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Nr. 199.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertels jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. fret tn's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags: Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 8,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Desterreichs Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Wt.pr.Monat. Eingetr. in der Post Beitungs: Preisliste für 1894 unter Nr. 6919.

Vorwärts

11. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder beren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inferate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn unb Festtagen bis 9 Uhr Bor mittags geöffnet.

Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin Berliner

Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Bento- Straße 2.

Dienstag, den 28. August 1894.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein boykottirtes Bier!

Der Gewerkverein christlicher

Berglente

Außerdem waren anwesend: Gerichtsaffeffor Ben hold Dortmund , fönigl. Bergrath Pörting- Dortmund, Pastor lic, Weber, M.- Gladbach, Kaplan Doktor Oberdörfer Köln. Fabrikbesitzer Wiese Werden, Stadtverordneter Kaufmann egewitt- Essen.

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für den Ober Bergamtsbezirk Dortmund ist gestern in Essen gegründet worden. Für den Charakter Brust Altenessen eröffnete mit einem Hoch auf den Kaiser der Versammlung, auf dem diese Gründung beschlossen wurde, Versammlung und empfiehlt die Absendung eines Telegramins den Kaiser, womit die Versammlung einverstanden ist. in der Pastoren, Kapläne und Fabrikanten das große Wort Hierauf weist Brust Altenessen die Angriffe der Preffe auf führten, und in der das Hoch auf den Kaiser eine Haupt- das angeblich ultramontane Projekt des neuen Verbandes zurück rolle spielte, ist besonders wichtig, daß trotz des mehrfach und bringt folgendes Statut zur Verlesung: geäußerten Wunsches der Bergarbeiter im Vertrauen Statut des neugegründeten Verbandes auf die Bergbehörde von der Forderung der Bergleute. des Achtstundentages Abstand genommen wurde,§ 1. Jedes eintretende Mitglied hat einen Revers zu unter daß ferner eine Reihe von freilich sehr unklaren Forde zeichnen, daß er kein Sozialdemokrat ist. rungen aufgestellt wurden, aber über die Mittel, diese zu erkämpfen, geschwiegen wurde, daß endlich nicht nach der Fähigkeit, sondern nach der Konfession die Aemter in der neuen Organisation vertheilt werden sollen.

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Dem billigen Triumph dieses Kongresses wird bald der Razenjammer folgen. Im Zeitalter der Klaffenkämpfe tönnen von Unternehmern, Beamten und Geistlichen pa tronifirte Gewerkvereine" nichts erzielen, die Konfession tann nicht als organisationsbildendes Moment die Bergarbeiter zusammenhalten. Ueber kurz oder lang werden die Bergarbeiter sich im Gegensaße zu ihren Vormündern befinden und vereint mit den Arbeitern, die sich in den wirthschaftlichen Kämpfen zuerst als Bergarbeiter und dann erst als Katholiken, Protestanten oder Atheisten fühlen, gemeinsam den Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung aufnehmen.

Dann wird die Bourgeoisie um eine Illusion ärmer, die Arbeiterklasse um einen Schritt weiter sein.

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Wir lassen den Bericht hier folgen: Behuse Begründung eines christlichen Bergarbeiter- Verbandes fand heute Nachmittag im Saale des Etablissements Bur Rothenburg" ein christlicher Bergarbeiter Rongreß statt.*) Vertreten waren 77 fatholische, 19 evangelische Knappen vereine, 13 fatholische, 25 christlich soziale, 38 evangelische Arbeitervereine und der katholisch- soziale Arbeiterverband von Dortmund ( im Ganzen 182 Vereine) durch ungefähr 500 Dele girte.

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verftauben erklären, daß die Forderung betreffe der achtstündigen Arbeitszeit aufgegeben werde. Wenn wir Bergleute uns nicht selbst etwas erkämpfen, dann erhalten wir nichts. Bis zum Jahre 1858 genossen wir Schutz bei der Bergbehörde, heute sind wir auf uns selbst angewiesen. Wenn wir uns zusammenschließen, um unsere Lage zu verbessern, dann erblickt man darin sogleich ein Komplott. Man flagt uns an oder sett uns womöglich auf die Straße, und niemand fragt uns danach, ob wir 25 Jahre zur Raffe gesteuert haben.( Beifall.) Die Arbeiter finden nirgends Schuß, dies ist auch die Ursache, daß dieselben immer mehr zur Sozialdemokratie übergehen. Wir müssen daher in erster Linie bei Begründung des Verbandes die Verbesserung unserer wirthschaftlichen Lage im Auge haben und uns auf teinerlei Versprechungen verlassen.( Lebhaftes Bravo.)

