Nr. 418 ♦ Zö. Fahrgang
2. Heilage öes vorwärts
Sonntag, 17. MguftlHI�
Nationalversammlung . Man arbeitet in Weimar mit Hochdruck. Gestern Kohlenfrage. beute Kapitalabwanderung. Beides Probleme, deren Lösung Leben?' fragen der deutschen Republik sind. Zum erstenmal erfolgt von amtlicher Seite eine Aeusierung über die beabsichtigte Noten- abstemlpelung. Richer von der Deutschen Volkspartei wendet sich gegen sie. Zu schwer ist's, sich von den nationalliberalen, d. h. schwerindustriellen Eierschalen zu befreien. Erzberger beton» den Willen der Regierung zur Erfassung des Kapitals im In- und Ausland. Das Gesetz wird angenommen. Es folgen unwesentliche Beratungen über das Grunderwerbssteuergesetz, das Zünd- waren- und Spielkar tengesstz, die teils verändert, teils unverändert Annahme finden. »» 81. Sitzung vom Sonnabend, den 16. August, nachmittag? 3 Uhr. Am Regierungstische: Erzberger , Dr. Bell, Dr. David. Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung nach SVi Uhr. Ein Antrag des sächsischen Ministeriums für auswärtige An- gelcgenheitsn auf Genehmigung der Strafverfolgung' des Abg. Dr. Geher fU. Soz.s wegen Beleidigung der deutschen Offi- ziere wird dem Antrag deS Geschäftsordnungsausschusses ent- fprechend abgelehnt. Es folgt die zweit« Beratung des Gesetzentwurfes über er- gänzende Matznahmen gegen die Kapitalabwanderung in das Ausland. Abg. Raschig lDem.): Wir sind selbstverständlich gern bereit, alle Matzregeln zu unterstützen, die geeignet sind, die Kapitalflucht zu unterbinden, und. wenn möglich, wieder rückgängig zu machen, auch wenn es sich dabei um Matznahmen handelt, an die früher niemand zu denken gewagt hätte, z. B. die Auskunftsverpflichtung von Banken und die weitgehenden Befugnisse, wie sie durch den vom Ausschuß eingefügten§ 9a dem Reichsfinanz�rinister zum Er- laß von Verordnungen eingeräumt werden. Als bte Nachricht durch die Presse ging, es sei eine Abstempelung der Banknoten beab- sichtig'!, war die Folge ein ungeheurer V a l u t a st u r z. Kaum batte die Valuta sich einigermaßen erholt, da kam die neue An» kündigung, das Papiergeld solle umgetauscht werden. Die Folg« war ein erneuter Kurssturz. Vor solchen Plötzlichkeiten müssen wir in Zukunft geschützt sein.* Abg. Dr. Rießer lD. Vp.): Wir werden daS Gesetz annehmen, da die Kapitalflucht mit allen Mitteln gehindert werden mutz. Be- lfcnklich ist der Eintritt eines Mangels an notwendigen Z a h- lungSmitteln. Abg. Dr. Braun-Franken(Soz.): Wir stimmen für das Gesetz, weil der Kapitalflucht endlich gesteuert werden mutz. Der allge» meine Tiefstand der Mark hängt mit dem Krieg zusammen und nicht, wie hier behauptet worden ist, mit der Revolution. Schon im April 1918. also zur Zeit des alten Regime?, ist die Kapitalflucht gesetzgeberisch behandelt worden. Reichsfinanzminister Erzberger : ES handelt sich um«in schwer einschneidendes aber