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Mr.403.36.Jahrg.

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Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin ".

Morgen- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

15 Pfennig

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsvrecher: Amt Morisplas, Nr. 15190-15197.

Der verur

Streikmüde.

Sonnabend, den 9. August 1919.

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morinplas, Nr. 117 53-54.

verunglückte Generalstreik.

Aus Halle wird dem Vorwärts" telegraphisch berichtet: Die namenlose Verhandlungskommission", die gerade in dem Augenblick zum Generalstreit aufrief, wo im Kalibergbau eine Ginigung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zustande gekommen war, ist mit ihrer Reaktion fläglich hereingefallen. Die Massen sind es müde geworden, der widerwilligen Streitparole unverantwortlicher unabhängiger und kommunistischer Streifheber zu folgen und ihre Familien um Phantome willen in Not und Elend zu stürzen.

"

Mit großem Theaterdonner hat die Verhandlungskommiffion", unterstützt von der unabhängigen Presse, den Streit in Szene gesetzt, aber der Erfolg war gering. Im ganzen haben von über 200 Kaliwerken beim höchsten Streifstand nur ungefähr 25 Werke gestreift. Die Nachrichten, die WTB. und P. P. N." vor einigen Tagen in die Welt setzten, daß zwei Drittel aller Werte ftreiben, waren falsch. Wahrscheinlich waren sie den irreführenden Berichten der unabhängigen Presse entnommen. 3. B. sollten nach diesen Meldungen 30 fistalische Werte gestreift haben, trotzdem es im ganzen nur 17 gibt.

waren trotzdem geschlossen vertreten, obgleich barrch amtliche Be.

fanntmachungen Demonstrationen verboten wezen. Zwischen Re. Das Ende der Versammlungs­

gierungstruppen und Demonstranten tam es zu Zusammen­stößen, mobet die mit Lastautos eingetroffenen Truppen entwaffnet und zum Teil mißhandelt wurden. Die Demonstranten setten sich in den Besitz eines Maschinengewehrs und veranlaßten die Freilassung einer Anzahl Gefangener aus der staatlichen Gefangenenanstalt.

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freiheit.

As auf einem Parteitag der deutschen Sozialdemokratie ein Redner es war Stadthagen verlangte, wir sollten in unserem Auftreten den Gegnern gegenüber ruppiger" werden, meinte der alte Bebel, die Forderung wäre nicht neu, die hätten andere Heißsporne schon früher aufgestellt. Bebel führte dann im Anschluß hieran aus, daß im gewaltigen Geisteskampfe, wo Weltanschauungen einander gegenüberstehen, nicht der Grad der Ruppigkeit entscheide, sondern die Güte und Stichhaltigkeit der Argumente.

Am Abend wurden die Truppen zurückgezogen. Bei dem Be­fleigen eines Bastautos warf ein Soldat eine scharfe Handgranate in die Menge, wodurch ein vierjähriger Junge getötet und einige andere Teilnehmer schwer verletzt wur­den. Die Kommunisten verbreiteten einen Aufruf, in dem sie die Drahtzieher der Demonstrationen als Achtgroschenjungen" be­Die Weisheit Bebels scheint nicht auf seine Epigonen des zeichneten. Infolge der Tumulte wurde der verschärfte Belage­rungszustand verhängt. In einer großen Bersammlung wählte linken Flügels der Arbeiterschaft übergegangen zu sein, denn man je drei Vertreter der drei sozialistischen Parteien, die gemein- sie scheinen es lieber zu sehen, daß im Rampfe der beiden fam folgende Forderungen aufstellten: 1. Aufhebung des Belage- Richtungen die Ruppigkeit entscheidet und nicht die Güte und rungszustandes, 2. Zurüdziehung der Regierungstruppen, 3. Ver- Stichhaltigkeit der Argumente. Wer heute gezwungen ist, öffentliche politische Versamm­teilung von Lebensmitteln. Sollten diese Forderungen nicht er­füllt werden, soll sofort der Generalstreit profla- lungen zu besucher, wird mit schmerzlichem Empfinden fest­miert werden. Die Erregung unter der Bevölkerung ist groß. stellen können, daß das Versammlungsleben auf einem Tiefstand angelangt ist, der süglich nicht mehr unter­Kampf mit Truppen. boten werden kann. Die traurigsten Zeiten des belantisemitismus der 90er Jahre reichen nicht an das heran, was man heute in öffentlichen, besonders unabhängigen Versammlungen er­leben fann. Geist und Wissen ist vollständig aus­geschaltet. Wer über zehn Schlagworte verfügt und sie mit ödem Füllsel zu umfleiden weiß, fann heute in jeder Versammlung, die sich mit Politik befaßt, den größten redne­rischen Erfolg erzielen. Noste, Scheidemann, Sozialisierung, Rätesystem, Diktatur des Proletariats und das Referat, wie es heute in hunderten von Versammlungen geboten wird, ist fertig. Diskussion und Zwischenrufe stehen auf dem gleichen Niveau.