Bergarbeiter Wa hI- Wattenscheid: In letzter Zeit sind die Protestanten in Zeitungen angegriffen worden.( Beifall und Wider­spruch.) Vors.: Ich muß Ihnen das Wort entziehen, Sie be treten das konfessionelle Gebiet.( Rufe: Sprechen lassen!) Vors: Ich werde dem Redner das Wort geben, übernehme aber für den Verlauf der Versammlung feine Garantie. Wahl ( fortfahrend): Ich will blos bemerken, daß wir Evangelische an unsern evangelischen Grundsäßen troß aller Angriffe streng fest­halten.( Stürmischer Beifall.)

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§ 2. Mitglied fann jeder christliche Bergmann werden, wenn im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte ist. § 3. Religiöse und politische Parteipolitit ist ausgeschlossen. § 4 bestimmt, daß auf je 100 Bergleute ein Vertrauensmann tommt. Die Vertrauensmänner bilden die Generalversammlung und wählen den Zentralvorstand. Der Zentralvorstand soll halb evangelisch und halb katholisch sein 2c. § 5. Zweck des Verbandes: Wahrung der Interessen der Bergarbeiter Jürgens beantragte: behufs Berathung der Mitglieder nach christlicher Grundlage. a) Herbeiführung eines gerechten Lohnes, welcher de m Werth der geleisteten vorgelegten Statuten eine Kommission zu wählen. Arbeit entspricht und der durch diese Arbeit bedingten Fabritbesitzer Wiese Werden: Ich danke Ihnen, daß Sie ebensweise. b) Beitgemäße Reform des Knappschaftswesens. mich als einen Vertreter des Kapitals zu dem Kongreß eingeladen c) Die Einschränkung der Schichtdauer, soweit solche im Inter - haben. Ich erlaube mir nun, Ihnen den Rath zu geben, dem esse der Gesundheit und der Sicherheit liegen. d) Mitbestimmungs- Antrage des Vorrebners zuzustimmen, aber zunächst einen feier­recht in der Verwaltung der Unterstützungskaffen. e) Eine Kon- lichen Beschluß behuss Vereinigung aller christlichen Bergarbeiter trolle der bergbaulichen Bestimmungen durch Vertrauensmänner. zu fassen.( Beifall.) Im weiteren ersuche ich Sie, eine andere Form Brust bemerkte schließlich: Es sei die Forderung auf acht der Beitragsleistung zu schaffen, damit der Verband einen ordent= stündige Arbeitszeit, einschließlich Ein- und Ausfahrt, gestellt lichen Fonds hat. Die Bergarbeiter Englands haben haupt ihrige zu thun, um alle möglichen Erleichterungen zu schaffen, sofort mit einem regelmäßigen Beitrage den Anfang.( Lebhaftes worden. Allein da die Bergbehörde versprochen habe, das sächlich durch Ihren großen Fonds etwas erreicht. Ich mache so empfehle es sich, von dieser Forderung Abstand zu nehmen. Bravo .) Bergarbeiter Müller Huttrop: Auch er stimme dem zu Pfarrer Lic. Weber M.Gladbach: Auch ich danke Ihnen begründenden Gewerfvereine bei, er sei aber der Meinung, daß für die mir zutheil gewordene Einladung und freue mich über man, angesichts der ungefunden Atmosphäre in den Gruben an den friedlichen Geist, der in dem Kongresse geherrscht hat. Ich der Einführung der achtstündigen Arbeitszeit, einschließlich der bin schon vor fünf Jahren auf einem Kongreß in Berlin für Ein- und Ausfahrt festhalten müsse.( Beifall.) Auch die Aus- obligatorische Arbeiter- Fachvereine eingetreten, da ich der Meinung zahlung der Unterstützungsgelder bedürfe dringend einer Ver- bin, es muß den Arbeitern ebenso wie den Arbeitgebern möglich besserung.. sein, ihre Interessen durch eine gefchloffene Organisation wahrs Hüttenarbeiter Schlüter Bochum: Er sei Telegirter zunehmen.