auch not. wendige? Gesetz; denn die Kapitalflucht, die in den letzten Mo» naten nie erwartete Formen angenommen hat, mächt rücksichtS» lose Gegenmaßnahmen erforderlich Die schwierige und verant» wortungSvollc Arbeit wird das Reichsfinanzministerium nicht nur in Verbindung mit allen anderen Ressort?, sondern auch, mit den lühtenden Balten vornehmen: gerade diesen mutz Gelegenheit zur Stellungnahme vor der endgültigen Entscheidung gegeben werden. An der Veröffentlichung gewisser Nachrichten ist das Reichsfinanz- Ministerium unschuldig. Die Nachrichten find durch Indiskretion bekannt geworden. Dennoch kann ich es nicht als richtig aner- kennen, daß dadurch der Sturz der Valuta erfolgt sein soll. Man darf die gleichzeitig erfolgten Begleitumstände nicht über- i'eben. wie beisvielsweise die Aushebung der Blockade, die ohne Wissen der Regierung Vertretern von Gemeinden und Stadtver- waltungen Gelegenheit zu Millionen-Käufen im neutralen Aus- lande gegeben hat. Ferner haben die deutschen Soldaten überall wo sie aufgetreten sind, d. h. von Finnland bis zum Kaukasus, Geldnoten binterlassen. In der letzten Zeit ist gerade von pol- n i s ch e r Seite ein« große Menge Papiergeld auf den Markt ge- warfen worden. Die von der Reichsfinanzverwaltung beabsichtigten Matznahmen können keinen Valutasturz hervorrufen, weil sie darauf gerichtet sind, die deutschen Werte zu steigern.» Alle gegen den Umtausch vor- gebrachter��edenker�können�n�ni���avonabhalten�nnt��
stärksten Mitteln vorzugehen. Es ist ein finanzielles und politisches Gebot, den Besitz für die Steuern restlos heranzuziehen. Eine Schädigung des Wirtschaftslebens wird nicbt eintreten, wohl aber eine sehr zu begrüßende Steigerung des bargeldlosen Zah- lungsverkebr?. Zwischenscheine werden nicht ausgegeben werden; wir wollen uns durch Kontingentierung der neuen Noten belfen. Verschleierungen durch Fälschung de? Stempels find so gut wie gänzlich ausgeschlossen, da der für den Zweck eigens konstruierte Stempel nach der Meinung von Fachleuten nicht nackgemacht werden kann, wenigstens nicht innerhalb zwei Monaten, die als Ab- stcmpelungszeit zunächst in Betracht kommen. Die Gesamtab- stempelung wird sich über einen sehr langen Zeitraum, vermutlich über Fahre erstrecken. Ziel de? Finanzministeriums ist, das Kapital im In- und Auslände zu erfassen. lieber die mit dem Auslände zu treffenden Verabredungen möchte ich keine Mitteilung machen' Ziel ist ferner, das versteckte.Kapital zur Steuer zu zwingen, ohne Schädigung des Wirtschaftslebens. Deshalb bitte ich um Annahme der Vorlage. Damit schließt die Besprechung. Daö Gesetz wird unter ge- ringer Aenderuny in der AuSschutzfassung zweiter und dritter Lesung angenommen. Auf Antrag Hampc lDnat. Vp.) erhält eS die Uebcrfchrift: „Gesetz gegen die Kapitalflucht." Die Gesetze über eine außerordentliche Kriegsabgabe und über eine KriegSabgobe