Rosette schwarzer Wolldecken, die schmal und lang und schmucklos sich wölben, wie Armensärge. Bisweilen geht ein fröstlich Wellenschauern hindurch. Bisweilen tobt die steife Straffung des Tuches in ein wildes Ge- beule und durcheinanderstrudelndes Acwoge auseinander. Ein klagendes Stöhnen wird laut. Ein irres Tranmreden wimmert, verstummt, wird wieder mit quengelnder, hundsähnlich bellender Stimme dringlicher, steigert sich zum Affekt,— bricht jählings wie erschrocken ab. Eine Hand ist nach rechts hinüber gesaust, unter einer Decke hervor, und mit maulwurfsartiger Schnelligkeit wieder darunter zurückgeflitzt. Tie getroffene Decke tamnelt, glimmrig jmgeschienen, schlotterig empor. Jetzt zerren sie zioci blaukalte Fäuste auf die Knie nieder,— und Karl R.'s Wildbart guckt vereist und zapfen- durchfroren, knurrig und verschlafen, wie die zottelige Visage eines mit einem Urwald am Beck herumschlcifenden Mönchsaffen in die Glut. In die räuchernden Flammen starren seine müden, brauen- verhüllten, gramverfinsterten Augen. Jetzt schielen sie, ohne daß er das Gesicht hinwendet, nach dem rnmänischen Posten, der in Zivil auf einem Baumstumpf im Schnee über das verrostete Bajonett niedermckt, das er wie ein Wiegekind in den Armen hält. Jetzt schrecken sie plötzlich nach hinten, die Augen: im Tale heult ein Wolf. Heult langgezogene HungerSlSut durch die verschneite Nacht- stille. Ein kurzes Kläffen bellt jedesmal wie eine Beteuerung des Hungers, wie ein Vorwurf hastig hinterdrein. Jetzt ist es, alS heckten unter Karls Brauen ein paar dicke langbeinige Spinnen. So hat er die umrunzelten Augen zusammengekniffen. Aus dem geöffneten Mund ist die durchfurchte Zunge etwas hervorgetreten. Er will es hinunterwürgen, das furchtbare Husten; er möchte dem gruslig schönen Heulen noch lauschen. Er möchte die keuchende, stoßende Kehle würgen. Aber um so wütender bellt sie jetzt in daS Vellen des Wolfes hinein, der gleich wie erschreckt verstummt. Von jenseits des FeuerS senken sich ein paar nagelschmutzigc Hände über die Glut und schweben spreitfingerig, von der Kälte geschüttelt, auf und nieder bebbernd, darüber. Dann fahren sie
drüben an den Waden und Schenkeln lang, massieren und kneten, quetschen, kneifen, stoßen und reiben. Und bayerische zorngepfes- ferte Kraftflüch« ersetzen, zwischen Sepps tabakbraunen schmerz- knurrenden Zähnen hervorprotzcnd, das Massageöl. Sie bellen und fluchen beide, Karl und Sepp, die ganze Decken- rosette wach Sie bellen und fluchen hinter den 13 Holzfuhren her, als sie nach drei Tagen fertig sind und rvn ihren Eismatratzen nach dem Seuchcnlazarett Zerlendi in Bukarest mit dem gefällten Brennmaterial zurückkehren. KaN hustet sich in ein« fieberflam- mende Lungenentzündung hinein. Bekommt Packungen, Medizinen, 40 Grad und darüber, nimmt halbe Nächte den ganzen Ruhrsaal unter Feuer, wochenlang. Zwei Monate lang liegt der sonst so rassige und prachtvoll un- moralische Schnadcrhüpfel runterjodelnde Sepp steif wie ein gefäll- ter Kiefernstamm im Bett. Gelb ist er, braun, wie ein Schwefel- bad. Kann sich nicht mehr aufheben. Die Hose nicht anziehen. Die Tasse kaum zum Mund führen. Die Stunden der schlaflosen l Schmerzensnacht liegt er aus dem Bauch im Bett, bis er seinem Nachbar mit dem Stock in die Rippen stößt und der ihn umwendet. Und drüben im andern Saal donnert Karl seinen Husten über die schlaflosen Betten der Ruhrkranken. DaS find Karl und Sepp. Was sich die anderen aus dem Eis- quartier deS WinterwaldeS mitgebracht haben? Der deutsch « Stabsarzt schickte sie hin, wußte um diese Quartierverhältnisse für seine„Leichtkranken". Aber daß ein Arzt erst Existenzberechtigung durch die Existenz von Krankheiten hat, ist ein Gemeinplatz. Der Stabsarzt Dr. von... geht in der„Offiziersschule ", im Geschlechtskrankenlazarett in Bukarest , als die Rumänen nach dem deutschen Zusammenbruch zurückkehren, von Stube zu Stube. Er versichert die Patienten, in kameradschaftlicher, loyaler Art, er werde nicht vom Platz weichen, bis der letzte Kranke geheilt sei. Geheilt!