Von den einzelnen alirebieren ist im Werratal, im Unstruttal und im Eichsfelder Revier überhaupt nicht ge= streift worden. In Hannover haben von 60 nur 2 Werke, im Chemnit, 8. August. Die Lebensmittelkrawalle haben Braunschweigischen Revier auch nur wenige Werke gestreift. Jm politischen Charakter angenommen. Um die daraus Nordhauser Revier, wo teilweise gestreift wurde, ist im größten erwachsenen Unruhen zu unterbrüden, wurden Reichswehr Teil der streitenden Werke die Arbeit wieder aufgenom- truppen von außerhalb herangezogen. Als diefe heute Nachmit­men worden. Ebenso in einigen Werken des Halleschen und den tag zwischen 3 und 5 Uhr am Bahnhof ausgeladen werden sollten, größten Werken des Anhalter Reviers. Im Staßfurter Re- eröffneten die Tumultuanten, die Maschinengewehre und andere bier, wo die Arbeiter gegen den Streit gestimmt haben und nur Waffen in ihrem Besitz hatten, ein regelrechtes Feuer auf durch Terror zur Einstellung der Arbeit gezwungen wurden, wird die Truppen. Infolge des ganz unerwarteten Angriffes wurde noch gestreift. eine kleine Abteilung gefangen genommen. Im ganzen ruht jezt die Arbeit höchstens in 15 Werken. Von einem Generalstreit kann nicht die Rede sein, trotz der krampf­haften Bemühungen der verantwortungslosen Verhandlungskom­mission", die Sache über Wasser zu halten. Die unabhängige Presse berichtet jetzt recht wenig über den Stand des Streifs, macht nur weiter in hochtönenden Worten, um das flägliche Fiasko dieses Generalstreits" zu verschleiern.

Die Verhandlungskommission", die am 3. August eine Kon­ferenz der streikenden Kaliarbeiter Deutschlands " einberufen hatte, hatte für Donnerstag, den 7. August, bereits eine zweite einberufen, die aber gleichfalls nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat, so daß man für den 11. Auguft eine dritte Konferenz einberufen hat. In der zweiten Konferenz wurde eine Resolution angenommen, in der man der Regierung droht, daß man vom 11. August ab die Not­standsarbeiten verweigern würde, wenn die Regierung nicht sofort Verhandlungen einleitet. Bei dem Stand des Streits ist das ma fürlich eine leere Drohung, ebenso wie die Solidaritätserklärung der zu dieser Konferenz berufenen" Bergarbeiter, wenn die Re­gierung die Forderungen der Verhandlungskommiffion" nicht be­milligt, in den Streif zu treten. Die Bergarbeiter sind augenblick­lich alles andere als streiklustig.