vom VermögenSzuwachS werden in dritter Lesung angenommen und die dazu eingegängencn Petitionen für erledigt erklärt. Es folgt die dritte Beratung deS Grunderwerbssteuer. g e s« tz c s. Ein Antrag der MebrheitSparteien Sollmann(Soz.). Burlage (Z.), Fatt(Dem.) will einen§ 7a einfügen, wonach die Steuer nur zur Hälfte erhoben wird, wenn der steuerpflichtrge Betrag bei be- i bauten Grundstücken 20 000 M., bei unbebauten Grundstücken 5000 M nicht übersteigt. Abg. Dr. Beckcr-Hcssen lD. Vp.): Wir haben bei der zweiten Beratung eigentlich den gleichen Antrag eingebracht und darauf bingewiesen, welche wohltuende soziale Wirkung seine Annahme haben würde. Vielleicht ist cS zweckmäßig und billig, wenn die Herren künftig auf unsere Anregungen eingehen. Abg. Sollmann sSoz.): Der Gedanke geht ja nicht von der Deutschen VolkSpartci aus, sondern von uns, die wir ihn bereits 1909 vertreten haben. Unverständlich ist, wie ein so kluger Herr wie Dr. Becker den Unterschied zwischen seinem und unserem An- trag nicht erkennen kann. Wir haben jetzt erst den rechten sozialen Ton hineingebracht und ibm eine veredelte Form gegeben. Abg. Falk(Dem.): Wir hatten den Antrag§ 7a ursprünglich gestellt und als Antrag Wald stein vertreten, ihn mit sozialen Rücksichten begründet, die von beiden Parteien anSrkannt worden sind. Abg. Dr. Becker-Hesseu lD. Vp.l: Unsere sachliche Mitarbeit ist nicht zu bestreiten. Selbstverständlich habe ich das Bedürfnis, fach- lich mitzuarbeiten, man hat uns aber nicht gefragt, ob wir eS tun wollen. Di« Einfügung des Artikels 7a wird beschlossen. DaS Gesetz wird angenommen und die dazu eingegangenen Pe° tionen für erledigt erklärt. ES folgt die dritte Beratung d«S' Zündwarensteuer» ge fetzes. Bor der Abstimmung erklärt Abg. Dr. Mmnm(Twat. Vp.): Wir haben fleißig mitgearbeitet, können aber de« Gedanken der Man o p o l i f ie r u n g, wie er in dem Gesetz vertreten wird, nicht zustimmen. Das Gesetz wird angenommen und die Petitionen dazu für er- ledigt erklärt. In dritter Beratung wird der Entwurf eine? Spielkarten- steuergesetzes unverändert in der Fassung der zweiten Lesung endgültig angenommen. Die zweite Beratung des Gesetzentwurfes über Wochenhilfe und Wochenfürsorge, der von d«n Abgg. 2 ö b e und Gröber eingebracht ist, wird von der Tagesordnung abgesetzt, da die AuSschutzberatung noch nicht hat zum Abschluß gebracht werden können. Zu dem Verzeichnis von Petitionen, welche vom Ausschuß für ungeeignet zur Erörterung im Plenum erachtet sind, richtet Abg. Thiele lSoz.), Vorsitzender der PetitionSkommission, die Bitte an die Presse und an die gesamte Oeffentlichkeit, mit allem Nachdruck darauf hinzuwirken, daß die Naftonalverfammlung nicht, wie bisher mit Petitiene« überschwemmt werde, für die sto unzuständig sei oder bei welchen der Instanzen- weg nicht erschöpft sei oder wo das nötige Beweismaterial fehle.