( Lebhaftes Bravo.) Deshalb begrüße ich den neuen Ich muß Sie aber dringend er­eines christlich sozialen Arbeitervereins und stelle die Frage, ob Verband mit Freuden. nicht auch die Mitglieder der christlich sozialen Vereine in den suchen, in allen Dingen recht besonnen vorzugehen, denn Sie Verband aufgenommen werden?( Rufe: Nein, nein!) haben Feinde ringsum. Um so sorgfältiger muß bei der Statuten­Auf Antrag des Vorsitzenden Brust wurde sogleich be: prüfung zu Werke gegangen werden. Es muß bei Feststellung schlossen: nur Bergarbeiter- Delegirten und den Ehrengästen das derselben vor allem darauf Bedacht genommen werden, die Kluft, die zwischen den verschiedenen Klassen gähnt, zu überbrücken, nur Wort zu geben. Baltes Huttrop: Auch ich kann mich nicht damit ein- so wird es möglich sein, die Sozialdemokratie mit Erfolg zu be­terin her, um ihren Wünschen sein Ohr zu leihen, und wie es die Lust verlangt. Aber schon am folgenden Tage ihr so viele Annehmlichkeiten zu verschaffen, als in seinen begehrte David zu wissen aus Esthers Munde, wie ihr Ver schlechten Kräften stand. Er fand in Esthers Lobe kein hältniß gewesen sei zu dem Junker. Esthers Wange ers Ende, wenn Regina tam, nach ihr zu fragen, und miß- röthete zwar; doch hatte ihr Mund keine Schuld zu bes 124 billigte es sehr, daß das Fräulein sich weigerte, die schöne kennen, und ihre Rede, einfach und erklärend, trug der Wahr­Fremde näher kennen zu lernen, daß es gleichgiltig die heit Stempel. Ben Davids scharfes Auge, allen seinen warmen Dankesäußerungen Esthers zurückwies, und sich Glaubensgenossen mehr oder minder eigen, sah indessen durch ihren einsamen Beschäftigungen überließ, wie zuvor, ohne den Schimmer der Wahrheit hindurch einen dunkeln Bunkt in seinem Schüßling zu erstatten, ihm näher zu kommen und dem Herzen seiner Tochter; ein verschleiertes Gefühl, dessen vertraulicher zu werden. Ammon wußte nicht, daß weder Decke zu heben sie nicht begehrte. Er faßte daher ihre So wohnte denn nun, von jenem Augenblicke an, Esther der niedere Stand Esthers, noch ihr Glaube sie von Re- Hand und sprach:" Geliebtes Kind, Du verschweigst mir, in der Hütte des Forsts zu Dürningen, und der alte Am- ginens mitleidigem Herzen entfernte, sondern gerade der was Du nicht solltest, und wegen dessen ich Dir nicht mon sorgte für ihre Bedürfnisse, so gut als er es vermochte, Vorzug, den das Fräulein ihr einräumen mußte, der Vor- zürnen mag, denn es ist nur die Folge der Vergangenheit. denn er war geschmeidig geworden durch die Erinnerung, zug, Dagobert's Freundin zu sein. Ammon bemerkte es Dagobert ist gewesen Dein Schirm, Dein alles, weil ich lag durch diesen Zauber, der den Menschen durch das Leben nicht, wie oft Regina im Grase sitzend in tiefes Nach in Banden. Dagobert hat Dich genährt und gepflegt, und geleitet, und im Greise stärker wirkt, als im Jüngling selbst denken versant, und Biertelstunden lang nach dem Waldgange gerettet aus tausend Gefahren; der hochgelobte Gott wird als müsse er dann ihn darob segnen und eingehen lassen ins Paradies, weil weil sein Dasein blos nur in der Vergangenheit liegt. blickte, als müsse er jetzt kommen,

*) Da unserem Berichterstatter der Zutritt zu dem Kongresse verweigert wurde, was den Charakter dieser Versammlung tenn zeichnet, so sehen wir uns gezwungen, den Bericht einer Zeitungs­Korrespondenz zu entnehmen.