Die Verhandlungskommission" will noch retten, was zu retten ist, damit ihre klägliche Niederlage nicht gar zu offenkundig wird. Die viel geschmähte Regierung ist da wieder mal der letzte Ret­hung& infer der müftesten Streitheßer, die tief in der Batschye fizen und allgemach befürchten müssen, daß, wenn nicht bald Schluß ge­macht wird, die letzten streikenden Kaliarbeiter wieder zur Arbeit ziehen. Verhandlungen mit dem Arbeitsminister finben gegentvärtig in Weimar statt; aber auch ohne sie ann der große Generalstreik" der Kaliarbeiter als erledigt gelten.

Zusammenstöße in Chemnitz .

Verschärfter Belagerungszustand. Chemnis, 8. August. ( Eigener Drahtbericht des Borwärts".) Am Tonnerstag rotteten sich einige tausend Personen zusammen und forderten durch eine Deputation die Aushändigung von Ginmachezu der. Weiter wehrten sich die Demonstranten dagegen, daß für die Juden frisches Fleisch geliefert würde. In den Verhandlungen wurde festgestellt, daß von der Stadt teine Lebensmittel zurückgehalten werden.

Bei dem Zusammenstoß gab es auf beiden Seiten eine An & ahl Toter und Verwundeter. Ein Teil der Waffen der Truppen fiel in die Hände der Tumultuanten. die bisher nur den Bahnhof besezt halten. Sie fordern Aufhebung des Belagerungs­zustandes, Zurückziehung der Truppen, Berbesserung der Lebens­mittelverhältnisse. Die Forderungen sind telegraphisch nach Dres­ den weitergegeben worden. Man hofft, durch gütliche Vereinbarung Ruhe und Ordnung wieder herzustellen, so daß weiteres Blut­bergießen verhindert wird. Die Krawalle beschränken sich auf die äußeren Teile der Stadt. Ein Flugblatt, das zur Ruhe und Berföhnlichkeit mahnt, ist verbreitet worden.

teilt:

Verhandlungen.

Amtlich wird zu den heutigen Borgängen in Chemnitz mitge. Nach den tätlichen Angriffen auf die Truppen und dem nötig gewordenen Einfah stärkerer Kräfte ist es bedauerlicherweise zu Blutvergießen gekommen. Darauf hat eine Kommission, be­stehend aus je einem Vertreter der sozialdemokratisch en Partei, der Unabhängigen und der Kommunisten mit dem Kommandeur der Trappen verhandelt, wobei Ueberein tunft über folgendes erzielt wurde:

1. Die bisher von den Truppen in der Stadt besetzten Wachen bleiben in der Hand der Truppen.

2. Die übrigen Truppen rücken in die Kaserné , neue ein­rüdende Truppen gehen gleichfalls in die Kasernen.

3. Die Barteien verpflichten sich, alles aufzubieten, um die Menge zu beruhigen und weitere Zusammenstöße, die von der Kommission als auch von der Militärbehörde bedauert wer den, zu verhindern.

Wegen der von der Kommission geforderten Aufhebung des Belagerungszustandes und Zurücknahme der Reichswehr­truppen hat der Kommandeur die Kommission an die Regierung verwiesen.

Verschärfung der Streiklage in Ober­ italien .

( Eigener Drahtbericht des Vorwärts".) Der italienische Metallarbeiterstreit breitet sich immer mehr and. Seit dem 7. ä. find die Metallarbeiter ganz Toskanas, der Lom­ bardei und Genuas im Streit. Die Arbeitgeber schließen als Gegen maßnahme die Fabriken. Die Regierung hat die Grenzen für Aus­reisende geschlossen, schon ausgestellte Pässe für ungültig erklärt. Diese Maßnahmen richten sich sowohl gegen die Verbreitung von Nachrichten über den Streit, als auch gegen eventuelle Verbindungen der Streifenden mit der Schweiz .