ES werde mit diesen Petitionen der Kommission ein ungeheures Matz ron Arbeit zugemutet: zwei ihrer Mitglieder hätten ständig allein mit der Ordnung und Sichtung der Petitionen zu tun. Eine Reihe von Berichten d-s PetitionSauSjchusscs über Pctiftonen wird daraus ohne jede Erörterung gemäß den KommissionSanträgen er- ledigt. Eine Petition auf Einführung einer ReichSinf ersten- st c u e r soll nach dem Antrage der Kommission durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt werden. Auf Antrag des Abg. Mumm wird diese Petition dem zwölften Ausschutz überwiesen, der die Um- satzsteuervorlag« zu beraten hat. Sckilutz 614 Uhr. Nächste Sitzung: Montag. 10 Uhr(Anleihekredit für 1919; 2. Beratung der Gesetzentwürfe betr. die Entschädigung der Offiziere, der Kapitulanten und der Ergänzung des MannschaftSver- sorgungSgesetzeS; 2. Lesung des Entwurfes einer ReichSgb- gabenordnung und des Gesetzentwurfes Lobe- Gröber über Wochenhilfe und Wochenfürsorge.) GroMerlln Achtung! Arbeiterratsmitglieder der S. P. D. und D. P. Montag, de« 18.. nachmittags 2 Uhr, im SitzungSsaale des Herrenhauses: Vollversammlung sämtlicher Arbciterrgte einschlich- lich der kommunalen. Tagesordnung: Stellungnahme zu den von der U.S.P.D. und K.P.D. ausgeschriebenen wilden Arbeitcrratswahlen. � B r o l a t. Fische r. Erscheinen sämtlicher Arbeitrrräte unbedingte Notwendigkeit. Schafft besseres Brot. Bon einem Arzt wird uns geschrieben: Fniimer wieder erscheinen in den Tageszeitungen Notizen, daß im Ernährungsministerium Erwägungen schweben, vom 1. LI- tober ab die Brotration zu erhöhen. Dabei vermisse ich leider den Hinweis darauf, daß viel wichtiger als eine Vermehrung der Menge eine qualitarive Verbesserung des Brote? ist. Immer wieder weisen Veröffentlichungen von Volkswirtschaftlern auf den hohen Eiweitzgehalt der Kleie und auf den Umstand hin, daß dieser Eiweitzgehalt auf dem Umwege über das Tier nur zu etwa 25 Proz. der menschlichen Ernährung nutzbar gemacht wird. Leider sind aber die menschlichen VerdauungSwerkzeiigc gar nicht in der Lage, die Kleie überhaupt zu verarbeiten. Die Aufhobung der Zensur hat uns nun aber auch die schweren Schädigungen zur Kenntnis gebracht, die durch das bis zu 94 Proz. auSgemahlene Brotgetreide entstanden sind. Hierzu gehören vor allem die be- drohlichc Vermehrung der Magengeschwüre und der Bruchein- klemmungen. Vom ärztlichen Standpunkt aus ist demnach zur Verbesserung unserer Volksernährung folgendes zu fordern: Das Brotgetreide neuer Ernte ist bis zu höchstens 82 Proz. auszu-. mahlen, da? so gewonnene Mehl darf nicht durch Beimischung von' Rückständen etwa noch notwendigen Krankenmehls verschlechtert werden. Eine> Erhöhung der Brotration darf erst vorgenomm-'n werden, nachdem vorstehend« Mindestforderung an die Oualität 'des Mehls erfüllt ist._ Tie gehört zu den„Unabhängigen"! Die.Freibeil" erzählt von Zeit zu Zeit ihren Leserü frohlockend, da« Mitglieder der iozialdemokratifckien Partei zu den„N»« abhängigen" übergetreten find. Daß auch„Unabbängige" den W-g zur fozialdemokratiichcn Partei zu,iickfinden, wird der.Freiheit" nickt unbekannt sein, aber so etwas übergeht sie mst Stillschweigen»» AuS der 13. Abteilung unserer Be»Iiner Parteiorganisation erfahren wir von dem Austritt eines Mitgliedes, das eine besondere Zierde der U. S. P. D. zu werden verspricht. Dem AbtetlungSführer schrieb eine Frau: .Bitte, streichen Sie mick, ick gehöre zu den.U n a b h ä n- gigen". So viel Schlechtes, wie ich in dieser FreibeitS- regierung erlebt, ist mir vordem nicht passiert. Ein Kistenfritze verbaute mir meine Fenster buchstäblich mit Kisten im Hofe. Als ich mich darüber beschwerte, bekomme ich die Antwort: Gehen Sie doch zur Polizei. Wir haben Freiheit! Seine Freiheit wird an uns zur Frechheit. Spendet uns die jetzige Regierung Beistand? Wabrbaftig, Wilhelm II. hat doch verstanden, solche FreiheilS- menscken in Zucht und Ordnung zu hallen. Wo soll ich jetzt mein Reckt suchen?" Wir gönnen den.Unabhängigen" diesen Zuwachs von Herzen. Wir beglückwünschen die U. S. P. D. zu dem wohl schon voll- zoaenen Uebertritt der V e r e h r« r i n W i I h e Im« II., der e?