Feuillefont.

Der Inde.

Deutsches Sittengemälde

aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts.

Von C. Spindler .

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Auch der wilde Falkenjäger hatte einst geliebt, da sein den fremden Gast hinwegführen, und dann allein wieder er Gutes gethan an Israel ; weil er es hat gethan uns Scheitel noch umwallt war von braunen Locken, und seine kommen, und täglich wiederkehren, und endlich gar nicht eigennützig, und nicht hat befleckt Dein Kleid der Ehret. Jugend in der schönsten Blüthe stand; und diese Liebe war mehr von dannen gehen. An Dagobert's Statt tam Friede sei mit ihm, und auch auf seinem Angedenken sei ein maurisches Mädchen gewesen, herstammend aus glühen- aber eines Mittags Ben David an, dürftig und vers einst Friede, wie auf Bodid's Gedächtniß Schmach sei und der Zone, und ähnlich den Zügen Eſthers. Seit vierzig schmachtend bloß von der Hülle bedeckt, die ihm das Mit der Zorn Gottes, und ihm selbst das Feuer der Gehenna! Jahren war diese Dirne aus dem Leben geschieden, von leid zugeworfen. Ammon hatte schon nach der Peitsche ge- Aber, liebste Tochter, mein Kind: dergestalt, wie Du den dergestalt hast fäher Krankheit dahingerafft, in einer Zeit, wo Ammon griffen, um den verdächtig aussehenden Bettler aus dem abtrünnigen Knecht Zodick mußt hassen, feiner Väter Glauben willig hingeworfen hätte, um das Reviere zu treiben: Esthers Freude und Angstruf ent- Du gelernt lieben den seltenen Mann, der da handelte, als schöne Kleinod sein zu nennen. Seit vierzig Jahren feierte waffnete ihn. Dem Vater von Kidas Ebenbilde konnte er stamme er aus den Lenden Jakobs, und nicht vom Berge " Bater," erwiderte Ammon alljährlich des Mädchens Todestag, und nun, da nichts Uebles zufügen, und er besann sich, daß auch ihn einft Seir. Gesteh' es mir, mein Kind."- Kidas Bild merklich schon abgebleicht worden war in der sein Vater unsäglich geliebt hatte, daß auch er einst an Esther stockend:" Deiner Klugheit kann" nichts verborgen Kammer seines Gedächtnisses, nun war sie gleich wie seinem Vater mit Treue gehangen; er begriff Esthers bleiben. Ich muß es bekennen, und wenn es Sünde wäre aufs Neue lebendig geworden in der reizenden Esther, zu Empfindung, und wehrte dem Alten nicht, die Wohnung vor Dir und dem Gesetz. Nach dem hochgelobten Gott, ihm getreten in seine Wildniß, ein freundlicher Engel, seiner Tochter zu theilen. Vater und Tochter waren völlig den ich fürchte, nach Dir, mein Vater und Herr, den ein Trost für seine leere Brust. Darum hatte er auch dem ungestört, denn eine Unpäßlichkeit hielt Reginen vom Walde ich ehre, lebt niemand mehr auf der Welt, denn er, den Mädchen die einzige Stube des Hauses eingeräumt, und fern, und Ammon machte doppelt eifrig seine Runde. ich bewundre, den ich liebe,... o laß mich nicht vollenden." sich auf den Speicher gebettet: darum hatte er, rund um Esthers und Davids Wiedersehensfreude, wie ihr Leid um Nein, meine Tochter, vollende nicht," versetzte David die Hütte, neue, gefährliche Fallen und Gruben angelegt, Jochais Hinscheiden und ihre Verstoßung aus der Stadt, ängstlich:" Du liebst ihn nicht, wie der Dankbare den ... Du liebst ihn nicht, wie das Kind den damit ihm niemand bei Nacht die Anvertraute stehle; die ihnen Schirm und Heimath gewesen, durfte ohne störende Wohlthäter," darum ging er wie ein sorgsamer Knecht hinter der Gebie- Beugen sich aussprechen, feffellos, wie es der Schmera. frei. Bater,... nicht wie die Schwester den Bruder,... Du

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