Noch nie ist die Unwissenheit und Geist­Iosigkeit so zur Geltung gekommen wie in der jetzigen Zeit. Die Revolution hat eine Unmenge von Schlamm empor­gewirbelt und gar viele, von denen man vor dem 9. No­bember v. J. so gut wie nichts oder überhaupt nichts gewußt hat, sind zu Nuznießern der veränderten Verhältnisse ge­worden, haben mit gutem Spürsinn die Gelegenheit erfaßt, die Not des Volkes in Geld umzumünzen. Daher kommt es, daß es im politischen Leben von Schwadroneuren jeglicher Art wimmelt und daß in Versammlungen ein so heilloser Blödsinn verzapft wird, daß es Karl Mary, wenn er es hören könnte, veranlassen würde, sich dreimal im Grabe um­zudrehen.

Tatsache ist, daß die Arbeiterschaft heute in Versamm­lungen sich gern von wildem Phrasengebimmel berausch en läßt. Der Redner, der die blutigste Sprache spricht, ist ihr Mann. Ob es Hand und Fuß hat, ob es Logit enthält und eine ernste Prüfung verträgt, ist völlig Nebensache. Es genügt, daß es recht scharf klingt und den Anwesenden angenehme Zukunftsbilder vorgaukelt, Die Volksverräter Nosfe. Scheidemann, Ebert müssen fort. wir berlangen das Rätesystem, die Dittatur des Proletariats, die Sozialisierung!"- Stürmischer, Beifall!

Bravo!

Wie das gemacht werden soll? Das zu hören hat die Mehrheit der Besucher feine Luft. Daß die besien Köpfe der Unabhängigen sehr verschieden, zum Teil sogar steptisch und direft ablehnend über die einzelnen Fragen denken und daß selbst Karl Liebknecht erklärt hat, fünfzig Jahre zu brauchen, um die kapitalistische Wirtschaft in die sozialistische überzu­leiten, fümmert die Masse der Radikalen" nicht. Ihnen ist das ein Werk, über das man sich nicht den Kopf zu zerbrechen braucht und das im Handumdrehen gemacht ist- wenn Noste und Ebert erst weg sind!

·

Die unabhängigen Führer, die diesen gefähr­lichen Humbug nicht mitmachen wollen, gelten längst nichts mehr. Leute wie Kautsky , Ströbel, Hilferding werden, alte Weiber geschimpft.

der

Ströbel hat es denn auch in einem treffenden Artikel in Stautsty so wenig und ein Täumig so viel gelte. Weltbühne" beklagt, daß auf der linken Seite ein Aber die radikale See schäumt und fordert ihre Opfer. Nicht ein­mal Haase gilt mehr viel; und wer heute Versamm­sammlungen der Linksradikalen besucht, tann feststellen, wie sehr die U. S. %. D. im Ansehen gesunken und die K. P. D. gestiegen ist. Die erstere wird gerade noch so hingenommen, aber die letztere stelt- K. P. D. und der Sprecher hat die

In einer anschließenden Versammlung nahmen die Demon­stranten zu den Erklärungen der Stadt Stellung. Gin zur Ruhe mahnender Parteigenosse vom Arbeiterrat wurde am Weiterreden gehindert, ebenio fonnte ein fommunistischer Stadtverordneter nur unter Harlem Widerspruch sprechen Von größtem Interesse ift die eftelung, daß laut Bericht des tommunistischen Stadwerord. neren die Streßenführer der Bewegung die Händlerkreise feien, dic afel, 8. Auguft. Eine in Basel abnehaltene vollzählich be. auf diese Weise den freien Sandel wicher einführen und gegen suchte Versammlung der Delegierten des Arbeiterbundes und des Ste Cuben hegen wollen. Die sozialistischen Parteien rüden con attione lom tees beschloß mit 135 gegen 28 Stimmen den Abbruch diefer an cheinend im antisemitischen Fahrwasser schwimmenden des Streits. Tiefer Beschluß wird heute den einzelnen Ber - ifneingeschränkte Sympathie der Anwesenden. Rebegung ab. Die Belegschaften verschiedener großer Betriebe i bänden zur weiteren Beschlußfassung vorgelegt werden.

Streikabbruch in Bale!?

Es ist gar tein Zweifel mehr und die Freiheit" tann