— Die Auffassung der Aerzte in Diesem Punkte ist sehr labil. Dr. von... neigt nach einigen Wochen der radikaleren Auffassung zu, Heilung anzunehmen, wenn die Krankheit noch zu 70 Prozent besteht. So geheilt schickt er seine Patienten ins Gefangenenlager. Ter rumänische Lagerarzt ist anderer Ansicht. Er schüttelt den weißhaarigen Kopf, wundert sick» über die Zutunlübkeit der Deut- scheu zueinander:„Wenn ich dich so ins Lager schickte,— aber euer Arzt?!" Und stellt die Kranken dem deutschen Kollegen nochmals freundlich zur Verfügung. '•" In der evangelischen Mädchenschule in Bukarest , einem Ersatz- lazarett, liege ich mit gräßlich in der Brust heraufwürgenden Magenkrämpfen auf der Schwerkrankenftation. Bin aufgewacht. Es muß schon weit über Mitternacht sein. Wenn nur endlich dies« Greuelmusik und dieser Schnapsgesang von drüben aus dem Fuselstall aufhören möchten!
die RheinbrückenkSpfe zu besetze», im Interesse der Sicherheit Frankreichs verlangt wurde. Tie Alll- ierten hätten darauf Mitte März geantwortet, und von diesem Tag an habe man die Sicherheiten festgesetzt, die in den militärischen Friedensklauseln enthalten seien. Dazu sei die Mtlitärkonvention getreten, die, weder was Material noch was Mannschaften anbc- treffe, im Falle sie in Erscheinung treten soll«, begrenzt sei. So- wohl Clemenceau wie Tardieu sagten, nach ihrer Ansicht sei eZ nicht möglich, eine auf hunderttausend Mann herabgesetzte Arme« rasch in«ine Millionenarmee, die gut ausgerüstet ist, zu verwandeln. Der Vertrag erlaube Frankreich , nicht einzuschlafen. Der Friede, der abgeschlossen wurde, sei War poix«je vigiknc« (Wachsamkeitsfrisden), aber doch ein wirklicher Friede, der es Frankreich gestatte, wieder aufzuatmen, sich wieder zu erheben und in großem Umfange die Militär laiten zu vermindern. Elemenceau soll noch aus die Sicherheiten hingewiesen haben, die die Existenz Polens und Tschechoslowakiens Frank- reich biete. Tie englisch-französisch-amerikanische Allianz sei mehr wert als die Brückenköpfe. Selbst wenn die Armeen der Alliierten, was sehr möglich sei, stark reduziert würden, würden sie immer noch starker sein alS die, die 1914 vorhanden waren. Der Krieg habe bewiesen, daß man eine feindliche Nation rasch m eine bewaffnete umwandeln könne. Er habe aber auch ferner gezeigt, daß England und Amerika Frankreich und Belgien nicht von Deutschland , das heißt Germanien , überrennen lassen werden. Uebrigens bedeute dieser Krieg«in« Lehre, die niemal» vergessen werden würde. Man beschloß alsdann, daß dem Ausschuß- Protokoll beigefügt werde die französische Note über die miliitärische! Besetzung der Rhemlande und das gestern überreichte Memoran- dum. Barthou wird den Generalbericht vom 4. August vorlegen. Die Diskussion der Kammer soll am 11. beginnen und am 13. wo- möglich zu Ende geführt werden, da an diesem Tag di« General- räte ihre Session beginnen. Sollte dies nicht möglich sein, so hofft man bis zum 25. August ratifizieren zu können. Nur FranNin-Boullion soll im Ausschuß noch die An- ficht vertreten, man müsse di« Entscheidung deS amevikamschen Senates abwarten, bevor man ratifiziere. Der Friedensausschuß des Senats hielt gestern ebenfalls eine Sitzung ad, hörte den Bericht des Senators Morel über die Wirt- schaftlichen Klauseln und genehmigte ihn.
Der holzarbeiterskreik. Aus Breslau wird berichtet: Der Holzarbeiterstreik nimmt auch in Schlesien an Umfang zu. Es wird lebhafte Propaganda von Seiten der Kommunisten für einen Holz- arbeiterstreik in ganz Deutschland gemacht.