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Hier in dieser Gegend waren wir nicht als einziges Regiment auf dem Marsche. In dem Halbschatten wimmelte es überall. Durch den Raum, der den Steinbruch umlief, duschten die Menschen einher, unaufhörlich, grenzenlos, ihre �üße durchfurchten und durchgruben den Erdboden wie pflügende Pflüge. Und wir errieten, daß auch der Schatten von neuen Menschenmengen wimmelte, die auf dem Marsche waren gleich uns. um hinzumarschieren nach allen vier Rich- tungen des Unbekannten. Die kahlen Erdschollen mit den tausend eingelaufenen Wegstrecken, die niemals mehr eine �nnhMragen sollten, schleppten sich in ihren Verkrümmun- gen. Sie waren wie die Leichen der Felderfruchtbarkeiten. Nebelschwaden von Menschen stiegen von den Hängen zu Tal, und dos Aschgrau der Dämmerung lagerte über ihnen. Vom Gipfel des Hügels rollte fast das ganze Regiment der Tiefe zu. Mir war zu Mute wie einstmals, als ich das Gefübl der Unermeßlichkeit und der drohenden Kraft der Massen nicht los wurde, wie ich alledem, im AbenÄichte zu- sah. Das war die Kraft dieser Masse, die alles niedertrat, und die selbst von unsichtbaren Befehlen niedergehalten und getrieben wurde. Man machte Halt. Man verschnaufte sich. Selbst arg trübseligen Rande dieses Abgrundes wollten einige Sezl- daten nicht auf das Vergnügen verzichten, Termite auft/u- reizen. Er sollte wieder über Militarismus und Antimgli- tarismus sprechen, �ch sah Gesichter, deren Lachen da? düstere und traurige Bild der Ermüdung vertrieb. Un'd sie lachten über diesen winzigen Mann, der sich nicht mehr wahrte und mit wilden Bewegungen redete. Dann hicH es r/sieder weiter marschieren. Bei alledem war man nur im Nachtschatten vlzrbeige- kommen, und da man diese. Orte jetzt streifte, erkannte man sie nicht Nieder. Da wir die Straße abwärts marschierten, um unseren Schützengraben zu erreichen, entdeckten wir zum erstenmal die Wüstenei, die wir so oft durchkreuzt hatten.
� Unermeßliche Lagunen, die in die Feldertrist einge schnitten waren, riesige Bodenstücke, die von Wasserläufen abgelöst wurden, das wirbelte in dem Sumpfgewässer und um das rauchige Bäumegestrüpp, und das schien wie ein Widerscheio des fahlen Himmöls, der von den Wolken der- schlämmt touroe. Und aus dem Boden krochen dann, weißlich wie Sandbänke, aufgeschichtet und aufgebuchtet, die Erd- hügelchen hervor. Das war das Erdreich der Schützengräben, das man;.Häuflein für Häuslein mit dem Spaten ausge- hoben hatte. All diese Erhöhungen, all diese Vertiefungen, das band ein Netz voller Verwirrung und Unmeßbarkeit. Aus dep Nähe war alles beschmutzt von der Leiblichkeit der Mensch/en und der Trümmer. Aus der Ferne war alles traurig und gleich einem entlegenen Gestirne anzusehen. Man unterschied die scharfen und in bestimmten Entfernun- gen e.fngeramnrten Pfähle und hie und da die Anschwellungen und die tintendunklen Flecken der Unterstände. Man unter- schi'/d sogar manchmal in Schlauchgängen schwarze Linien, bo& war wie eine Mauer innerhalb der übrigen Mauern. Diase Linien bewegten sich. Das waren die Arbeiter, die an ih'/em Werke der Zerstörung arbeiteten. Nach Norden streckte sich zur Höhe ein ganzer Landstrich, von dem der Wald