öeratungen öes Staaten ausschusses. Nach einer Information der„Telegrafen-Kompagnie" ist Staatskanzler Bios zu wichtigen Verhandlungen im Staaten- ausschuß nach Weimar abgefahren.
Der parlamentarische Berichterstatter der„Deutschen Zeitung", Herr E. Zimmermann, steht offenbar auf der gleichen geistigen Höhe wie ihr Münchener Korrespondent, der ein« politische Satire als ernste Meldung an sein Blatt drahtete. Herrn Zimmermann hat eS sehr gewurmt, daß der Präsident Fehrenbach dem panzerplattennationalen Abg. Hugenberg das Wort entzog, als dieser in einer persönlichen Bemerkung allerhand unpersönliches vorbrachte. Erbost schimpft der brave Zimmermann:„Einen Präsi- deuten vom Schlage Fehrenbachs hat der Deutsche Reichstag nicht gesehen. Er war der Nationalversammlung vorbe- halten."— Herr Zimmermann war zwar schon zu Reichstags- zeiten parlamentarischer Berichterstatter der„Deutschen Zeitung", als solcher hat er aber nicht bemerkt, daß der letzte Präsident des Deutschen Reichstags— Fehrenbach hießl Solche journa- listischen Kräfte sind halt dem alldeutschesten Radaublatt vorbe« halten.
Ich ärgere mich halbe Stunden lang über dieses schändliche Nokturno. Einmal geht unten einer mit taumelnder Stimme und quin- kelnder Gitarre vorüber. Ich hoffe. Aber plötzlich ist es mir, als musizier« das Notturno im Hause unten. Ich würge meinen ftut wahrem Bolschewistenturbor heraufstürmenden Magen wieder her- unter und versuche mich nach einer Zeitlang auf den Beinen.— An der Tür höre üb deutlich aus einem munteren Chaos ange» zechter Stimmen die der Schwester Elisabeth. Jetzt springt unten die Tür auf, und die schleifenden Füße amüsieren sich auch in den Korridor hinein. Auf dem Klavier rennt ein Pferd hin und her. Auf den Hos hinaus will unser bayerischer Doktor,— er sieht erst die Mauerecke für die Tür an. dann erholt er sich von dem Ansturm ein wenig auf den Treppenstufen.— und dann kapituliert er draußen. Ein deutscher Offizier, selbst nicht ganz bei Fußdienst, macht seinen Adjutanten, damit er zu der kleinen kete zurückfindet, die die rumänischen und deutschen Offiziere mit den Schwestern und den deutschen Lehrerinnen der Mädchenschule als Abschied feiern. In den nächsten Tagen soll ein Lazarettzug fahren. Vor drei Wochen hieß es auch schon so. Angenehmer Grund, jede Woche «ine AbschiedSfete herausbringen. Partout wie in Zerlendi, wo man mit dem gleichen Vergnügungsinsfinkt sich in solcher Situation zu arrangieren weiß. Am anderen Tage gibts auf der Schwerkrankenstation grün- liches heißes Wasser, durch das eine Schleimgardine von Kartoffel- resten weht, als Mittagsessen. Kamerad H. fragt Schwester Elisa- beth:„Was war heute nacht— ich glaubte aber, die Bolschewisten wären gekommen!" In Zerlendi werden den Kranken pro Tag eine Woche lang 50 Gramm Brot abgezogen. Der Rotwein für die Ruhrkranken ist ausgeblieben. Die Fleischrationen sind ausfällig kleiner ge- worden aus Gründen, die nur die Küchenverwaltung kennt. Statt Rotwein gibt es Himbeersaft als Beruhigungsmittel: ist auch rot. Einilge Wochen später stehen die deutschen Aerzte in Zerlendi abends um 9 Uhr zum Appell angetreten, militärisch, vor der Tür ihres früheren Zechkumpans, des rumänischen Berwattungs- offiziers Avramovicz, mit dem sie noch vor kurzem auch die Ab- seien feierten. Eine neue Situation!— Avramovicz, der immer sagte:„Ich bin ein guter Mensch", läßt sie warten. Der Chefarzt/ mit de- Uhr m der Hand, berät sich, ob sie iricht wieder geben sollen. Da öffnet sich die Tür. Wer kommt heraus?— Eine hübsche äugen- blitzrige Dame, mit der Avramovicz abends gegen 11 auch wohl m letzter Zeit bei der Revision schon durch die Säle ging. Ist Avramovicz nicht ein w i r k l i ch guter Mensch, daß er sein Herz zum Appell schickt, sein Herz ist doch diese augenblitzvige Dam«. Will er den Deutschen nicht den Appell leicht machen? Sie will den Appell abHallen, sagt sie ganz charmant, augenblitzrig, mit