her- untergesichelt war und es starrte aus der Fläche von Masten knie aus einem Meeresgestade. Es donnert am Himmel und ein leichter Regen fiel und die Flammen selber schössen graufarben über diese unendliche Auflösung, in die jedes Re- giment, einem verlorenen, einzelnen Menschen gleich hinein- gesprengt wurde. Wir gelangten zur Ebene, und wir verschwanden in dem Schützengraben. Jetzt war der freie Durchblick von einer darmartigen Verengung gesperrt. Mitten in dem Kugel- gepfeife mußten wir uns auf den Bauch werfen und auf dem klebrigen Boden dieses Schlundes vorwärts kriechen. Die eng aneinander geschobenen Grabenwände hinderten und scheuerten das Gepäcks das wir trugen. Wir mußten uns wie Schwimmer vorwärts schlagen, um auf dem Erdboden unter dem morderfüllten Räume vom Fleck zu kommen. Eine Sekunde lang Preßten-'Anflst und Mühsal mein Herz zusammen wie ein Albtraum, sah ich eS, als hinter mir die totbringende Winzigkeit des Grabens zugeschlossen wurde. Als wir ans Ende dieser Marter gekommen waren, richteten wir unI wieder auf und wir stemmten uns gegen das Ge-
wicht unserer Rucksäcke. Die letzten Schußraketen schleuderten blutiae Morgendämmerfunken in die Frühe hinein. Ein plötzliches Durcheinander riß die Augen noch einmal empor. Gleich Trauerzypressen stiegen schwarzp Rauch- Wolken in die Luft. Von ollen Seiten, von vorwärts und von rückwärts, hörte man nur den entsetzlichen Selbstmord der Granaten.
Wir marschierten bis zum Abend durch daS Innere de.S Erdbodens. Von Zeit zu Zeit schob man den Rucksack hin- auf, oder man schob die Mütze zurecht, die in dem Schweiß der Stirn hinrutschte. Wäre die Mütze zur Erde gefallen, wir hätten sie nicht wieder aufraffen können, so sehr waren wir eingezwängt in die Maschine unseres Vormarsches. Und man schickte sich weiter an, den Kampf gegen den Raun, aufzunehmen. Die Hand, die sich an den Flintenriemen klammerte, war unter dem Druck der Schulterriemen an- geschwollen und der eingeknickte Arm war wie zerbrochen. Ich horchte nach der eintönigen, immer wieder klingen- den Klage Mälussons, das war wie der ewige Widerhall eines Singsangs. Er sagte, daß er halten müsse, aber er machte niemals halt, und wenn der Pfiff zum Haltmachen abgegeben wurde, so stolperte er noch gegen einen Käme- raden, der vor ihm marschierte. Die Masse der Leute sprach kein Wort. Und die Größe dieses Schweigens und dieser vollkommene und niederschmetternde Mechanismus der Be- wegung, das brachte den Feldwebel Marcassin auf, der gern mehr Schwung gehabt hätte. Er schüttelte uns, er durchbohrte uns, er stieß gewaltsam unseren Schwärm in die Enge des Grabenschlundes hinein, und er klebte sich on ckiie Weg- Wendungen, um jeden einzelnen von unserem Truvv noch besser zu kontrollieren. Aber er trug auch keinen Tornister. Wir marschierten und stampften dabin.und unser Marschie- ren und Gestampfe hallte dumpf bis in die Weite hinein. Man hörte dazu die hallende Stimme des Feldwebels, der einen und den anderen mit Heftigkeit verwarnte. Denn Marcassin wetterte:„Du, Schweinhund, wo hast Du denn gesehen, daß es einen Patriotismus ohne Haß geben kann! Du gla'.chst also, daß man sein Land lieben kann, wenn man nicht seine Feinde verachtet?" (Forts, folgt.)